1933, die Zeit, zu der "Jack Orlando" spielt, war aufregend: Mit dem Abklingen der Weltwirtschaftskrise, dem eben aufgehobenen Alkoholverbot und einem neuen Präsidenten, der Reformen versprach, erhofften sich viele ein besseres Leben. Doch der Reihe nach.
Die Goldenen Zwanziger
In den zwanziger Jahren nahm die Wirtschaft in den USA einen gewaltigen Aufschwung. Durch effektivere Herstellungsmethoden, etwa die Einführung von Fließbändern, wuchs die Produktivität; die Preise sanken, während die Einkommen stiegen. Eine Konsumgesellschaft entstand, die sich Radios, Waschmaschinen und Staubsauger anschaffte sowie Kinos und Musicals besuchte. Vor allem zwei Bereiche boomten: die Bau- und die Automobilbranche.
Der Vorreiter war Henry Ford. Sein Modell T wurde buchstäblich am Fließband produziert und avancierte zum Wagen des kleinen Mannes. Während 1925 in Deutschland 3,4 Automobile auf 1000 Einwohner kamen, waren es in den USA bereits 154,6. Parallel dazu wurden Autostraßen gebaut; Ausflugsziele entstanden. Andererseits wuchs der Flugverkehr in den Staaten viel zögerlicher als hierzulande.
Jacks Automobil - wirklich ein Zeppelin?
So populär das Anschaffen eines Kraftfahrzeuges in den Goldenen Zwanzigern war, den Zeppelin, den Jack im Spiel fährt, hätte er sich nicht leisten können. Zeppelin ist der Name einer Serie von Luxuswagen der deutschen (!) Firma Maybach, deren Ausstattung sich hinter ihrer Technik - 12 Zylinder, mehr als 6 Liter Hubraum und 175 PS - nicht zu verstecken brauchte.
Wilhelm Maybach war lange Jahre die rechte Hand Gottlieb Daimlers und maßgeblich am Bau der ersten Mercedes-Modelle beteiligt. Der "König der Konstrukteure" hat unter anderem den Vergaser entwickelt. Ein Großteil des Ruhms, den Daimler für seine Arbeiten genoß, müßte eigentlich dem Techniker Maybach zugesprochen werden.
1909, Daimler war seit Jahren tot, gründete Maybach mit seinem Sohn Karl ein eigenes Unternehmen, das Motoren für die Luftschiffe des Grafen Zeppelin herstellte. Später baute das Werk auch Kraftwagen. Sie waren so exklusiv und teuer, daß sie man sie als deutsche Rolls Royce bezeichnete.
Als Besitzer von Maybach-Limousinen waren Prominente wie Max Schmeling, Nazigrößen wie Hermann Göring sowie ausländische Staatsoberhäupter wie der König von Griechenland bekannt. Von den 2300 Automobilen, die Maybachs Fabrik verließen, waren Zeppelins die teuersten. Nur 300 wurden produziert.
Es ist schon höchst unwahrscheinlich, daß Jack Orlando einen Wagen, in dem Adolf Hitler 1936 die Eröffnungsparade für die Olympischen Spiele anführte, je außerhalb von Fotos gesehen hat - und doch soll er einen besessen haben?
Ausgeschlossen, auch wenn fünfzig Jahre später (TV-)Ermittler wie Thomas Magnum und Sunny Crocket Wagen fuhren, die sie sich bei weitem nicht leisten konnten. Doch stand Jack weder ein befreundeter Multimillionär zur Verfügung, der ihm einen Traumwagen lieh, noch die Tür zur Aservatenkammer offen, um ihm eine Tarnung zu verschaffen, mit deren Hilfe er das Vertrauen von Verbrechern gewinnen konnte.
Weltwirtschaftkrise
Der Wohlstand der Amerikaner sorgte für überflüssiges Geld, mit dem an der Börse spekuliert wurde. Die amerikanische Wirtschaft wurde überschätzt. Durch Spekulationskäufe schossen Aktienkurse in die Höhe, weit über den tatsächlichen Wert von Firmen. Um an Aktienkäufen teilhaben zu können, nahmen viele Kredite auf oder verpfändeten ihre Häuser. Durch die Finanzierung der Aktien mit geliehenem Kapital reichten bereits schwache Kursrückgänge, um einen Rutsch auszulösen.
Im Oktober 1929 war der Kaufrausch erschöpft; fieberhaft wurde verkauft. Die Aktienpreise sanken ins Bodenlose. Am 25. Oktober kam es an der New Yorker Börse zu Panikverkäufen in noch nie dagewesenem Ausmaß. Dieses als Schwarzer Freitag bezeichnete Datum gilt als Beginn der Weltwirtschaftskrise, die alle wichtigen marktwirtschaftlich orientierten Länder ereilte und ihren Tiefpunkt 1932 hatte. Neben den Börsenspekulationen gab es eine Reihe von Ursachen für die Rezession. Die fortschreitende Automatisierung machte Arbeitsplätze überflüssig; die Zahl der Arbeitslosen wuchs. Nach Kriegsende schrumpfte der Bedarf an landwirtschaftlichen Erzeugnissen drastig; Farmer verarmten. Zwischen 1920 und 1929 fiel der Bodenwert um bis zu 40 Prozent. Sehr hohe Schutzzölle behinderten den Welthandel.
Die Zahl der Arbeitslosen wuchs im Laufe der Krise auf 15 Millionen (bei rund 110 Millionen Einwohnern). Fabriken schlossen, sogar Banken mußten Konkurs anmelden. Die Warenpreise stiegen unaufhaltsam. Der republikanische Präsident Herbert C. Hoover war nicht in der Lage, die Auswirkungen der Krise einzudämmen.
Mit einem klaren Wahlsieg übernahm der Demokrat Franklin D. Roosevelt im März 1933 die Macht - mit dem Versprechen, Wirtschaft und Sozialpolitik auf Vordermann zu bringen. Ein Teil seiner als New Deal bekannt gewordenen Politik war der aktive Eingriff des Staates in das Wirtschaftsleben. Statt Schutzzöllen wurden Handelsabkommen mit anderen Staaten abgeschlossen. Die Arbeitslosenversicherung wurde eingeführt. Auch wenn Roosevelt seine Pläne bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht in vollem Maße umsetzen konnte, sorgte er mit seinen Neuerungen für eine positive Grundstimmung.
In Deutschland ebneten die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, vor allem die hohe Arbeitslosigkeit und der Verlust des Vertrauens in die Demokratie, den Weg zum Nationalsozialismus.
Prohibition
Mit Prohibition (vom lateinischen prohibitio = Verbot) ist das umfassende Verbot von Herstellung, Transport und Verkauf alkoholischer Getränke gemeint, das seit Anfang des Jahrhunderts in mehreren amerikanischen Bundesstaaten und von 1920 bis 1933 aufgrund des 18. Verfassungszusatzes in den ganzen USA durchgesetzt wurde.
Bereits Jahrzehnte vorher setzten sich Gruppierungen für ein Alkoholverbot ein, das den übermäßigen Alkoholkonsum und daraus folgernd Kriminalität, Gewalt und Verarmung einschränken sollte. Vorreiter waren die 1869 in Chicago gegründete American Prohibition National Party, die Woman’s Christian Temperance Union (Christliche Frauenbund für Abstinenz) und die 1896 initiierte Anti-Saloon League (Kampfbund gegen die Kneipen). Das erste Prohibitionsgesetz wurde 1951 im Staat Main verabschiedet.
Der Lebensmittelbedarf der westlichen Alliierten im Ersten Weltkrieg gab dann den letzten Ausschlag für ein landesweites Verbot: Die Notwendigkeit, Getreide zu sparen sowie der Produktionsausfall durch Trunkenheit waren entscheidend für die notwendige Dreiviertelmehrheit aller Staaten, um den Verfassungszusatz durchzusetzen. Zur Unterstützung wurde das Prohibitionsgesetz erlassen, das nach seinem Initiator auch Volstead-Gesetz genannt wurde und alle alkoholischen Getränke ab 0,5 Prozent verbot (ausgenommen für medizinische, industrielle und liturgische Zwecke).
Damit waren auch die meisten Biersorten betroffen, was vor allem bei den Arbeitern auf Unverständnis stieß. Die Prohibition ließ sich freilich nur begrenzt verwirklichen; sie führte zu Schwarzbrennerei, Schmuggel und illegalem Ausschwank in großem Umfang. Gesetzesverstöße auf breiter Ebene und Korruption nahmen zu. Verstöße gegen das Alkoholverbot wurden von weiten Teilen der Bevölkerung praktiziert.
Das organisierte Verbrechen nahm rapide zu. Banden entfalteten sich zu Syndikaten, die sehr große Gewinne erzielten. Gegenseitige Streitigkeiten arteten in Bandenkriegen aus. Während der Prohibition soll die Mafia in den Staaten Fuß gefaßt haben. (Diese Vorgänge beschreibt der Spielfilm "Es war einmal in Amerika" sehr lebendig.)
1929 manifestierte ein Präsidialausschuß, daß die Durchsetzung der Prohibition nicht nur fehlgeschlagen war, sondern daß die wenigen Vorteile die entstandenen Nachteile bei weitem nicht ausgleichen konnten. Im Hinblick auf die Weltwirtschaftskrise spielte auch die Geldknappheit des Staates eine Rolle, daß im Februar 1933 der 21. Verfassungszusatz vom Kongreß verabschiedet wurde. Er setzte den 18. Zusatz außer Kraft. Danach wurde die Zuständigkeit des Alkoholhandels an die einzelnen Bundesstaaten verwiesen. Bis 1966 waren die Prohibitionsgesetze aller Staaten aufgehoben.
Doch für Alkoholfreunde ist die "Gefahr" nicht gebannt; im Moment gewinnen Anhänger der Prohibition wieder Aufschwung. In mehr als 400 der 3138 Bezirken der US-Bundesstaaten, vor allem im Süden, wurde das Angebot der trunken machenden Flüssigkeiten eingeschränkt oder sogar eingestellt.
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