Herr P. (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Herr P. (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Nun, da das Forum offenbar in letzter Zeit wieder etwas belebter ist, werde ich die Gelegenheit nutzen, und nochwas von mir reinstellen.
Kurze Bemerkung vorweg:
Der Stil ist absichtlich so gewählt, ich verrate allerdings vorerst nicht warum, weil ich mal sehen will, was ihr so davon haltet.


Herr P.

Es ist 18 Uhr 30.
Herr P. sitzt an seinem Schreibtisch und denkt.
Gleich wird die blonde Sekretärin den Raum betreten und ihm wie jeden Monat an diesem Tag einen Brief geben.
Solange jedoch wird Herr P. warten und denken.
„Grau“ denkt er, als er die Wand ansieht.
Herr P. hasst die Wand.
Sie ist genausolang hier wie er -ein Mitarbeiter der ersten Sunde-, bemüht sich nicht im Geringsten und bekommt trotzdem mehr Aufmerksamkeit als er.
Schließlich verbringt er gut 8 Stunden täglich damit, die Wand anzustarren.
Einmal hat Herr P. versucht, nach links zu sehen.
Dort hängt ein Bild, doch an dessen Inhalt erinnert sich Herr P. nicht mehr.
Nachdem er 2 Stunden nach links geguckt hat, hat Herr P. einen steifen Hals bekommen und sich den Rest des Tages furchtbar geärgert.
Es klopft.
„Herein“ sagt Herr P. und die Sekretärin betritt den kleinen Raum.
Der Schreibtisch, ein Stuhl, das Bild und Herr P. sind die einzige Einrichtung.
Die Sekretärin ist groß und blond und trägt einen kurzen Rock.
„Deswegen wird sie auch besser bezahlt als ich“ denkt Herr P. wie jedes Mal an diesem Tag.
Einmal hat Herr P. gesagt, er wolle jetzt auch einen Rock tragen, aber da haben ihn die Leute nur komisch angesehen und dann garnicht mehr.
Die Sekretärin sieht ihn immer an, wenn sie den Brief bringt.
„Wenn sie nicht besser bezahlt würde als ich, würde ich sie mögen.“ denkt Herr P., nimmt ihr den Brief ab und nickt ihr zu.
Die Sekretärin lächelt und geht und das Lächeln ist ein wenig heller als die flackernde Neonlampe über Herrn Ps Schreibtisch.
Er hat das einzige fensterlose Zimmer im ganzen Haus.
Einmal ist Herr P. in das große Büro gegangen und hat den Chef gefragt, wieso alle ein Fenster haben und nur er nicht.
Das sei eine Frechheit, hat der Chef nur gesagt und überhaupt, Neon sei ja im kommen.
Von da an hat Herr P. dem Chef nur noch Briefe geschrieben, denn in Briefen sind die Menschen immer viel freundlicher zu einander.
Herr P. nimmt seinen Brieföffner und macht den Brief auf.
Er ist stolz auf seinen Brieföffner, denn er sieht ein bisschen aus wie ein Schwert.
Wenn er den Brieföffner in der Hand hat, fühlt er sich nicht mehr so wehrlos.
Der Brief hat den gleichen Inhalt wie jeden Monat, aber diesmal ist Herr P. ein wenig ärgerlicher als sonst.
Vor 12 Monaten hat Herr P. das erste Mal gefragt, ob er mehr Geld bekommen kann.
Dies ist der 12. Brief, in dem der Chef sagt, dass das nicht gehe.
Alles sehr zivilisiert.
„Hat der überhaupt kein Herz?“ fragt sich Herr P., dann ruft er seine Frau an und sagt ihr, dass es heute spät wird.
Er solle nicht zu viel trinken, sagt sie nur und legt auf.
3 Minuten später betritt Herr P. das Büro seines Chefs und in seiner rechten Hand blitzt sein Schwert.
Okay... Musste es gleich zweimal lesen. Das ist genial, wirklich. Gefällt mir viel besser als die andere Geschichte, wenn die andere auch etwas komplexer war. Wirklich schöner Stil, schöne Idee.

Apropos Idee... Ja, da muss ich meine Kritik gleich etwas offensiv anbringen: Der letzte Satz muss weg.
Viele Versuchsschreiber überlegen sich in so Kurzgeschichten eine Pointe(Siehe, Es ist okay von BDraw). Und die ist nicht selten überdramatisiert. Viel zu viele Geschichten enden mit Toden. Ich weiss nicht, ob wir einfach Angst haben, unseren Lesern zu wenig zu bieten, oder ob das daran liegt, dass wir Jugendliche sind. Und Jugendliche sind ja aus Prinzip gewaltig gewalttätig, wie wir mittlerweile alle erfahren haben.
Mit einer gewissen Leseerfahrung im Laufe meines kürzlichen Lebens kann ich sagen, dass Kurzgeschichte mit einer Anti-Klimax etwas viel Anspruchvolleres zu schreiben, aber auch etwas viel Interessanteres zu lesen sind. Meistens, natürlich.
Ohne diesen letzten Satz wäre die Geschichte perfekt. Kleines Portrait. Ein Tag im Leben des Herrn P. Nichts weiter.

Wenn er den Brieföffner in der Hand hat, fühlt er sich nicht mehr so wehrlos.

Das muss auch nicht sein.

Einmal hat Herr P. gesagt, er wolle jetzt auch einen Rock tragen, aber da haben ihn die Leute nur komisch angesehen und dann garnicht mehr.

Okay, ich muss zugeben, es ist zwar witzig, zerstört aber prinzipiell die Atmosphäre.
Etwa bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Chance abgeschätzt, dass Herr P. in einer psychiatrischen Anstalt steckt. Und auch der Rest würde dem nicht direkt widersprechen. Allerdings ist dieser Satz zu übertrieben, das frisst die Trockenheit wieder auf.

Einmal hat Herr P. versucht, nach links zu sehen.
Dort hängt ein Bild, doch an dessen Inhalt erinnert sich Herr P. nicht mehr.
Nachdem er 2 Stunden nach links geguckt hat, hat Herr P. einen steifen Hals bekommen und sich den Rest des Tages furchtbar geärgert.


Herzliche Gratulation. So einen witzigen und fantasiereichen Effekt, versuchen (wie ich) viele oft und nur schaffen es die meisten selten, hähä. Solche Sätze sind Würze genug. Dafür lese ich durchaus 2 Seiten. Nicht, dass du das jetzt länger machen solltest, aber weil man sich dessen nicht bewusst ist, sondern sich oft auf die Pointe versteift.

Aber so ist Alles sehr zivilisiert. und das ist doch auch schöner so.

Freu mich auf mehr.
Btw: Ich sollte übrigens in deiner icq-Liste stehen, vielleicht kann ich mit dir da ja mehr besprechen.
Danke für die konstruktive Kritik, ohne die erwähnten Sätze (außer natürlich dem längeren Abschnitt) liest sich die Geschichte sehr viel runder als vorher, auch der weggelassene Schlussatz erzeugt einen sehr interessanten Effekt.
Hier ist, für alle anderen, die korrigierte Fassung:


Herr P.

Es ist 18 Uhr 30.
Herr P. sitzt an seinem Schreibtisch und denkt.
Gleich wird die blonde Sekretärin den Raum betreten und ihm wie jeden Monat an diesem Tag einen Brief geben.
Solange jedoch wird Herr P. warten und denken.
„Grau“ denkt er, als er die Wand ansieht.
Herr P. hasst die Wand.
Sie ist genausolang hier wie er -ein Mitarbeiter der ersten Sunde-, bemüht sich nicht im Geringsten und bekommt trotzdem mehr Aufmerksamkeit als er.
Schließlich verbringt er gut 8 Stunden täglich damit, die Wand anzustarren.
Einmal hat Herr P. versucht, nach links zu sehen.
Dort hängt ein Bild, doch an dessen Inhalt erinnert sich Herr P. nicht mehr.
Nachdem er 2 Stunden nach links geguckt hat, hat Herr P. einen steifen Hals bekommen und sich den Rest des Tages furchtbar geärgert.
Es klopft.
„Herein“ sagt Herr P. und die Sekretärin betritt den kleinen Raum.
Der Schreibtisch, ein Stuhl, das Bild und Herr P. sind die einzige Einrichtung.
Die Sekretärin ist groß und blond und trägt einen kurzen Rock.
„Deswegen wird sie auch besser bezahlt als ich“ denkt Herr P. wie jedes Mal an diesem Tag.
Die Sekretärin sieht ihn immer an, wenn sie den Brief bringt.
„Wenn sie nicht besser bezahlt würde als ich, würde ich sie mögen.“ denkt Herr P., nimmt ihr den Brief ab und nickt ihr zu.
Die Sekretärin lächelt und geht und das Lächeln ist ein wenig heller als die flackernde Neonlampe über Herrn Ps Schreibtisch.
Er hat das einzige fensterlose Zimmer im ganzen Haus.
Einmal ist Herr P. in das große Büro gegangen und hat den Chef gefragt, wieso alle ein Fenster haben und nur er nicht.
Das sei eine Frechheit, hat der Chef nur gesagt und überhaupt, Neon sei ja im kommen.
Von da an hat Herr P. dem Chef nur noch Briefe geschrieben, denn in Briefen sind die Menschen immer viel freundlicher zu einander.
Herr P. nimmt seinen Brieföffner und macht den Brief auf.
Er ist stolz auf seinen Brieföffner, denn er sieht ein bisschen aus wie ein Schwert.
Der Brief hat den gleichen Inhalt wie jeden Monat, aber diesmal ist Herr P. ein wenig ärgerlicher als sonst.
Vor 12 Monaten hat Herr P. das erste Mal gefragt, ob er mehr Geld bekommen kann.
Dies ist der 12. Brief, in dem der Chef sagt, dass das nicht gehe.
Alles sehr zivilisiert.
„Hat der überhaupt kein Herz?“ fragt sich Herr P., dann ruft er seine Frau an und sagt ihr, dass es heute spät wird.
Er solle nicht zu viel trinken, sagt sie nur und legt auf.

PS: Was ICQ angeht, consider yourself added. Ich bin jedoch nur relativ selten online^^. Wäre aber gut, wenn wir auf diesem Weg noch ein paar Texte austauschen könnten, freue mich schon drauf.
Eine PM mit deiner Nr. wäre allerdings klasse xD.
Ich würde unverhohlen, na gut, verholen, sagen: Perfekt.

PS: Gesendet.
Eigentlich nervt es mich ja, Kualquappe alles nachplappern zu müssen, aber eigentlich hat er alles Wichtige schon gesagt. Wie immer^^. Aber ich gebe mal meinen Senf dazu:

Beim letzten Satz habe ich, erstaunlicherweise, gar nicht erst an die Möglichkeit gedacht, dass dies eine Andeutung auf den bevorstehenden Tod des Chefs sein könnte. Von mir aus könnte die Geschichte auch mit einer sehr abgeschwächten Andeutung enden, z.B.

3 Minuten später betritt Herr P. das Büro seines Chefs. Punkt. Schluss.

Dieser Schluss würde, meiner Meinung nach, den Leser nachdenken lassen. Er würde sich vielleicht schmunzelnd ausmalen, was aus einem erneuten Gespräch von Herr P. mit seinem Chef wird. Ohne dabei gleich die Andeutung eines Mordes zu machen, könntest du den Leser sozusagen in seine Fantasiewelt entlassen, und er wird nach dem Lesen sich noch einen Moment weiter mit deiner Geschichte befassen. Und das ist es, was wir Hobbyautoren doch alle wollen, oder nicht? Nur theoretisch, Kualquappes Variante ginge natürlich auch.
Werde es mal ausprobieren, thx^^.
Wie deine letzte Geschichte: Sehr Gut. Ansonsten kann ich mich meinen Vorrednern anschließen, die Geschichte ist zwar nicht so komplex wie die andere, aber hat, wie ich finde, ein etwas höheres Niveau.

Ich würde den letzten Satz in RPGamers Fasung nehmen, aus den schon genannten Gründen.
Ich habe mich aus folgendem Grund gegen die Fassung des Endes von RPGamer entschieden:

"Er solle nicht zu viel trinken, sagt sie nur und legt auf.
Drei Minuten später betritt Herr P. das Büro seines Chefs."

Klingt für mich irgendwie zu aneinandergereiht, überhaupt ist dieser Satz für die Geschichte auch in seiner Funktion als Schluss nicht von entscheidender Bedeutung.
Trotzdem dankeschön^^.
Schade.
Bitte:)
Mano, alles zu spät hier^^

Jaaa, ich kann mich Kualquappe nur anschließen.
Auf die Idee den Schlusssatz zu streichen wäre ich nicht gekommen. Aber es stimmt schon, der Effekt einer gewissenen Düsternis und Mysterie fällt weg und wirkt ein wenig "kitschig" wenn man den Satz beibehällt.

Die Korrektur lässt sich wirklich sehen. Es liest sich tatsächlich flüssiger.
Durch das hinzufügen des Satzes:
>>>Drei Minuten später betritt Herr P. das Büro seines Chefs.<<<
Wäre diese Stimmung, dieses etwas kitschige wieder aufgegriffen worden.

Großartig gibt es nicht mehr viel, allerdings muss ich danken, da mir wiedermal ein toller Plot für eine längere Geschichte durch dieses Kurze Werk einfällt^^

PS: Planst du es zu erweitern oder arbeitest du bereits an einer nächsten tollen Idee?! ^^


MfG Abi
Ich weiss nicht, was am letzten Satz kitschig sein soll.

Und sage ich das jetzt nur, um nicht blöd dazustehen? Aber das tue ich ja sowieso schon.

Nja, macht, was euch beliebt^^
Erweitert wird es nicht, weil "Herr P." nur so ein experimental- Ding war.
Momentan arbeite ich am Plot für einen sehr kurzen Thriller^^.
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