[Story] Insel des Blutes (* Gothic 1+2)

[Story] Insel des Blutes (* Gothic 1+2)

So, nach einiger Zeit mal wieder eine längere Story von mir hier im Forum. Diese Geschichte wird eine Fortsetzung der Stadt der Finsternis, die ihr http://worldofbigb.de/story-db/story.php?id=37&;go=kpl|hier] nachlesen könnt, wenn Interesse besteht. Weiterhin tauchen einige Charaktere aus Des Waldes Herz auf, http://worldofbigb.de/story-db/story.php?id=27&;go=kpl|hier] zu finden.

Greetz
Cy
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Prolog

Khorinis, Hort vieler Wunder, Heimat starker Magie. Ein Ort, dessen Geschichte vielfältiger ist als die der Königreiche der Menschen.
Bekannt als Quell magischen Erzes von unvergleichlicher Reinheit wurde die Insel schon früh zu einem der begehrtesten Gebiete des Königreiches. Männer und Armeen kämpften um die Vorherrschaft, bis König Rhobar der zweite es schließlich als sein eigen sehen konnte.
Berüchtigt durch die magische Barriere, die im Auftrag des Königs dort errichtet wurde, und den Tod vieler Männer bedeutete.
Bis vor einigen Monden im Griff eines unweltlichen Fluches, der gar die Macht der Götter vom Eiland vertrieb, und der alles verdarb, was sich dorthin wagte.
Befreit vom Fluch des Irrsinns ging das Land an die Blutfürsten von Ghuradia. Unter den stets wachsamen Blicken ihrer geisterhaften Ahnen blühte das Minental auf widernatürliche Weise wieder auf. Eine Kolonie des Reiches der Blutverzehrer entstand, wurde durch den Fall des Wahns geboren. Eine Stadt wie man im Reich der Menschen keine zweite finden würde wuchs und Gedieh durch das Werk der Fürsten der Nächte.
Durchwuchert von allerlei Gewächsen, im Schatten hoher Bäume und kleiner Sträucher, allein dem Wirken der Natur überlassen, haben sich die Vampyre von der Stadt Khorinis und ihrem näheren Umland abgewandt. Bewohnt von Tieren aller Arten verkamen die in früheren Tagen reiche Hafenstadt und ihr Umland zu einer ursprünglichen, wilden Region, in der sich weder Mensch noch Vampyr aufhielten.
Hoch im Norden der Insel schließlich liegt das vergessene Tal von Jarkhendar. Ertränkt von einer gottgesandten Flut, erobert von Heerscharen Gesetzloser, die sich vor dem Galgen verbargen, bewohnt von fremdartigen Tieren. Die Hauptstadt des Tales verging durch einen Bürgerkrieg, die Gesetzlosen folgten Jahrhunderte später diesem Beispiel und meuchelten einander gegenseitig.
Nur Felder von Ruinen, Berge von Staub und Schutt und hier und da das Gebein der Gefallenen sind dort noch zu finden. Und doch ist der Ort nach wie vor vom Geiste Adanos’ beseelt. Verschont von dem Fluch des Wahns, vergessen von nahezu allen, ist Jarkhendar der einzige Ort, an dem man sich verbergen könnte, sollte man die Narretei wagen, die Insel zu bereisen.
Doch wer sollte diesen Gedanken pflegen? Nach dem Ende des großen Krieges fand sich kaum jemand, der mutig genug war, zu viele Opfer hatte der Konflikt gefordert. Und so blieb Khorinis für einige Winter ein vollkommen menschenverlassener Ort.
Kapitel eins - Dem Urteil entronnen

Schuldlos verurteilt. Dem Verbrechen nie zugeneigt, und doch dem Strick zugesprochen. Innos stets treu gewesen, und doch des Verrates angeklagt.
De Blutgericht entronnen, Beliars Hallen entflohen. Doch um welchen Preis?
Zu jeder Zeit, an jedem Ort in Gefahr. Ständige Flucht, ständige Angst.
Furcht vor den Häschern, Furcht vor dem Strick.


Erik fror. Mit zitternden Händen zog er seinen fleckigen, an vielen Stellen zerrissenen und geflickten Umhang enger und versuchte, möglichst große Teile seines Körpers darunter zu verbergen. Doch trotz aller Mühen setzte ihm die Kälte des Winters stark zu. Um dem kalten Wind zu entgehen duckte sich der Bettler tiefer hinter die niedrige Mauer, neben der er die Nacht verbrachte. Einer von vielen Obdachlosen in der Stadt, einer von vielen, deren Leben niemandem etwas bedeutete.
Seit der ersten Stunde war seine Flucht ein hartes Werk gewesen. Das Fehlen des regelmäßigen Essens, das Nichtvorhandensein eines warmen Nachtlagers, später dann der Zwang, zu stehlen und zu betteln, um zu überleben, all dies waren Erfahrungen, die der Flüchtling niemals machen wollte. Doch das Schicksal und der Wille der Götter schienen gegen ihn zu sein.
”Oh Innos, warum strafst du mich so?” murmelte Erik in seinen verfilzten Bart. Eine hoffnungslose Frage an jenen der drei Göttern, dem der Landstreicher einstmals als Novize treu gedient hatte. Eine Frage, die Erik sich und dem Herrn des Feuers oft gestellt hatte. Doch niemals hatte man ihm geantwortet.
Es war die Inquisition des Königs, die ihn im Namen des Flammengottes zwang, dies karge Dasein zu fristen. Zum Tode verurteilt, doch entkommen. Ewig auf der Flucht.
Erik verfluchte die Tatsache, dass er und sein Meister, den der Tod noch in den königlichen Kerkern ereilt hatte, vor Jahren entschieden hatten, vor einer Gefahr zu fliehen, anstatt sich ihr zu stellen. Und doch wusste er, dass es die einzige Möglichkeit gewesen war. Sich dem Feind zu stellen hätte den sicheren Tod bedeutet, dem König das eigene Versagen zu gestehen hingegen nur den wahrscheinlichen.
Ein Bürger der Stadt stapfte an Erik vorbei, dem Geruch nach eben aus einer Taverne gekommen. Ein warmer Mantel umhüllte den Leib des Mannes, ein Schal schützte den Hals vor der winterlichen Kälte.
Der Blick des Mannes schweifte umher, er erblickte den frierenden Flüchtling. Kurz wandte er die Augen ab, und schickte sich an, ohne weitere Beachtung an ihm vorbeizugehen, dann jedoch blieb er stehen und schüttelte den Kopf. Drei Goldmünzen wurden aus seiner Tasche befördert und vor Erik in den Schnee geworfen, dann marschierte der Bürger weiter.
Der Bettler murmelte einen leisen Dank, als er die Münzen auflas. Selten geschah es, dass man ihm gegenüber Barmherzigkeit zeigte.
Noch immer vor Kälte zitternd, mir knurrendem Magen und schmerzenden Gliedern unternahm Erik einen Versuch, zu schlafen. In der stillen Hoffnung, von seiner Vergangenheit zu träumen und am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen.
Nett, bin gespannt auf Rest..
Kapitel zwei - Am Ende der Suche

Ein prasselndes Feuer brannte im Kamin der städtischen Kaserne, und erfüllte den Mannschaftsraum mit wohliger Wärme und flackerndem Licht. Dilan stand dicht vor den Flammen und bemühte sich, seine Hände daran zu wärmen. Seine Reise war lang und beschwerlich gewesen, vom Hofe des Königs bis in diese Stadt. Stets begleitet von der Kälte des Winters, kaum eine Rast, um den Leib am Lagerfeuer zu wärmen.
Der Magier bedauerte, sich niemals den Studien der Feuermagie zugewandt zu haben. Die Diener Innos hatten durchaus Vorteile in diesen winterlichen Tagen. Eine Spur von Neid erfüllte den Priester Adanos, als er sich vorstellte, stets wärmende Flammen in seiner Hand tragen zu können. Und gleich darauf spürte er Bedauern für jenen einstigen Diener Innos’, nach dem er suchte. Nach jenem Mann, dem diese Möglichkeit trotz seines Wissens verwehrt blieb.
Langsam wandte sich Dilan von den brennenden Holzscheiten ab und ging gemessenen Schrittes auf den Hauptmann der Stadtwache zu. Dieser studierte soeben einen Steckbrief, den der Wassermagier ihm bei seiner Ankunft überreicht hatte. Die Stirn lag in Falten, doch es lag Zuversicht im Blick des Soldaten.
”Nun?”
Der Hauptmann hob den Blick von dem Steckbrief und wandte sich dem jungen Magier zu, der ihn erwartungsvoll anblickte.
”Ich denke, Ihr habt Glück, Herr. Einer der Bettler, die sich in den Gassen der Stadt breitgemacht haben, sieht dem, den ihr sucht, verblüffend ähnlich.”
“Sehr gut. Dann bringt ihn her. Aber wagt es nicht, ihm Leid zuzufügen.”

Der Hauptmann runzelte erneut die Stirn und blicke Dilan verwirrt an. Einen kurzen Blick warf er auf den Steckbrief, dann sah er wieder den Magier an und begann, zu zitieren.
”Wegen Hochverrates an der Kirche Innos, wegen unterlassenem Kampf gegen dämonische Mächte und wegen Flucht vor der Gerechtigkeit der Krone zum Tode verurteilt.”
“Und dieses Urteil hebe ich, Kraft meines mir von Adanos verliehenen Standes, hiermit auf.”

Der Soldat schüttelte den Kopf.
”Ich bedaure, aber nur Männer, die im Dienste der Krone stehen sind dazu befugt. Selbst Euer Stand wird Euch nicht helfen können.”
“Das habe ich befürchtet. Nun denn, so berufe ich mich auf das Recht, das mir der König verlieh.”

Ohne weitere Worte hob Dilan die rechte Hand, an der ein Siegelring glänzte. Das Zeichen des Königs zerschlug allen Widerstand des Hauptmannes. Eilig erließ er die Befehle, die der Magier zuvor ihm gegeben hatte.
”Die Stadt ist nicht groß. Ich bin zuversichtlich, dass wir ihn bald finden werden.”
“Recht so.”

Dilan kehrte dem Soldaten erneut den Rücken zu und ging zum Kamin zurück, um seine noch immer kalten Hände weiterhin zu wärmen.
Der Hauptmann der Stadtwache trat neben ihm, und überließ den Steckbrief des Gesuchten den gierigen Flammen. Dilan lächelte.
Eine Weile standen die beiden Männer schweigend nebeneinander. Der Soldat schien mit sich selbst zu hadern, blickte immer wieder zu dem Priester, der neben ihm stand, und ergriff endlich das Wort.
”Dürfte ich fragen, was diesem Ketzer das Glück bringt, dem Urteil zu entgehen?”
Dilan nickte, und drehte den Kopf, um dem Hauptmann in die Augen zu sehen.
”Erik war vor einigen Jahren Teil einer Expedition nach Khorinis. Man hat ihm und seinen Begleitern nach ihrer Rückkehr zum Vorwurf gemacht, dass sie nicht ihr Leben ohne Sinn und Verstand gegeben haben. Sie waren klug genug, sich zurückzuhalten, was der Inquisition allerdings missfiel. Daher hat man sie Beliars Hallen überantworten wollen.”
“Und weshalb wurde das Urteil nun aufgehoben?”
“Weil die Gefolgschaft des Königs mit dessen Einverständnis entschieden hat, die Insel erneut aufzusuchen und sich der Gefahr zu stellen. Nun, da die Orcs ihre Waffen nicht mehr gegen uns erheben, können wir einige Truppen am Hofe entbehren.”

Der Hauptmann nickte, er verstand. Der Magier war auf der Suche nach jemandem, dem der Ort bekannt war, zu dem er zu reisen gedachte. Und es schien, als hätte er diese Person gefunden.
Kapitel drei - Absolution

Erik war es eben gelungen, in die Arme des Schlafes zu fallen, als er sich an der Schulter gepackt fühlte und geschüttelt wurde. Eine brummige Stimme befahl ihm, aufzuwachen. Mit Mühe öffnete der völlig erschöpfte Bettler die Augen. Schrecken stand darin, als er erkannte, wer dort vor ihm hockte.
Zwei Soldaten der Stadtmiliz starrten ihn an. Man hatte ihn also schlussendlich doch noch gefunden.
”Ich habe nichts getan, Herr! Ich bin kein Dieb, kein Mörder, oder was Ihr auch denkt!”
“Spart Euch diese Ausreden, Erik. Sie sind nicht notwendig. Wir wissen, wer Ihr seid. Und wir sind nicht hier, um Euch dem Galgen auszuliefern.”

Der Flüchtling blickte die beiden Männer ungläubig an. Viele Monde war es her, dass man so mit ihm gesprochen hatte, wie die beiden Männer es soeben getan hatten. Beinahe hatte der Bettler sich schon daran gewöhnt, dass man mit ihm sprach wie mit einem Stück Abfall. Umso mehr wunderte er sich nun. Sollte es wahr sein, was man ihm gesagt hatte?
Die Soldaten erhoben sich, einer von ihnen bot Erik die ausgestreckte Hand. Zögernd ergriff der Obdachlose sie, und wurde auf die Füße gezogen.
”Folgt uns zur Kaserne, Ihr werdet dort erwartet.”
Noch immer war Erik unentschlossen, was er von dem Geschehen halten sollte. War dies ein Trick seiner Häscher? Oder doch die Wahrheit?
”Wer erwartet mich?”
“Ein Wassermagier mit Namen Dilan”
lautete die Antwort des älteren der beiden Soldaten. Erik überlegte. Ein Wassermagier also. Einer der Männer, die ihm neutral gegenüber stehen müssten. Er würde ihn zumindest anhören, entschied Erik.
”Nun gut. Gehen wir.”
Über verschneite Straßen wurde der Flüchtling geführt, in den Teil der Stadt, den er zuvor gemieden hatte. Den Teil der Stadt, in dem sich die Kaserne befand, und somit die größte Gefahr für ihn, der er gesucht wurde. Zumindest bis zu diesem Abend.
Man führte ihn, vorbei an ihn höhnisch und angewidert anstarrenden Soldaten, in den Mannschaftsraum. Ein Ort, der dem Bettler geradezu paradiesisch erschien. Erfüllt von Wärme, dem Geräusch von prasselnden Flammen und dem Duft von brennendem Holz. Sehnsüchtig starrte der Flüchtling auf den Kamin des Raumes.
”Bitte, wärmt eure Glieder” murmelte jemand. Erik sah sich um. Die Anwesenden waren ihm noch nicht aufgefallen, so sehr war er von dem Feuer angetan. Zwei Männer standen vor ihm, ein Soldat, dessen Gesicht keinerlei emotionale Regung erkennen ließ, und der Wassermagier, von dem man ihm erzählt hatte. Zu Eriks Verwunderung schien der Priester kaum älter zu sein als er selbst. Der Magier deutete mit freundlicher Miene auf das Feuer an der Stirnseite des Raumes.
Mit eiligen Schritten hielt Erik auf die Flammen zu, alle Sorgen und alles Misstrauen vergessend. Eine Weile stand er da, schweigend wie alle im Raum, und fühlte, wie langsam Wärme in seinen Körper floss, ihn ganz ausfüllte.
”Ihr müsst hungrig sein, Erik. Bitte, nehmt Platz.”
Der Aufforderung des Wassermagiers folgend ließ sich der Bettler auf einem Schemel an dem Tisch nieder, auf dem auch die ihn betreffenden Dokumente lagen. Auf einen Befehl des Hauptmannes hin wurde ein Teller gebracht, auf dem Brot, Fleisch und Obst bereitlagen, sowie ein Becher mit Bier gebracht. Mit großem Appetit machte sich Erik darüber her.
Dilan wartete geduldig ab, bis der Obdachlose sich satt gegessen hatte, dann richtete er das Wort an ihn.
”Erik, ich freue mich, euch noch lebendig aufzufinden. Ich hatte schon befürchtet, euer Leben sei an Banditen, die Miliz oder den Winter verloren worden. Doch wie ich sehe, ist dem nicht so.”
“Was bedeutet Euch mein Leben, Meister? Ihr wisst, wer ich bin, oder nicht?”
“Ja, das weiß ich. Mir ist das Urteil bekannt, dass über Euch gefällt wurde. Und es steht in meiner Macht, dieses Urteil aufzuheben.”

Erik horchte auf. Das Urteil aufheben? Frei sein, nicht mehr fliehen müssen? Dies klang durchaus verlockend. Doch was versprach der Magier sich davon?
”Was genau wollt Ihr von mir, Meister? Was verlangt Ihr für meine Freiheit?”
“Die Freiheit ist bereits wieder Euer, Erik. Ihr seid nicht mehr länger ein Verurteilter.”
“Weshalb dies?”
“Ihr erinnert Euch gewiss an die Insel Khorinis. Nun, es ist mein Plan, dorthin zu reisen, in Begleitung einiger Männer, in deren Macht es stehen mag, sich Baron Nimuel entgegenzustellen. Eure Aufgabe soll es sein, uns dort den Weg zu weisen, Ihr seid der letzte noch lebende Mann, dem sie bekannt und vertraut ist.”
“Euch führen, und eine Gelegenheit bekommen, dem Bluthexer zu geben, was er verdient?”
“Wenn Ihr dies wünscht, so werdet Ihr den Kämpfen selbst beiwohnen können.”

Erik überlegte nicht lange. Auf eine Gelegenheit wie diese hatte er lange gehofft, obschon er sie niemals für möglich gehalten hätte. Und nun war sie Wirklichkeit geworden.
Er erhob sich und reichte Dilan die rechte. Der Wassermagier schlug ein.
”Seid mein Lehrling, Erik. Zwar bin ich kaum älter als Ihr, aber habe eine weitaus längere Ausbildung genießen dürfen als Ihr. Ich werde mein Wissen mit Euch teilen.”
“Ich danke Euch, Meiser. Gern nehme ich das Angebot an.”

Gemeinsam verließen die beiden Männer den Mannschaftsraum, um ein Nachtlager aufzusuchen, in dem sich der Novize endlich wieder ausgiebig erholen konnte. Zurück blieb der Hauptmann, der eine Weile über das nachsann, was er beobachtet hatte. Schlussendlich zuckte er mit den Schultern und überließ auch noch die letzten Dokumente über Eriks Verurteilung den Flammen, ehe er den Raum verließ.
Über Baron Nimuel

”Das Monster mit Namen Nimuel Shatim-Tanos, das sich selbst als Feldherr bezeichnete, überstieg die Macht, die ich zuvor bei unheiligen Wesen wie Dämonen erlebte, um ein Vielfaches. Selbst dem legendären Erwählten Innos‘, durch dessen Hand die Drachen fielen, wäre diese Kreatur zweifellos überlegen gewesen.
Wir unterließen es, unsere Waffen gegen ihn zu erheben, da wir ohne jeglichen Zweifel gefallen wären. Zu wichtig erschien es uns, des Königs Gefolgschaft von ihm zu berichten. Wollt Ihr es uns zum Vorwurf machen, dass wir Herren unserer Sinne blieben?
Nimuel versteht es ausgezeichnet, Menschen zu täuschen. Im Nachhinein betrachtet wird mir klar, dass er mir die Wahrheit sagte, ich jedoch übersah, was er damit wirklich meinte. Niemals kann ich mir verzeihen, dass ich ihn gewähren ließ.”

- Chylonos, ein zum Tode verurteilter Hexenjäger, beim Verhör

”Der Baron ist eine überaus faszinierende Person. Obschon er ganz offensichtlich nicht menschlich ist, gelang es ihm mühelos, dies vor uns zu verbergen. Jeder Blick hätte ihn enttarnen müssen, und doch hielt er sich auf eine Art verdeckt, die uns alles sehen ließ, das wir von ihm erhofften, und die alles unsichtbar machte, das wir nicht hätten wissen dürfen.
Ich leugne nicht, dass ich Furcht vor ihm verspüre. Eine Furcht, die jede andere schlägt, die ich bisher erfahren musste. Ein Wesen wie er dürfte es nicht geben.
Innos möge denen beistehen, die sich ihm stellen, so sich jemand finden sollte, der es wagt.”

- Fiur, ein zum Tode verurteilter Feuermagier, beim Verhör

”Ich hörte viele unserer Ahnensprecher sagen, dass die Macht meines Vaters, sowohl auf körperlicher als auch auf spiritueller Ebene, die der meisten Blutfürsten vergangener Tage übersteigt. Da er allein es wagte, die Leiber anderer Wesen in sich aufzunehmen, werden seine Kräfte bis zur Ewigkeit steigen. Niemand wird sich ihm mehr stellen können.
Selbst die Macht des ehrwürdigen
Ursprüunglichen wird die seine bald nicht mehr übertreffen. Unter seiner Führung wird Ghuradia Kontrolle über alle Welten erlangen.”
- Locyn, der ältere Sohn Nimuels

”Der gottlose Baron ist ein Kämpfer ohnegleichen. Ich sah ihn in der Inselhauptstadt gegen die Krieger der Orcs antreten, und mühelos schlug er sie. Seine Schnelligkeit und seine Kraft sind mit nichts vergleichbar, das ich zuvor sah.
Man erzählte mir, dass Wesen wie er es mit den Avataren der Götter aufnehmen könnten, was ich niemals glauben wollte. Doch ich kam nicht umhin, diese Aussage als richtig anzuerkennen, als ich Zeuge seiner Fertigkeiten wurde.
Gern würde ich meine Kräfte mit Paladinen und Magiern, ja, selbst mit den Dienern Beliars vereinen, nur um diese Kreatur zu bannen.”

- Erik, Novize Fiurs, beim Verhör
Kapitel vier - Am Hofe

Großmeister Janus musterte den Mann, der ihm von Dilan als dessen neuer Lehrling vorgestellt worden war. Blass war er, und schien erschöpft. Dem Körper sah man leicht an, dass Erik in den vergangenen Monden oftmals am Hungertuch hatte nagen müssen. Die Robe, die ihn als Scholarius Dilans auszeichnete, konnte diese Mängel kaum verbergen.
Die Augen des Novizen hingegen zeigten die noch vorhandene Stärke, die in seinem Geist geborgen war. Der Durst nach Vergeltung stand in ihnen geschrieben, die Freude über die neu erlangte Freiheit unterstützte das Leuchten noch.
”Nun denn. Willkommen am Hofe des Königs, Erik. Ich hoffe, ich täusche mich in euch nicht. Meister Dilan und ich mussten vor dem König für Euch bürgen.”
“Keinesfalls möchte ich Euch enttäuschen, Herr. Meine Ziele sind die Eure, nichts ist mir wichtiger als der Tod des Bluthexers.”

Janus nickte bedächtig. Er schien zufrieden.
”Folgt mir, Erik. Ich möchte Euch den Männern vorstellen, mit denen wir die Insel aufsuchen werden.”
Erik stutzte, sah den Paladin fragend an.
”Wir?”
Janus hob die Augenbrauen, als er den Novizen anblickte.
”Natürlich wir. Habt Ihr angenommen, dass ich hier zurückbleibe, während die Gefahr fern von hier zu bekämpfen ist? Nichts wird mich daran hindern, meinen Teil zum Sieg beizutragen.”
Großmeister Janus verzichtete auf weitere Erklärungen und schritt auf eine Tür an der Rückseite des Raumes zu, öffnete sie, und bedeutete Erik mit einer Handbewegung, einzutreten.
Der Novize des Wassers fand sich in einer Art Lagerraum wieder, erhellt von magischen wie von althergebrachten Fackeln. Unzählige Kisten standen herum, teils geöffnet, teils verschlossen. Einige beinhalteten Waffen, eine andere war, wie der Scholarius verblüfft feststellte, mit unzähligen Spruchrollen befüllt.
Eine Ecke des Raumes, durch gestapelte Kisten, die wie Mauern schienen, vom Rest abgegrenzt, schien eine Art Versammlungsort zu sein. Man schien die beiden Männer dort zu erwarten.
Erik erkannte seinen Lehrmeister, der seine Robe durch eine seltsame Rüstung ersetzt hatte, die der Novize in dieser Art nie zuvor gesehen hatte. ausnahmslos alle anderen Anwesenden trugen das selbe Rüstzeug, als seien sie alle Teil einer eigenen Gemeinschaft.
”Erik, die Männer, die du hier vor dir siehst, sind Kämpfer des Ringes des Wassers. Ich bezweifle, dass du bisher von dieser Gruppe gehört hast.”
Ein leichtes Kopfschütteln seitens des Novizen bestätigte die Vermutung des Magiers.
”Nun denn, ich will es dir erklären. Der Ring des Wassers ist eine Gemeinschaft, die den Wassermagiern hilfreich zur Seite steht. Vergleichbar etwa mit den Paladinen und ihrer Arbeit für die Feuermagier. Der Unterschied ist, dass der Ring im Verborgenen arbeitet.”
Dilan seufzte und sah sich um, ehe er fortfuhr. Er wirkte niedergeschlagen, ebenso wie die meisten der anderen Männer.
”Zumindest arbeitete er bis heute auf diese Weise. Uns ist es allerdings nicht mehr möglich, diesen Zustand beizubehalten. Um es den hier anwesenden möglich zu machen, uns zu begleiten, mussten wir uns dem König zu erkennen geben. Und so musste ich den Mantel des Schweigens brechen, der so lange Jahre über uns lag.”
Auf ein Handzeichen des Magiers hin wurde eine weitere der Rüstungen nach vorne getragen, und vor Eriks Füßen abgelegt. Stirnrunzelnd beobachtete der Novize den Mann, um danach seinen Mentor fragend anzublicken.
”Es ist nicht notwendig, dich dem Ring anzuschließen, da du ohnehin Teil der Gemeinschaft des Wassers bist, seit du mein Lehrling bist. Dennoch sehe ich es als notwendig an, dir diese Rüstung zu überreichen. Sie wird dir besseren Schutz gewähren als deine Robe.”
Dilan seufzte und schüttelte, mit hängenden Schultern, leicht den Kopf.
”Bei Adanos, wie viele unserer Traditionen werden wir ob dieses Feindes noch brechen müssen? Der Schritt des Ringes aus dem Schatten, Magier in nicht Standesgemäßer Kleidung ... niemals hätte ich dies erwartet.”
Janus legte dem schwarzhaarigen Magier eine Hand auf die Schulter, fast so als wolle er ihn stützen. Einige Augenblicke verharrte er so, um sich danach dem leicht verstörten Erik zuzuwenden.
”Alle überlebenden Krieger des Ringes haben sich hier versammelt, um mit uns zu reisen. Soldaten, Drachenjäger, Söldner, Waldläufer. Männer vieler Ansichten, die allerdings durch ihren Glauben an Adanos vereint sind. Gemeinsam werden wir nach Khorinis reisen, um uns der Bedrohung zu stellen. In drei Tagen werden wir aufbrechen. ruht Euch aus und versucht, wieder zu Kräften zu kommen, Erik. Überlasst alles Übrige uns. Man wird Euch rufen, wenn das Schiff bereit ist, abzulegen.”
Erik bestätigte die Order des Paladins mit einem Nicken und einer unverständlich gemurmelten Zustimmung. Ein Mitglied des Ringes trat auf ihn zu, um ihm eine Kammer zuzuweisen. Die neue Rüstung des Novizen unter den muskulösen Arm geklemmt führte er ihn durch die Gänge des Palastes Rhobars, bis er vor einer unscheinbaren Tür stehen blieb, sie öffnete und die Rüstung im Inneren des Raumes ablegte.
”Man wird Euch bald etwas zu essen bringen, Erik. Ihr scheint es nötig zu haben.”
Erik nickte erneut. Kaum hatte der Mann sich entfernt, betrat der Novize die Kammer und ließ sich auf dem einzigen Bett nieder. Tausende Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Euphorie über seine Freiheit, Durst nach Vergeltung, Furcht vor dem Kampf verwirrten ihn.
Nur mit Mühe gelang es ihm, in die Arme des Schlafes zu fallen.
COOL
Kapitel fünf - An Bord, ihr Mannen!

Drei Nächte waren vergangen, seit man Erik er Gemeinschaft des Ringes vorgestellt hatte. Drei Nächte, in denen er nur mit Mühe Ruhe finden konnte. Der Novize konnte all die eindrücke kaum verarbeiten, lag lange wach und dachte nach. Und sobald es ihm gelang, einzuschlafen, plagten ihn Alpträume aller Arten. Mehr als einmal wurde er von besorgten Mitgliedern des Ringes geweckt, die sein Schreien gehört hatten. Kurzum, dem Novizen ging es nicht gut.
Der Tag der Abreise war gekommen. Hektik herrschte am Hof wie am Hafen. Wann auch immer man etwas plante und die Zeit noch so großzügig bemaß, am Ende schien sie dann doch stets knapp zu werden. Seemänner und Krieger packten mit an, um auch die letzten Teile der Fracht an Bord des Kriegsschiffes zu schaffen, das man für diese Mission vorgesehen hatte. Nahrung für viele Wochen, die besten Waffen, die man hatte finden können, die Rüstungen der Männer.
Großmeister Janus betrat ein letztes Mal vor der Reise den Palast, um Erik abzuholen. Mitleidig sah er den jungen Novizen an. Endlich schien es ihm gelungen zu sein, einzuschlafen, ohne dabei in verstörende Welten einzutauchen. Und ausgerechnet aus diesem erholsamen Schlaf musste der Paladin ihn wecken.
Janus ging neben dem Nachtlager Eriks in die Knie und schüttelte den Schlafenden leicht an der Schulter. Langsam öffnete Erik die Augen und blickte sich schlaftrunken um.
”Es wird Zeit, Erik. Wir müssen aufbrechen” erklärte der Streiter Innos’ mit leiser Stimme. Er trat einige Schritte zurück, um dem Novizen Platz zu geben, sich zu erheben. Langsam kam dieser auf die Beine. Nachdem er sich mit einer von Janus mitgebrachten Wasserschüssel das Gesicht gewaschen hatte, begann er, sich in seine Robe zu hüllen.
”Seid Ihr sicher, dass diese Kleidung angemessen ist?” verlangte der Paladin zu wissen. Der Ansatz eines Lächelns erschien auf Eriks Gesicht, als er antwortete.
”Ich habe so lange in Lumpen gehüllt leben und um mein Leben kämpfen müssen, dass mir diese Robe wie eine Erholung scheint, wie ein Gnadengeschenk der Götter. Seid unbesorgt, Janus. Sobald wir uns dem Feind nähern, werde ich die Rüstung anlegen.”
Der Paladin nickte zufrieden. Als Erik sich angekleidet hatte, sah er sich in der Kammer um, die für wenige Tage sein Heim gewesen war. Lediglich die Rüstung, die neben der Tür lag, gehörte ihm. Mehr Besitz gab es für ihn nicht. Erik zuckte mit den Schultern. Vielleicht war es besser so. Er hatte das nicht wegzubekommende Gefühl, dass es in Zukunft ohnehin nachteilig wäre, sich zu lange an einen Ort zu binden.
Janus griff nach der Rüstung des jungen Mannes, und das Rasseln des Kettenhemdes weckte Erik aus dessen Gedanken. Kurz schüttelte er den Kopf, dann folgte er Janus zum Hafen der Hauptstadt.
Ein grob gezimmerter Pier, der offensichtlich nicht gebaut worden war, um lange zu bestehen, führte ein Stück weit ins Meer. Der Grund fiel steil ab, wie Erik feststellte, als er das Wasser zu beiden Seiten des Piers betrachtete. Das Schiff konnte recht nahe an der Küste ankern.
Das Schiff! Der Novize war, er konnte es kaum verbergen, überrascht. Das Schiff, das ihn damals gen der Stadt der Finsternis getragen hatte, gemeinsam mit Chylonos und Fiur, war ungleich kleiner gewesen, und bei weitem schäbiger.
Dieses Mal jedoch wartete etwas auf ihn, das einem Kriegsschiff nahe kam. Ein stolzer Dreimaster, allem Anschein nach noch nicht lange in Gebrauch. Erik fragte sich, wo man das Gold und das Material für so etwas hernahm, vor allem in Zeiten wie diesen. doch dem König schien trotz seiner schlechten Lage noch immer alles Möglich zu sein.
Janus beobachtete das Staunen seines Begleiters, und ein schwaches Grinsen erschien auf seinem Gesicht.
”Die ‘Lucia’, das bei Weitem schönste Schiff, das ich seit langem gesehen habe” erklärte er dem Novizen augenzwinkernd.
”los, gehen wir an Bord. Wir wollen bald ablegen, der Rest des Ringes wartet bereits unter Deck.”
Mit raschen Schritten gingen die beiden Männer an Bord. Unmittelbar hinter ihnen zog man die Planke ein, über die sie gegangen waren, und befahl: ”Leinen los!”
Janus bedeutete Erik, ihm zu folgen. In der Messe des Schiffes hatten sich die Mitglieder des Ringes versammelt und waren in viele Einzelgespräche vertieft, die jedoch unterbrochen wurden, als Janus an die offene Tür pochte, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
Dilan trat an die Seite des Paladins, und die übrigen Männer sahen die beiden Truppführer erwartungsvoll an. Nervosität stand in den Blicken, manch einer wirkte, zweifellos ob der Gefahr, ein wenig gereizt, doch im Grunde hatten sie sich gut im Griff.
”Wir haben den Weg nun also angetreten” begann Janus ohne Umschweife. ”Es wird eine harte Mission werden, die womöglich manchen von uns den Hals kosten könnte. Doch Ihr alle habt euch bereiterklärt, dieses Opfer zu leisten, wenn es Not tut. Der Dank der Götter wird euch gewiss sein.”
Dilan ergriff das Wort.
”Wir werden an der Küste einer Region landen, die lange vergessen ist. Vor vielen Jahrhunderten stand dort eine Stadt, die kurz vor dem großen Krieg noch einmal aufblühen sollte, als Priester vom Kreis des Wassers sich dort niederließen. Wir hoffen, dass den Vampyren diese Stadt nicht bekannt ist. Wir sollten dort genügend Zeit haben, uns gebührend auf den Angriff selbst vorzubereiten.”
Auf ein Kopfnicken seitens des Magiers hin entfernten sich die Zuhörer. Zurück blieben nur Erik und sein Mentor, der ihm tief in die Augen blickte.
”Wir werden in den Ruinen der Stadt alte Magie finden. Magie, die uns vielleicht den einen oder anderen Freund zur Seite rufen kann. Folge mir, ich werde dich in das einweisen, das ich bisher in Erfahrung bringen konnte.”
Erik folgte dem Magier in dessen Kajüte. Steintafeln verschiedener Formen und Größen lagen dort, beschriftet mit scheinbar unleserlichen Schriftzeichen.
”Drei Sprachen sind es, dich du zu lernen hast. Es mag nach viel klingen, doch es ist recht einfach. Und in den Wochen der Reise werden wir genügend Zeit haben.”
Erik nickte. Er würde sich alle Mühe geben, Dilan nicht zu enttäuschen.
Stimmen des Ringes

”Diese Mission wird, da habe ich keinen Zweifel, eine der bedeutendsten sein, die der Ring jemals zu bewältigen hatte. Sollten wir scheitern, dann wäre niemals mehr ein Gleichgewicht der Kräfte möglich. Nein, ich bin sicher, dass nach und nach unsere Götter fallen würden. Die neue Macht auf Khorinis wird sich ausbreiten, und erst dann Halt machen, wenn sie uns völlig annektiert hat. Dies ist, bei Adanos, völlig inakzeptabel.”
- Großmeister Janus

”Sich einem dieser Blutfürsten zu stellen ist eine große Herausforderung. Ich bin mir nicht sicher, ob wir ihr gewachsen sind, doch allein um des Abenteuers willen schiebe ich alle Zweifel beiseite. Orcs, Drachen, Untote, sie alle habe ich bereits gejagt. Aber dieser Vampyr ist etwas völlig neues. Ein Sieg über ihn würde Ruhm bringen, an den der Tod eines Drachen nicht heranreichen würde.”
- Knave, ein Drachentöter

”Mit Adanos Hilfe wird es uns gelingen, den Feind zu schlagen. Uraltes Wissen wird uns den Weg weisen. Sollte unser Plan aufgehen, so werden wir mehr als nur einen Sieg davontragen.
Doch ist es im Grunde genommen nur wichtig, zu siegen. Das Beiwerk wäre schön, doch nicht notwendig.”

- Dilan, ein Wassermagier

”Ich frag’ mich ernsthaft, ob daraus was wird. Wir sind nur wenige, und der Feinde sind viele. Natürlich erscheint es mir logisch, dass eine große Armee zuviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, aber ich würde mich mit ein paar hundert Waffenbrüdern wohler fühlen. Ich hoffe mal, dass Adanos und Innos nicht nur auf unsere beiden Truppführer achten.”
- Lex, ein Söldner

”Die Pläne Janus’ und Dilans erscheinen zwar auf den ersten Blick wahnwitzig, aber wenn man tiefer blickt, dann wird klar, dass sie kaum scheitern können, wenn der Trupp zusammenhält. Und das wird er, da bin ich sicher.”
- Ashe, ein Armbrustschütze unbekannter Herkunft
Kapitel sechs - Auf der Reise

”Mit dem Eifer erfüllt, den nur ein starker Glaube an Adanos bringen mag, und gesegnet von den Priestern der Stadt, begab sich die Kriegerkaste gen des unbekannten Landes, auf der anderen Seite des Portals.
Seit jenem schicksalhaften Tag vor vielen Monden, als der Priester Khedramol eine Vision empfing, nach deren Plänen das Portal geschaffen wurde, bereiteten sich die Streiter um Thanokin, ihren Vertreter im hohen Rat, auf diese Mission vor.
Mn war sicher, dass man dort Feinde ungekannter Art antreffen würde, auch sie hatte Khedramol gesehen. Fremdartig, und doch seltsam vertraut, waren sie ...”

Dilans Hand auf seiner Schulter ließ Erik verstummen. Er hob den Blick von der Steintafel, die er soeben vorgelesen hatte, und blickte seinen Mentor fragend an. Der schwarzhaarige Priester lächelte, doch in seinem Blick lag ein Ausdruck, der Erik fremd war, zumindest in den Augen seines Lehrmeisters. Etwas schien den Maier zu verwirren.
”Exzellent, Erik. Du hast bewiesen, dass du die Sprache der Krieger einwandfrei beherrschst. Kein einziger Fehler, ich bin beeindruckt.”
Dilan schwieg für einige Augenblicke, in denen er in Richtung der Tür der Kammer ging, sie verschloss, und sich wieder dem Novizen zuwandte.
”Ich muss ehrlich gestehen, dass ich überrascht bin. Wüsste ich es nicht besser, so würde ich sagen, du bist jemand, der seit vielen Jahrhunderten schon die Künste der Magie und das alte Wissen studiert. Ohne Schwierigkeiten hast du innerhalb weniger Wochen zwei der drei Sprachen erlernt, für deren Studien ich selbst einige Jahre benötigte. Und deine Fertigkeit betreffs der Runen des Wasserkreises ist ohnegleichen. In der Tat scheinst du mir ein Günstling der Götter zu sein.”
Das Lächeln war auf das Gesicht des jungen Magiers zurückgekehrt. Und der eigenartige Ausdruck in seinen Augen war einem Glänzen gewichen.
”Wären mehr Männer hier an Bord wie du einer bist, so hätte ich jeden Zweifel an unserem Erfolg längst vergessen. Doch ich fürchte, nicht alle sind ganz erfüllt von Adanos.”
Erneut warf Dilan einen Blick auf die geschlossene Tür, als wolle er sich versichern, dass tatsächlich niemand lauschen der zusehen konnte. Erst nach einigen Momenten wandte er sich seinem Lehrling zu, beugte sich vor und begann, leise zu flüstern.
”Nimm dich vor diesem Ashe in acht. Man hat mir mitgeteilt, dass er auf Seiten der Orcs stand, oder noch immer steht. Ich vertraue ihm nicht. Er scheint mir ein Mann zu sein, der vor allem an seine eigenen Ziele denkt, und nicht an unsere. Selbst Janus teilt diese Meinung. Wir müssen vorsichtig sein.”
Erik nickte langsam. Er hatte verstanden, doch missfiel es ihm, Ashe nicht zu trauen. Er wusste nicht weshalb, doch etwas in ihm sprach sich dafür aus, dem fremden Schützen zu vertrauen.
Dennoch ließ er seinen Mentor, wenn auch mit einem unsicheren Gefühl, im Glauben, er stehe voll und ganz hinter dem Misstrauen.
Im Verlaufe des Tages entschied Erik, die Studien für eine Weile zu unterbrechen. Mit der Zustimmung seines Lehrmeisters verließ er die als Studierzimmer genutzt Kajüte des Schiffes, und betrat das Deck. Rauer Seewind ließ sein Haar flattern, auch seine Wasserrobe blieb vom Wetter nicht unbewegt.
Erik genoss die salzige Luft des Ozeans. Ein Gefühl von grenzenloser Freiheit erfüllte ihn, beinahe so, als sei das Meer eben jene Welt, in der zu leben er bestimmt war.
Doch nicht jeder an Bord teilte dieses Gefühl. Eher im Gegenteil, die meisten der Krieger, ebenso wie die Seeleute, schienen nervös. Mancher Blick verriet Furcht, der Söldner Lex blickte sogar aggressiv drein, als wolle er alle, die ihm zu nahe kämen, niederstrecken.
Der Novize wagte es, auf einen der Mann zuzugehen, und ihn über die Stimmung an Bord auszufragen. Zufall oder ein innerer Zwang brachten ihn dazu, ausgerechnet Ashe anzusprechen, jenen Mann, vor dem man ihn gewarnt hatte.
”Grüße dich, Erik. Wie steht’s?”
Die brummige Stimme des Armbrustschützen, der seine Waffe selbst an Bord nicht abgelegt hatte, klang freundlich, und trotz eines dunklen Untertones in keiner Weise gefährlich. Ein Blick in die Augen seines Gegenübers ließ Erik intuitiv Vertrauen zu Ashe fassen. Er lächelte.
”Alles bestens. Und bei dir?”
“Kann nicht klagen”
brummte der Schütze. Erik nickte bedächtig. Sein Gesprächspartner schien damit eine der wenigen Ausnahmen zu sein, denen es gut erging.
”Die Stimmung an Bord scheint mir gedrückt. Woran liegt das?”
Ashes Blick ließ Verwunderung erkennen, das gesamte Gesicht zeigte Erstaunen.
”Das weißt du nicht? Die Männer haben Angst.”
“Angst? Krieger wie ihr?”
“Krieger wie wir. Mach dir keine Illusionen. Keiner von uns ist ein Draufgänger, wir alle wissen um die Gefahr, die uns erwartet. Und je näher wir der Insel kommen, desto mehr wächst die Gewissheit, dem Tod entgegenzuziehen. Das zehrt an den Nerven der Männer.”
“So werden sie uns keine Hilfe sein.”
“Mach dir da keine Sorgen, Erik. Sobald wir auf der Insel sind, werden sie sich gefasst haben.”

Der Schütze klopfte seinem Gesprächspartner ermutigend auf die Schulter, ehe er sich abwandte und unter Deck verschwand. Erik blieb noch eine Weile stehen, wo er war, genoss den Seewind und dachte über das eben gehörte nach. Es gefiel ihm nicht.
Kapitel sieben - Ahnung

Die Augäpfel des Barons Nimuel zuckten unter den geschlossenen Lidern nervös und mit hoher Geschwindigkeit hin und her. Ein kehliges Knurren ertönte, und hätte jedem Anwesenden, so jemand gemeinsam mit Nimuel in dessen Kammer gestanden hätte, klargemacht, dass der Baron unzufrieden war.
Die Stirn des Blutverzehrers lag in Falten, die Augenbrauen waren zusammengezogen, als wolle er mit aller Macht versuchen, sein Hirn anzutreiben. Doch es schien nichts zu nützen. Noch einmal knurrte der Vampyr, dann schüttelte er den Kopf und öffnete die Augen. Einige Augenblicke sah er ins Leere, um sich das wenige in Erinnerung zu rufen, das er gesehen hatte, dann verließ die Ahnenkammer. Gern zog er sich in diesen Gebetsraum zurück, um Ratschläge seiner Vorfahren zu erhalten, doch dieses eine Mal war er in Sorge.
Er hatte eine Klinge gesehen, die ihn traf, hatte seine Garde unter den Hieben und den magischen Stößen unbekannter Angreifer fallen sehen. Er sah sich selbst, kämpfend und den Gegner Mann um Mann niedermähend, und doch konnte er nicht sehen, dass er tötete. Alles, was er traf, ging zu Boden, jedoch nur verwundet.
”Bei den Ahnen, was habe ich da gesehen?” fragte er sich selbst, während ihn seine Füße zum Thronsaal seiner Feste trugen. Dort, so hoffte er, würden sich seine Söhne befinden. Locyn, der ältere der beiden, war ein exzellenter Krieger, der schon manchen Feind bezwungen hatte, der sogar Nimuel selbst Respekt einflößte. In der Gegenwart dieses Kämpfers würde seine Sorge abnehmen, dessen war er sicher.
Doch endgültig zerstreuen - oder, wie der Baron fürchtete, bestätigen - konnte seine düstere Vorahnung nur Sheco, sein jüngerer Sohn. Unmittelbar nachdem er geboren wurde, hatte man das Talent der Ahnensprecher in ihm entdeckt, und im Alter von nur wenigen Monaten hatte man ihn in einen der Ahnentempel Ghuradias entsandt. Vierzehn weltliche Jahre hatte er dort verbracht, und sich unzählige Mengen an Wissen angeeignet. Obschon der Jüngling eher schmächtig und klein war, selbst für einen Vampyr seines Alters, galt er als gefährlich, und nicht einmal sein Bruder hätte es gewagt, die Klinge gegen ihn zu erheben.
Zu Nimuels Zufriedenheit waren beide seiner Nachfahren anwesend, als er den Thronsaal der alten Bergeste betrat. Waren sie zuvor in ein leises Gespräch vertieft, verstummten sie augenblicklich, als ihr Vater eintrat, und neigten die Köpfe. Nimuel erwiderte diese Geste, ehe er das Wort an sie richtete.
”Sheco, ich bedarf deiner Hilfe.”
Der Ahnensprecher runzelte die Stirn. Selten nur kam es vor, dass sein Vater um Hilfe bat. Beiden Söhnen war sofort klar, dass es sich um eine wichtige Angelegenheit handelte. Locyn indes wurde spürbar aufmerksamer, um nur ja keine Information zu überhören.
”Ich hatte während des Gebetes eine Vision. Sehr unklar, aber ich spüre Gefahr. Irgendetwas, das mir schon einmal begegnet ist, kehrt zu mir zurück. Unterstützt von neuen Kräften.”
“Welchen Kräften?”
verlangte Sheco zu wissen, während man ihm ansah, dass er bereits nachdachte, was die Gefahr sein könnte, und dass er selbst bereits in die Worte der Ahnen hineinhorchte.
”Menschliche Kräfte” erwiderte der Baron. ”Und Spuren ihrer Götter.”
“Ihre Götter sind tot.”
“Nein, keineswegs. Nicht einmal hier sind sie es. Irgendwo auf der Insel gibt es noch immer ihre Präsenz. Unauffindbar, aber vorhanden.”

Sheco trat einige Schritte auf seinen Vater zu, schloss die Augen und legte zwei Finger auf die Stirn des Barons. Wenige Augenblicke nur dauerte diese Handlung an, und als sie vorüber war, verschwand der Jüngling ohne weitere Worte aus dem Saal. Nimuel ließ ihn ziehen. Er wusste, dass sein Sohn alles an eine Lösung setzen würde. Der Vampyr wandte sich Locyn zu.
”Ich will, dass die Wachen verstärkt werden. Vor allem diejenigen hier in der Feste, und die am Pass zur alten Hauptstadt. Wenn Feinde herkommen, dann nur von dort, da bin ich sicher. Niemand wird wagen, in unseren hiesigen Hafen einzulaufen.”
Locyn nickte und verließ eilig den Thronsaal.
Zurück blieb Nimuel, der, verwirrt von seiner Vision, auf dem Thron niedersank und nachdachte. Doch er fand keine Lösung. Der eine Mann, der ihm eine Gefahr sein könnte, war am Strick gestorben, das wusste er. Was also konnte es sein, das ihn bedrohte?
”Ihr Ahnen, was geschieht hier?”
Kurze Zwischenfrage:
Liest hier überhaupt jemand mit bzw. ist daran interessiert, hier noch was zu lesen? Scheint mir nämlich bisher nicht so. Und wenn's keinen interessiert, kann ich's mier gleich sparen, hier drin weiterzuschreiben.
Nur 'n kurzes Feedback erbeten.
hey, nur weil nicht alle hier reinschreiben bedeutet das nicht, dass es keiner liest. ich zum beispiel will nur deine geschichte nicht unterbrechen mit kommentaren.
mach weiter, ich finds klasse! =)
Na gut. Wenn wenigstens einer mitliest, ist das doch schonmal was. ^^
Die Phase der allzu tiefen Melancholie, die mit einer Schreibblockade einherging, ist mehr oder minder vorbei, deshalb kann ich mit einer Fortsetzung dienen:

Von der Kultur der Vampyre

”Mir schien als, als sei das Volk der Blutverzehrer in zwei Gruppen aufgeteilt, die einander achten und stützen. Die eine kann ohne die andere nicht sein.
Zum Einen sah ich jene, de man
Ahnensprecher nannte. Offenbar sind es die Priester oder die Magier der Vampyre. In sich vereinen sie die Macht, unheilige Zauber zu wirken, und das Wissen, mit den Ahnen zu kommunizieren. Sie sind die Hüter der Toten, die Heiler der Verwundeten und die Berater der Feldherren. Sie sind es, deren Worte die Kriege des Blutvolkes lenken.
Zum Anderen sind dort die Krieger. Ihre Aufgabe ist es, das Reich zu schützen und es auszuweiten. Besonderer Schutz gilt allerdings den Ahnensprechern. Die Krieger sind Männer von solcher Fertigkeit und Kraft, dass sie den Paladinen des Königs in Myrthana mehr als nur überlegen sind.
Wenigen nur ist es vergönnt, beide Gruppen in sich zu vereinen. Nur die höchsten Fürsten vermögen es, ihre Klingen mit der Magie des Blutes zu stützen, ihre Harnische durch fremdartige Zauber zu stärken, und sich selbst ganz mit der unheiligen Macht zu erfüllen.
Sie sind die gefährlichsten der Blutfürsten, sie sind die Anführer.”

- der Bericht eines Sehers, dessen geistiges Auge das dunkle Reich sah

”Das Volk von Ghuradia ist stets darauf bedacht, sein Wissen zu mehren und somit ihrem Abgott, dem Ursprünglichen näher zu kommen. Vor allem ihre Priester sind es, die sich dieser Aufgabe verpflichten.
Ahnensprecher nennt man sie, denn die Ahnen sind es, deren Weisheit sie auf ihrer Suche nutzen. Niemals sollte man die Kräfte dieser
Männer unterschätzen. Mögen sie zwar schwächlich aussehen, ja, beinahe so, als seien sie keinerlei Gefahr, so bergen sie doch in sich die Blutmagie, die Kraft ihres Volkes.
Jeder der Blutverzehrer ehrt und achtet sie, und niemand würde es wagen, sie in Frage zu stellen.”

- ein unbekannter Nekromant

”Der Tod spielt eine zentrale Rolle in der Kultur der Blutverzehrer. Feinden ist es bestimmt, zu fallen, und mit all ihrem Wissen in die Nebel der Schattenwelt einzugehen, unter der sich diese abartige Rasse das Jenseits vorstellt. Die Existenz von Beliars Hallen leugnen sie hingegen.
Der Nebel ist es, der die Feinde verwirrt, sie an die Totenwelt bindet, und er lichtet sich nur für die Blutverzehrer selbst, so sagen sie. Daher ist das Wissen aller Toten dem Volk Ghuradias bekannt, wie man dort glaubt.
Die Vampyre selbst geben allenfalls ihre Leiber auf, bleiben jedoch als Geistwesen in der Sphäre Adanos’ bestehen, wo man sie als die Ahnen bezeichnet. So sie es wünschen, ist es ihnen jedoch möglich, die Schattenwelt zu durchstreifen, und sie wieder zu verlassen, wann immer sie es als nötig erachten.
Man behauptet zwar, dass die Blutverzehrer selbst nicht getötet werden können, doch ist dies hanebüchen. Zwar sind sie Krieger ohnegleichen, und ihre Widerstandskraft und Zähe suchen ihresgleichen, doch kann im Grunde jeder, der ein Schwert zu führen vermag, einen Vampyr vernichten. Und sei es mit List und Tücke.”

- Xardas, in einem vertraulichen Gespräch mit dem Feuermagier Arepo
Kapitel acht - Landung

”Land in Sicht!” scholl es über das Deck der Lucia, ein Ruf, der rasch von allen erwidert wurde. Mochte das khorinische Ufer auch gefährlich sein, so sehnten sich doch die meisten der Reisenden nach festem Boden unter ihren Stiefeln.
Erik stand am Bug des Schiffes, die Hände auf die Reling gelegt, und ließ seine Blicke über den nahen Strand schweifen. Felsen begrenzten das Areal, Pflanzen aller Arten wucherten darauf. Nur hier und da ragten scheinbar von Menschen gemachte Gebilde aus der Vegetation hervor. Der Novize benötigte eine Zeit, bis er sie als Ruinen erkannte, verfallene Reste längst aufgegebener Hütten.
”Das war vor Jahren einmal das Lager der Piraten” murmelte jemand zu Eriks rechten. Der Novize warf einen Blick zur Seite und erkannte Ashe, der lautlos neben ihn getreten war und den vor ihnen liegenden Strand betrachtete.
”Es ist einige Jahre her, dass zuletzt Menschen dort waren.”
“Woher kennst du das Lager?”
wünschte Erik zu wissen und sah den Armbrustschützen aufmerksam an. Dieser lächelte schwach.
”Ich habe mich vor einigen Jahren einmal dort versteckt. Dieser Landstrich war der einzige, der noch halbwegs sicher war. Ich hatte in der Stadt etwas an Beute gemacht, und musste ausruhen. Also bin ich hierher gekommen.”
“Du warst auf Khorinis?”
“Ja. Ich wollte schnelles Gold haben, du verstehst? Aber ehrlich gesagt, es war für’n Arsch. Mehr als einige ordentliche Tritte in den Allerwertesten konntest du kaum bekommen, wenn du allein warst. Raue Zeiten. Aber zweifellos nicht so gefährlich, wie es jetzt ist.”

Der Schütze kehrte Erik den Rücken zu und begab sich an Backbord, wo er beobachtete, wie die Mannschaft zwei Beiboote zu Wasser ließ. Eine Hand voll Krieger ging an Land, angeführt vom Söldner Lex. Sie sollten die Lage peilen, um den Reisenden mitzuteilen, ob das Land sicher war.
Kräftige Riemenzüge beförderten die Boote und die darin hockenden Männer auf den Strand zu. Es dauerte nicht lange, bis die ersten von ihnen auf den Strand sprangen.
An Bord der Lucia wartete man ab. Dilan hielt die Faust um eine Rune geschlossen, Ashe hielt seine Armbrust bereit, die Sehne gespannt. Falls Gefahr drohte, würde man die Männer unterstützen.
Indessen befand sich Erik unter Deck, wo er seine Robe ablegte und mit Hilfe des Drachenjägers Knave das ungewohnte Rüstzeug um seinen Leib schnallte. Erstaunlich leicht erschien es, obschon es viel Metall beinhaltete. Der Novize nahm an, dass es aufgrund des Materiales dieser Fall war - Erz bildete die Grundlage der Rüstung. Der Ring schien in der Tat gute Beziehungen zu haben, wenn er selbst in diesen Tagen noch an derlei Rohstoffe herankam.
”Ja, das passt” brummte der Drachenjäger, und besah sein Gegenüber prüfend. Er schien zufrieden.
”Gehen wir wieder an Deck. Ich nehme an, dass der Strand inzwischen gesichert ist.”
Erik nickte, und gemeinsam begaben sich die beiden Gefolgsleute des Ringes wieder ans Sonnenlicht. In der Tat hatte man von Lex das vereinbarte Signal erhalten, und man war bereits dabei, Teile der Ladung auf weitere Boote zu verfrachten. Dilan bedeutete seinem Schützling, ihm zu folgen, und sie bestiegen eines der ersten Boote, das den Weg zum Land zurücklegte.
Am Strand angekommen begann geschäftiges Treiben. Zelte wurden aufgebaut, Unkraut mit Macheten gestutzt, Platz für ein Lager geschaffen. Einige der Männer untersuchten währenddessen die vermoderten Reste der Blockhütten, die sich kaum mehr vom Erdreich abhoben. Lange schon hatten die Seeleute ihr Lager verlassen. Und obschon man die Umgebung als sicher ansah, war die Anspannung der Männer nicht zu übersehen. Mancher hielt eine Hand am Schwertgriff, solange er nichts zu tun hatte, und ausnahmslos jeder warf immer wieder unsichere Blicke in alle Richtungen, als könnte der erklärte Feind jeden Moment aus dem Urwald brechen.
Erik sah sich suchend um, und entdeckte seinen Lehrmeister schließlich etwas abseits, nahe eines Haufens alter Pfähle, die wohl einmal eine Barrikade dargestellt hatten. Langsam schritt der Novize auf den Magier zu.
Dilan starrte nachdenklich in den dichten Urwald, mit den Augen jenem schmalen Pfad folgend, den die Natur beinahe völlig zurückerobert hatte. Selten nur schimmerten blankes Gestein zwischen den Ranken, Reste der Treppe, die Jahrzehnte zuvor von den Piraten angelegt worden war. An ihrem oberen Ende begann der eigentliche Weg, tiefer ins Inselinnere, der sich rasch in Pflanzenwuchs verlor.
”Adanos, lass meinen Plan gelingen” murmelte der Magier leise. Erik sah ihn fragend an, und ohne dass er etwas sagen musste, setzte sein Mentor zu einer Erklärung an.
”Meister Merdarion hat unserem Orden Schriften hinterlassen, die Aufschluss über eine bis dahin unbekannte Art des Reisens gaben, die hier möglich sein sollte. Das alte Volk von Jarkhendar hatte Steine entwickelt, die unsere heutigen Runen übertrafen. Ohne eigene magische Macht zu besitzen, kann sich ein jeder damit teleportieren, heißt es.”
Erik nickte langsam. er hatte von dieser Art der Reise schon gehört, sein früherer Lehrmeister Fiur hatte ihm vor langen Jahren davon berichtet. Dass er sie jedoch einmal sehen würde, hatte der Novize niemals angenommen, und daher hatte er den Bericht bald vergessen, wofür er sich nun im Geiste einen Narren schalt.
”Und Ihr vermutet, dass sie noch funktionieren?” fragte Erik leise. Dilan nickte langsam, obschon sein Gesichtsausdruck nicht ganz überzeugt schien.
”Ich nehme es an. Die Natur kann sie kaum zerstört haben. Und ihre Kraft entnehmen sie einer schier unerschöpflichen Quelle, den fünf magischen Foki, mit denen man einst die Barriere schuf.”
“Wie kommen sie hier her?”
“Saturas nahm sie mit in dieses Tal, nachdem die Barriere gefallen war. Er vertraute sie später einem Erwählten Innos’ an, über den man nicht viel weiß. Ein Held, der Drachen und Armeen der Finsternis getrotzt hat. Ich rate dir, seine Geschichte einmal zu lesen. Vieles gibt es von ihm zu lernen.”

Erneut verfiel der Wassermagier in Schweigen, bis er schließlich den Plan an sich erklärte.
”Wir werden versuchen, die Plattformen zu verändern. Man hat mir erzählt, dass einige von ihnen im Minental zu finden sind. Eine von ihnen unmittelbar an der alten Feste, in der wir den Baron vermuten. Es wäre der einfachste Weg an seinen Truppen vorbei, direkt ins Herz seiner Kolonie.”
Erik verstand. Es war nicht nur der einfachste Weg, es war mit Sicherheit auch der einzig mögliche. Trotz der tropischen Temperaturen lief ihm ein Schauer über den Rücken, als er sich daran erinnerte, was die Garde des Barons mit den Orcs angestellt hatte, die ihn einst in der khorinischen Kaserne überrascht hatten.
”So Adanos es will, wird der Plan gelingen. So Adanos es will.”
Er hoffte es inständig.
WOW!!!!!!!!!!
ich bin eigendlich sehr lese-faul und lese keine themen die über 5 zeilen lang sind, aber das... BOAH.
Kapitel neun - Erkundung

Die Armbrust geladen und stets schussbereit erhoben führte der Söldner Ashe den kleinen Spähtrupp durch das dichte Gestrüpp Jarkhendars. Er selbst, Lex und Erik bildeten die Gruppe, die man auserkoren hatte, nach den Ruinen des alten Volkes zu suchen. Nur eine ungefähre Ahnung hatte man, doch genaue Positionen waren nicht bekannt, vor langen Jahren schon waren die letzten Karten an die Zeit verloren worden.
Der Canyon war es, in den Dilan seine größte Hoffnung setzte. Irgendwo dort, so hatte Merdarion hinterlassen, befand sich, falls es sie noch gab, die große Bibliothek des vergessenen Volkes. Und in den alten Schriften galt es, jene Spuren zu finden, mit deren Hilfe der Plan des Magiers ausgeführt oder zerschlagen werden könnte. Ein jeder hoffte, dass die Suche erfolgreich sein würde.
Der Schütze warf einen Blick über seine Schulter, um nach seinen Begleitern zu sehen. Lex, der wie Ashe selbst die Rüstung des Ringes trug, hielt sein Schwert in den Händen, war stets angespannt. Erik hingegen wirkte völlig gelassen. Ja, er hatte es nicht einmal für nötig gehalten, Rüstzeug anzulegen, sondern trug lediglich seine schlichte Robe, die keinen Hieb aufzuhalten vermochte. Einzig die rechte Hand, in der er eine Rune trug, zeugte von der Kampfbereitschaft des jungen Magiernovizen.
Zur Linken der Männer raschelte des Gestrüpp, und rasch schwenkten die Waffen zur Quelle des Lautes. Erneut wurde das Blattwerk bewegt, und heraus stapfte ein leise vor sich hin gackernder Goblin. In den Händen ein Schürhaken, auf dem Kopf ein alter Bierkrug. Die grüne Gestalt schien ebenso überrascht wie die Menschen, machte kehrt und verschwand, diesmal lauter gackernd, wieder im Unterholz, aus dem er gekommen war. Der Schürhaken, der den Händen des Goblins entglitten war, blieb auf dem Boden zurück. Mit einem Grinsen im Gesicht hob Erik ihn auf.
”Wenn der Goblin sich schon so wenige Sorgen macht, denke ich, werden wir keinerlei Probleme haben.”
“Ich hoffe, dass du recht hast”
brummte Lex, der nicht überzeugt schien, und misstrauisch in die Richtung äugte, in die der unerwartete Besucher verschwunden war.
”Dilan sagte, der Canyon liege in dieser Richtung” murmelte er, und deutete genau dorthin, wo man noch immer das leise Gackern des flüchtigen Goblins hören konnte.
”Wenn das Vieh da hinrennt, sind da entweder nur ein paar mehr von der Sorte, oder, im schlimmsten Fall ...”
“... Trolle. Warum auch immer diese Arten zusammenleben, sie tun es”
führte Ashe den Satz zuende. Erik nickte langsam, auch er kannte diese Eigenart.
”Immerhin werden wir dort nichts anderes finden. Lager der Goblins sind meist so angelegt, dass andere Tiere ihnen nicht zu nahe kommen” erklärte er, und marschierte weiter, die beiden Söldner hinter sich. In der Tat schienen die Krieger nun zuversichtlicher, blieben aber dennoch wachsam.
Der Canyon war wüst und, bis auf einige dörre Sträucher und halb im Sand versunkene Felsen, leer. Hier und dort lagen vom Sonnenlicht ausgebleichte Knochen im Staub, das letzte wirklich gefährliche Tier schien bereits vor Jahren verendet zu sein. Doch nicht nur Tod und Vergänglichkeit fanden die Männer.
Zumindest der Eingang der alten Bibliothek war tatsächlich noch erhalten, zwischen mächtigen Säulen führte eine Tür ins Innere eines Felsmassivs. Verlassen war sie allerdings nicht. Verfallene Reste von orcischen Zelten, halb begraben im Sand der Jahre, waren in einem Fall halbherzig ausgebessert worden, und schienen nun die übrigen der Goblins zu beherbergen, wie das Gackern verriet.
Die Kobolde bemerkten die Neuankömmlinge, strömten zu siebt aus den Resten des Zeltes, und stürmten auf die Späher zu. Erik stellte amüsiert fest, dass jener Goblin, der zuvor seine Waffe verloren hatte, die kleinen Finger nun um einen rostigen Dolch geschlossen hatte, der im Vergleich zu der grünen Gestalt wie ein Bihänder anmutete.
Zwei Feuerbälle flogen den Angreifern entgegen und ließen zwei von ihnen kreischen zusammenbrechen, ein Armbrustbolzen schleuderte einen dritten einige Handbreit zurück, ehe die übrigen vier die Menschen erreichten. Wie für ihre Art bekannt verteilten sie sich, hieben mal hier und mal dort zu, und sprangen den Schwertstreichen der Männer gewandt aus dem Weg. Es dauerte einige Augenblicke, bis Lex’ Klinge ihr Ziel fand und einen grünen Schädel von dürren Schultern schlug. Auch Ashe konnte einen Erfolg verzeichnen, indem er den Körper eines Goblins mit einem harten Tritt traf. Wind magischen Ursprung fegte die beiden letzten Kobolde hinweg und ließ ihre Leiber mit den sandroten Felsen des Canyons kollidieren. Während die Söldner ihre Waffen verstauten, ebbte der Wind über Eriks linker Hand langsam ab.
Die grünen Geschöpfe blieben die einzige mögliche Gefahr, wie Lex nach dem Kamof mit Blick auf einen Haufen großer Knochen feststellte.
”Anscheinend gab es hier wirklich mal ‘nen Troll. Aber den hat wohl irgendwer vor Jahren umgelegt.”
“Ja, und wer er auch war, er war verflucht fleißig”
fügte Ashe hinzu, während er auf einen dunkleren Felsblock deutete, um den herum allerlei Reste lagen. Erst auf den zweiten Blick wurde klar, dass es sich um Überbleibsel von Orcs und ihren Waffen handelte, aufgeschichtet um einen in Stücke geschlagenen Schrein des Gottes Beliar.
”Wie auch immer, unsere Aufgabe ist erledigt. Melden wir es den anderen, und helfen wir ihnen, die Ausrüstung herzubringen. Hier wird der beste Platz für unser Lager sein” erklärte der Magiernovize. Seine Begleiter nickten, und gemeinsam marschierten sie, noch immer aufmerksam, aber keine wirkliche Gefahr mehr vermutend, zum Strand zurück.
Jarkhendar war, wie Ashe feststellte, in der Tat weitaus weniger gefährlich geworden. Oder war es lediglich ein falscher Schein, der erweckt wurde, da der übrige Teil der Insel namen- und zahllose Gefahren bot?
Kapitel zehn - Der Gegenschlag

Nachdenklich saß Baron Nimuel auf dem Thron der alten Bergfeste, starrte blicklos in den Saal, und lauschte auf den Nachhall der Worte, die sein Sohn gesprochen hatte. Sheco, dem Ahnensprecher, war es in der Tat gelungen, die Vision zu entschlüsseln, und Baron Nimuel Shatim-Tanos hatte erfahren, was vor sich ging. Sein jüngster Sohn hatte die Gefahr verblüffend rasch erkannt und gedeutet, um gleich darauf seinem Vater Meldung zu machen.
Menschen waren es, die sich näherten. Die sich bereits auf der Insel befanden. Schwer zu entdecken, aber anwesend. Und auf dem besten Wege, die Feste zu erreichen - wie sie es auch anstellen mochten.
Der Baron verspürte Zorn. Man wagte es, sein Volk anzugreifen? Man wagte es, Widerstand zu leisten? Bei den Ahnen, es war eine Unverschämtheit! War es obendrein auch eine Gefahr? Der Vampyr dachte nach. Die Tatsache, dass der Feind sich zu verbergen wusste, barg in der Tat Risiken. Es galt, Gegenmaßnahmen in die Wege zu leiten.
”Locyn, her mit dir!” forderte der Baron.
”Was gibt es, Vater?”
“Sheco vermochte meine Vision zu deuten. Es scheint, als befänden sich Menschen auf der Insel. Offenbar hat ihr greises Reichshaupt den Gegenangriff befohlen.”

Einen Augenblick lang schwieg der Baron, während er ein weiteres Mal aus scheinbar leeren Augen in den Saal blickte.
“Das Volk der Menschen bedroht uns offen. Zwar ist diese Kolonie gut gesichert, doch fürchte ich, dass man sie dennoch erstürmen könnte. Der Verschlagenheit dieses Volkes traue ich vieles zu.”
“Was ist zu tun?”
“Wir müssen das Übel an der Wurzel packen. Es gilt, den König der Menschen zu vernichten. Fällt er, so bricht ihre Moral.”

Loycon nickte, das Gesicht ausdruckslos, aber ein Funke von Aggression in seinen Augen.
”Ich werde selbst gehen. Er soll zwar Greis, aber von beachtlicher Stärke sein. Von seinen Wachen ganz abgesehen. Nur die besten, sagt man.”
Das Gesicht des Vaters zeigte ein schwaches Lächeln, als er bestätigend nickte.
“Nun denn, so senden wir denn ebenfalls unseren besten.”
Locyn neigte leicht den Kopf, als er das Kompliment vernahm.
Ohne weitere Worte des Abschieds kehrte er dem Baron den Rücken zu und marschierte schnellen Schrittes aus dem Thronsaal, um die Reise vorzubereiten. Zurück blieb ein Vampyr, der im Geiste bereits die nächsten Schritte gegen die Menschen formte. Ginge es nach ihm, so stand ein vernichtender Krieg kurz bevor. Ein Krieg, der endgültig die Macht Ghuradias auf der Welt festigen sollte. Ein Krieg, zum dem die Menschen den scheinbar ersten Schritt tun würden. Bald.
Kapitel elf - Trommeln am Horizont

Im unsteten Licht der Pechfackeln betrachtete Erik einen der Kellerräume der alten Bibliothek. Der Staub von Jahrhunderten bedeckte die Regale, hatte eine dichte Schicht auf den steinernen Boden gelegt und verbarg Unmengen an Wissen. Immer wieder ging der Novize in die Knie und blies den Schmutz beiseite, um Artefakte in Augenschein nehmen zu können. Immer wieder begeisterten ihn die Funde.
Gewiss, nicht alles war intakt, und oftmals musste er enttäuscht feststellen, dass manche Steintafeln im wahrsten Sinne des Wortes nur bruchstückhaftes Wissen boten, doch jenes, das er fand, war mehr, als er erwartet hatte. Dilan würde zufrieden sein. Der Novize fragte sich, was sein Mentor wohl in jenen Räumen auf der anderen Seite der Bibliothek gefunden hatte. Das Wissen musste immens sein.
Langsam wandte sich Erik um, schwenkte seine Fackel mal hierhin, mal dorthin, und begutachtete alle Reste, die er zuvor ignoriert hatte.
Zwischen allem Schmutz lagen hier und da auch einzelne Knochen, rostige Klingen und in einem Fall gar die Reste einer Magierrobe, die den knöchernen Oberkörper eines Toten verhüllte. Ein Skelettmagier, nahmen die forschenden Diener Adanos’ an. Scheinbar erschlagen von dem selben Krieger, der auch den Troll im Canyon getötet hatte. Ein Mann der Tat offenbar, wer auch immer er gewesen sein mochte.
Schritte hallten über den Gang, und Erik schob seine Gedanken beiseite, als sein Mentor die Kammer betrat. Dilan schien nachdenklich, doch wies nichts an seinem Auftreten auf Unsicherheit oder gar Zweifel hin. Nein, offensichtlich war der Magier der Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein, nur das Wie stand noch im Raum.
”´Die Teleportersteine könnten in der Tat unsere Lösung sein” kam der Wassermagier ohne Umschweife zum Thema.
”Die Schriften besagen, dass ein geübter Priester oder auch ein hoher Gelehrter in der Lage sein kann, die Steine neu zu verbinden. Anders gesagt ist es möglich, von einem der hiesigen Steine aus direkt ins alte Minental zu reisen. Auf dem Areal der Bergfeste befindet sich einer der Steine. Von dort aus sollten wir unbemerkt unser Ziel erreichen können.”
Erik nickte, doch sein Gesicht zeigte deutlich, dass er Lücken im Plan sah. Die Stirn lag in Falten, die Augenbrauen waren zusammengezogen, in den Augen lag Bedenken.
”Meister, wie soll es uns ohne das Wissen der Priester gelingen, die Steine zu manipulieren? Sie alle sind tot.”
“Es gibt einen Weg. Eine der alten Kasten, die Totenwächter, wusste mit den Geistern der Ahnen zu sprechen. Wir werden versuchen, es ihnen gleichzutun. Jedoch gedenke ich keinen von ihnen, sondern einen Magier des Kreises des Wassers um Hilfe zu bitten. Einen, der vor Jahren hier lebte und forschte. Er wird uns gewiss ...”
“Meister Dilan!”

Ein Mitglied des Ringes war in die Kammer gestürmt, und hatte ohne zu zögern das Gespräch unterbrochen. Dilan sah den Mann ungehalten an, doch hielt ihm sein Verhalten nicht vor. Ihm war klar, dass der Grund nur ein gewichtiger sein konnte, denn er hatte darum gebeten, nur in notwendigsten Fällen gestört zu werden.
”Meister, wir befürchten, hier nicht allein zu sein.”
“Nicht allein? Wer sollte hier sein?”

Der Krieger zuckte nur hilflos mit den Schultern.
”Wir wissen es nicht. Ihr solltet es Euch selbst anhören.”
Der Magier und sein Novize willigten ein, und folgten im Schein der fackeln dem Mann hinaus, bis vor die Bibliothek, wo die übrigen Teilnehmer der Expedition das Lager aufgeschlagen hatten.
Viele von ihnen ließen allerdings nun die Arbeit ruhen, hielten die Waffen erhoben und lauschten.
Irgendwo in der Ferne wurden Trommeln geschlagen. Unmelodisch, aber gleichmäßig. ”Kriegstrommeln” murmelte mehr als einer der Männer. ”Orcs” hörte man kurz darauf.
Erik blickte sich um. Er sah in manches nervöse Gesicht. Verunsichert sah der Novize in Ashes Richtung, da er von allen Kämpfern ihm, weshalb auch immer, am meisten vertraute. Zu seiner Verwunderung war der Schütze allerdings dem Anschein nach völlig ruhig, und schien sich an dem fernen Klang nicht zu stören.
”Wie ich sagte, sei vorsichtig mit ihm” vernahm Erik. Ohne sich umzudrehen wusste er, dass Janus gesprochen hatte. Und tatsächlich begann er in Gedanken, dem Paladin zuzustimmen.
Die Totenwächter

Die Totenwächter hatten die besondere Gabe, Tote in Form eines Geistes zurück in die Welt rufen zu können. So konnten sie zum Beispiel bei wichtigen Entscheidungen Ihre Ahnen um Hilfe fragen. Sie waren aber auch die ersten Opfer des Bürgerkrieges und wurden alle von Rhademes hingerichtet.
- ein Almanach

”Nicht nur die Gelehrten sind es, deren Meinung uns in vielerlei Fällen half. Nicht nur wir Priester sind es, deren Wissen dem Volke zugute kommt. Nein, auch die Totenwächter haben gewichtiges beizutragen, sind sie es doch, die es vermögen, die Ahnen zu befragen.”
- Khedramol, Priester Jharkendars

”Die Totenwächter sind es, in deren Wissen wir nun unsere Hoffnung legen. Gelingt es uns, einen der Geister zu rufen, so mag es uns gelingen, den geplanten Weg Wirklichkeit werden zu lassen.”
- Dilan, ein Wassermagier

”So weit mein Wissen über die Nekromantie auch wachsen mag, niemals wird es mir die Künste zugänglich machen, derer die Totenwächter mächtig waren. Willenlose Kreaturen mögen auf meinen Befehl hin töten, doch niemals werden sie mir Ratschläge geben können.”
- Loque, ein Priester Beliars

”Wie mir zu Ohren kam war es einstmals auch dem Volk der Menschen möglich, ihre Ahnen um Rat zu bitten, ebenso wie es in Ghuradia seit jeher Brauch ist. Jedoch bewahrte es selbst die klügsten Köpfe des alten Volkes nicht vor dem Untergang.”
- Sheco, jüngerer Sohn Nimuels
Kapitel zwölf - Grabrede

Die Nacht war über das Tal von Jharkendar hereingebrochen, und auch der Canyon lag, sah man von den Fackeln und einigen Lagerfeuern ab, in Dunkelheit. Selten nur Durchdrang das Zirpen einer Grille oder das wilde Gackern eines neugierigen Goblins die Stille. Selbst die reisenden Menschen war erstaunlich ruhig.
Man war nervös. Das Trommeln, das ebenso plötzlich verstummt war wie es begonnen hatte, ließ viele der Männer eine Bedrohung ahnen. Eilig hatte man Wachen eingeteilt, die aufmerksam in die Nacht hinausblickten, die Waffen stets zur Hand. Im Lager indes murmelte man nur halblaut, wenn man es überhaupt tat. Der Großteil der Ringmitglieder zog es vor, schweigend zu lauschen.
Lediglich an einem der Lagerfeuer, das unmittelbar vor dem Eingang der alten Bibliothek gelegen war, wurde diskutiert. Drei Männer saßen um die lodernden Flammen, um das weitere Vorgehen zu planen. Dilan und Erik, die an einer Lösung für das Problem der Teleportersteine feilten, sowie Janus, dem die Sicherung des Lager aufgebürdet war.
”Wie bereits vorhin erwähnt” setzte der Wassermagier an, ”gedenke ich, ein verstorbenes Mitglied des Kreises des Wassers um Hilfe und Rat zu ersuchen. Ich bin zuversichtlich, es schaffen zu können. Man teilte mir mit, dass dieser Weg vor einigen Jahren schon einmal mit Erfolg gegangen wurde.”
Dilan förderte aus einer Tasche am Gürtel seiner Robe ein handliches, in dunkles Leder geschlagenes Notizbuch zutage. Dem Anschein nach hatte es ihn schon auf vielen Reisen begleitet. Der Einband war fleckig, Pergamente verschiedener Größen waren hineingeklemmt, an en Rändern ausgefranst und zerrissen. Doch trotz, oder vielleicht gar aufgrund des heruntergekommenen Aussehens erweckte das schlichte Büchlein den Anschein, Unmengen an Wissen zu bergen.
Erik war ein wenig enttäuscht, als sein Mentor nach kurzem Blättern einen schlichten Zettel herausnahm, auf dem lediglich wenige Wörter notiert waren. Sollte dies alles sein?
”Meister Myxir hat diese Handschrift hinterlassen. Damals diente sie dem Erwählten Innos’ dazu, einen der Geister Jharkendars zu erwecken. Wenn wir die Formel ein wenig modifizieren, und sie dann am Grab Merdarions aussprechen, jenen Mannes, der die Teleportersteine kannte wie kein Zweiter, sollten wir unserer Lösung ein gutes Stück näher kommen.”
“Und wo finden wir sein Grab?”
“Im alten Portaltempel, las ich. Merdarion starb noch vor dem Ausbruch des Wahnes auf der Insel, er konnte also noch in Frieden ruhen und sollte dort verblieben sein, wo man ihn bestattete.”

Dilan wandte sich Janus zu, und bat darum, den Weg zum Portaltempel für den folgenden Morgen vorzubereiten. Der Paladin nickte wortlos, erhob sich und hielt auf das Feuer zu, an dem der Drachenjäger Knave und einige Söldner saßen. Man sah dem Großmeister des Orden Innos’ an, dass es ihm missfiel, die Gruppe zu teilen. Angesichts der möglichen Bedrohung konnte Erik den Krieger verstehen.
”Wir sollten schlafen. Der morgige Tag wird vermutlich anstrengend sein. Adanos weiß, welche Hürden wir werden nehmen müssen.”
“Ich verstehe. Gute Nacht, Meister”
gab Erik zurück, und zog sich in sein Nachtlager zurück. Wenig später tat auch Dilan selbst es ihm gleich, und fiel in einen unbeständigen, viel zu kurzen Schlaf. Mehrmals glaubte er, das Trommeln erneut zu hören, und einige Male wachte er schweißgebadet aus Alpträumen auf. Selbst ein Gebet zu Adanos konnte den Magier nicht beruhigen.
Doch der nächste Morgen begann ruhig. Nichts hatte die Wachen aufgeschreckt, niemand außer dem Magier hatte schlechten Schlaf gefunden, keine Gefahr hatte sich gezeigt. Auch Janus war bei weitem nicht mehr so abweisend wie noch wenige Stunden zuvor. Spannung lag noch immer in der Luft, doch der Paladin hatte die Zeit genutzt, die Situation zu überdenken und sich, zumindest gedanklich, vorzubereiten. Wachen standen bereit und hielten die Umgebung im Blick, alle anderen waren stets kampfbereit. Lediglich an Erik fand der heilige Krieger noch etwas auszusetzen, denn der Novize lehnte die Aufforderung, kampfestaugliche Kleidung anzulegen, vehement ab.
”Vertraut mir, Janus. Weshalb auch immer, ich spüre, dass eine Rüstung mir ohnehin keinen Nutzen bringen wird.” Schließlich akzeptierte Janus den Willen des jungen Magiekundigen.
Knave, der am Vorabend informiert worden war, stand mit vier Männern bereit, die beiden Magier zu begleiten. Der Drachenjäger warf, ebenso wie Janus, einen unzufriedenen Blick auf Erik, behielt seine Meinung im Gegensatz zum Paladin allerdings für sich.
”Also dann, los geht’s!” brummte er, und marschierte an der Spitze der Kolonne dem Ziel entgegen. Unmittelbar hinter ihm folgte Dilan, der den Weg wies. Einen Weg, der allenthalben von Unkraut aller Art überwachsen war, und den mancher Schwerthieb erst freimachen musste. Doch trotz aller Widrigkeiten kam die Gruppe gut voran. Selbst das Erscheinen zweier riesenhafter, grüner Insekten, die entfernt an Minecrawler erinnerten, konnte die Männer nicht aufhalten. Während die beiden Magiekundigen eines der Tiere wahrhaft mit Wind und Wetter töteten, hieben die Söldner das Zweite mit ihren Klingen in Stücke. Das angrifflustige Kreischen der Insekten ging bald in ein zorniges über, um schließlich ganz zu ersterben.
”Seht, weitere Ruinen” rief Erik, und deutete auf einige Steinbrocken, die wenige Schritte entfernt aus dem Unterholz ragten. Unübersehbar war, dass sie von Menschenhand behauen waren. Und nur wenige Augenblicke später kam der Hauptplatz der alten Stadt in Sicht. Nicht nur Erik verschlug es den Atem, war es doch, als tauche man in eine andere Zeit ein.
Säulen und Mauerreste markierten das Gebiet, das einmal das Zentrum Jharkendars gewesen war. An unzähligen Stellen spross Grün in allen Variationen aus den Trümmern, hier und da huschte ein Tier zwischen den Pflanzen hindurch, fort von den Neuankömmlingen. Inmitten all dieser Unordnung standen, fünf an der Zahl, Teleportersteine. Über jedem einzelnen schwebten Lichtpunkte, und bildeten eine Kugel über der eigentlichen Plattform. Und fast schien es, als umspielte eine leise Melodie diese Erscheinung. Für einen Moment standen die Männer wie gebannt da, bis Dilan das Schweigen brach.
”Vorwärts, wir haben etwas zu erledigen. Die Steine nehmen wir später in Augenschein!”
Der Magier führte die Gruppe zum Eingang eines noch erhaltenen Gebäudes, laut seinen Aussagen der Portaltempel. Er und sein Lehrling beschworen kleine Bälle aus gleißendem Licht, das die finsteren Gänge erhellte und der Gruppe den Weg wies. Vor einem unscheinbaren, teils zerfallenen steinernen Sarkophag blieben die Mitglieder des Ringes schließlich stehen.
”Hier, meine Herren, liegt Merdarion bestattet, jener Magier, der uns weiterhelfen kann”
Aus seiner Tasche zog Dilan die bereits am Vorabend gezeigte Formel, atmete tief ein und las die Worte laut und deutlich vor.
”Igoriath torul! Erscheinet mir, Merdarion, Hüter des Wissens!”
Unmittelbar, nachdem die Worte verklungen waren, geschah das Erhoffte. Begleitet von einem unweltlichen Schrei und einer Welle blauen Lichtes, das den Raum durchflutete, erschien eine greise, halb durchsichtige Gestalt vor dem Sarkophag. Die Robe wies ihn als hohen Magier des Wassers aus.
”Merdarion, Magie zu Ehren!”
“Ich grüße Euch, Priester. Was führt Euch her? Weshalb stört Ihr meine Ruhe?”

Die Stimme des Geistes schien in sich selbst wiederzuhallen, ein Phänomen, das durch den Widerhall in der Halle noch verstärkt wurde, und dafür sorgte, dass sich Erik Nackenhaare aufstellten.
”Eine immense Gefahr bedroht die Sphäre Adanos’, Meister. Wir benötigen Wissen über die Teleportersteine, um zum feind vorzudringen, und ihn zu bezwingen” erklärte Dilan. Der Geist hob die Augenbrauen und sah den jüngeren Magier durchdringend an.
”Dein Blick zeigt mir den Ernst Eures Anliegens, junger Mann, und es liegt Wahrheit darin. Ich werde Euch helfen. Sagt, was müsst Ihr wissen?”
“Gibt es einen Weg, die Teleportersteine von Jhakrendar zu manipulieren? etwa einen der hiesigen Steine mit einem der Stücke im khorinischen Minental zu verbinden?”
“Ja, durchaus gibt es einen Weg”
war die schlichte Antwort des Erweckten. Dilan und sein Lehrling atmeten hörbar auf, eine Last war von ihren Schultern genommen.
”Im Grunde ist es ganz einfach zu bewerkstelligen” fuhr Merdarion fort. ”Sucht das Gegenstück eines Steines, und zerstört es. Sucht danach erneut den ersten Stein auf, der nun ohne Ausgang ist. Wer ihn danach betritt, kann das zukünftige Ziel frei auswählen.”
“Ich danke Euch, Meister.”
“Spart Euch den Dank, junger Magier. Dankt Adanos, wenn Eure Aufgabe getan ist. Und nun, lasst mich wieder ruhen.”

Es gab keine Worte des Abschiedes, keine Gesten, nichts. Von einem Augenblick auf den anderen war der Geist verschwunden, und die Halle erschien den Männern auf einmal schrecklich leer. Eilig verließen sie die Gänge, und traten wieder ans Sonnenlicht.
”Einer der Steine befindet sich im Canyon, nahe unseres Lagers. Wir werden ihn verwenden müssen, um das Gegenstück zu finden.”
“Dann also auf, zurück zu den anderen. Sie werden uns helfen müssen.”

Frohen Mutes, endlich mit dem Wissen, dass der Plan realistisch war, kehrten die Männer zurück zu ihren Verbündeten vor der Bibliothek, um die Nachricht zu überbringen.
Tolle Story, bin im Moment auch dabei, eine zu schreiben.
Daumen hoch. Schreib eine eigene, ohne die Namen und Orte, sondern mit eigenen Sachen. Du bringst es weit!
@Sterbenswort:
1. hier geht es um das spiel gothic.
2. die namen in der geschichte sind aus gothic.
3. die plätze sind auch aus gothic.

und somit ist die geschichte perfekt für dieses forum. ich kann mir vorstellen, dass Cyco auch noch privat andere geschichten schreibt, die er hier nicht veröffentlicht, weil sie nicht ins gothic-universum passen.
@Ka0s: Ist klar, weswegen hätt ich sonst gesagt, schreib was mit eigenen Namen und Orten!
Wie blöd :D
Ich danke für den positiven Kommentar.
Ja, ich habe tatsächlich eine vollständig von Gothic unabhängige Story im Auge. Mit irgendwas muss man ja versuchen, Geld zu verdienen. Fragt sich nur, ob daraus jemals was wird. ;-)


/e:
Mir fällt gerade auf, dass ich die beiden neuesten Kapitel noch gar nicht gepostet habe. Folgen sofort.
Kapitel dreizehn - Erkenntnis

Die Nachmittagssonne brannte auf das Lager des Ringes, und nicht wenige der Männer waren in den Schatten geflohen, den die hohen Felswände boten. Auch Janus befand sich, auf den versandeten Stufen der alten Bibliothek sitzend, unter ihnen, und lauschte aufmerksam dem Bericht der beiden Magiekundigen, die kurz zuvor von ihrer Expedition zurückgekehrt waren. Zwar verriet sein Gesicht nach wie vor Besorgnis, aber die Miene des Kriegers hatte sich, während er zuhörte, merklich aufgehellt.
”Dann scheinen die Götter also auf unserer Seite zu sein” murmelte der Paladin, nachdem Dilan den Bericht abgeschlossen hatte. Einige Augenblicke noch sann er über das Gehörte nach, während sein Blick über die Mitglieder der Expedition glitt.
”Ich werde einen Trupp zum nächsten der Teleportersteine entsenden und danach sein Gegenstück zerstören lassen. Der Rückweg wird für die Männer zwar etwas weiter sein, aber er wird lohnen.”
“Gut”
nickte Dilan, und bedeutete seinem Lehrling, ihm zu folgen. ”Wir sehen uns weiterhin in der Bibliothek um. Wer weiß, vielleicht bietet das alte Wissen noch etwas, das uns helfen kann.”
Janus neigte leicht den Kopf, um seine Zustimmung darzustellen, und wandte sich dann ab, um Männer für den Auftrag auszuwählen. Aus den Augenwinkeln beobachtete Erik noch, dass der Paladin den Söldner Ashe nur mit einem Kopfschütteln bedachte.
”Komm schon, die Zeit wird knapp. Ich zweifle nicht daran, dass man längst von unserer Anwesenheit weiß.”
Eiligen Schrittes begaben sich die beiden Magiekundigen tiefer in die Ruine der Bibliothek, und begannen, die alten Steintafeln, soweit sie noch intakt und vorhanden waren, zu studieren. Keine der Tafeln lasen sie wirklich aufmerksam, eher war es ein rasches Überfliegen auf der Suche nach relevanten Inhalten. Doch stets war es nur ein resigniertes Kopfschütteln, das die Männer hervorbrachten, und die untersuchte Tafel wurde auf einem der beständig wachsenden Stapel am dreckigen Boden abgelegt.
So sehr versanken die beiden in ihrer Suche, dass sie selbst die Zeit aus den Augen verloren. Es war Janus, der die forschenden aus ihrer aussichtslosen Arbeit und den schweifenden Gedanken riss.
”Wir versammeln uns vor dem Eingang. Es gibt Dinge zu bereden” erklärte der Paladin mit einer Stimme, die keinerlei Widerspruch zuließ. Eilig kamen die Dieser Adanos’ der Aufforderung nach, legten ab, was sie gerade studiert hatten, und rannten, die Roben hinter sich wehend, treppauf zum Eingang. Der Rest der Gruppe war bereits versammelt, einer der Männer jedoch, wie Erik auffiel, am Boden sitzend und ein rot verfärbtes Tuch an seinen Kopf haltend.
”Zwei Dinge sind zu melden” rief Janus, und brachte die leise murmelnden Expeditionsteilnehmer zum Schweigen.
”Zunächst eine Warnung: Der Söldner Ashe hat einen unserer Männer, der in Richtung des Canyons Wache hielt, niedergeschlagen. Sein momentaner Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Es gilt, Obacht zu geben! Der Mann ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr!”
Erneut erhob sich Gemurmel, und manch einer der Anwesenden warf suchende Blicke, um sich zu vergewissern, dass der Söldner tatsächlich verschwunden war. Auch Erik sah sich ungläubig um. Nichts.
”Zum anderen eine gute Nachricht: Der Teleporterstein wurde gefunden und zerstört, wie mir eben von Lex mitgeteilt wurde. Der Weg ist damit also frei, wie wir hoffen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich will euch in kürzester Zeit in Kampfausrüstung sehen!”
Zustimmendes Brummen erhob sich, und die Menge zerstreute sich. Die einen suchten ihre Klingen und Rüstungsteile zusammen, während andere, die sich schon bereithielten, noch einmal die Austrüstung kontrollierten, hier und da einen Gurt fester zogen oder die Schärfe der Schwerter in letztes Mal prüften.
Dilan sah den Paladin, der das hektische Treiben beobachtete, nachdenklich an.
“Dann ist es also soweit. Eilen wir uns! Janus, Ihr werdet den Trupp anführen?”
“Zum Sieg, wie ich hoffe. So Innos will, zum Sieg.”
Kapitel vierzehn - Botschaft

”Heil Euch, Rhobar, König! Ich bringe Nachricht aus Khorinis, einer Kolonie des Reiches Ghuradia.”
Die Stimme des jungen Botschafters war leise, dabei allerdings von erschreckender Deutlichkeit. Selbst ein Flüstern hätte gewiss aller Anwesenden Gehör erlangt. Und dennoch ging eine gewisse Höflichkeit und ruhe, ja, beinahe eine Gelassenheit von dem Mann aus, der kurz zuvor ohne vorangehende Meldung im Palast des Königs erschienen war.
”Man hat mich bereits von Eurer Aufgabe in Kenntnis gesetzt, Locyn, Botschafter aus annektiertem Land. Nun denn, ich höre.”
König Rhobar beugte sich leicht nach vorn und blickte den vor ihm knienden jungen Mann aufmerksam an. Die Arme hatte er indes, scheinbar unbewusst, verschränkt, wodurch ein deutliches Zeichen der Ablehnung von ihm ausging.
Locyn erhob sich, blieb jedoch an Ort und Stelle stehen. Nicht wenige der den König umstehenden Paladine und Magier ließen ihre Hände währenddessen zu den Waffen und den Runen gleiten. Man wusste, welche Gefahr von dem Botschafter ausging. Er war ein Vampyr.
”Man hat mir aufgetragen, Euch unseren Unwillen über Euer unerlaubtes Eindringen in unsere Kolonie mitzuteilen. Jene Insel, die Ihr vor Jahren aufgabt, und die wir mit vollem Recht als Unser beanspruchen.”
“Jene Insel, die wir an einen Fluch verloren, die aber nach wie vor unser Eigen ist!”
polterte Rhobar. Zornesröte stand ihm im Gesicht, als sich die erste Möglichkeit nach vielen Jahren bot, den Unmut über die Insel der Verdammten auszusprechen. Die Antwort des Botschafters indes war ein mehr spöttisches als freundliches Lächeln und eisiges Schweigen.
”Solltet Ihr nicht alsbald all Eurer Stützpunkte auf Khorinis aufgeben” fuhr der Reichsvorsteher fort, “so sind wir gezwungen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.”
“Ihr meint, Ihr wollt weitere Männer schicken, die wie Diebe und Einbrecher, wie Mörder und Attentäter durch unser Land streifen?”

Nur mit Mühe gelang es allen menschlichen Anwesenden, Ruhe zu bewahren. Mancher allerdings verriet sich bereits durch ein leises Schleifen, den Laut einer Klinge, die gezogen wurde. Hier und da leuchtete auch, nachlässig hinter erhobenen Händen verborgen, die eine oder andere Flamme auf.
”Sollte Eure Antwort auf unsere Nachricht ein offenes Drohen sein, so, wie es der Fall ist” erklärte Locyn, während er die Arme verschränkte und dabei die Hände in den weiten Ärmeln seines Umhangs verbarg, ”so soll meine Reaktion dieser Antwort entsprechen.”
Mit drei Schritten gelang es dem Botschafter, den Abstand zwischen sich und dem Thron zu überwinden. Während er vorwärts schnellte, ging hinter ihm der Umhang zu Boden, und in seinen Händen glänzten zwei fremdartig geschmiedete Klingen auf, die er ohne zu Zögern in den Leib des Königs trieb. Kein Kampfschrei ging über seine Lippen, kein weiteres Verwunden der Umstehenden war seine Absicht. Lediglich der König war sein Ziel.
Während der Reichsvorsteher auf seinem Thron röchelnd zusammensank, sprang der Mörder mit tierhaftiger Gewandtheit und Schnelligkeit über die Wachen hinweg, rollte sich ab und verließ den Thronsaal durch einen Sprung durch eines der meerseitigen Fenster. Den Paladine, die ihm auf dem Fuße folgten, gelang es nicht mehr, ihn aufzufinden.
Zurück blieben nichts als ein schwarzer Umhang und zwei Klingen, die aus dem Oberkörper der toten Königs ragten. Nur das stete Tropfen des königlichen Blutes durchbrach die Stille, die durch entsetztes Schweigen erzwungen wurde.
Die Bergfeste

”Laut geltendem Recht ist ein gewisser Lester, einstmals Sträfling der Minenkolonie, der gegenwärtige Eigentümer er Bergfeste. Von ihm fehlt allerdings jede Spur. Und sollte er wider Erwarten doch noch leben, so wäre es wohl zu bezweifeln, dass er Anspruch auf diese Ruine auf der Insel der Verdammten erheben würde.”
- Lucius, Chronist am königlichen Hof, wenige Wochen nach dem Ende Pyrokars

”Vor langer Zeit wurde die Feste für einen hohen Herrn mit Namen Bergmar, Burggraf zu Westfeld, errichtet. Sie und alle sie umgebenden Ländereien waren in seinem Besitz, so also auch alles Erz in diesem Areal.
Um sich den Segen der Götter zu erkaufen, verkaufte er die Feste vor seinem Tode an die heilige Kirche Innos’. Das Bauwerk jedoch blieb ungenutzt, verfiel und diente lange Jahre nur als Hort für die Harpyien. Erst mit der Errichtung der magischen Barriere wurde sie erneut genutzt, und blieb für zwei Jahrzehnte ein Fokusplatz.
Wir ließen den dortigen Fokus wenige Tage vor dem Fall der Barriere von einem Söldner bergen. Was danach aus der Festung wurde, ist uns nicht bekannt.”

- Cronos, ein Wassermagier

”Begehbar nur über eine Brücke, die kein Feind betreten kann. Gelegen hinter der natürlichen Grenze, die ein reißender Fluss zieht. Tief in den harten Fels der Insel gegraben. Eine solche Feste ist es, die den ghuradianischen Kolonisten gebührt. Niemand, bei allen Ahnen, wird dieses Herz unserer Stadt Khorinis ausheben können.”
- Baron Nimuel Shatim-Tanos

”Die Festung war von Nebel umgeben, in dem sich unzählbare Mengen an unweltlichen Kreaturen bewegten und verbargen. Kälte ließ unseren Atem dem Nebel gleich werden. Und ein fremdartiger Fluch, der zweifellos vom lebenden Leichnam im Thronsaal ausging, brachte Schmerz in unsere Köpfe.
Schatten und Dunkelheit ließ die Feste mal größer, mal kleiner erscheinen, als sie es in der Tat sein mochte. Bis heute sind mir die wahren Ausmaße nicht bekannt. Innos sei gedankt, dass ich von dort zurückfand.”

- Fiur, ein zum Tode verurteilter Feuermagier, beim Verhör
Kapitel fünfzehn - Infiltration

Mit schnellen Schritten näherte sich der Kampftrupp des Rings dem Teleporterstein am Ende des Canyons. Zwei der Söldner standen bereit und hielten Wache, während sie immer wieder misstrauische Blicke auf di tanzenden Lichtpunkte über der Plattform warfen. Gewiss, sie vertrauten dem Urteil des Wassermagiers, was aber nicht bedeutete, dass sie unvorsichtig waren.
”Nun denn” murmelte Dilan. Kurz zögerte er, betrachtete den inzwischen ziellosen Reisestein, und setzte dann die Füße auf die Oberfläche. Im Augenblick eines Herzschlages umgaben die Lichtpunkte seinen Körper, dann war er verschwunden.
Körperlose Freiheit. Leichtigkeit. Unbeschwertheit. Eine scheinbar grenzenlose Reichweite, ohne sich selbst bewegen zu müssen. Dilan fühlte sich wie ein loses Pergament, das der Wind umherwirbelte, ohne jeglichen Halt, ohne Ziel. Freiheit bot sich ihm. Es war seine Entscheidung, wohin dieser Weg führen würde. Alle Wege standen offen. Ewigkeit bot sich ihm dar.
Der Wassermagier verspürte das Verlangen, sich selbst aufzugeben und für alle Zeiten frei zu sein. Schwaches Verlangen, aber vorhanden. Bohrend, zehrend.
Losgelöst. Ungebunden. Zeitlos.
Der Magier konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Die Gedanken stets auf Adanos und die Notwendigkeit des Erfolges gerichtet gelang es Dilan, das Verlangen auf ewiges Freisein zu bezwingen.
Vor seinen Augen - waren es Augen? Seh er? Oder spürte er? - nahm das Minental Gestalt an. Der Ort, der Gefangenschaft bedeutete. Der Tod bedeutete. Der Ort, der den Irrsinn beherbergt hatte, über viele lange Jahre hinweg.
Felsen, widernatürlich geformte Bäume, Behausungen von fremdartiger Architektur. Menschen - Nein, Unmenschen! - die ihrem Tagwerk nachgingen. All dies bot sich dem Blick des Wassermagiers, gab ihm einen Eindruck dessen, das nun das Tal beherrschte.
Und all dies verschwamm zu einer wilden Mischung aller Farben, als Dilan sich mit atemberaubender Geschwindigkeit darüber hinweg bewegte, geradewegs auf einen Stein zu, der jenem, über den er eingetreten war, bis ins Detail glich.
Der Ausweg. Die harte, körperliche Welt.
Erneut warf der Priester die Gedanken an die zeitlose Freiheit ab, die sich ihm darzubieten schien. Er musste sich weiterhin konzentrieren. Der Stein, den er sah, würde ihm nicht helfen. Mindestens zwei Dutzend Krieger des Feindes standen in seiner unmittelbaren Nähe und übten sich im Schwertkampf. Dilan vermutete, eine der Kasernen entdeckt zu haben.
Weiter ging es, erneut mit einer Schnelligkeit, die dem Magier die Sinne geraubt hätte, wäre sein Körper es gewesen, der das Tal durchquerte. Und dieses Mal schien er mehr Erfolg zu haben.
Vor seinen Augen erstreckte sich die alte Bergfeste. Der Ort, an dem Pyrokar so lange den khorinischen Wahn gespeist hatte. Der Ort, an dem sich der Anführer der feindlichen Kolonie befand, daran war kein Zweifel. Banner hingen am Eingang, Wachen, die auf den ersten Blick als etwas besonderes zu erkennen waren, überblickten das Areal. Und auf einem Balkon im ersten Stockwerk der Festung stand ein Krieger, der von solcher Macht und zugleich Eleganz war, dass Dilan unmittelbar klar wurde, wen er da vor sich hatte.
Hinaus? Hinaus!
Erneut in Lichtpunkte gehüllt, die rasch verblassten, erschien der Wassermagier auf der Plattform, die Teil der Feste zu sein schien. Hatte der Erbauer der Festung den Teleporterstein herbeischaffen lassen? Oder das Refugium neben ihm errichtet?
”Unwichtig” murmelte der Magier halblaut. Noch war er nicht entdeckt, niemand schien einen Angriff von diesem Punkt aus zu erwarten. Erschöpft lehnte Dilan sich an eine der felswärts gerichteten Mauern der Feste und sank zusammen. Der Weg durch das scheinbare Nichts hatte ihn Kraft gekostet. Aber er hatte sein Ziel erreicht. Einer nach dem anderen traten, geduckt und schleichend, die übrigen menschlichen Angreifer von der Plattform und verbargen sich im Schatten der Feste.
”Wir sind am Ziel. Adanos und Innos, Ihr Götter: Stärkt unsere Arme und erfüllt unsere Zauber!”
Kapitel sechzehn - Kampf und Verlust

Gedankenversunken starrte Baron Nimuel Shatim-Tanos in die Ferne. Die patrouillierenden Wachen in ihrer schwarzen Kluft, der reißende Fluss, die schützenden Berge. Nichts davon konnte seinen Blick fangen. Selbst der Sonnenuntergang, der die Kolonie in ein dunkelrotes Licht tauchte, vermochte die Aufmerksamkeit des Vampyrs nicht zu fangen.
Der Baron war nervös. Erneut hatte eine Vision ihm Gefahr aufgezeigt. Der Feind, den er bereits auf seiner Insel wusste, schien sich, wie sein Sohn zu deuten gewusst hatte, bereits auf dem besten Wege ins Herz der Kolonie auf Khorinis zu befinden. Die Ankunft starker Krieger lag nicht mehr fern.
Wie aber, fragte sich der Anführer der Kolonie, wollten die Menschen einen Weg vorbei an den Wachen finden? Locyn persönlich hatte den Befehl gegeben, eine Abteilung der Schwarzen Garde an den Pass zu versetzen, der den einzigen Zugang zum Tal darstellte, in dem die Kolonie der Vampyre errichtet worden war. Eine zweite Abteilung hielt am Hafen Wache. Wie also sollte ein Gegner ihn erreichen? Nimuel fühlte sich, trotz aller Vorkehrungen, unsicher. Und dieses Gefühl missfiel ihm. Es war ...
Das Geräusch einer Klinge, die einen Leib traf, das Fleisch durchschnitt und Knochen splittern ließ, ließ den Vampyr zusammenfahren. Innerhalb nur zweier Herzschläge hielt er die eigene Schneide in der Hand und wandte den Blick in die Richtung, aus der das Geräusch erklungen war. Und im selben Augenblick, in dem er einen Paladin der Menschen dabei beobachtete wie er, ohne sichtliche Mühe, einen Krieger der Schwarzen Garde enthauptete, erscholl der Ruf ”Zu den Waffen! Ein Angriff! Kämpft!”
Mit schnellen Schritten überquerte Nimuel den Balkon, auf dem er blicklos in die Ferne gestarrt hatte, und betrat die Bergfeste, um im unteren Stockwerk den Wachen im Kampf beizustehen und, mehr noch, ein Vorbild zu sein.

Rücken an Rücken standen Janus und Knave, der Drachenjäger, auf der Brücke vor der Feste und parierten, zunächst ohne Anstrengung, dann, ob der starken und zahlreichen Gegenwehr, immer verbissener die Hiebe der feindlichen Streiter. Wenige Schritte entfernt standen Lex und ein weiterer Söldner, ebenfalls die Rücken zueinander gewandt, und gaben sich dem Gegner gegenüber keine Blöße.
Den Rest des Kampftrupps konnte Janus, der einen kurzen Moment der Ruhe ausnutzte, um sich umzuschauen, nicht sehen, bemerkte aber das Kreischen von Metall auf Metall und das Klirren aufeinandertreffender Klingen vor und hinter ihm. Die beiden Feuerbälle, die über seinen Kopf hinwegzischten und einen heranstürmenden Vampyr niederstreckten, machten deutlich, dass auch die beiden Magier im Kampf mitmischten.
Entschlossen hieb der Paladin auf sein Gegenüber ein, und beobachtete mit Genugtuung, das dunkles Blut aus einer tiefen Brustwunde quoll. Dem dunkel gewandeten Streiter entglitt die Klinge, und er brach ächzend zusammen. Doch Janus’ Zuversicht wurde getrübt, als Baron Nimuel aus der Feste trat und, ohne auch nur einen Moment zu zögern, in den Kampf eingriff.

Erik wusste, sie würden sich beeilen müssen. Lange würde es nicht dauern, bis Verstärkung aus den Kasernen der Kolonie eintreffen musste. Der schlimmste Fall. Also galt es, rasch und entschlossen vorzugehen. Von seiner geballten Faust entflog ein weiterer der unzähligen Feuerbälle, und ließ den Schwertarm eines Vampyrs in Flammen aufgehen. Die kreischende Gestalt wurde von Lex mit einem Fußtritt von der Brücke befördert. Die Flammen mochten nun zwar gelöscht sein, aber todgeweiht war der Gegner dennoch.
Eine hochgewachsene, schwarz gewandete Person zog die Aufmerksamkeit des Novizen auf sich. Eriks Magen verkrampfte sich, als er den Mann wiedererkannte. Nimuel Shatim-Tanos, Baron zu Ghuradia. Der Mann, dessen Macht er vor Jahren in der khorinischen Kaserne hatte betrachten müssen. Erik starrte.
Erst ein scharfer Befehl Dilans brachte den Novizen dazu, den Kampf gegen die Verteidiger der Feste wieder aufzunehmen.

Nimuel indes betrachtete seine Lage als zufriedenstellend. Die Schwarze Garde, die Elite unter den Vampyren, schlug sich hervorragend. Es waren zwar der eine oder andere im Kampf gefallen, aber man hatte keinen Fuß der Brücke dem Feind überlassen. Und langsam, aber sicher, gewann man die Überhand. Der Schwung zweier Gardisten riss einen der mächtigeren Menschen, diesen Paladin, von den Füßen, während der Mann, der mit ihm Rücken an Rücken gestanden hatte, von zwei weiteren bedrängt wurde.
Als der Baron seinen Blick über die Menge der Kämpfenden gleiten ließ, erschien ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht. Hinter der eigentlichen Kampflinie standen zwei Magier der Menschen. Einen von ihnen kannte der Vampyr. Es war der junge Novize, dem er bereits einmal begegnet war. Seine früheren Begleiter indes waren nirgendwo zu sehen.
”Wie dem auch sei ... ich sagte ihm, wir würden uns wiedertreffen.”

”Adanos, steh uns bei!” rief Dilan aus, als er erkannte, wie das Kampfesglück die Seiten wechselte. Noch immer Feuerball um Feuerball nach dem Feind schleudernd, was mittlerweile immens an seinen Kräften zehrte, rannte der Magier durch das Schlachtgetümmel, wich hier und da einer Klinge aus, warf dort einen Feind nieder, und erreichte schließlich Janus. Der Paladin hatte es geschafft, einen der Schwarzen Gardisten zu bezwingen, hatte jedoch sein Schwert verloren. Nun konnte er sich des zweiten nur mit außerordentlicher Mühe erwehren. Dilan setzte den Schädel der Kreatur in Flammen und reichte dem geweihten Krieger die freie Linke, um ihm wieder auf die Beine zu helfen.
Ein weiteres Mal ließ der Magier seine Augen über die Umgebung schweifen. Was er sah, ließ ihn erblassen. Tote gab es zwar auf Seiten des Ringes noch nicht, aber die Zahl der Verwundeten war erschreckend. Lex saß, das geborstene Schwert neben sich liegend, am Boden, an die Brüstung der steinernen Brücke gelehnt, und hielt mit der linken Hand dem Stumpf, der vom rechten Arm noch übrig war. Unablässig schoss Blut aus der Wunde, und das totenbleiche Gesicht des Söldners verstärkte den Schrecken noch, der in seinen Zügen stand.
Knave, der Drachentöter, stand besser da. Er schwang seine Klinge mit wildem Eifer, enthauptete hier einen Feind und spaltete dort dem nächsten die Brust. Doch das Feuer, das in seinem Blick loderte, glich auf erschreckende Weise einem Wahn.
Die Augen des Wassermagiers weiteten sich, als er seinen Novizen erblickte. Erik, der sich nach wie vor weigerte, die Rüstung des Ringes zu tragen, stand bewegungslos in der Mitte der Brücke, und schien auf den Baron zu warten, der sich mit langsamen Schritten auf ihn zu bewegte. Die Waffe, die er trug, hätte selbst einen guten Harnisch mühelos durchdringen können, und die leichte Novizenrobe Eriks hatte ihr nichts entgegenzusetzen. So schnell es ihm möglich war rannte Dilan, Freund wie Feind achtlos beiseite stoßend, auf seinen Lehrling zu, wissend, dass er zu spät kommen würde.
Kapitel siebzehn - Der Sturz

Die Ahnen anrufend stürmte Baron Nimuel Shatim-Tanos auf den Menschen zu, den offenkundig der Größenwahn gepackt hatte. Das Schwert erhoben, schlagbereit, bewegte sich der Vampyr durch die Schlacht, als befinde sich nichts und niemand in seinem Weg. Wer nicht rechtzeitig beiseite sprang, der wurde gnadenlos niedergemacht. Als nur noch fünf Schritte zwischen ihm und Erik lagen, blieb er stehen.
”So treffen wir uns also wieder. Was treiben eure Kameraden, junger Mensch?” fragte der Baron, deutlich vernehmbaren Spott in der Stimme. Er erahnte die Antwort des Novizen bereits.
”Sie wurden getötet, Unmensch. Und es ist Euer Verschulden.”
“Oh, wie Leid es mir doch tut!”
höhnte Nimuel, während er seine Klinge hob.
”Es war ein Fehler von mir, Euch damals entkommen zu lassen. Ich bin Eurer überdrüssig. Wieviel nervenaufreibende Zeit hätte ich mir ersparen können?”
“Was geschehen ist, das lässt sich nicht ändern, Bestie”
erwiderte der Novize, und in seinen Worten klangen sowohl Wut als auch Trauer mit. Langsam hob auch er die Hände, und zwischen ihnen entstand eine pulsierende Kugel, die mal aus reinem Licht und mal aus absoluter Finsternis zu bestehen schien. Wie ein schlagendes Herz, das zwischen Hell und Dunkel schwankte, bewegte sich das Gebilde vor Erik hin und her.
Mit einer einzigen, fließenden Bewegung holte der Novize aus und warf das pulsierende Etwas in Richtung des Barons. Dieser schnellte seinerseits mit unmenschlicher Geschwindigkeit vor, und schwang das Schwert in Kopfhöhe des Menschen, bemüht, ihn zu enthaupten.

Dilan hörte sich selbst aufschreien, als er beobachtete, wie die beiden Erzfeinde sich einander schnellten. Erik, von Rachegedanken getrieben, und Nimuel, den der pure Hass auf die Menschheit anstachelte. So verschieden, und in ihrer Vernichtungswut doch so gleich.
”Erik!”
Der Wassermagier reckte verzweifelt die Arme in Richtung seines Novizen, der sich auf eine Art zeigte, die man an ihm noch nicht kannte, und war sich bewusst, dass er ihn nie wieder würde erreichen können. Entsetzt betrachtete er das Geschehen in der Mitte der Brücke, unfähig, irgendetwas anderes zu tun als zu starren.

Im selben Augenblick, in dem Nimuel die Klinge schwang, traf ihn der Zauber des Novizen mitten ins Gesicht und entlockte ihm einen unweltlichen Schrei. Noch bevor das magische Gebilde verblasste, gaben die Muskeln des Vampyrs nach, und Baron Nimuel ging zu Boden. Der Schwung seines Schwertes allerdings ließ die kraftlose Hand ihren Hieb vollenden.
Erik war bemüht, der Klinge rückwärts auszuweichen, aber die Brüstung der Brücke war ihm im Weg. Der Zorn in Erik Augen wich Schrecken. Doch nicht für lange.
Mit einem abscheulichen Geräusch, das in Dilans Ohren lauter schien als das allgegenwärtige Klirren der Schwerter, schnitt sich die Klinge einen Weg durch Eriks Gesicht. Beide Augen wurden aufgerissen, die Nase brach. Dunkles Blut schoss aus den wunden. Und Erik, orientierungslos durch die Verletzung, wurde vom Körper des Vampyrs, der gegen ihn fiel, rücklings von der Brücke in die Tiefe gestoßen.
Als Dilan die Brüstung erreichte und hektisch in die Tiefe blickte, sah er nichts als den reißenden Fluss. Kein Blut, kein Leib, nichts als die wilde Gischt. Die gnadenlose Strömung des Flusses hatte Erik bereits fortgerissen.
”Was, bei Innos ...”
Dilan, der bemüht war, die Trauer über den Verlust im Zaum zu halten, wurde mit einem mal bewusst, dass um ihn herum Stille herrschte. Langsam, unsicher, hob er den Blick und sah sich aus tränenden Augen um.
Nebel zog auf. Wolken, wie aus dem Nichts erschienen, begannen, den Himmel zu bedecken. Und eisige Kälte umfing Menschen wie Vampyre.
”Der Fluch der Insel. Nun, da der Träger der Macht nicht mehr ist, wurde die Magie wieder freigegeben. Die Insel wird wieder werden, wie sie war. Nicht ganz so verkommen wie sie es einst war, aber dennoch ein Ort der Verdammnis.”
Der Wassermagier nahm die Person in Augenschein, die diese Erklärung abgegeben hatte. Ein junger Vampyr, unbewaffnet, aber eine Aura starker Magie ausstrahlend. Sheco.
”Ich rate Euch, die Chance der Flucht zu nutzen, die ich Euch hiermit gewähre. Eure Aufgabe ist getan, und eure weiteren Überlebenschancen sind gering. Flieht.”
Stimmen der Sieger

“Schlussendlich war der Sieg unser. Aber um welchen Preis? Wir haben den Kopf der Kolonie und damit die Kolonie selbst bezwungen. Das Land wird einmal mehr unbewohnbar. Aber was wir dafür geben mussten, war viel. Zuviel, möchte ich meinen.“
- Großmeister Janus

“Dieser Erik muss etwas besonderes gewesen sein. Es muss etwas in ihm gewesen sein, das wir nicht sehen konnten. Wie sonst hätte er dieses Monster Nimuel töten können? Adanos sei seines Geistes gnädig.”
- Knave, ein Drachentöter

”Innos, erbarme dich Eriks Geistes. Adanos, nimm dich seines Leibes an, nachdem ihm eine Bestattung in allen Ehren, wie sie ihm zustünde, verwehrt blieb. Beliar, lasse ihn ruhe finden in deinen Halle der Stille und des Schlafes. Ihr Götter, seid ihm gnädig.”
- Dilan, ein Wassermagier

”Ich habe einen hohen Preis gezahlt, um meinen Teil in diesem Kampf zu leisten. Meine Hand ist dahin, und mit ihr mein Erfolg in meiner Profession. Die Götter wissen, was nun aus mir wird.”
- Lex, ein Söldner

”Es gefällt mir nicht, diese Kolonie nicht vollständig zu vernichten. Sicher, sie wird sich auf Khorinis nicht mehr halten können. Und nachdem dieser Baron tot ist, ist unsere Aufgabe getan und unsere Rückkehr verdient. Und doch, ich hätte gern selbst Hand an den Rest dieser Bande gelegt!”
- ein weiterer Söldner
Epilog

Mit dem Sieg über Nimuel und dem damit verbundenen Fall der Kolonie Ghuradias auf der Insel des Blutes schöpften die Menschen Myrthanas neuen Mut. Die tapferen Streiter im Dienste Adanos’ hatten bewiesen, dass nicht einmal die Blutverzehrer den Ruhm der Unbezwingbarkeit besaßen. Die Opfer, die man zum Siege darbringen musste, mochten hoch sein, doch der Sieg selbst war ein Lohn in unvergleichlicher Höhe.
Das Königreich der Menschen, durch den Angriff der Vampyre nun ohne Anführer, sann auf Rache. Während einzelne Landstriche in Machtkämpfen und unbändigem Chaos versanken, rief man in der Hauptstadt zu einem Vergeltungsschlag auf. ein Ruf, dem bald schon Männer aus allen Teilen des Landes Folge leisten sollten. Soldaten der Armee, Paladine, Magier verschiedener Wege. Sie alle stellten sich bereit, um Rache zu nehmen.
Um die Belange des Reiches lenken zu können, wurde auf Anraten des Großmeisters der Paladine, Janus, ein Rat geschaffen, in dem Magier, Lords und Händler mit besten Beziehungen ihre Plätze fanden. Endlose Debatten über den Krieg begannen, absehbar war nur, dass er stattfinden würde. Fraglich blieb, wann.
Khorinis indes verkam einmal mehr zu einem Areal, auf das niemand Anspruch erhob. Nachdem der Fluch der Insel erneut Besitz von ihr ergriffen hatte, zogen sich auch die letzten Vampyre davon zurück, und die Insel wurde schließlich zu einer Anlaufstelle für Flüchtlinge, Ausgestoßene, Gejagte. Ein Ort ohne Herrschaft, ohne Regeln, der bald von den Seekarten getilgt werden sollte.
Dennoch hielten sich in allen Städten des Festlandes hartnäckig Gerüchte über die verfluchte Insel, vor allem das Gerede über die Anwesenheit schwarzer Magier ließ nicht nach.
Doch dies ist eine andere Geschichte.

Ende


(Es wird noch einen dritten Teil geben. Ich mache mir allerdings nicht mehr die Mühe, den hier zu veröffentlichen. Wer daran interessiert ist, der sollte demnächst in der World of Gothic fündig werden, im Story-Forum.)
die geschichte war so schööön *träne vor rührung vergieß*
wow du hast ein echtes talent würd mich freuen wen das echt als spiel rauskommen würde
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