Hier eine Geschichte von mir. Ich bin bei ihr noch am weiterschreiben, möchte aber trotzdem gerne wissen, ob sie - oder ob sie euch eben nicht - gefällt. Das heißt: Über Lob freue ich mich genauso wie über Kritik, da ich nur dadurch weiß, was ich noch bearbeiten und verfeinern muss. Langer Rede, kurzer Sinn - lest einfach selber! ;-)
Pála richtete sich seufzend auf. Sie war seit Stunden dabei, die Gaststube zu säubern, doch dies war gar nicht so leicht. Denn in die Risse des alten, schon beinahe morschen Fußboden fiel der Staub von der Decke, wenn man die Tür zu heftig schloss. Schließlich gab sie es auf und eilig warf sie den dreckigen Lappen in den Putzeimer, der in einer dunklen Ecke stand.
Dann ging sie an das Fenster, öffnete es weit und lehnte sich hinaus. Das Wirtshaus „Zum tosenden Bullen“ lag in einer etwas abgelegenen Lage, was sich durchaus schon als gewinnbringend erwiesen hatte.
Denn seltsame Gestalten, die die Stadtmitte scheuten und trotzdem gut essen und trinken wollten, kamen oft zu ihnen, wo sie – ungesehen der Bewohner –hinein und hinaus gehen konnten.
Plötzlich polterten schwere Schritte auf der kleinen, schmalen Holztreppe und Pala sah zur Tür. Einen Moment später erschien der massige Körper von Bàkon, dem Hausbesitzer und seines Zeichens Wirt des „Bullen“.
„Hilf mir mal!“, knurrte er barsch und Pàla zog eine Grimasse.
„Ebenfalls einen guten Abend, Bàkon!“
Der verschwand im Nebenzimmer und überließ es ihr, die schweren Holzfässer, die guten Met beinhalteten, unter der Theke zu verstauen. Dies war eine schwere und schweißtreibende Arbeit, aber sie biss die Zähne zusammen und schließlich waren die Fässer verstaut.
Da kam Bàkon wieder.
„Mach das Fenster zu!“, brummelte er und begann die Krüge, die auf der Ablage standen, mit einem Tuch zu trocknen.
„Wieso? Ich beobachte die Sterne gerne!“, erwiderte Pàla beinahe trotzig und rückte die Stühle an die großen Holztische.
„Zum Träumen hast du nachher noch genug Zeit, Mädchen!“
Sie seufzte und machte das Fenster nicht gerade sanft zu. Staub rieselte von der Decke – Bákon seufzte genervt auf. Dann legte er seinen Lappen zur Seite und fischte einige Münzen aus seiner Tasche.
„Dein Lohn!“, sagte er knapp und warf es vor sie auf den Tisch.
Mit freudig glänzenden Augen zählte sie die paar wenigen Münzen, dann sah sie entrüstet auf.
„Das ist zu wenig – es fehlt noch etwas!“
„Ich weiß, Pála!“, gab er gereizt zurück. „Aber weißt du, wie viel Steuern diese Eintreiber jetzt schon haben wollen?! Du kannst froh sein, wenn ich den `Bullen` nicht schließen muss!“
Pàla schwieg erstaunt und spielte gedankenverloren mit den Münzen.
„Nimm sie wieder! Ich brauche es nicht so dringend!“
„Nein! Wenn ich Almosen wollte, dann würde ich darum bitten! Aber nie würde ich dich danach fragen!“, knurrte er und putzte die Krüge – beinahe sauer – weiter.
„Jetzt nimm sie schon! Wenn du sie nicht möchtest, werfe ich sie in den Fluss!“
„Ich sagte NEI-“
Die Tür ging quietschend auf und erschrocken wirbelten sie herum.
Ein Mann mit ellenlangem, silbriggrauem Bart und einem Kapuzenmantel, der das Gesicht verbarg, trat ein. Er beachtete die erstaunte Pàla und den verdutzten Wirt nicht sonderlich, sondern er humpelte, auf einem Stock gestützt, auf einen der hinteren Tische am Kaminfeuer zu und setzte sich, nach einem kurzen Blick aus dem Fenster, hin.
„Nun geh schon!“, zischte Bàkon Pàla zu, die sofort zu ihm stolperte.
„Kann ich Euch etwas bringen?“
Der Alte sah auf.
„Ich warte auf jemanden. Wenn er kommt, will ich etwas bestellen!“, sagte er mit einer Stimme, die nicht viel von seinem Charakter verriet. Sie war zwar kräftig, aber sie hatte auch einen etwas brüchigen Unterton.
Sie verneigte sich und ging zurück zum Tresen.
„Und?“
„Er möchte noch nichts – er wartet noch!“
„Gut!“
Bàkons listige, kleine Augen glitzerten.
„Das bedeutet Kundschaft! Geh – mach dich hübsch, Mädchen! Nette Bedienungen bringen mehr Geld!“
Pala ging kopfschüttelnd in ihr kleines Zimmer im Dachgeschoss und blickte in den an einigen Stellen schon zersprungener Spiegel. Ein paar klarer, brauner Augen blickten kritisch dreinblickend zurück. Sie schüttelte ihren Kopf und der Zopf, den sie sich eilig heute Morgen geflochten hatte, löste sich langsam aber sicher auf. Sie seufzte.
Sie zog ein schlichtes, weißes Kleid an, was einen netten Kontrast zu ihren dunklen Haaren bildete. Dann löste sie mit flinken Fingern den Zopf auf. Wellige Locken fielen auf ihre schmalen Schultern und ihren schmerzenden Rücken. Geschickt band sie ihre Haare mit einem Band zusammen, schlüpfte in ein paar Hausschuhe und schon war sie wieder auf dem Weg zur Gaststube.
Sie traute ihren Augen kaum als sie hineinging – beinahe jeder Platz in der Stube war besetzt und Bàkon, mit verschwitzten Gesicht, eilte von einem zum anderen, um die Bestellungen entgegenzunehmen.
„Na endlich! Bind dir eine Schürze um, nimm dir einen Block und frag’ sie nach ihren Bestellungen!“, knurrte er befehlend aus den Mundwinkeln.
Sie seufzte, während sie sich eine Schürze umband.
Sie hatte aber auch nicht wirklich erwartet, dass er auch nur ein Wort über ihr Aussehen verlieren würde.
Sie griff nach einem Stift und einem Blatt Papier und machte sich an die Arbeit.
Eine halbe Stunde später waren alle Gäste versorgt und Pàla konnte sich etwas Erholung gönnen. Sie trank gierig ein wenig Wasser.
„Wann sind die ganzen Menschen gekommen, Bàkon?“
„Grade als du nach oben bist, sind sie in einem Mal hereingestürmt und haben sofort alle Tische in Beschlag genommen! Aber sitz hier nicht so faul herum – für was bezahle ich dich denn? Geh herum und frag, ob sie noch etwas brauchen!“
„Ja, natürlich!“, gab sie gereizt zurück und schlenderte zum Tisch in der hinteren Ecke, an dem sich der Alte zurückgezogen hatte.
Ein Mann stand bei ihm und unterhielt sich raunend mit ihm. Als sich Pàla näherte, richtete er sich eilig auf, verbeugte sich knapp und lief eilig an einen anderen Tisch.
Sie runzelte die Stirn, setzte aber ein freundliches Lächeln auf.
„Wollt Ihr nicht doch etwas bestellen, mein Herr? Euer Bekannter ist anscheinend noch nicht gekommen!“
Der Mann hob den Kopf, den er noch immer mit der Kapuze verhüllte. Sein silbriger Bart schimmerte im dämmrigen Kerzenlicht.
„Ich werde noch warten. Er wird kommen ... wenn nicht heute, dann morgen...“
„Aber -“
„Ich werde warten!“, zischte er angriffslustig, so dass sich Pàla eilig verbeugte und zum nächsten Tisch stolperte.
Es wurde später und langsam trudelten die Gäste aus dem Haus.
Während Pàla die Münzen der letzten Kunden in ihren Beutel steckte, konnte sie ein tiefes Gähnen nicht unterdrücken. Sie gab den Beutel bei Bàkon ab und begann dann die Stühle auf die Tische zu stellen, die sie davor mit einem feuchten Lappen abgewischt hatte.
Als sie an den hinteren Tisch kam, schreckte sie auf.
Noch immer saß der alte Mann am Tisch, noch immer genauso unbeweglich wie vor einigen Stunden.
„Wir wollen schließen, mein Herr! Ihr müsst gehen!“
Die Kapuze ruckelte und bewegte sich nach oben. Gemächlich stand er auf, drückte ihr zwei Münzen in die Hand und humpelte eilig aus der Stube.
Pàla betrachtete die Münzen beinahe erschrocken. Sie sahen nicht aus wie gewöhnliche Geldstücke, sondern waren beinahe handgroß und schwerer als normales Geld. Außerdem funkelte es ein wenig, was sie entfernt an das Glitzern der Sterne erinnerte. Sie zeigte es Bàkon, der die Krüge und die Theke putzte. Der schnaufte allerdings verächtlich.
„Falschgeld ist das, Mädchen! Du hast dir Falschgeld andrehen lassen!“
„Er hat es mir geschenkt – und ich hatte auch nicht vor, es dir zu geben!“, sagte sie mit kalter Stimme und steckte es in ihre Schürze. „Ich finde es nämlich interessant!“
Bàkon brummelte.
Pàla nahm mit finsterem Blick den Besen in die Hand und fegte die Stube flüchtig durch. Dann ging sie, nachdem sie Bàkon murmelnd eine Gute Nacht gewünscht hatte, in ihr Zimmer. Sie fiel sofort todmüde in ihr Bett und zwei Minuten später war sie auch schon fest eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wachte sie spät auf. Die Sonne schien schon – wenn auch von dichten Wolken verhangen – hoch am Himmel. Erschrocken sprang sie aus ihrem Bett, zog sich eilig an und band ihr Haar schnell zusammen.
Dann lief sie hinunter in die Schankstube. Zum Glück war noch niemand darin und sie zog die Vorhänge zurück. Sie nahm den Weidenkorb, der auf einem Schemel stand, da sie noch zum Markt gehen wollte.
Außerdem nahm sie den Schlüssel vom Haken und schloss die Haustür von außen ab.
Pala war zufrieden, als sie zurück zum „Tosenden Bullen“ ging. Sie hatte einige Sachen billig erworben, was sie vor allem darauf zurück führen konnte, dass sie sich gut mit den Händlern verstand und auch wusste, wie sie Feilschen musste, um ihren Willen zu bekommen.
Pfeifend sperrte sie die Tür auf und ging die kleine morsche Treppe hinauf. Sie stellte den Korb im Vorraum ab und holte Reisig und Holz, um den Kamin einzuschüren.
Draußen war es ungemütlich kalt und ausgesprochen windig und Pàla war durchgefroren.
Als sie die Asche herausgefegt hatte und dabei war, das Brennmaterial im Kamin aufzuschichten, räusperte sich jemand hinter ihr.
Sie schreckte herum und ließ erschrocken einen spitzen Schrei los.
Hinter ihr stand der alte Mann vom gestrigen Abend. Er hatte erneut den fleckigen Kapuzenmantel an und sein Bart schimmerte noch immer wie Silber.
„Ihr hab mich erschreckt, mein Herr!“, keuchte sich mit einem Lächeln.
„Das tut mir leid, Mädchen!“
Seine kratzige Stimme klang dumpf unter der Kapuze hervor.
„Wie kommt Ihr überhaupt hier herein?!“
Sie drehte sich wieder um und legte die Holzscheite weiter geschickt übereinander.
„Die Haustür stand offen!“
„Oh!“
Sie warf ein brennendes Streichholz in den Kamin, worauf das Holz beinahe sofort Feuer fing und begann, lustig zu knistern.
„Soll ich Euch etwas bringen?“, fragte sie ihn, während sie aufsprang und sich die Hände in einem Bottich voll Wasser wusch.
„Nein, ich warte auf jemanden ....“
„Natürlich!“ Sie zog eine Grimasse, die der Alte allerdings nicht sah. „Ich werde Euch später noch einmal fragen!“
Im Laufe des Nachmittags verschwand Pàla kurz in den Garten, um die nasse Wäsche aufzuhängen. Sie beeilte sich damit, denn in der Stube waren einige Gäste, die sie nicht gerne lange alleine lassen wollte.
Zudem war Bàkon vorhin in die Stadt gegangen, um einkaufen zu gehen und Pàla wusste nicht, wann er wiederkommen würde.
Eilig betrat sie das Wirtshaus durch den hinteren Eingang und lief schnell die Treppe hinauf. Die Gaststube war inzwischen durch das flackernde Kaminfeuer schön warm geworden, was Pàla nach den eisigen Temperaturen des Gartens besonders freute.
Doch sie staunte. Waren vorhin nur wenige Gäste im Raum gewesen, da waren nun die gesamten Tische und Stühle besetzt.
Pàla nahm, noch immer verdutzt, die Bestellungen entgegen und brachte ihnen die vollgefüllten Metkrüge, die die Meisten bestellten, da es schön durchwärmte.
Schließlich sah sie zu den hinteren Tischen und da bemerkte sie, dass der Alte nicht mehr alleine am riesigen Tisch saß: Mindestens ein Dutzend Menschen saßen dort und unterhielten sich lautstark.
Pàla ging erneut zu ihm.
„Kann ich Euch nun etwas zu Trinken bringen, mein Herr?!“
Die gesamte Tischrunde verstummte auf einen Schlag und starrte sie an. Der Alte mit dem Bart blickte zu ihr auf.
„Nun, wir hätten gerne zehn Krüge mit Met! Aber für mich –“, fügte er leiser hinzu. „-wäre es nett, wenn Ihr diese Blätter mit kochendem Wasser aufgießen würdet!“
Er reichte ihr drei rötliche, trockene Blätter, die ein wenig nach Kastanien rochen.
„Aber davor müsst Ihr sie zerreiben!“
Pàla starrte ihn fassungslos an.
„Ihr wollt das trinken?“
„Wenn es möglich wäre...“
Sie zögerte, doch schließlich willigte sie ein.
„Gut! Ich bringe es Euch sofort!“
Sie verneigte sich und ging zum Tresen.
Pàla nahm den Kessel Wasser, der immer dort hing, vom Feuer, legte noch einen Holzscheit nach und ging zur Theke. Dann warf sie die zerriebenen Blätter in eine Tasse, goss brühendes Wasser darauf und ließ das Gebräu ziehen, bis sie die zehn Krüge mit Met gefüllt hatte.
Dann brachte sie erst das Met, dann – geradezu feierlich – den Aufguss, der eine hässlich braune Farbe angenommen hatte.
Sie sah gespannt zu, wie er ein kleines Beutelchen aus grünem Leder herauszog, eine Prise rotes Pulver nahm und es in den Tee warf. Zischen und qualmend veränderte sich die Flüssigkeit von braun zu milchigweiß.
Der blonde Mann, der neben ihm saß und gerade einen kräftigen Schluck Met genommen hatte, grinste und setzte den Krug ab.
„Trinkst du schon wieder dieses Gesöff, Leiph? Du weißt doch, wie widerlich das schmeckt!“, sagte er mit einem Lachen.
Der Alte schüttelte seinen Kopf, so dass seine Kapuze hin und her schwenkte.
„Du wirst es nie lernen, Ven...“, erwiderte er seufzend, aber mit einem etwas lachendem Unterton.
„Nimm doch endlich deine Kapuze ab! Darunter muss es doch stickig und heiß sein!“, drängte Ven weiter und sein Blick huschte kurz zu Pàla.
Die war sich sicher, dass der Alte, der anscheinend Leiph hieß, unter seiner Kapuze grinste.
Plötzlich merkte sie, dass sie die Gäste seit Minuten anstarrte – was ihr peinlich war. Mit rotem Kopf entschuldigte sie sich murmelnd und stolperte zurück zum Tresen.
Sie trank beschämt ein Glas Wasser.
Doch viel Zeit zum Ausruhen blieb ihr nicht – sie musste die leeren Krüge der Gäste nachfüllen, Tische abwischen wo etwas verschüttet worden war und Bestellungen entgegennehmen.
Denn immer mehr Menschen drängten in die Gaststube, doch erstaunlicherweise fanden alle noch irgendwo einen Platz. Das Wirtshaus schien wie ein Topf voll Suppe zu brodeln, so laut war es. Außerdem wurde es langsam stickig.
Pàla huschte zum Nebenraum und öffnete ein Fenster weit. Klare, frische Luft wehte ihr ins Gesicht und sie atmete tief durch.
Dann ging sie zurück. Sie ließ die Tür zur Stube offen, damit die Wärme herausziehen konnte.
Als sie hineinging stand der alte, noch immer in seinen Kapuzenmantel gehüllte Mann am Tisch. Die Tischrunde, die sich um ihn versammelt hatte, verstummte augenblicklich und blickte gespannt zu ihm.
Pàla überraschte dies, doch auch sie sah ihm zu.
„Ich hoffe, ihr wisst alle, wieso ich euch hergebeten habe!“
Die Leute schüttelten murmelnd den Kopf.
Das schien ihn ein wenig aus der Fassung zu bringen, doch er fasste sich schnell wieder. „Nun, dann werde ich es euch eben sagen! Es geht um -“ Plötzlich verstummte er. „Hat jemand das Fenster aufgemacht?“
Seine Stimme klang nicht mehr freundlich, sondern scharf.
Pàla hob die Hand.
„Im Nebenzimmer habe ich es geöffnet, mein Herr! Es ist stickig hier!“
„Macht es sofort zu!“
Etwas erstaunt über diesen barschen Tonfall lief sie ins Nebenzimmer.
Sie wollte das Fenster gerade schließen, da hüpfte ein kleines, schwarzes Eichhörnchen auf das Fensterbrett. Pàla staunte.
Das Tier sprang, ohne auf sie zu achten, auf den Boden und lief zur Wirtsstube.
Pàla schloss eilig das Fenster und rannte hinter dem Tierchen her. Sie erreichte es in wenigen Schritte und hob es auf. Es versuchte sich kratzend und beißend zu befreien, doch sie hielt es fest und streichelte sanft über das weiche, flauschige Fell.
Dann ging sie in die Schankstube.
Als sie Am Tisch von Leiph vorbeiging, biss das Eichhörnchen ihr so arg in den Finger, dass sie aufschrie und es fallen ließ. Es landete unsanft auf dem Boden, doch sofort flitzte es zu Leiph, sprang auf den Tisch und von dort auf seine Schulter.
„Dalin! Bist du trotz allem noch gekommen?!“
Leiph holte erneut ein Beutelchen von seinem Gürtel. Doch darin war nun dieses Mal ein gelbliches Pulver, das einen scharfen Geruch besaß. Er streute wenige Körnchen über das Eichhörnchen.
Das fing an, aufgeregt zu quietschen und zu keuchen. Es flüchtete unter den Tisch.
Pàla stand erstaunt vor der regungslosen Tischrunde und staunte mit offenem Mund.
Sie war es gewohnt, dass in letzter Zeit merkwürdige Dinge passieren, doch dies übertraf alles Bisherige!
Auf einmal kroch unter dem Tisch jemand hervor. Es war kein Eichhörnchen – oder anderes Tier! – sondern ein schwarzhaariger, braungebräunter Mann, der Pàla mit grauen, blitzenden Augen ansah, während er aufstand und sich den Staub von der Kleidung klopfte.
„Wo ist das Eichhörnchen hin?“, stammelte sie mit verwirrter Miene.
Der Mann grinste spottend.
„Ah, das Mädchen, das glaubte, ich wäre ein süßes Tierchen mit weichem Fell, das man streicheln kann!“
„Wie bitte!?! Ihr seid – es?“
„Sehr wohl! Dalin ist mein Name.“
„Ich bin Pàla! Seid Ihr eine Art Magier?!“, platzte sie heraus.
„Oh nein, so etwas wie Magie ist mir fremd. Ich benutzte nur –“
„Dalin! Gut, dass du hier bist!“, unterbrach Leiph ihn ungeduldig. „Setz dich, dann können wir anfangen!“
„Soll ich Euch etwas bringen, Herr Dalin?“
Pàla hatte sich halbwegs wieder gefasst und sprach mit der freundlichsten Stimme, die sie aufbrachte. Sie merkte, dass ihre Wangen anfingen zu glühen, als Dalin sie ansah. „Einen Krug Met könnte ich gut vertragen!“
„Gut!“
Sie kehrte zum Tresen zurück und füllte mit zitternden Händen einen silbernen Krug. Sie richtete ihr Kleid noch schnell, dann brachte sie es ihm mit freundlichem Lächeln.
Kurz berührten sich ihre Hände, als sie es ihm reichte. Pàla`s Wangen färbten sich dunkelrot.
Schnell senkte sie den Kopf und sah verschämt auf den staubigen Boden.
„Wollt Ihr Euch nicht zu uns setzen? So ein nettes Mädchen trifft man nur selten in dieser Gegend!“
Dalin lächelte ihr zu, doch Pàla zögerte und verneinte dann schließlich.
„Ich kann nicht – leider!“, sagte sie mit ehrlicher Bedauerung. „Ich muss noch arbeiten!“ „Nun, da kann man nichts tun!“
Pàla nickte traurig, verneigte sich und ging zum Tresen. Dort stapelten sich schon die dreckigen Krüge und sie machte sich daran, sie abzuspülen.
„Bàkon – wo steckst du nur, wenn man dich einmal braucht?!“, knurrte sie wütend und seufzte.
Leiph war aufgestanden und redete wieder laut auf die Umsitzenden ein, die ihn interessiert ansahen. Pàla hätte zu gerne gewusst, über was sie sprachen, doch sie wagte es nicht, Dalin noch einmal unter die Augen zu treten.
Sie gähnte und dachte sehnsüchtig an ihr Bett. Sie ließ sich auf einen kleinen Schemel fallen und schloss die Augen.
Der Lärm, der in der Schankstube herrschte, wurde weniger.
Pàla lächelte und wäre wohl eingenickt, wenn sie nicht ein Gast gerufen hätte. Sie rappelte sich auf und rieb sich die schmerzenden Augen.
Sie warf einen Blick zu den Gästen und staunte. Nur noch wenige Menschen saßen an den Tischen!
Wann waren sie gegangen?! Pàla begann langsam an ihrem Verstand zu zweifeln. Was war nur los mit ihr?
„He, Mädchen, kommst du jetzt oder was muss ich tun, damit ich noch einen Krug Met bekomme?!“, rief ein unfreundlicher Bursche vom Kamin aus.
Was Pàla nur noch mehr als unfreundliche Gäste hasste, war wenn sie ihr Befehle gaben. Sie schnaufte ärgerlich, füllte rasch einen Krug und brachte es ihm. Sie knallte es ihm auf den Tisch.
„Bitte sehr, mein Herr!“, sagte sie in gereiztem Tonfall.
Der Gast gab ihr ein Säckchen voller Münze.
„Das sin` die offenen Rechnungen meiner Kumpel gewesen – von denen, die gegangen sind!“
Sie nahm das Beutelchen in Empfang, murmelte etwas unwirsches und verstaute es in ihrer Schürze. Sie sammelte die leeren Gläser und Krüge ein, säuberte sie und schenkte nach.
Die Nacht schritt voran und die Gäste gingen, mehr oder weniger angetrunken.
Nur noch die elf Männer am hinteren Tisch diskutierten und redeten noch. Sie schienen so sehr in das Gespräch vertieft, dass sie nicht einmal bemerkten, dass Pàla die anderen Tische abwischte und die Stühle hochstellte.
Nun, da niemand anderes hier war, konnte sie die Gespräche mitanhören.
„...ich`s dir doch sage, Feysen, die gesamte Westseite wurde überrannt! Niemanden ließen sie am Leben! Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen! Alles haben sie niedergebrannt und zerstört!“
„Wenn dieser Schwachsinn, den du uns hier weiszumachen versuchst, Asan, wahr ist, dann frage ich mich, wieso meine Männer davon nicht mitbekommen haben, als sie heute Morgen an der Westseite vorbeigeritten sind?!“
Der braunhaarige Mann, namens Asan, schwieg erstaunt.
Leiph übernahm das Wort.
„Ich werde es mir ansehen, dann haben wir Klarheit!“
„Leiph! Du willst dahin reiten? Wieso willst du dir diesen Weg machen, wenn ich doch sowieso heute Nacht da hindurch muss, um zu meinem Lager zu kommen?!“, beeilte sich Feysen zu sagen und lächelte etwas. „Du bist doch vielbeschäftigt!“
Pàla wagte einen Blick zu ihnen und sah, dass Dalin die Stirn runzelte und nachdenklich einen Zug an seiner Pfeife nahm.
Schließlich standen die Männer auf und verabschiedeten sich voneinander. Sie zogen alle dieselben schwarzen Mäntel an und gingen. Leiph gab ihr erneut einige der fremden Münzen.
Pàla verneigte sich.
„Danke, mein Herr, Ihr seid großzügig!“
Als sie fortwaren und Pàla alles abgeschlossen hatte, räumte sie noch den letzten Tisch ab, schrubbte ihn und wollte gerade die Stühle heraufstellen, als sie etwas unter dem Tisch aufblitzen sah.
Sie kroch hinunter und fischte es hervor. Es war eine kleine, silberne Dose. Pàla wendete sie erstaunt in den Händen, doch als sie versuchte, sie zu öffnen, ging es nicht. Sie steckte sie in ihre Schürzentasche.
Später, als sie auf ihrem Bett saß, betrachtete sie sich das kleine Döschen noch einmal. Es war schlicht und ohne jegliche Verzierungen, doch es gefiel ihr.
Ein langer, tiefer Kratzer zog sich über die glatte Oberfläche. Pàla strich mit dem Finger darüber.
Auf einmal spürte sie wieder, wie müde sie eigentlich war. Sachte legte sie die Schachtel auf ihren Nachttisch, kroch unter die warme Daunendecke und schloss die Augen. Einen Moment sah sie noch Dalin vor ihrem inneren Auge, dann schlief sie ein.
Einige Tage vergingen und weder Leiph noch Dalin ließen sich blicken, was Pala ein wenig deprimierte. Es war ihr, als würde etwas in ihr fehlen, wenn er nicht da war.
Doch sie hatte auch nicht viel Gelegenheit, ihren trübseligen Gedanken nachzuhängen, denn Bàkon hielt sie mit allerlei Arbeit auf Trab. Er hatte sich anscheinend zum Ziel gesetzt, den „Bullen“ für Gäste so annehmlich wie möglich zu gestalten. Aber die meiste Arbeit blieb – wie gewöhnlich – an Pàla hängen, also musste sie morsche Dielenbretter ausbessern, die Decke von Spinnweben – die sich dort festgesetzt hatten – befreien und sonstige anstrengende Arbeiten verrichten. Und wenn sie dann spät abends todmüde in ihr Zimmer schlurfte, fiel sie meistens gleich in ihr Bett und verschwendete keinen Gedanken mehr an Leiph... oder Dalin...
Das änderte sich allerdings, als sie eines Morgens von Bàkon in die Stadt geschickt wurde, um einige größere Einkäufe zu machen.
Sie ging in den kleinen, windschiefen Schuppen hinter der Gaststube und spannte Bàkons alten Hengst Babu vor den Wagen. Schon da merkte sie, dass etwas in der Luft lag, was die Tiere nervös und scheu machte, doch sie dachte dabei an nichts Schlimmes, schließlich war der alte Babu in letzter Zeit öfters nervös.
Pàla sprang auf den Kutschbock, nahm die Zügel in die Hand und schon setzte sich Babu in Bewegung. Sein Zotteltrab war so gleichmäßig-schaukelnd, dass sie schon nach wenigen Gedanken in eine Art Wachtraum fiel und ihren eigenen Gedanken nachhing. Schließlich konnte sie sich auf Babu verlassen – er kannte den Weg.
Auf einmal bäumte sich das Pferd auf und wieherte schrill. Pàla wurde dadurch recht unsanft aus ihrem Traum gerissen und versuchte noch, die Zügel in der Hand zu behalte, doch Babu machte einen Satz vor, riss den Kopf nach unten und machte einen Satz vor. Der Wagen an den das Pferd gespannt war, schlingerte gefährlich nach allen Seiten. Und dann – in einer blitzschnellen Bewegung – galoppierte er an.
Mit großen Sätzen preschte er über den Schotterweg durch den Wald und Pàla hatte Probleme, sich festzuhalten, denn sie wurde auf– und abgeschleudert. Der panischgewordene Hengst wandte sich plötzlich nach rechts, in den Wald hinein und Pala wurde herumgerissen.
Dabei verlor sie ihr Gleichgewicht. Sie schien noch einen Moment lang nach dem Wagen zu greifen, dann fiel sie auf den Boden. Sie versuchte sich noch mit den Händen abzustützen, doch es knackte und Pàla schrie gequält auf.
Sie lag zusammengekrümmt auf dem harten Boden und schrie vor Schmerzen. Ihr Handgelenk, das in einem merkwürdigen Winkel verdreht war, hielt sie fest umklammert. Sie jaulte und schluchzte, während sie langsam aufstand und sich zitternd nach Babu umsah. Eine plattgetretene Schneise, die in den Wald führte, zeigte ihr, dass er wohl davongeprescht war.
Fassungs- und reglos blieb sie stehen. Es kam ihr vor wie ein böser Traum! Sie war alleine in diesem Wald und die Stadt la noch mindestens drei Reitstunden entfernt.
Ihr war übel und ihre Hand schmerzte wie Feuer, als sie versuchte, ihre Finger zu rühren.
Flach atmend versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Ihre Lage war aussichtlos – ohne Wagen, ohne Waffen und zudem noch verletzt war sie dem Wald mit allen Tücken ausgeliefert!
Sie fluchte laut.
Nach einer endlosen Weile – wie ihr vorkam – machte sie sich auf den Weg, um Babu zu suchen. Sie könnte sich Bàkons Reaktion lebhaft vortellen, wenn sie ihm beichten müsste, dass sie seinen ehemals wertvollen Zuchthengst verloren hatte!
Es war einfach, seiner Fährte zu folgen, denn einerseits war der Boden weich und man sah deutlich Huf- und Radabdrücke und andererseits hatte Babu Sträucher und Hecken zusammengetreten, als er panisch davongeprescht war. Pàla verfing sich immer wieder in herunterhängenden Ästen und wenn sie versuchte, sich zu befreien, fing ihr Handgelenk wieder an zu brennen. `Wird wohl gebrochen sein!`, dachte sie bei sich und bei diesem Gedanken traten ihr von alleine die Tränen in die Augen.
Sie musste doch im ‚Bullen’ bedienen und dafür benötigte sie beide Hände! Sie schleppte sich Stunden im Wald herum, um das Pferd zu finden, doch langsam beschlich sie ein Gefühl der Panik, dass sich wie ein Feuer in ihr ausbreitete.
Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich Babu zu finden und dann so schnell wie möglich heimzureiten!
Plötzlich zuckte sie zusammen. Da – sie hatte doch gerade etwas gehört! Doch es klang nicht wie das Schnauben eines Pferdes, eher wie ein – Pàla`s Atem setzte kurz aus.
Ein Bär stand vor ihr. Er war gewaltig, um die zwei Meter hoch, sein Fell war pechschwarz und er fletschte seine spitzen Zähne.
Pàla fing erneut an zu zittern und wieder fühlte sie Panik in sich hochsteigen.
Der Bär, der sich auf den Hinterbeinen aufgerichtet hatte, ließ sich wieder auf alle vier Pfoten nieder und sträubte seinen pechschwarzen Nackenhaare. Pàla war wie gelähmt. Wenn er sie jetzt angreifen würde, wäre sie verloren! Sie starrte den Bären an, ohne auch nur einen Gedanken fassen zu können, der ihr weitergeholfen hätte.
Doch der Bär schien schnell das Interesse an ihr zu verlieren - er ließ nur noch einen gefährlichen, tiefen Brummlaut hören, dann wandte er sich um und trabte davon.
Sie war erleichtert und endlich konnte sie sich wieder bewegen. Ihr Herz raste zwar noch, aber das war ihr egal. Sie drehte sich wieder um und ging die verwüstete Schneise - mit zitternden Knien – entlang.
`Es war nur Glück!`, dachte sie sich und lachte kurz auf.
Doch plötzlich fing ihre Hand wieder an, fürchterlich zu schmerzen und sie musste würgen – so schlimm war der Schmerz.
Auf einmal sah sie den Leiterwagen – ihren Wagen! – ungefähr dreißig Meter vor ihr, zwischen zwei eng beisammenstehenden Bäumen, stecken.
Schnell rannte sie hin und versuchte den immer noch panischen Hengst zu beruhigen.
Sie versuchte dann, den Wagen freizubekommen. Jedoch schaffte sie es mit ihrer einen Hand nicht und nach einer Weile merkte sie selber, dass es nur Zeit– und Kraftverschwendung wäre, wenn sie weitermachen würde.
Erschöpft und vor Schmerz fast ohnmächtig ließ sie sich auf einen moosbewachsenen Stein nieder. Babu schnaubte auffordernd und scharrte mit dem Huf, doch Pàla hatte keine Kraft mehr, ihn zu beruhigen.
Sie schloss die brennenden Augen und schluchzte auf. Ihre Lage war aussichtlos – sie war verloren! Ihr taten alle Glieder weh, doch der Schmerz in ihrer Hand übertraf alles.
Auf einmal – es durchfuhr sie wie ein Blitzschlag – hörte sie eine fremde Stimme:
„Seid Ihr verletzt?! Kann ich Euch helfen?“
Erschrocken – aber auch sehr dankbar, eine menschliche Stimme zu hören – blickte sie auf und nickte. Ihre Kehle schien wie ausgedörrt, so dass sie nicht sprechen konnte.
„Ist das Euer Pferd?“
Wieder nickte sie.
Der Mann wandte sich Babu zu – und da fiel Pàla beinahe von ihrem Stein.
Das war doch Feysen – einer von Leiph`s Bekannten aus dem `Bullen`!
„Was – was tust du denn hier?!“, fragte sie ihn verwirrt und stemmte sich hoch. Der angebliche Feysen drehte sich zu ihr zu – er wirkte etwas verwirrt.
„Sind wir uns schon einmal begegnet?!“
„Ja! Ich bin Pàla, die Bedienung aus dem `Bullen`! Ihr kennt mich doch – ihr ward dort mit Leiph und Dalin!“
Langsam schien er zu begreifen, doch gleichzeitig wurde seine Miene hart und er lachte kurz und spöttisch auf.
„Ihr haltet mir für einen Gefolgsmann von Leiph?! Da muss ich Euch enttäuschen, das bin ich nicht. Und mein Name lautet auch nicht Feysen, sondern Ven, Theros’ Sohn! Jedoch werde ich wohl kaum abstreiten könne, dass ich Feysen sehr ähnlich sehe. Ich bin nämlich sein Zwillingsbruder.“
Er sah sie an, als wären jetzt alle Fragen – deren Antwort sie berechtigt war, zu erfahren – zwischen ihnen geklärt.
Sie stand wie festgefroren da und sie begriff nur langsam, was er ihr gerade erzählt hatte.
„Ihr seid sein Zwilling?!“
Ven antwortete darauf nicht, sondern wandte sich wieder Babu zu und versuchte, die Riemen des Fuhrwerks zu lösen.
Pàla stand daneben, doch plötzlich drehte sie ihre Hand unglücklich, und sie schrie auf. Ven wandte sich um.
„Was ist los?!“
„Ich … hab mir meine Hand verletzt…“, presste sie zwischen den Zähnen hervor und ließ sich – das Gesicht weiß wie Kalk – auf den Waldboden nieder.
„Zeigt mal!“
Er untersuchte ihre Hand behutsam und ließ dann – stirnrunzelnd – von ihr ab.
„Es sieht nicht gut aus…“
Pàla lächelte gequält.
„Das habe ich mir schon gedacht!“
Ven schien einen Moment lang zu überlegen, dann ging er wieder zu Babu, der verzweifelt versuchte, sich zu befreien.
„Erst einmal versuche ich dein Pferd loszumachen, dann kümmere ich mich um deine Hand!“
Er zog an einem Riemen, Babu wieherte schrill auf und – er war frei. Der Wagen jedoch war an mehreren Stellen gebrochen und konnte nicht mehr benutzt werden. Pàla war erleichtert und streichelte Babu mit ihrer unverletzten Hand.
Nun wandte sich Ven ihr zu und holte ein Tuch aus seiner Tasche. Er umwickelte ihre Hand damit.
Pàla beobachtete ihn dabei interessiert.
„Wie habt Ihr mich eigentlich gefunden?!“
„Ich… hörte Euer Pferd wiehern und dachte eigentlich, es wäre in Gefahr! Aber dann fand ich Euch!“
Er lächelte und band den „Verband“ fest. Dann stand er auf.
„Ihr solltet schnell nach Hause gehen und Euch schonen. Eure Hand ist wahrscheinlich gebrochen und braucht Zeit um zu heilen!“
Pàla sah unbehaglich drein. Das war genau das, was sie befürchtet hatte! Was sollte Bàkon eine Bedienung nützen, die nur eine Hand benutzen konnte!? Sie nickte. Ven brachte Babu zu ihr und half ihr auf seinen Rücken zu steigen.
„Könnt Ihr Euch halten?“
„Ja…“
Sie hielt sich mit Ihrer gesunden Hand krampfhaft an seiner Mähne fest. Ven nahm den Hengst am Halfter und ging vor. Pàla war ihm dafür sehr dankbar.
„Ich werde Euch bis zum Waldrand begleiten, Pàla! Aber weiter kann ich nicht gehen – es ist nicht erlaubt!“
Sie starrte ihn an.
„Wieso ist es nicht erlaubt?! Was meint Ihr damit?“
Ven biss sich – auf sich selber wütend – auf die Lippe.
„Vergesst, was ich gesagt habe! Ich war nicht berechtigt es gegenüber von Euch zu erwähnen!“, raunte er im barschen Ton und sie fragte nicht weiter.
„Wohin wolltet Ihr eigentlich hin, Pàla?“
„Auf den Markt – ich sollte dort für Bàkon einkaufen gehen…“
„Für wen?“
„Der Writ aus dem `Bullen`, wo ich arbeite!“
„Oh!“
Bis sie den Waldrand erreichten, schwiegen sie. Ven wandte sich ihr noch einmal zu.
„Ihr werdet es bis zu Euerm Zuhause nun auch alleine schaffen, nicht wahr?!“
„Hoffentlich…“
Sie grinste gequält. Ven lächelte ihr noch einmal zu.
„Alles Gute, Pàla!“
Er verschwand wie ein Schatten im Wald und sie sah ihm nach. Dann setzte sich Babu wieder in Bewegung und verfiel in einen gelangweilten und sehr vorsichtigen Trab.
„Was hast du mit deiner Hand gemacht?!!“
Pàla hatte Babu in den Stall gebracht und war dann zu Bàkon gegangen, um ihn über den Gesundheitszustand ihrer Hand zu informieren. Und er war – wie sie schon vermutet hatte – nicht ruhig geblieben.
„Babu hat aber doch gescheut und ich bin vom Wagen gefallen – und habe mir die Hand verletzt!“, murmelte Pàla trübselig und sah auf den Boden. Bàkon atmete tief aus – er schien zu überlegen.
Pála richtete sich seufzend auf. Sie war seit Stunden dabei, die Gaststube zu säubern, doch dies war gar nicht so leicht. Denn in die Risse des alten, schon beinahe morschen Fußboden fiel der Staub von der Decke, wenn man die Tür zu heftig schloss. Schließlich gab sie es auf und eilig warf sie den dreckigen Lappen in den Putzeimer, der in einer dunklen Ecke stand.
Dann ging sie an das Fenster, öffnete es weit und lehnte sich hinaus. Das Wirtshaus „Zum tosenden Bullen“ lag in einer etwas abgelegenen Lage, was sich durchaus schon als gewinnbringend erwiesen hatte.
Denn seltsame Gestalten, die die Stadtmitte scheuten und trotzdem gut essen und trinken wollten, kamen oft zu ihnen, wo sie – ungesehen der Bewohner –hinein und hinaus gehen konnten.
Plötzlich polterten schwere Schritte auf der kleinen, schmalen Holztreppe und Pala sah zur Tür. Einen Moment später erschien der massige Körper von Bàkon, dem Hausbesitzer und seines Zeichens Wirt des „Bullen“.
„Hilf mir mal!“, knurrte er barsch und Pàla zog eine Grimasse.
„Ebenfalls einen guten Abend, Bàkon!“
Der verschwand im Nebenzimmer und überließ es ihr, die schweren Holzfässer, die guten Met beinhalteten, unter der Theke zu verstauen. Dies war eine schwere und schweißtreibende Arbeit, aber sie biss die Zähne zusammen und schließlich waren die Fässer verstaut.
Da kam Bàkon wieder.
„Mach das Fenster zu!“, brummelte er und begann die Krüge, die auf der Ablage standen, mit einem Tuch zu trocknen.
„Wieso? Ich beobachte die Sterne gerne!“, erwiderte Pàla beinahe trotzig und rückte die Stühle an die großen Holztische.
„Zum Träumen hast du nachher noch genug Zeit, Mädchen!“
Sie seufzte und machte das Fenster nicht gerade sanft zu. Staub rieselte von der Decke – Bákon seufzte genervt auf. Dann legte er seinen Lappen zur Seite und fischte einige Münzen aus seiner Tasche.
„Dein Lohn!“, sagte er knapp und warf es vor sie auf den Tisch.
Mit freudig glänzenden Augen zählte sie die paar wenigen Münzen, dann sah sie entrüstet auf.
„Das ist zu wenig – es fehlt noch etwas!“
„Ich weiß, Pála!“, gab er gereizt zurück. „Aber weißt du, wie viel Steuern diese Eintreiber jetzt schon haben wollen?! Du kannst froh sein, wenn ich den `Bullen` nicht schließen muss!“
Pàla schwieg erstaunt und spielte gedankenverloren mit den Münzen.
„Nimm sie wieder! Ich brauche es nicht so dringend!“
„Nein! Wenn ich Almosen wollte, dann würde ich darum bitten! Aber nie würde ich dich danach fragen!“, knurrte er und putzte die Krüge – beinahe sauer – weiter.
„Jetzt nimm sie schon! Wenn du sie nicht möchtest, werfe ich sie in den Fluss!“
„Ich sagte NEI-“
Die Tür ging quietschend auf und erschrocken wirbelten sie herum.
Ein Mann mit ellenlangem, silbriggrauem Bart und einem Kapuzenmantel, der das Gesicht verbarg, trat ein. Er beachtete die erstaunte Pàla und den verdutzten Wirt nicht sonderlich, sondern er humpelte, auf einem Stock gestützt, auf einen der hinteren Tische am Kaminfeuer zu und setzte sich, nach einem kurzen Blick aus dem Fenster, hin.
„Nun geh schon!“, zischte Bàkon Pàla zu, die sofort zu ihm stolperte.
„Kann ich Euch etwas bringen?“
Der Alte sah auf.
„Ich warte auf jemanden. Wenn er kommt, will ich etwas bestellen!“, sagte er mit einer Stimme, die nicht viel von seinem Charakter verriet. Sie war zwar kräftig, aber sie hatte auch einen etwas brüchigen Unterton.
Sie verneigte sich und ging zurück zum Tresen.
„Und?“
„Er möchte noch nichts – er wartet noch!“
„Gut!“
Bàkons listige, kleine Augen glitzerten.
„Das bedeutet Kundschaft! Geh – mach dich hübsch, Mädchen! Nette Bedienungen bringen mehr Geld!“
Pala ging kopfschüttelnd in ihr kleines Zimmer im Dachgeschoss und blickte in den an einigen Stellen schon zersprungener Spiegel. Ein paar klarer, brauner Augen blickten kritisch dreinblickend zurück. Sie schüttelte ihren Kopf und der Zopf, den sie sich eilig heute Morgen geflochten hatte, löste sich langsam aber sicher auf. Sie seufzte.
Sie zog ein schlichtes, weißes Kleid an, was einen netten Kontrast zu ihren dunklen Haaren bildete. Dann löste sie mit flinken Fingern den Zopf auf. Wellige Locken fielen auf ihre schmalen Schultern und ihren schmerzenden Rücken. Geschickt band sie ihre Haare mit einem Band zusammen, schlüpfte in ein paar Hausschuhe und schon war sie wieder auf dem Weg zur Gaststube.
Sie traute ihren Augen kaum als sie hineinging – beinahe jeder Platz in der Stube war besetzt und Bàkon, mit verschwitzten Gesicht, eilte von einem zum anderen, um die Bestellungen entgegenzunehmen.
„Na endlich! Bind dir eine Schürze um, nimm dir einen Block und frag’ sie nach ihren Bestellungen!“, knurrte er befehlend aus den Mundwinkeln.
Sie seufzte, während sie sich eine Schürze umband.
Sie hatte aber auch nicht wirklich erwartet, dass er auch nur ein Wort über ihr Aussehen verlieren würde.
Sie griff nach einem Stift und einem Blatt Papier und machte sich an die Arbeit.
Eine halbe Stunde später waren alle Gäste versorgt und Pàla konnte sich etwas Erholung gönnen. Sie trank gierig ein wenig Wasser.
„Wann sind die ganzen Menschen gekommen, Bàkon?“
„Grade als du nach oben bist, sind sie in einem Mal hereingestürmt und haben sofort alle Tische in Beschlag genommen! Aber sitz hier nicht so faul herum – für was bezahle ich dich denn? Geh herum und frag, ob sie noch etwas brauchen!“
„Ja, natürlich!“, gab sie gereizt zurück und schlenderte zum Tisch in der hinteren Ecke, an dem sich der Alte zurückgezogen hatte.
Ein Mann stand bei ihm und unterhielt sich raunend mit ihm. Als sich Pàla näherte, richtete er sich eilig auf, verbeugte sich knapp und lief eilig an einen anderen Tisch.
Sie runzelte die Stirn, setzte aber ein freundliches Lächeln auf.
„Wollt Ihr nicht doch etwas bestellen, mein Herr? Euer Bekannter ist anscheinend noch nicht gekommen!“
Der Mann hob den Kopf, den er noch immer mit der Kapuze verhüllte. Sein silbriger Bart schimmerte im dämmrigen Kerzenlicht.
„Ich werde noch warten. Er wird kommen ... wenn nicht heute, dann morgen...“
„Aber -“
„Ich werde warten!“, zischte er angriffslustig, so dass sich Pàla eilig verbeugte und zum nächsten Tisch stolperte.
Es wurde später und langsam trudelten die Gäste aus dem Haus.
Während Pàla die Münzen der letzten Kunden in ihren Beutel steckte, konnte sie ein tiefes Gähnen nicht unterdrücken. Sie gab den Beutel bei Bàkon ab und begann dann die Stühle auf die Tische zu stellen, die sie davor mit einem feuchten Lappen abgewischt hatte.
Als sie an den hinteren Tisch kam, schreckte sie auf.
Noch immer saß der alte Mann am Tisch, noch immer genauso unbeweglich wie vor einigen Stunden.
„Wir wollen schließen, mein Herr! Ihr müsst gehen!“
Die Kapuze ruckelte und bewegte sich nach oben. Gemächlich stand er auf, drückte ihr zwei Münzen in die Hand und humpelte eilig aus der Stube.
Pàla betrachtete die Münzen beinahe erschrocken. Sie sahen nicht aus wie gewöhnliche Geldstücke, sondern waren beinahe handgroß und schwerer als normales Geld. Außerdem funkelte es ein wenig, was sie entfernt an das Glitzern der Sterne erinnerte. Sie zeigte es Bàkon, der die Krüge und die Theke putzte. Der schnaufte allerdings verächtlich.
„Falschgeld ist das, Mädchen! Du hast dir Falschgeld andrehen lassen!“
„Er hat es mir geschenkt – und ich hatte auch nicht vor, es dir zu geben!“, sagte sie mit kalter Stimme und steckte es in ihre Schürze. „Ich finde es nämlich interessant!“
Bàkon brummelte.
Pàla nahm mit finsterem Blick den Besen in die Hand und fegte die Stube flüchtig durch. Dann ging sie, nachdem sie Bàkon murmelnd eine Gute Nacht gewünscht hatte, in ihr Zimmer. Sie fiel sofort todmüde in ihr Bett und zwei Minuten später war sie auch schon fest eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wachte sie spät auf. Die Sonne schien schon – wenn auch von dichten Wolken verhangen – hoch am Himmel. Erschrocken sprang sie aus ihrem Bett, zog sich eilig an und band ihr Haar schnell zusammen.
Dann lief sie hinunter in die Schankstube. Zum Glück war noch niemand darin und sie zog die Vorhänge zurück. Sie nahm den Weidenkorb, der auf einem Schemel stand, da sie noch zum Markt gehen wollte.
Außerdem nahm sie den Schlüssel vom Haken und schloss die Haustür von außen ab.
Pala war zufrieden, als sie zurück zum „Tosenden Bullen“ ging. Sie hatte einige Sachen billig erworben, was sie vor allem darauf zurück führen konnte, dass sie sich gut mit den Händlern verstand und auch wusste, wie sie Feilschen musste, um ihren Willen zu bekommen.
Pfeifend sperrte sie die Tür auf und ging die kleine morsche Treppe hinauf. Sie stellte den Korb im Vorraum ab und holte Reisig und Holz, um den Kamin einzuschüren.
Draußen war es ungemütlich kalt und ausgesprochen windig und Pàla war durchgefroren.
Als sie die Asche herausgefegt hatte und dabei war, das Brennmaterial im Kamin aufzuschichten, räusperte sich jemand hinter ihr.
Sie schreckte herum und ließ erschrocken einen spitzen Schrei los.
Hinter ihr stand der alte Mann vom gestrigen Abend. Er hatte erneut den fleckigen Kapuzenmantel an und sein Bart schimmerte noch immer wie Silber.
„Ihr hab mich erschreckt, mein Herr!“, keuchte sich mit einem Lächeln.
„Das tut mir leid, Mädchen!“
Seine kratzige Stimme klang dumpf unter der Kapuze hervor.
„Wie kommt Ihr überhaupt hier herein?!“
Sie drehte sich wieder um und legte die Holzscheite weiter geschickt übereinander.
„Die Haustür stand offen!“
„Oh!“
Sie warf ein brennendes Streichholz in den Kamin, worauf das Holz beinahe sofort Feuer fing und begann, lustig zu knistern.
„Soll ich Euch etwas bringen?“, fragte sie ihn, während sie aufsprang und sich die Hände in einem Bottich voll Wasser wusch.
„Nein, ich warte auf jemanden ....“
„Natürlich!“ Sie zog eine Grimasse, die der Alte allerdings nicht sah. „Ich werde Euch später noch einmal fragen!“
Im Laufe des Nachmittags verschwand Pàla kurz in den Garten, um die nasse Wäsche aufzuhängen. Sie beeilte sich damit, denn in der Stube waren einige Gäste, die sie nicht gerne lange alleine lassen wollte.
Zudem war Bàkon vorhin in die Stadt gegangen, um einkaufen zu gehen und Pàla wusste nicht, wann er wiederkommen würde.
Eilig betrat sie das Wirtshaus durch den hinteren Eingang und lief schnell die Treppe hinauf. Die Gaststube war inzwischen durch das flackernde Kaminfeuer schön warm geworden, was Pàla nach den eisigen Temperaturen des Gartens besonders freute.
Doch sie staunte. Waren vorhin nur wenige Gäste im Raum gewesen, da waren nun die gesamten Tische und Stühle besetzt.
Pàla nahm, noch immer verdutzt, die Bestellungen entgegen und brachte ihnen die vollgefüllten Metkrüge, die die Meisten bestellten, da es schön durchwärmte.
Schließlich sah sie zu den hinteren Tischen und da bemerkte sie, dass der Alte nicht mehr alleine am riesigen Tisch saß: Mindestens ein Dutzend Menschen saßen dort und unterhielten sich lautstark.
Pàla ging erneut zu ihm.
„Kann ich Euch nun etwas zu Trinken bringen, mein Herr?!“
Die gesamte Tischrunde verstummte auf einen Schlag und starrte sie an. Der Alte mit dem Bart blickte zu ihr auf.
„Nun, wir hätten gerne zehn Krüge mit Met! Aber für mich –“, fügte er leiser hinzu. „-wäre es nett, wenn Ihr diese Blätter mit kochendem Wasser aufgießen würdet!“
Er reichte ihr drei rötliche, trockene Blätter, die ein wenig nach Kastanien rochen.
„Aber davor müsst Ihr sie zerreiben!“
Pàla starrte ihn fassungslos an.
„Ihr wollt das trinken?“
„Wenn es möglich wäre...“
Sie zögerte, doch schließlich willigte sie ein.
„Gut! Ich bringe es Euch sofort!“
Sie verneigte sich und ging zum Tresen.
Pàla nahm den Kessel Wasser, der immer dort hing, vom Feuer, legte noch einen Holzscheit nach und ging zur Theke. Dann warf sie die zerriebenen Blätter in eine Tasse, goss brühendes Wasser darauf und ließ das Gebräu ziehen, bis sie die zehn Krüge mit Met gefüllt hatte.
Dann brachte sie erst das Met, dann – geradezu feierlich – den Aufguss, der eine hässlich braune Farbe angenommen hatte.
Sie sah gespannt zu, wie er ein kleines Beutelchen aus grünem Leder herauszog, eine Prise rotes Pulver nahm und es in den Tee warf. Zischen und qualmend veränderte sich die Flüssigkeit von braun zu milchigweiß.
Der blonde Mann, der neben ihm saß und gerade einen kräftigen Schluck Met genommen hatte, grinste und setzte den Krug ab.
„Trinkst du schon wieder dieses Gesöff, Leiph? Du weißt doch, wie widerlich das schmeckt!“, sagte er mit einem Lachen.
Der Alte schüttelte seinen Kopf, so dass seine Kapuze hin und her schwenkte.
„Du wirst es nie lernen, Ven...“, erwiderte er seufzend, aber mit einem etwas lachendem Unterton.
„Nimm doch endlich deine Kapuze ab! Darunter muss es doch stickig und heiß sein!“, drängte Ven weiter und sein Blick huschte kurz zu Pàla.
Die war sich sicher, dass der Alte, der anscheinend Leiph hieß, unter seiner Kapuze grinste.
Plötzlich merkte sie, dass sie die Gäste seit Minuten anstarrte – was ihr peinlich war. Mit rotem Kopf entschuldigte sie sich murmelnd und stolperte zurück zum Tresen.
Sie trank beschämt ein Glas Wasser.
Doch viel Zeit zum Ausruhen blieb ihr nicht – sie musste die leeren Krüge der Gäste nachfüllen, Tische abwischen wo etwas verschüttet worden war und Bestellungen entgegennehmen.
Denn immer mehr Menschen drängten in die Gaststube, doch erstaunlicherweise fanden alle noch irgendwo einen Platz. Das Wirtshaus schien wie ein Topf voll Suppe zu brodeln, so laut war es. Außerdem wurde es langsam stickig.
Pàla huschte zum Nebenraum und öffnete ein Fenster weit. Klare, frische Luft wehte ihr ins Gesicht und sie atmete tief durch.
Dann ging sie zurück. Sie ließ die Tür zur Stube offen, damit die Wärme herausziehen konnte.
Als sie hineinging stand der alte, noch immer in seinen Kapuzenmantel gehüllte Mann am Tisch. Die Tischrunde, die sich um ihn versammelt hatte, verstummte augenblicklich und blickte gespannt zu ihm.
Pàla überraschte dies, doch auch sie sah ihm zu.
„Ich hoffe, ihr wisst alle, wieso ich euch hergebeten habe!“
Die Leute schüttelten murmelnd den Kopf.
Das schien ihn ein wenig aus der Fassung zu bringen, doch er fasste sich schnell wieder. „Nun, dann werde ich es euch eben sagen! Es geht um -“ Plötzlich verstummte er. „Hat jemand das Fenster aufgemacht?“
Seine Stimme klang nicht mehr freundlich, sondern scharf.
Pàla hob die Hand.
„Im Nebenzimmer habe ich es geöffnet, mein Herr! Es ist stickig hier!“
„Macht es sofort zu!“
Etwas erstaunt über diesen barschen Tonfall lief sie ins Nebenzimmer.
Sie wollte das Fenster gerade schließen, da hüpfte ein kleines, schwarzes Eichhörnchen auf das Fensterbrett. Pàla staunte.
Das Tier sprang, ohne auf sie zu achten, auf den Boden und lief zur Wirtsstube.
Pàla schloss eilig das Fenster und rannte hinter dem Tierchen her. Sie erreichte es in wenigen Schritte und hob es auf. Es versuchte sich kratzend und beißend zu befreien, doch sie hielt es fest und streichelte sanft über das weiche, flauschige Fell.
Dann ging sie in die Schankstube.
Als sie Am Tisch von Leiph vorbeiging, biss das Eichhörnchen ihr so arg in den Finger, dass sie aufschrie und es fallen ließ. Es landete unsanft auf dem Boden, doch sofort flitzte es zu Leiph, sprang auf den Tisch und von dort auf seine Schulter.
„Dalin! Bist du trotz allem noch gekommen?!“
Leiph holte erneut ein Beutelchen von seinem Gürtel. Doch darin war nun dieses Mal ein gelbliches Pulver, das einen scharfen Geruch besaß. Er streute wenige Körnchen über das Eichhörnchen.
Das fing an, aufgeregt zu quietschen und zu keuchen. Es flüchtete unter den Tisch.
Pàla stand erstaunt vor der regungslosen Tischrunde und staunte mit offenem Mund.
Sie war es gewohnt, dass in letzter Zeit merkwürdige Dinge passieren, doch dies übertraf alles Bisherige!
Auf einmal kroch unter dem Tisch jemand hervor. Es war kein Eichhörnchen – oder anderes Tier! – sondern ein schwarzhaariger, braungebräunter Mann, der Pàla mit grauen, blitzenden Augen ansah, während er aufstand und sich den Staub von der Kleidung klopfte.
„Wo ist das Eichhörnchen hin?“, stammelte sie mit verwirrter Miene.
Der Mann grinste spottend.
„Ah, das Mädchen, das glaubte, ich wäre ein süßes Tierchen mit weichem Fell, das man streicheln kann!“
„Wie bitte!?! Ihr seid – es?“
„Sehr wohl! Dalin ist mein Name.“
„Ich bin Pàla! Seid Ihr eine Art Magier?!“, platzte sie heraus.
„Oh nein, so etwas wie Magie ist mir fremd. Ich benutzte nur –“
„Dalin! Gut, dass du hier bist!“, unterbrach Leiph ihn ungeduldig. „Setz dich, dann können wir anfangen!“
„Soll ich Euch etwas bringen, Herr Dalin?“
Pàla hatte sich halbwegs wieder gefasst und sprach mit der freundlichsten Stimme, die sie aufbrachte. Sie merkte, dass ihre Wangen anfingen zu glühen, als Dalin sie ansah. „Einen Krug Met könnte ich gut vertragen!“
„Gut!“
Sie kehrte zum Tresen zurück und füllte mit zitternden Händen einen silbernen Krug. Sie richtete ihr Kleid noch schnell, dann brachte sie es ihm mit freundlichem Lächeln.
Kurz berührten sich ihre Hände, als sie es ihm reichte. Pàla`s Wangen färbten sich dunkelrot.
Schnell senkte sie den Kopf und sah verschämt auf den staubigen Boden.
„Wollt Ihr Euch nicht zu uns setzen? So ein nettes Mädchen trifft man nur selten in dieser Gegend!“
Dalin lächelte ihr zu, doch Pàla zögerte und verneinte dann schließlich.
„Ich kann nicht – leider!“, sagte sie mit ehrlicher Bedauerung. „Ich muss noch arbeiten!“ „Nun, da kann man nichts tun!“
Pàla nickte traurig, verneigte sich und ging zum Tresen. Dort stapelten sich schon die dreckigen Krüge und sie machte sich daran, sie abzuspülen.
„Bàkon – wo steckst du nur, wenn man dich einmal braucht?!“, knurrte sie wütend und seufzte.
Leiph war aufgestanden und redete wieder laut auf die Umsitzenden ein, die ihn interessiert ansahen. Pàla hätte zu gerne gewusst, über was sie sprachen, doch sie wagte es nicht, Dalin noch einmal unter die Augen zu treten.
Sie gähnte und dachte sehnsüchtig an ihr Bett. Sie ließ sich auf einen kleinen Schemel fallen und schloss die Augen.
Der Lärm, der in der Schankstube herrschte, wurde weniger.
Pàla lächelte und wäre wohl eingenickt, wenn sie nicht ein Gast gerufen hätte. Sie rappelte sich auf und rieb sich die schmerzenden Augen.
Sie warf einen Blick zu den Gästen und staunte. Nur noch wenige Menschen saßen an den Tischen!
Wann waren sie gegangen?! Pàla begann langsam an ihrem Verstand zu zweifeln. Was war nur los mit ihr?
„He, Mädchen, kommst du jetzt oder was muss ich tun, damit ich noch einen Krug Met bekomme?!“, rief ein unfreundlicher Bursche vom Kamin aus.
Was Pàla nur noch mehr als unfreundliche Gäste hasste, war wenn sie ihr Befehle gaben. Sie schnaufte ärgerlich, füllte rasch einen Krug und brachte es ihm. Sie knallte es ihm auf den Tisch.
„Bitte sehr, mein Herr!“, sagte sie in gereiztem Tonfall.
Der Gast gab ihr ein Säckchen voller Münze.
„Das sin` die offenen Rechnungen meiner Kumpel gewesen – von denen, die gegangen sind!“
Sie nahm das Beutelchen in Empfang, murmelte etwas unwirsches und verstaute es in ihrer Schürze. Sie sammelte die leeren Gläser und Krüge ein, säuberte sie und schenkte nach.
Die Nacht schritt voran und die Gäste gingen, mehr oder weniger angetrunken.
Nur noch die elf Männer am hinteren Tisch diskutierten und redeten noch. Sie schienen so sehr in das Gespräch vertieft, dass sie nicht einmal bemerkten, dass Pàla die anderen Tische abwischte und die Stühle hochstellte.
Nun, da niemand anderes hier war, konnte sie die Gespräche mitanhören.
„...ich`s dir doch sage, Feysen, die gesamte Westseite wurde überrannt! Niemanden ließen sie am Leben! Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen! Alles haben sie niedergebrannt und zerstört!“
„Wenn dieser Schwachsinn, den du uns hier weiszumachen versuchst, Asan, wahr ist, dann frage ich mich, wieso meine Männer davon nicht mitbekommen haben, als sie heute Morgen an der Westseite vorbeigeritten sind?!“
Der braunhaarige Mann, namens Asan, schwieg erstaunt.
Leiph übernahm das Wort.
„Ich werde es mir ansehen, dann haben wir Klarheit!“
„Leiph! Du willst dahin reiten? Wieso willst du dir diesen Weg machen, wenn ich doch sowieso heute Nacht da hindurch muss, um zu meinem Lager zu kommen?!“, beeilte sich Feysen zu sagen und lächelte etwas. „Du bist doch vielbeschäftigt!“
Pàla wagte einen Blick zu ihnen und sah, dass Dalin die Stirn runzelte und nachdenklich einen Zug an seiner Pfeife nahm.
Schließlich standen die Männer auf und verabschiedeten sich voneinander. Sie zogen alle dieselben schwarzen Mäntel an und gingen. Leiph gab ihr erneut einige der fremden Münzen.
Pàla verneigte sich.
„Danke, mein Herr, Ihr seid großzügig!“
Als sie fortwaren und Pàla alles abgeschlossen hatte, räumte sie noch den letzten Tisch ab, schrubbte ihn und wollte gerade die Stühle heraufstellen, als sie etwas unter dem Tisch aufblitzen sah.
Sie kroch hinunter und fischte es hervor. Es war eine kleine, silberne Dose. Pàla wendete sie erstaunt in den Händen, doch als sie versuchte, sie zu öffnen, ging es nicht. Sie steckte sie in ihre Schürzentasche.
Später, als sie auf ihrem Bett saß, betrachtete sie sich das kleine Döschen noch einmal. Es war schlicht und ohne jegliche Verzierungen, doch es gefiel ihr.
Ein langer, tiefer Kratzer zog sich über die glatte Oberfläche. Pàla strich mit dem Finger darüber.
Auf einmal spürte sie wieder, wie müde sie eigentlich war. Sachte legte sie die Schachtel auf ihren Nachttisch, kroch unter die warme Daunendecke und schloss die Augen. Einen Moment sah sie noch Dalin vor ihrem inneren Auge, dann schlief sie ein.
Einige Tage vergingen und weder Leiph noch Dalin ließen sich blicken, was Pala ein wenig deprimierte. Es war ihr, als würde etwas in ihr fehlen, wenn er nicht da war.
Doch sie hatte auch nicht viel Gelegenheit, ihren trübseligen Gedanken nachzuhängen, denn Bàkon hielt sie mit allerlei Arbeit auf Trab. Er hatte sich anscheinend zum Ziel gesetzt, den „Bullen“ für Gäste so annehmlich wie möglich zu gestalten. Aber die meiste Arbeit blieb – wie gewöhnlich – an Pàla hängen, also musste sie morsche Dielenbretter ausbessern, die Decke von Spinnweben – die sich dort festgesetzt hatten – befreien und sonstige anstrengende Arbeiten verrichten. Und wenn sie dann spät abends todmüde in ihr Zimmer schlurfte, fiel sie meistens gleich in ihr Bett und verschwendete keinen Gedanken mehr an Leiph... oder Dalin...
Das änderte sich allerdings, als sie eines Morgens von Bàkon in die Stadt geschickt wurde, um einige größere Einkäufe zu machen.
Sie ging in den kleinen, windschiefen Schuppen hinter der Gaststube und spannte Bàkons alten Hengst Babu vor den Wagen. Schon da merkte sie, dass etwas in der Luft lag, was die Tiere nervös und scheu machte, doch sie dachte dabei an nichts Schlimmes, schließlich war der alte Babu in letzter Zeit öfters nervös.
Pàla sprang auf den Kutschbock, nahm die Zügel in die Hand und schon setzte sich Babu in Bewegung. Sein Zotteltrab war so gleichmäßig-schaukelnd, dass sie schon nach wenigen Gedanken in eine Art Wachtraum fiel und ihren eigenen Gedanken nachhing. Schließlich konnte sie sich auf Babu verlassen – er kannte den Weg.
Auf einmal bäumte sich das Pferd auf und wieherte schrill. Pàla wurde dadurch recht unsanft aus ihrem Traum gerissen und versuchte noch, die Zügel in der Hand zu behalte, doch Babu machte einen Satz vor, riss den Kopf nach unten und machte einen Satz vor. Der Wagen an den das Pferd gespannt war, schlingerte gefährlich nach allen Seiten. Und dann – in einer blitzschnellen Bewegung – galoppierte er an.
Mit großen Sätzen preschte er über den Schotterweg durch den Wald und Pàla hatte Probleme, sich festzuhalten, denn sie wurde auf– und abgeschleudert. Der panischgewordene Hengst wandte sich plötzlich nach rechts, in den Wald hinein und Pala wurde herumgerissen.
Dabei verlor sie ihr Gleichgewicht. Sie schien noch einen Moment lang nach dem Wagen zu greifen, dann fiel sie auf den Boden. Sie versuchte sich noch mit den Händen abzustützen, doch es knackte und Pàla schrie gequält auf.
Sie lag zusammengekrümmt auf dem harten Boden und schrie vor Schmerzen. Ihr Handgelenk, das in einem merkwürdigen Winkel verdreht war, hielt sie fest umklammert. Sie jaulte und schluchzte, während sie langsam aufstand und sich zitternd nach Babu umsah. Eine plattgetretene Schneise, die in den Wald führte, zeigte ihr, dass er wohl davongeprescht war.
Fassungs- und reglos blieb sie stehen. Es kam ihr vor wie ein böser Traum! Sie war alleine in diesem Wald und die Stadt la noch mindestens drei Reitstunden entfernt.
Ihr war übel und ihre Hand schmerzte wie Feuer, als sie versuchte, ihre Finger zu rühren.
Flach atmend versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Ihre Lage war aussichtlos – ohne Wagen, ohne Waffen und zudem noch verletzt war sie dem Wald mit allen Tücken ausgeliefert!
Sie fluchte laut.
Nach einer endlosen Weile – wie ihr vorkam – machte sie sich auf den Weg, um Babu zu suchen. Sie könnte sich Bàkons Reaktion lebhaft vortellen, wenn sie ihm beichten müsste, dass sie seinen ehemals wertvollen Zuchthengst verloren hatte!
Es war einfach, seiner Fährte zu folgen, denn einerseits war der Boden weich und man sah deutlich Huf- und Radabdrücke und andererseits hatte Babu Sträucher und Hecken zusammengetreten, als er panisch davongeprescht war. Pàla verfing sich immer wieder in herunterhängenden Ästen und wenn sie versuchte, sich zu befreien, fing ihr Handgelenk wieder an zu brennen. `Wird wohl gebrochen sein!`, dachte sie bei sich und bei diesem Gedanken traten ihr von alleine die Tränen in die Augen.
Sie musste doch im ‚Bullen’ bedienen und dafür benötigte sie beide Hände! Sie schleppte sich Stunden im Wald herum, um das Pferd zu finden, doch langsam beschlich sie ein Gefühl der Panik, dass sich wie ein Feuer in ihr ausbreitete.
Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich Babu zu finden und dann so schnell wie möglich heimzureiten!
Plötzlich zuckte sie zusammen. Da – sie hatte doch gerade etwas gehört! Doch es klang nicht wie das Schnauben eines Pferdes, eher wie ein – Pàla`s Atem setzte kurz aus.
Ein Bär stand vor ihr. Er war gewaltig, um die zwei Meter hoch, sein Fell war pechschwarz und er fletschte seine spitzen Zähne.
Pàla fing erneut an zu zittern und wieder fühlte sie Panik in sich hochsteigen.
Der Bär, der sich auf den Hinterbeinen aufgerichtet hatte, ließ sich wieder auf alle vier Pfoten nieder und sträubte seinen pechschwarzen Nackenhaare. Pàla war wie gelähmt. Wenn er sie jetzt angreifen würde, wäre sie verloren! Sie starrte den Bären an, ohne auch nur einen Gedanken fassen zu können, der ihr weitergeholfen hätte.
Doch der Bär schien schnell das Interesse an ihr zu verlieren - er ließ nur noch einen gefährlichen, tiefen Brummlaut hören, dann wandte er sich um und trabte davon.
Sie war erleichtert und endlich konnte sie sich wieder bewegen. Ihr Herz raste zwar noch, aber das war ihr egal. Sie drehte sich wieder um und ging die verwüstete Schneise - mit zitternden Knien – entlang.
`Es war nur Glück!`, dachte sie sich und lachte kurz auf.
Doch plötzlich fing ihre Hand wieder an, fürchterlich zu schmerzen und sie musste würgen – so schlimm war der Schmerz.
Auf einmal sah sie den Leiterwagen – ihren Wagen! – ungefähr dreißig Meter vor ihr, zwischen zwei eng beisammenstehenden Bäumen, stecken.
Schnell rannte sie hin und versuchte den immer noch panischen Hengst zu beruhigen.
Sie versuchte dann, den Wagen freizubekommen. Jedoch schaffte sie es mit ihrer einen Hand nicht und nach einer Weile merkte sie selber, dass es nur Zeit– und Kraftverschwendung wäre, wenn sie weitermachen würde.
Erschöpft und vor Schmerz fast ohnmächtig ließ sie sich auf einen moosbewachsenen Stein nieder. Babu schnaubte auffordernd und scharrte mit dem Huf, doch Pàla hatte keine Kraft mehr, ihn zu beruhigen.
Sie schloss die brennenden Augen und schluchzte auf. Ihre Lage war aussichtlos – sie war verloren! Ihr taten alle Glieder weh, doch der Schmerz in ihrer Hand übertraf alles.
Auf einmal – es durchfuhr sie wie ein Blitzschlag – hörte sie eine fremde Stimme:
„Seid Ihr verletzt?! Kann ich Euch helfen?“
Erschrocken – aber auch sehr dankbar, eine menschliche Stimme zu hören – blickte sie auf und nickte. Ihre Kehle schien wie ausgedörrt, so dass sie nicht sprechen konnte.
„Ist das Euer Pferd?“
Wieder nickte sie.
Der Mann wandte sich Babu zu – und da fiel Pàla beinahe von ihrem Stein.
Das war doch Feysen – einer von Leiph`s Bekannten aus dem `Bullen`!
„Was – was tust du denn hier?!“, fragte sie ihn verwirrt und stemmte sich hoch. Der angebliche Feysen drehte sich zu ihr zu – er wirkte etwas verwirrt.
„Sind wir uns schon einmal begegnet?!“
„Ja! Ich bin Pàla, die Bedienung aus dem `Bullen`! Ihr kennt mich doch – ihr ward dort mit Leiph und Dalin!“
Langsam schien er zu begreifen, doch gleichzeitig wurde seine Miene hart und er lachte kurz und spöttisch auf.
„Ihr haltet mir für einen Gefolgsmann von Leiph?! Da muss ich Euch enttäuschen, das bin ich nicht. Und mein Name lautet auch nicht Feysen, sondern Ven, Theros’ Sohn! Jedoch werde ich wohl kaum abstreiten könne, dass ich Feysen sehr ähnlich sehe. Ich bin nämlich sein Zwillingsbruder.“
Er sah sie an, als wären jetzt alle Fragen – deren Antwort sie berechtigt war, zu erfahren – zwischen ihnen geklärt.
Sie stand wie festgefroren da und sie begriff nur langsam, was er ihr gerade erzählt hatte.
„Ihr seid sein Zwilling?!“
Ven antwortete darauf nicht, sondern wandte sich wieder Babu zu und versuchte, die Riemen des Fuhrwerks zu lösen.
Pàla stand daneben, doch plötzlich drehte sie ihre Hand unglücklich, und sie schrie auf. Ven wandte sich um.
„Was ist los?!“
„Ich … hab mir meine Hand verletzt…“, presste sie zwischen den Zähnen hervor und ließ sich – das Gesicht weiß wie Kalk – auf den Waldboden nieder.
„Zeigt mal!“
Er untersuchte ihre Hand behutsam und ließ dann – stirnrunzelnd – von ihr ab.
„Es sieht nicht gut aus…“
Pàla lächelte gequält.
„Das habe ich mir schon gedacht!“
Ven schien einen Moment lang zu überlegen, dann ging er wieder zu Babu, der verzweifelt versuchte, sich zu befreien.
„Erst einmal versuche ich dein Pferd loszumachen, dann kümmere ich mich um deine Hand!“
Er zog an einem Riemen, Babu wieherte schrill auf und – er war frei. Der Wagen jedoch war an mehreren Stellen gebrochen und konnte nicht mehr benutzt werden. Pàla war erleichtert und streichelte Babu mit ihrer unverletzten Hand.
Nun wandte sich Ven ihr zu und holte ein Tuch aus seiner Tasche. Er umwickelte ihre Hand damit.
Pàla beobachtete ihn dabei interessiert.
„Wie habt Ihr mich eigentlich gefunden?!“
„Ich… hörte Euer Pferd wiehern und dachte eigentlich, es wäre in Gefahr! Aber dann fand ich Euch!“
Er lächelte und band den „Verband“ fest. Dann stand er auf.
„Ihr solltet schnell nach Hause gehen und Euch schonen. Eure Hand ist wahrscheinlich gebrochen und braucht Zeit um zu heilen!“
Pàla sah unbehaglich drein. Das war genau das, was sie befürchtet hatte! Was sollte Bàkon eine Bedienung nützen, die nur eine Hand benutzen konnte!? Sie nickte. Ven brachte Babu zu ihr und half ihr auf seinen Rücken zu steigen.
„Könnt Ihr Euch halten?“
„Ja…“
Sie hielt sich mit Ihrer gesunden Hand krampfhaft an seiner Mähne fest. Ven nahm den Hengst am Halfter und ging vor. Pàla war ihm dafür sehr dankbar.
„Ich werde Euch bis zum Waldrand begleiten, Pàla! Aber weiter kann ich nicht gehen – es ist nicht erlaubt!“
Sie starrte ihn an.
„Wieso ist es nicht erlaubt?! Was meint Ihr damit?“
Ven biss sich – auf sich selber wütend – auf die Lippe.
„Vergesst, was ich gesagt habe! Ich war nicht berechtigt es gegenüber von Euch zu erwähnen!“, raunte er im barschen Ton und sie fragte nicht weiter.
„Wohin wolltet Ihr eigentlich hin, Pàla?“
„Auf den Markt – ich sollte dort für Bàkon einkaufen gehen…“
„Für wen?“
„Der Writ aus dem `Bullen`, wo ich arbeite!“
„Oh!“
Bis sie den Waldrand erreichten, schwiegen sie. Ven wandte sich ihr noch einmal zu.
„Ihr werdet es bis zu Euerm Zuhause nun auch alleine schaffen, nicht wahr?!“
„Hoffentlich…“
Sie grinste gequält. Ven lächelte ihr noch einmal zu.
„Alles Gute, Pàla!“
Er verschwand wie ein Schatten im Wald und sie sah ihm nach. Dann setzte sich Babu wieder in Bewegung und verfiel in einen gelangweilten und sehr vorsichtigen Trab.
„Was hast du mit deiner Hand gemacht?!!“
Pàla hatte Babu in den Stall gebracht und war dann zu Bàkon gegangen, um ihn über den Gesundheitszustand ihrer Hand zu informieren. Und er war – wie sie schon vermutet hatte – nicht ruhig geblieben.
„Babu hat aber doch gescheut und ich bin vom Wagen gefallen – und habe mir die Hand verletzt!“, murmelte Pàla trübselig und sah auf den Boden. Bàkon atmete tief aus – er schien zu überlegen.
wow! is wirklich eine sehr schöne Geschichte! Ich warte schon ganz gespannt auf den nächsten Teil^^
Ganz ehrlich......schreib bitte weiter
ich will unbedingt wissen wie es weiter geht
weil das was ich bis jetzt gelesen habe richtig interessant ist und weil ich jetzt auch ganz gern wissen will, warum er nicht weiter als bis zum Waldrand gehen kann
ich will unbedingt wissen wie es weiter geht
weil das was ich bis jetzt gelesen habe richtig interessant ist und weil ich jetzt auch ganz gern wissen will, warum er nicht weiter als bis zum Waldrand gehen kann
tschuldigung, das ich noch nix geschrieben habe, aber ich arbeite mich grad durch. wenn hier niemand was dagegen hat, stell ich hier ne korrigierte ver´sion der story rein, ich verändere aber nichts ander story. bis jetzt fand ichs echt saugeil.
@ raggaman: Klar kannst du die Story verbessern, wäre aber nett, wenn du es mir zuvor per Mail schicken würdest! ;-) (Apfelkernchen89@aol.com)
@ all: Danke für das Lob! :-)
@ all: Danke für das Lob! :-)
hab's mir auch gerade durchgelesen... ich find die geschichte super, ehrlich :)
kann die fortsetzung gar nich erwarten :]
verbesserungen fallen mir keine ein, höchstens eben sprachliche kleinigkeiten :)
kann die fortsetzung gar nich erwarten :]
verbesserungen fallen mir keine ein, höchstens eben sprachliche kleinigkeiten :)
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