Eine (fast) normale Geschichte (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Eine (fast) normale Geschichte (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Ich habe einmal beschlossen, nachdem ich auf dieses Forum gestossen war, selbst eine Geschichte zu verfassen. Da hier momentan viel Fantasyromane anzutreffen sind, habe ich gedacht, ich könnte etwas schreiben, das nicht gerade in einer fernen Galaxie oder in einer anderen Welt spielt. Allerdings konnte ich es nicht lassen, trotzdem eine Prise "Fantasy" einzubringen^^. Ehrlich gesagt habe ich diese Story schon einmal gepostet, allerdings wurde sie dann leider nicht beachtet. Deshalb habe ich sie noch einmal überarbeitet (hoffentlich nicht verschlimmbessert). Hiermit folgt einmal der erste Teil des ersten Kapitels.

Kapitel 1 - Veränderung


Der Wecker schrillte und ich schreckte aus meinem Tiefschlaf auf. Mein Kopf brummte und das schreckliche Gefühl, wieder Schule zu haben, stieg in mir hoch. Was waren das doch für entspannte Ferien gewesen! Genüsslich räkelte ich mich im Bett und war gerade dabei, mich an das Baden am Meer zu erinnern, als mein Blick zufällig wieder auf die Zeiger des Weckers fiel. Mit Entsetzen erkannte ich, dass ich verschlafen hatte. Es war schon 9 Uhr! Hastig stieg ich aus dem Bett, wobei ich mir die Zehen prellte. Das war ja mal ein schöner Schulanfang! Schnell wühlte ich in meinem Kleiderschrank umher, suchte einige mehr oder weniger saubere Klamotten aus und zog sie an. Ich schlurfte ohne Badezimmerbesuch die Treppe zum Wohnzimmer hinunter und genehmigte mir ein nur noch kleines Frühstück.
„Du bist zu spät!“, rief meine Mutter aus dem Badezimmer.
„Ich weiss!“, grunzte ich unfreundlich als Antwort.
Ohne nachzuschauen, ob ich wohl alles dabeihatte, warf ich mir den vermaledeiten Schulsack über die Schulter, stieg vor dem Haus auf mein Fahrrad und radelte los. Mein schnelles Fahrtempo veranlasste meine ungekämmten Haare dazu, wild umherzuflattern, doch das kümmerte mich nicht. Der Wind blies mir ins Gesicht. Er war bereits schon zu dieser frühen Morgenstunde angenehm warm, da es Sommer war. Ich blickte gen Himmel, aber es waren keine Wolken zu entdecken, die Morgensonne strahlte knapp über dem Horizont. Mit Ausnahme meines unrühmlichen Verschlafens war eigentlich alles so, wie es an einem gewöhnlichen Schultag sein sollte.
Nach einigen anstrengenden Fahrminuten gelangte ich schliesslich in die Schule. Sie lag in der Nähe eines Waldes, jedoch war es verboten, während der Pause dort hin zu gehen. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, das Fahrrad abzuschliessen, sondern ich rannte geradewegs in den 2. Stock und suchte das Zimmer 22. Vor der Tür hielt ich kurz Inne, holte tief Luft und trat dann ein. Wieder einmal war ich in eine peinliche Situation geraten: Alle Schüler drehten den Kopf nach mir um und starrten mich an, und ich versuchte nicht zurückzustarren. Ein unangenehmes Gefühl kroch in mir hoch. Ich mochte es nicht, in peinliche Situationen zu geraten, doch unglücklicherweise tat ich dies öfter als gewollt. Doch ein wenig Glück hatte ich: Frau Zeller, unsere Mathelehrerin, hatte mich noch nicht bemerkt. Ich versuchte, zu meinem Platz zu schleichen. Als ich es schon fast geschafft hatte, donnerte eine laute Stimme: „HIERGEBLIEBEN!“. Und wie immer, wenn Frau Zeller das Bedürfnis hatte, ihre quäkende Stimme voll auszuschöpfen, kamen meine Ohren in den Genuss eines höchst angenehmen, beruhigenden Kreischens. Mit einem fast unhörbaren Seufzen drehte ich mich zu Frau Zeller um. „Was denkst du dir eigentlich, einfach so zu spät zu kommen? Wenn das noch öfters vorkommt, werde ich ein Gespräch mit deiner Mutter veranlassen!“-„Aber Fr-Frau Zeller, es ist doch der erste Schultag nach den Ferien, und da ist es doch noch nicht so schlimm, ein klitzekleines bisschen zu spät zu kommen?“ Ich versuchte, mein freundlichstes Lächeln aufzuzwingen, doch der Trick zog nicht. „Davon will ich nichts mehr hören! Setz dich an deinen Platz, aber dalli!“
Niedergeschlagen setzte ich mich. Neben mir sass niemand, ich hatte eine Bank für mich alleine. Doch zugleich stimmte mich dies traurig, denn ich hatte fast keine Freunde, ich war der Sündenbock der Klasse. Trübselig stierte ich auf die Tischkante, als ich wieder einmal meiner tristen Situation gewahr wurde. Seit einigen Jahren hatte ich fast schon depressive Zustände deswegen. Mit den meisten aus meiner Klasse hatte ich nicht viel zu tun. Das lag wohl daran, dass ich eine recht schweigsame Person war, und es fiel mir schwer, schnell soziale Kontakte zu knüpfen. Es lastete eine gewisse Einsamkeit auf mir, spukte in meinem Hinterkopf herum, während ich üblicherweise lange vor dem Computer sass. Eigentlich hatte ich wirklich nie richtige Freunde gehabt. Zugegeben, manchmal konnte ich recht gut damit leben. Ich konnte nicht leugnen, dass ich es genoss, manchmal alleine zu sein. Das musste ich fast, wollte ich mich ans Einsamsein gewöhnen, was ich natürlich schon lange geschafft hatte. Und doch gab es Momente wie diesen, in denen ich mich nach Freundschaft sehnte. Doch dieses Bedürfnis liess sich unglücklicherweise aufgrund meiner geringen sozialen Kompetenz nur schlecht befriedigen, was mich traurig ins Leere starren liess. Und da gab es auch gewisse Mitschüler, die mich stetig mobbten. Ich würde wohl immer einsam sein, ich musste mich damit abfinden...auch wenn es mir manchmal so schwer fiel. Manchmal plagten mich sogar Selbstmordgedanken. Es war wieder einmal ein Augenblick, in dem ich mir wünschte, mein Leben würde sich verändern. Eine triste Tatsache war jedoch, dass es dies wohl erst in einigen Jahren tun würde, nämlich wenn ich mit der Schule fertig war. Zudem hatte ich keine Ahnung, was ich nach der Schule machen könnte. Ich hatte so den Hintergedanken, eventuell in den Journalismus einzusteigen, wenn möglich. Allerdings hatte ich gehört, dass der Weg dazu nicht unbedingt einfach war und dass dazu vor allem auch praktische Erfahrung benötigt wurde – die ich freilich nicht hatte. Die Realität schien nur Probleme zu bringen, weshalb ich auch immer unreale Computerspiele zu spielen pflegte. Das würde mich zwar nicht mit der Realität besser klarkommen lassen, doch einen anderen Weg, als der Wirklichkeit zu entfliehen, sah ich leider nicht. Ich kam mit ihr nur schwer klar, weshalb ich mir wieder einmal in diesem Moment vorstellte, plötzlich Flügel zu bekommen und diesem vermaledeiten Schulzimmer für immer zu entschweben.
Frau Zellers quäkende Stimme holte mich jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
„Ach, und falls du es noch nicht weißt, was ich vermute, wir behandeln gerade den Stoff au Seite 31“, sagte sie energisch. Einige aus der Klasse kicherten, flüsterten daraufhin und zeigten auf mich, woran ich schon gewöhnt war – leider. Schon lange hatte ich mich daran gewöhnt, hinter dem Rücken fertiggemacht zu werden und versuchte, so gut wie möglich damit zu leben, was nicht immer einfach war. Ich hievte den fast vergessenen, zerfransten Schulsack von meinem Rücken und suchte das Mathematikbuch. Erleichtert atmete ich auf, als ich sah, dass ich es nicht vergessen hatte. Lustlos blätterte ich zur erwähnten Seite und arbeitete mit – aber nur passiv.
Kritik erwünscht, auch wenns ja noch nicht viel ist und eigentlich noch gar nichts passiert ist:)
Es ist zwar interresant, aber du soltest die person besser beschreiben( aussehen, wohnort,alter..). schreib weiter mich würd interresieren wie es weiter geht:)
Ist das "ich" ein Träumer? ich glaube schon, da er von den Ferien träumt.
du könntest beschreiben, wie seien gedanken wieder abschweifen, während er "passiv mitarbeitet"

ansonsten bin ich gespannt, wie's weitergeht

Lyra

hast du schon nen Titel für die story?
Danke für die Rückmeldungen:). Naja, eigentlich hatte ich gedacht, nicht alle Infos über das "Ich" gleich am Anfang preiszugeben, sondern erst nach und nach.
Einen Titel habe ich leider noch nicht. Weiter geht's:)

Ich zeichnete gerade verträumt einen Drachen in das Heft, als ein Klopfen ertönte. Es kam von der Schulzimmertür. Ich horchte auf. Frau Zeller blickte von ihrem Lehrbuch auf und erklärte: „So, dass muss wohl die Neue sein! Heissen wir sie willkommen!“.
Ich war verblüfft. Die „Neue“? Das hatte ich ganz vergessen! Frau Zeller hatte noch vor den Ferien erwähnt, dass die Klasse Zuwachs bekommen würde. Damals war noch nicht klar, ob es ein Junge oder ein Mädchen sein würde, doch nun war das Geheimnis ja gelüftet. Gespannt blickte ich zur Tür, wobei ich nicht der einzige war. Aus irgendeinem Grund war ich aufgeregter, als eigentlich nötig war. Frau Zeller schritt zur Tür und öffnete sie. Einen Moment blieb sie stehen, ohne ein Wort zu sagen. Dann drehte sie sich zur Klasse um und verkündete: „Heissen wir also unsere neue Mitschülerin willkommen!“. Frau Zeller trat zur Seite.
Eine wunderschöne junge Frau erschien. Das erste, was mir auffiel, waren ihre grün gefärbten Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Sie hatte ein hübsches Gesicht, leuchtend blaugrüne Augen und ein rotes Oberteil an. Ich konnte nicht anders, ich starrte sie unverhohlen mit offenem Mund an. Sie liess ihren Blick durch das Klassenzimmer schweifen, etwas verunsichert. Da blieb ihr Blick bei mir hängen. Sie sah mich direkt an, ich erschauderte. Sie liess ihren Blick auf mir Ruhen. Auf ihrem Gesicht war nun ein freundlicher Ausdruck. Ich war irritiert und blinzelte. Frau Zeller, die sich inzwischen wieder zum Lehrerpult begeben hatte, meinte: „Schön, junge Dame, wieso stellst du dich nicht vor? Nein, nein, keine Angst, ich verlange keinen Vortrag, du könntest uns einfach ein wenig über deine Hobbys und so weiter erzählen. Oh, und bevor ich es vergesse, du könntest uns ja auch mitteilen, wie du heisst, aber das war dir ja sicher schon vorher klar!“. Sie lachte. Es war ein Lachen, dass ich hasste. Die „Neue“ ging federnden Schrittes vor die Tafel, sodass die ganze Klasse sie sehen konnte. Nun ja, es war eher ein Starren. Die „Neue“ fing an zu reden.
„Mein Name ist Terra“.
Ein Raunen ging durch die Klasse. Terra? Was für ein seltsamer Name, dachte ich. Sie fuhr fort.
„Ich kann euch ja mal etwas über meine Hobbys erzählen“. Sie schien einen kurzen Moment nachzudenken. „Nun, ich lese gerne, spiele ab und zu Klavier, greife mal öfters zur Spielkonsole und bin gerne in der Natur“.
Ich war verblüfft. Was sie gerade erzählt hatte, war das genau Gleiche, was aus meinem Mund hätte kommen können! Ausserdem waren es sehr ungewöhnliche Hobbys für eine Frau. Verdutzt blickte ich zu ihr. Sie war nicht gerade das, was ich mir unter der neuen Mitschülerin ausgemalt hatte. Frau Zeller sagte:
„Ja, sehr schön, du kannst dich setzen, wieso nicht neben ihn?“
Sie deutete auf Marco.
Marco war das komplette Gegenteil von mir. Er war vorlaut, pöbelhaft, ein richtiger Macho, hatte die Unterstützung sämtlicher Jungs aus der Klasse und ein schreckliches Hobby: mich zu verprügeln. Nun gut, der Nutzen und Spassfaktor dieses Hobbys variierte je nach subjektiver Einstellung des Betrachters. Für Marco auf jeden Fall war dieses Hobby alles andere als schrecklich, und für die anderen Schüler, die auf dem Pausenhof rumlungerten ebenfalls. Man konnte sich natürlich vorstellen, dass ich keinen Gefallen daran fand, verprügelt zu werden. Was ich jedoch fast noch schlimmer fand, war die systematische Ausgrenzung, die er an mir durchzuführen pflegte. Wieso dabei seine Wahl gerade auf mich gefallen war, konnte ich mir jedenfalls nicht so recht erklären. Zugegeben, ich war klein und schwach, aber war das auch gleich ein Grund, erniedrigt zu werden? Soweit ich mich erinnerte, hatte ich ihm nie auch nur ein böses Wort gesagt. Und trotzdem schien er Gefallen daran zu finden, meine Bleistifte zu brechen, mein Fahrrad umzustossen, meine Blätter zu zerreissen, mich auszulachen und übel zu beleidigen. Mein schulisches Leben wurde von ihm und seiner treuen Schülerschaft, die sich um ihn scharte, zur Hölle gemacht. Und das Traurige war, dass niemand etwas dagegen unternahm. Ich hatte wirklich niemanden, der mir zur Seite stand und half, wenn Marcos Schläge auf mich eindonnerten und mich zusammensacken liessen. Niemand war da, der mir die Hand reichte, wenn ich am schmutzigen Boden lag, niemand, der mir auf die Beine half, keiner, der mich beschützte. Niemand, der Mitleid mit mir hatte.
Ich schüttelte leicht den Kopf, um meine depressiven Gedanken zu vertreiben, und dabei sah ich etwas, das mich stutzen liess.
Terra stand unschlüssig immer noch an der gleichen Stelle und schien tatsächlich zu zögern, sich neben Marco zu setzen. Mein Blick wanderte langsam zu ihrem Gesicht. Der Ausdruck darin veranlasste mich dazu, meine Augen weit aufzureissen. Allem Anschein nach war sie tatsächlich von ihm nicht sonderlich angetan, denn ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem, so unglaublich es schien, herablassenden Lächeln. Ich verspürte abermals das Bedürfnis, zu blinzeln. Was ich sah, konnte ich mir nicht so recht erklären. Normalerweise wäre jede Frau froh gewesen, wenn sie sich neben Marco hätte setzen dürfen. Er war der Frauenheld schlechthin und regelrecht umschwärmt vom entsprechenden Geschlecht. Doch alles, was Terra ihm zukommen liess, war dieses Lächeln, das nicht gerade von Freude zeugte. Mein Blick wanderte allmählich zu Marco. Zugegeben, ich wäre ebenfalls angewidert gewesen, hätte ich mich in seine Nähe begeben müssen. Seine Hand hatte sich fast unmerklich, in zittriger Erwartung, zu einer Faust geballt, und in seinem Gesicht lag ein schon fast gieriger, stolz feixender Blick. Mit Spannung erwartete ich, was wohl als nächstes geschehen würde, während ich unruhig auf meinem Stuhl hin- und herrutschte.
Zögernd bewegte sich Terra auf Marco zu, und bei jedem Schritt schien sie sich mehr zu sträuben. Schliesslich blieb sie mitten im Klassenzimmer ganz stehen. Alle Blicke hatten sich auf sie gerichtet, und Marco wurde allmählich klar, dass etwas nicht stimmte. Nicht, dass er je irgendwelche Fehler bei sich gesucht hätte, doch er setzte einen irritierten Blick auf, sodass mich sein fettes Gesicht entfernt an das einer Kröte erinnerte, zumindest nach meinem Gesichtspunkt. Wie immer wäre bei diesem von mir sicherlich falsch interpretierten Blick jede Frau dahin geschmolzen. Doch diese Masche schien bei Terra nicht zu funktionieren. Langsam drehte sie sich zu Frau Zeller um und blickte sie fast schon herausfordernd an. Sie schüttelte den Kopf, wobei ihre grüne Haarpracht (ja, es war wirklich eine blendende Pracht) mitschwang. Und da sagte sie etwas, das noch wohl nie eine Frau dieser Schule gesagt hatte.
„Frau Zeller? Dürfte ich mich nicht woanders hinsetzen? Mir bereitet der Gedanke, den Platz neben diesem jungen Mann zu beziehen, kein Behagen“
Betroffene Stille herrschte. Die einzigen Geräusche, die zu hören waren, Marcos ungläubiges Schnauben und das Kratzen seiner Fingernägel über den Tisch, verklangen so schnell, wie sie erklungen waren. Selbst Frau Zeller verharrte einige Sekunden stillschweigend, bevor sie neugierig fragte:
„Oh, wieso denn? Du möchtest dich nicht neben Marco setzen?“
Terra nickte geradezu provozierend heftig, und Marco schnappte nach Luft, worauf ich mir ein leises Auflachen nicht verkneifen konnte. Das war wohl der grösste Fehler dieses Tages gewesen. Regel Nummer eins des Mobbingopfer-Gesetzes war nämlich, den Tyrann nicht auszulachen, wenn man nicht schlimm zugerichtet enden wollte. Genau das hatte ich jedoch jetzt getan, und unglücklicherweise hatte es Marco bemerkt. Ich schluckte, als er mir einen höchst mörderischen Blick zuwarf, der zu schreien schien: In der Pause bist du dran. Doch es würde noch brisanter kommen, brisanter, als mir lieb war. Frau Zellers schrille Stimme durchschnitt wieder die stickige Luft im Klassenzimmer.
„Na gut, dann setzt du dich halt dort hin, wo es dir beliebt“, meinte sie achselzuckend. Ich glaubte, meine Ohren würden mir einen Streich spielen, als ich Terra tatsächlich leise erleichtert aufatmen hörte. Niemand sagte auch nur ein Wort. Und da drehte sie sich wieder zur Klasse um. Beinahe unerträglich langsam liess sie ihren Blick durch das Klassenzimmer schweifen, während ich den Atem anhielt. Zugegeben, die Reaktionen der Schüler waren vielleicht schon zu dramatisch übertrieben. Eigentlich ging es doch lediglich darum, wer neben einer neuen Mitschülerin sitzen durfte, und doch herrschte eine geradezu elektrisierte Stimmung. Vielleicht, weil die „Neue“ elektrisierend schön war? Auf jeden Fall war sie ungewöhnlich, und ich wusste nicht so recht, was ich von ihr halten sollte. Letztendlich hatte mich dies auch nicht zu kümmern, dachte ich bitter, denn ich war im Umgang mit Frauen sowieso nicht sonderlich bewandert. Beispielsweise konnte ich mit den Zicken, die in diesem Klassenzimmer ihr Unwesen trieben, nicht viel anfangen. Sie aber wohl mit mir – im schlechten Sinne. Da gab es auch noch einige schüchterne Mädchen in der Klasse, denen ich zwar mehr Sympathie abgewinnen konnte, da ich aber selber nicht gerade offen war, gab es keine Annäherungsversuche. Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Terra.
Immer noch huschte ihr Blick suchend im Klassenzimmer umher. Jeden Schüler und jede Schülerin wurde von ihr kurz gemustert, bevor ihr Blick weiter wanderte. Und da blieb ihr Blick abermals bei mir hängen.
Unerklärlicherweise huschte erneut ein kalter Schauer über meinen Rücken. Sie starrte mir direkt in die Augen, und ich wusste, dass ihr Blick tausend Worte sprechen musste. Worte, die ich nicht verstand. Ich starrte zurück. Langsam stieg ein seltsames Gefühl in mir hoch. Wieso starrte sie mich so an? Gleich würde ihr Blick weiterwandern, doch das tat er nicht. Immer noch blickte sie direkt in meinen Augen. Ich wollte meinen Blick senken, doch ungewöhnlicherweise konnte ich das nicht. Sie hatte mich regelrecht hypnotisiert. Ihre Augen strahlten eine gewisse Ruhe aus, eine versteckte Tiefgründigkeit. Und da erschien auf ihrem Gesicht ein Lächeln. Es erschien mir völlig absurd, und doch wurde ich Zeuge, wie ich von ihr angelächelt wurde. Und da geschah etwas noch seltsameres: Sie zwinkerte mir tatsächlich mit einem Auge zu. Während ich den Atem anhielt, wusste ich nicht so recht, wie ich dieses Zwinkern deuten sollte. Zumal es völlig unsinnig war, dass sie mir anscheinend so freundlich gesinnt war, obwohl sie mich gar nicht kannte. Ihre helle, aber freilich nicht quäkende Stimme durchbrach die Stille.
„Frau Zeller?“
„Ja?“
„Dürfte ich mich neben ihn setzen?“. Sie deutete auf mich. Abermals erschauderte ich, und mir war, als würde sie mich mit ihrem Blick durchbohren.
„Nur zu“, gab Frau Zeller lachend zu verstehen.

Ehe ich es mir versah, sass Terra schon neben mir und lächelte mich an. Mir war mulmig zumute, sehr mulmig. Ich war es bei aller Bescheidenheit nicht gewohnt, neben solch hübschen Frauen zu sitzen! Ich musste rot geworden sein, denn Terra lächelte jetzt noch mehr. „Du bist ja ganz rot! Aber macht nichts, ich bin mir gewöhnt, neben Leuten zu sitzen, die erröten“. Sie lachte. Irgendwie war sie mir nicht geheuer, fast schon unheimlich.
Umso froher war ich, als Frau Zeller verkündete, mit dem Stoff weiterzufahren. Ich versuchte, mich nun an fest auf die Arbeit zu konzentrieren, doch aus den Augenwinkeln sah ich, wie Terra mich musterte. Ich zwang mich, wo anders hin zu blicken, doch so bemerkte ich nur die neidischen Blicke der Schüler, die auf meine Bank starrten. In meinem Kopf spürte ich ein Kribbeln.
„Auf unsere“. Terra sprach mich an. Ich verstand nicht.
„Was?“
„Es ist jetzt unsere Schulbank, nicht nur deine. Ja, sie sind neidisch“. Fassungslos starrte ich sie an. Wie konnte sie wissen, was ich dachte? Sie wurde mir immer unheimlicher. Und da war noch dieses...Lächeln, mit dem sie mich immer anblickte. Fast so, als würde ich ihr gefallen...Quatsch.
„Dein Name ist David, nicht wahr?“, murmelte sie. Fast schon entsetzt starrte ich sie an und hauchte stockend: „Woher...woher kennst...du meinen Namen?“. Wieder umspielte ihre Lippen dieses Lächeln, und es wirkte schelmisch. Schwungvoll vollführte sie eine abwinkende Handbewegung und meinte:
„Ach, das habe ich bloss aufgeschnappt“.
Ich löste meinen Blick von ihrem und starrte verwirrt auf die Tischkante. Wie konnte sie es aufgeschnappt haben, wo sie mich doch erst seit einigen Minuten kannte? Und wieso machte sie sich die Mühe, sich mit meiner Wenigkeit abzugeben? Und wieso vor allem hatte sie sich nicht neben den bestaussehenden Marco gesetzt, und stattdessen zu mir? Ich war ja wohl nicht ohne Grund ein Aussenseiter.
Den ganzen Rest der Stunde nutzte ich dazu, meine üblichen introvertierten Fähigkeiten einzusetzen. Ich schwieg wie ein Grab und war anscheinend wahnsinnig interessiert am gähnend langweiligen Schulstoff. Trotzdem konnte ich mir nicht verkneifen, ab und zu einen Blick auf meine neue, ungewöhnliche Banknachbarin zu werfen. Und wie es der Zufall wollte, blickte sie immer dann zu mir, wenn ich es tat, sodass ich mich schnell wieder abwandte. Irgendetwas war an ihr seltsam, doch ich wusste nicht so recht, was. Meine These bestätigte sich zusätzlich durch dieses Gefühl, das ich hatte. Ich schien ihre Präsenz regelrecht zu spüren, und da sie links von mir sass, bekam ich am linken Arm, mit dem ich den Kugelschreiber führte, unerklärlicherweise eine waschechte Gänsehaut. Und die ganze Zeit über hatte ich dieses unangenehme Gefühl im Magen, das ich ebenfalls nicht recht deuten konnte. Ich spürte, dass sich mit Terras Eintritt in das Schulzimmer etwas Neues in die Gänge gekommen war...etwas, das mein Leben verändern würde. Ich konnte mir nicht erklären, wieso ich das wusste, ich war mir nur im Klaren darüber, dass ich es wusste. Und immer, wenn ich sie aus den Augenwinkeln betrachtete, wurde ich mir dieser Tatsache mehr bewusst...und aus unerklärlichen Gründen fürchtete ich mich davor.
hmm
abgesehen davon, dass es wahrscheinlich sehhhhhhr unlogisch ist, dass eine neue Mitschülerin mitten in der Stunde auftaucht, ist der Teil wirklich gut.
Du solltest aber aufpassen, dass aus deiner 8fast) normalen Geschichte nix grusliges oder so wird, denn Gedankenlesen ist nicht unbedingt normal, oder?
oder willst du damit das FAST ausdrücken? =)
egal ich bin gespannt, wie's weitergeht.

irgendwo hatte ich noch ne komische konstruktion gesehn, die ich aber grade nich mehr finde, ich schreibs später rein.

Lyra

nich entmutigen lassen, die story ist echt gut
ich find den anfang leicht unlogisch, ich verschlafe nur wenn mein wecker nicht klingelt oder ich ihn überhöre....
wenn er klingelt, und ich kurz danach aufsteh, bin ich eigentlich gut in der zeit ^^
Also die modernen Wecker klingeln natürlich mehrmals^^. Z.B. Jede halbe Stunde, wenn man ihn nicht abstellt:) Aber stimmt eigentlich, vielleicht könnte ich das ändern...es geht dann irgenwann mal weiter.
hm also meiner klingelt alle fünf minuten, wenn ich auf die Sleeptaste drück...wenn ned dann hupt der mir mind ne stunde ins ohr Lol
Redet ihr jetzt von weckern oder was? RPGamer schreib deine Geschichte weiter. Möcht wissen wie es weitergeht.=)
Sorry, ich habe momentan ziemlich viel um die Ohren, es könnte also dauern, bis wieder was Neues kommt:(
Ich, der ich das Original schon in voller Länge und Inhalt gelesen habe, finde das Remake wirklich "um Welten besser" als das Original, wobei noch nicht so viel geändert wurde. Du gehst mehr auf den "Ich" ein, seine Gedanken, Wünsche, Sorgen und Tagträume. Und ich muss auch sagen, dass ich mich relativ gut mit ihm indentifizieren kann.
Übrigens wird im Original Davids überhaupt nicht verraten. ^^ Das hatte Style. XD ^^
Und da wird noch weitaus unheimlicheres kommen, wenn die Storyline auch nur grob gleich bleibt, als einfaches Gedankenlesen. ^^ *allwissend lach* XD
Danke, danke für das Lob, sowas habe ich gebraucht^^. Ja, im nachhinein habe ich auch gedacht, wie flach das Original wirkt, weshalb ich es jetzt ja am Umschreiben bin. Das Original habe ich etwa vor einem halben Jahr geschrieben, es ist schon erstaunlich, wieviel sich in dieser kurzen Zeit an meinem Schreibstil geändert hat^^.
Nun, ja, ich will auch mein Lob aussprechen. Ich hatte deinen alten Text auch mal gelesen. Nicht in voller Länge, aber an dieses Mädchen und das Gedankenlesen kann ich mich erinnern. Ich muss sagen, ich finde deine Sprache schön, flüssig und gewählt. Oft. Es gibt zB Dinge, wo du dich wiederholst. Dinge wie "aus den Augenwinkel betrachten", "gespannte Stimmung", etc.

Ich weiss leider nicht (mehr?^^) worauf der Plot hinausläuft, ich weiss noch nicht mal worauf die Handlung hinausläuft xD

Wenn es zB eine wirklich unheimliche Geschichte wird, wie angedeutet, hab ich weniger zu meckern. Aber so finde ich vorallem den Anfang inhaltlich sehr sehr öde. Es ist etwas schleppend zu lesen. Aber vermutlich hat das ja auch mit der "(fast) normalen Geschiche" zu tun;) Na ja, ich empfehle dir ungefähr die Hälfte des ganzes Textes zu streichen.
Ja, die Hälfte. Denn du hast oft Wiederholungen, wenn auch mit Synonymen und Umformulierungen. Aber die Stelle, wo unsere "Neue" so lange braucht, da ist es fast zu krass. An dieser Stelle ist die Geschichte wie ein Leerlauf, in die der Leser scheinbar fällt. Und das ist langweilig.

Die Sprache, sofern du die Geschichte wirklich hemmungslos kürzt, ist sehr hübsch, es ist eigentlich spannend. Und das, was ich vorhin wegen des Leerlaufes sagte, das kann nur passieren, wenn auch ein Lesefluss da ist, und der ist da. Das ist super, damit sind ja die besten Voraussetzungen gegeben.
Was es jetzt noch braucht, ist (trockene) Überarbeitung.

Was mir inhaltlich nicht gefällt, sind die Gedanken des "Ich"s im Bezug auf seine Stellung als Mobbingopfer. Ich finde, du argumentierst da sehr objektiv. *kurz nachschau*

Niedergeschlagen setzte ich mich. Neben mir sass niemand, ich hatte eine Bank für mich alleine. Doch zugleich stimmte mich dies traurig, denn ich hatte fast keine Freunde, ich war der Sündenbock der Klasse. Trübselig stierte ich auf die Tischkante, als ich wieder einmal meiner tristen Situation gewahr wurde. Seit einigen Jahren hatte ich fast schon depressive Zustände deswegen.

Hier greift die Geschichte diesen Aspekt erstmals auf. [Der Satz: Doch zugleich stimmte mich dies traurig, denn ich hatte fast keine Freunde, ich war der Sündenbock der Klasse. - ist etwas seltsam, weil es fast schon in einem kausalen Zusammenhang steht. Dabei hat das Eine mit dem Anderen nicht direkt zu tun]
Wenn du die Ich-Perspektive benutzt, dann nutze sie aus, gebrauche sie! Du kannst "depressive Zustände" mit persönlichen Gedanken viel besser wiedergeben.
Ich finde es passt nicht zum Charakter, dass er so kühl und rational denkt. Du solltest sowas schreiben von wegen, wie dumm die Welt sei, wieso ihn niemand verstehe oder ähnliches. Ich glaube da könntest du einiges rausholen. Das hast du manchmal sogar recht gut gemacht - wie du zB. Marco vom "Ich" aus fast als Gott darstellst, ein verhasster Gott iwie, jedenfalls mit einem übermässigen Respekt - aber es kommt leider zu selten vor:(


Und bitte schreib weiter, ich wollte dir hier nur konstruktive Kritik geben, ich hoffe es gibt nichts, was du anzweifelst, ansonsten: Lass es mich wissen!;)
Das hier ist eine der fünf Most-Wanted-Storys^^, bei mir auf alle Fälle^^
Vielen Dank für die Kritik / das Lob. So etwas habe ich gebraucht und es freut mich, dass meine Geschichte beachtet wird^^. Eigentlich ist mir alles klar und ich versuche, mich zu verbessern. Mir ist auch vollkommen bewusst, dass der Anfang schleppend und öde wirkt. Das liegt daran, dass ich den Leser nicht in die Handlung hineinwerfen konnte, da ich mir damals selber noch nicht sicher war, was ich überhaupt schreiben wollte und (fast) gänzlich planlos anfing. Allerdings verstehe ich nicht genau, was du mit diesem Leerlauf meinst. Wird die Zeit unnötig gedehnt?
Ansonsten bin ich wirklich froh, dass sich mal jemand um mich "kümmert", hehe.
Zur Geschichte: Naja, ich weiss nicht, was man unter "unheimlich" versteht, aber es wird sicherlich keine Horror-Geschichte:). Und es stimmt, jetzt, da ich mir das Ganze noch einmal durchgelesen habe, dass "Ich" fast schon rational denkt. Ich weiss nicht...irgendwie wollte ich nicht auf hasserfüllte "Die Welt ist schlecht"-Sätze zurückgreifen. Aber es stimmt, so hätte "Ich" vielleicht anders gewirkt. Nun ja, ich schaue mal, was ich machen kann.
Oh, solche Posts erfreuen die Kritiker xD

Das mit dem Leerlauf war so gemeint, dass du relativ langezogen schreibst und langsam, aber trotzdem, Spannung aufbaust. Da war die Stelle aber so lang, dass die Pointe gefehlt hat...Also die Spannung ist langsam aber sicher angestiegen, und...-plötzlich beginnt der Spannungsaufbau von neuem, du beginnst wieder von Vorne. Das meinte ich mit Leerlauf, vll. wäre das sogar ein stilistisches Mittel*nachdenk*^^ Aber bei dir schien das leider eher ein bisschen...verloren^^°

War das so verständlich?^^
Ja, war es^^.

Da kam die Erlösung in Form der schrillenden Pausenglocke. Schnell packte ich meine Sachen, die auf dem Tisch lagen, weg und stürmte mit den anderen Schülern aus dem Schulzimmer. Ich liess Terra schnell hinter mir, doch gerade, als ich durch den Türrahmen schlüpfte, spürte ich noch einmal ihren Blick im Nacken. Meine Nackenhaare sträubten sich und wieder ergriff mich ein Schauer, doch dann verlor ich mich in einer Schar schwatzender und fröhlich lärmender Schüler. Ohne mir recht bewusst zu sein, was ich tat, bewegte ich mich im Strom der Jugendlichen, die auf den Pausenplatz stürmten. Wieder war alles beim Alten. Wieder war ich irgendein Schüler, schweigsam, erdrückt von der Menge, und ich tat, was alle taten. Langsam befreite ich meinen Kopf von den nebligen Gedanken und konzentrierte mich wieder auf meine Umgebung. Die sah im Übrigen noch recht rosig aus.

Als ich aus dem Schulhaus auf den Pausenplatz trat, schien mir die warme Sonne entgegen. Kurz schloss ich die Augen und spürte die Wärme auf meinem trockenen Gesicht. Ein leichter Windstoss strich mir durch das braune, lockige, aber zerzause und filzige Haar. Trotz all der lauten Schüler genoss ich diesen Moment der inneren Ruhe.
Ich setzte mich auf eine Bank. Natürlich teilte sie niemand mit mir, was mir auch mehr oder weniger Recht war. Ich verdrängte Terra aus meinen Gedanken, doch es fiel mir schwer, nicht nach kurzer Zeit wieder an sie zu denken. Ich kramte mein Pausenbrot hervor und begann zu kauen. Das Brot war trocken und zäh. Mit anderen Worten: Es schmeckte widerwärtig. Ich schaute mir den Inhalt an und entdeckte ein verfaultes Salatblatt. Wütend warf ich das Pausenbrot in den Abfall. Was hatte sich meine Mutter denn dabei gedacht? Sie wurde auch immer unachtsamer. Sowie ich an solch banale, realitätsbezogene Dinge dachte, stellte ich fest, dass meine Gedanken rund um „Veränderung“ und dergleichen schon längst wieder verflogen waren. Wohl hatte ich mal wieder zu weit gedacht. Natürlich war es Unsinn, dass sich in meinem Leben plötzlich etwas verändern würde. Wieso sollte es auch?
Kurz darauf wünschte ich trotzdem, es wäre anders. Wieso? Nun, ein besonders unangenehmer Aspekt meines einsamen Daseins wurde mir geradewegs wieder vor Augen geführt. Und dieser Aspekt hatte die Form eines gewissen Mitschülers, der seinen Schatten über mich warf. Meine Umwelt war doch nicht mehr so rosig wie angenommen.

Ich schaute auf und erblickte Marco. Tief verborgen, irgendwo in meinen Gehirnwindungen, begann es langsam zu arbeiten. Stimmt, er hatte mir ja quasi ein gewisses Versprechen gegeben. Ein gewisses unangenehmes Versprechen, das er in der Pause einlösen würde. Und zufälligerweise war gerade Pause. Hätte ich eine Zeitmaschine gehabt, wäre ich nun lieber wieder in die Vergangenheit gereist, um meinen Fehler, der in normalen Verhältnissen eigentlich gar kein Fehler sein sollte, auszubügeln. Unglücklicherweise hatte ich jedoch keine Zeitmaschine und das Verhältnis zwischen mir und Marco war alles erdenklich andere als normal. Unauffällig blickte ich umher. Nein, mich verstecken oder wegrennen konnte ich auch nicht, da Marco seine treue Schülerschar das tun liess, was sie am besten konnte: ihn umscharen. Mit Unmut erkannte ich das eine oder andere bekannte Gesicht aus meiner Klasse, wie zum Beispiel das von Stephanie, einer besonders verachtenswerten Zicke, die zwar nicht mit körperlicher, aber ebenso schlimmer verbaler Gewalt auf mich einzudreschen pflegte. Und im Allgemeinen war es ja durchaus erstaunlich, wie warmherzig und stetig alle Schüler um Marco ein gewisses „Hobby“ zu pflegen verstanden, so unmotiviert und perspektivlos (in meinem Sprachgebrauch ein anderes Wort für dumm) sie waren. Das Motto „zusammen sind wir stark“ reizten sie löblicherweise vollkommen aus, weniger löblich war jedoch das, wozu sie diese Stärke verwendeten. Das kleine Fünkchen Hass, das in mir zunächst aufloderte, wurde schnell von einem Schwall Angst zum Erlöschen gebracht. Bitterkeit legte sich über mein Herz. Heute würde ich also wieder einmal das angenehme Vergnügen haben, von Marco höchstpersönlich verprügelt zu werden. Es war mir wahrlich (fast) eine Ehre.
Er quatschte gehässig drauflos: „Wieso? Wieso hat sie sich neben dich gesetzt, hm? Du elender Bastard!“
Erstaunt bemerkte ich, dass er ein neues Fluchwort gelernt hatte. Bravo.
In seinen Augen funkelte der Zorn. „Das ist ja toll. Der grösste Dummkopf, der grösste Aussenseiter bekommt die schönste Frau“
Ich bin nicht gross, du Idiot, dachte ich still in mich hinein.
„Und dazu bist du noch so hässlich!“, funkte Stephanie dazwischen. Etwas anderes fiel ihr nicht ein?
Er drohte mir mit der Faust. „Sag ihr lieber schnell, sie soll sich woanders hinsetzen, oder du bekommst Besuch von meiner Faust“.
Stephanie sah es erneut als nötig an, ihre geistigen Ergüsse mir hochnäsig unter die Nase zu reiben.
„Tu lieber das, was Marco dir sagt!“.
Das wäre mir jetzt nie im Leben eingefallen, du arrogante...weiter führte ich den rüden Gedanken nicht.
„Und sowieso“, fügte sie beleidigend hinzu, „kannst du mit Frauen nicht viel anfangen. Freundin ist für dich ein Fremdwort, nicht wahr? Niemand will jemanden wie dich, du computersüchtiges, asoziales Schwein!“
Ich frage mich, wer hier asozialer ist, du oder ich, dachte ich zerknirscht. Dafür, dass ich so heftig fertiggemacht wurde, hegte ich noch kecke Gedankengänge, stellte ich fest. Das Problem war einfach, wie bei allem, dass ich sie nur ungern zum Ausdruck brachte. In diesem Fall war dies wohl aber auch vernünftig, zum Schutze meiner sowieso bald geschädigten körperlichen Verfassung. Und das „Bald“ kam schon früher als mir lieb war. Nämlich in ausgerechnet weniger als 30 Sekunden.
Marco zögerte nicht, seinen beliebten Griff an meinem T-Shirt auszuprobieren. Im Endeffekt hing ich von ihm gepackt hilflos in der Luft, und sein hässliches Krötengesicht hatte den üblichen gesunden Sicherheitsabstand zu meinem Gesicht überschritten. Natürlich war es ja nicht wirklich hässlich, doch mich beschlich das Gefühl, dass ich mir über all die qualvollen Jahre angeeignet hatte, seine innere Schönheit zu sehen...sofern man in Anbetracht seiner hässlichen Warzen, die mir meine Träumeraugen vorgaukelten, überhaupt noch von Schönheit sprechen konnte. Seine Faust holte weit aus und zielte auf meine Magengegend. Nicht schon wieder. Ehrlich gesagt hatte ich überhaupt keine Lust, das Risiko einer Magenentleerung ungewollt zu erhöhen. Doch wie das so war bei ungewollten Dingen, sie waren eben ungewollt und so konnte ich nichts dagegen unternehmen. Und genau diesen Umstand würde ich schmerzhaft ertragen müssen.
„Noch irgendein letztes Wort?“, grunzte er drohend.
„Ich...“
„Entschuldigung nicht angenommen. Und du hast dein letztes Wort gesagt“.
Sehr lustig, Blödmann. Ungeachtet seiner unzulänglichen humoristischen Leistung setzte Marco sein teuflisches Grinsen auf...und schlug zu.

Der Schmerz breitete sich wie ein Lauffeuer in meinem Körper aus. Mein Magen entleerte seinen Inhalt zum Glück nicht, dafür meine Lungen. Und deren Inhalt war unglücklicherweise weitaus wichtiger, um zu überleben...sofern mir in diesem schrecklichen Augenblick überhaupt noch etwas daran lag, am Leben. Marco liess mich fallen und ich sackte auf der Stelle unter lautem Stöhnen zusammen. Lautes Gelächter ertönte, während ich den hässlichen Asphaltboden eingehend studieren durfte. Studieren durfte, wie Tränen darauf tropften...meine Tränen. Sekunden verstrichen. Sekunden, in denen ich an nichts mehr hören, sehen konnte. Sekunden, in denen nur eine unendliche Trauer fühlte. Sekunden, in denen ich mir wünschte, mein Leben würde endlich aufhören. Sekunden, in denen ich dachte, alles sollte verschwinden. Und das war nicht einmal das Schlimmste. Den schlimmsten Augenblick erlebte ich dann, wenn ich ohne Hilfe aufstehen musste. Wenn ich den Schmutz eigenhändig von mir abwischen musste. Wenn ich aufblickte und nur verachtende Blicke auf mir ruhten. Doch noch war es nicht soweit. Immer noch lag ich auf dem Boden. Ich öffnete die Augen und sah die protzigen Schuhe meines verhassten Feindes. Daneben die Stöckelschuhe von Stephanie. Irgendwelche herablassende Worte drangen an mein Ohr, doch ich nahm sie gar nicht richtig war. Ich hörte das dumpfe Geräusch von sich entfernenden Schritten. Marco wandte mir den Rücken zu und zog von dannen. Wie ein Held, der eine Schlacht gewonnen hatte. Eine höchst unfaire Schlacht. Ich senkte den Kopf wieder und heftete meinen Blick auf die kleinen Steinchen, die den Boden übersäten. Dort, wo meine Tränen auf den Boden aufgeschlagen waren, hatten sie sich dunkel verfärbt. Staub und Schmutz wehte in mein Gesicht, und ich schloss erneut die Augen. Wenn es doch endlich aufhören würde. Wenn ich doch endlich in Frieden leben könnte. Wenn mich doch endlich jemand akzeptieren würde.
nun gut, ab nun werde auch ich mich in die Reihe der Kritiker einfügen, auch wenn ich ausser ein dickes Lob, gratuliere für die super story, nicht viel hinzufügen kann. Das meiste hat mir ja schon Quappe vorweggenommen.
Danke vielmals^^. (Schon wieder bedanke ich mich XD. Aber ich finde, man kann nie genug Dank verteilen^^). Ich hoffe, ich finde auch in Zukunft genügend Zeit, hier reinzuposten. Ja, ja, die Schule...
Ich könnte nie so ne Geschichte schreiben, aber du kannst das echt toll
ein gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz dickes Lob
du kannst die Hoffnungslosigkeit irgendwie rausbringen, was mir leider nie gelingt.

Ich freu mich auf die Fortsetzung
Da passierte es.
Eine Stimme durchschnitt messerscharf die Luft. Sie war hell, und sie klang wütend...sehr wütend.
„Marco!“, rief die Stimme energisch. Es war Terra.
Das Gelächter auf dem Pausenplatz verstummte. Langsam hob ich meinen Kopf. Dort stand sie, mitten auf dem Platz, in hellem Lichtschein, und der Wind strich durch ihr Haar. Marco, der mit dem Rücken zu ihr davongelaufen war, drehte sich wieder um. Allem Anschein nach war er zunächst überrascht, doch dann setzte er ein hämisches, triumphierendes Grinsen auf. Da Terra mir nicht zugewandt war, konnte ich nicht sehen, wie sie emotional reagierte, doch sie stand nur ruhig da und rührte sich nicht. Marco hingegen glaubte, endlich ihre Gunst erworben zu haben. Möglichst locker wirkend schritt er auf sie zu, bis sie sich ganz nahe standen, und er verzog seine Lippen zu einem zuckersüssen Lächeln. Sofern ein Peiniger, Tyrann und Ausbeuter zuckersüss wirken konnte. Terra zeigte immer noch keine Regung. Mit einschmeichelnder Stimme sprach er:
„Und, meine liebe Terra, hast du es dir anders überlegt?“.
„Nein“, sagte sie kühler als ein Gefrierschrank.
„Weshalb?“, fragte er ungläubig und es schien, als habe ihre Antwort ihn völlig aus den Fugen gebracht.
„Weil ich dich verabscheue“.
Marco musste ein Kloss im Hals stecken, denn er sagte nichts mehr. Alles, was er tat, war, sie völlig irritiert anzustieren. Ihm blieb nicht einmal mehr genug Verstand übrig, sie zu fragen, wieso sie ihn verabscheute, was er freilich getan hätte, wäre seine mindere Intelligenz nicht so schnell und restlos zur Verarbeitung von solch einem Ereignis voll und ganz in Anspruch genommen worden. Immer noch lag ich auf dem Boden, doch die Schmerzen und die Spucke waren mir weggeblieben.
„Du wirst in Zukunft die Finger von David lassen, hast du gehört?“.
Ich konnte nicht glauben, was ich hörte. Einige Sekunden verstrichen, bis sich Marco wieder gefasst hatte, doch dann erwiderte er wieder in seiner üblichen, machohaften Art:
„Wieso sollte ich? Du hast mir nichts zu befehlen, schon gar nicht, wenn du dich mit so einem hässlichen Schwächling abgibst. Na los, geh doch zu David, wenn du ihn unbedingt ertragen willst“.
Terra erwiderte gelassen: „Oh, ich ertrage ihn auf jeden Fall lieber als dich. Und bevor ich gehe, halte ich es für nötig, dir eine Lektion zu erteilen“.
Marco lachte ungehalten, und mit ihm die anderen Schüler. Stephanies giftiges, abstossendes Tussi-Gekicher ertönte ebenfalls.
„Lektion erteilen? Du willst mir eine Lektion erteilen, Punk? Weißt du was? Ich glaube, ich weiss, wieso du deine Haare grün färbst“.
Ich sah, wie sich Terras ganzer Körper spannte. Marco fuhr ungehindert fort:
„Weil deine natürliche Haarfarbe zu hässlich ist“.
Ich hörte, wie Terra tief durchatmete. Wie es schien, musste sie sich beherrschen. Für einen Moment stockte ihr Atem, als wollte sie ihn anschreien, doch dann löste sie sich aus der Spannung. Dann, in einem ruhigen Ton, sagte sie leise: „Du bist zu weit gegangen“.
Auf einmal, ich wusste nicht weshalb, erstarb Marcos Lächeln. Und aus irgendeinem Grund begann er zu zittern. Aus Angst. Marco und Angst? So unglaublich es klang, aber Marco bekam tatsächlich Angst. Normalerweise hätte er sich durch solch eine läppische Bemerkung nicht aus der Ruhe bringen lassen, vor allem, wenn sie aus dem Mund einer Frau kam. Und trotzdem sah ich, wie sich sogar Schweissperlen auf seinem Gesicht abzeichneten. Terra schien ihm gehörig Furcht einzujagen, und das, obwohl sie in ruhigem, fast schon beschwörendem Ton zu ihm gesprochen hatte. Und da geschah etwas, das alle bisherigen Ereignisse dagegen normal aussehen liess.
Marco fiel vor Terra auf die Knie. Zuerst wunderte ich mich, wieso er solch eine unterwürfige Geste vollführen sollte, doch dann, als er aufschrie, erahnte ich, wieso er das tat. Er litt unter heftigen Schmerzen. Gequält heulte er auf und fasste sich an seinen allerseits gelobten Waschbrettbauch. Es musste zumindest ein Waschbrettbauch sein, hatte ich mir sagen lassen. Seltsam nur, dass ich ihn immerzu Schwabbeln sah. Dann fiel er vollends auf den Boden und blieb in einer gekrümmten Haltung mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Erneut schrie er auf. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als ich Terra beobachtete. Sie stand einfach da, und nichts deutete darauf hin, dass sie ihm Schaden zugefügt hätte. Und doch...auf irgendeine Weise musste sie ihm unsägliche Schmerzen bereiten. Es war mir ein Rätsel wie sie das schaffte, und es überstieg die Grenzen meines physischen Verstandes (nicht, dass davon viel vorhanden war). Und langsam begann die Angst sich auch in mir auszubreiten. Wieso tat sie das? Und vor allem: Wie tat sie das? So lächerlich es klang, sie schien über übermenschliche Fähigkeiten zu verfügen. Und während Marcos Schreie die gespenstische, betroffene Stille durchrissen, begann Terra erneut zu reden. Ihre Stimme hatte sich verändert. Sie klang nun drohend, und vor allem furchteinflössend...obwohl sie nur leise zu Marco sprach.
„Und, wie fühlt es sich an, gepeinigt zu werden, hm? Nicht angenehm, habe ich Recht? So muss sich David tagtäglich fühlen. Und ich sage dir, wenn du noch einmal vorhaben solltest, deine Hand gegen ihn zu erheben, wird dir das noch teurer zu stehen kommen. Habe ich mich klar und verständlich ausgedrückt?“.
Alles, was Marco als Antwort zustande brachte, war ein jämmerliches Wimmern. In diesem Augenblick fühlte ich so etwas wie Genugtuung. Endlich hatte es jemand Marco gezeigt. Endlich hatte er einmal spüren müssen, wie es war, Schmerzen zu erleiden. Endlich einmal lag er erniedrigt und gedemütigt auf dem Boden, und das vor den Füssen einer Frau. Hätte mein geschundener Körper noch die Kraft aufbringen können, wäre ich in Versuchung gekommen, ihm ein hämisches Grinsen zuzuwerfen, doch ich verzog meine Mundwinkel, immer noch unter unangenehmen Krämpfen, nur leicht zu einem verzerrten Gesichtsausdruck, der von ängstlicher Erwartung zeugte. Was würde nun wohl geschehen? Diese Frage liess sich nur beantworten, indem ich meine Augen mühsam auf die Szene vor mir richtete. Meine Ellbogen waren aufgeschürft, doch ich versuchte, mich so wenig wie möglich daran zu stören. Jeder Zentimeter meines Körpers schmerzte, doch ich verdrängte diese Tatsache, so gut es ging.
Marco musste es hinsichtlich seiner körperlichen Gesundheit nicht viel besser gehen, wie ich an seiner Haltung feststellte. Immer noch lag er auf dem Boden, doch er hatte aufgehört zu schreien. Stattdessen hob er langsam seinen Kopf. Und da konnte ich auch seinen Gesichtsausdruck erkennen. Er wies eine Gefühlslage auf, wie ich sie bei Marco noch nie erlebt hatte. Tatsächlich schien er fast schon Panik zu empfinden, was sich auch an seinen schnellen, ruckartigen Bewegungen, mit denen seine Hände über den rauen Asphalt strichen, zeigte. Seine Augen weit aufgerissen, öffnete er auf einmal seinen Mund. Ich musste schon fast lachen, denn so wirkte er nur noch krötenartiger.
„Du...du...bist ein Monster! Was hast...du mit mir...gemacht!“ stiess er hervor.
Daran, dass sie als Monster bezeichnet wurde, schien sich Terra herzlich wenig zu stören.
„Schau mal in den Spiegel, dann weißt du, was ein Monster ist“, gab sie schnippisch zurück. Und das letzte, womit sie Marco würdigte, war wieder dieses herablassende Lächeln, bevor sie sich von ihm abwandte.

Als sie auf mich zuschritt, sah sie nicht aus wie ein grausamer Feldherr. Sie sah aus wie ein Richter, der gerade ein gerechtes Urteil verhängt hatte.
Und als sich ihr Schatten über mich warf, als ich am Boden lag, wich ich kaum merklich zurück. Doch ihr Blick liess mich innehalten. Sämtliche Kälte war daraus gewichen, und sie sah mich an, als wäre ich ein alter Bekannter. Und da lag noch etwas in ihrem Blick...etwas, das mich irritiert blinzeln liess. Es war...Sorge. Mein Atem stockte, als ich sie zitternd anblickte. Wer war sie? Was wollte sie? Wieso hatte sie mich verteidigt? Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Fragen, deren Lösungen erst in der Zukunft preisgegeben würden. Mein Blick huschte über den Boden, dort, wo ihr Schatten war, und dann entlang an ihr hoch, bis zu ihrem Gesicht. Erneut lächelte sie, jedoch nicht mehr herablassend. Sie beugte ihren Körper über mich, und ihr Schatten überdeckte mich vollends. Doch meine Gefühle waren gänzlich anders, als wenn dies Marcos Schatten getan hätte. Ich spürte eine Wärme in mir aufsteigen, eine Wärme, die ich nie zuvor gespürt hatte. So etwas wie Erleichterung machte sich in mir breit, doch da war auch etwas anderes...Dankbarkeit. Ich wollte schon den Mund aufmachen, um ihr meinen Dank auszusprechen, doch da tat sie etwas, was mich vor Überwältigung nach Luft schnappen liess.
Langsam hob sie ihre Hand. Streckte ihre Hand nach mir aus. Öffnete ihre Handfläche.
Und bot mir ihre Hilfe dar.
Ich blinzelte kräftig, doch sie verschwand nicht. Angesicht in Angesicht war ich ihr gegenüber, ihrer dargebotenen Hand, die mir helfen würde, mich aufzurappeln. Ich brachte kein Wort über die Lippen, und meine Hände strichen unruhig an meiner abgewetzten Hose entlang. Mein Kopf brummte. Ich wusste nicht so recht, wie ich reagieren sollte. Einerseits fühlte ich Scham, andererseits auch diese überwältigende Dankbarkeit. Ich verharrte schweigend.
„Ich beisse nicht“, gab sie lächelnd zu verstehen. Dessen war ich mir nicht einmal ganz sicher, trotzdem streckte ich zögerlich meine Hand nach ihrer aus. Alte Gedanken huschten ironisch durch meinen Kopf.
Ich hatte wirklich niemanden, der mir zur Seite stand und half.
Während meine Hand immer noch zaghaft in der Luft hing, packte sie sie plötzlich in einer blitzschnellen Bewegung. Ich erschauderte. Soweit ich mich erinnerte, hatte mich noch nie jemals eine andere Frau als meine Mutter so offen und entschlossen berührt.
Niemand war da, der mir die Hand reichte, wenn ich am schmutzigen Boden lag.
Sie zog mich hoch und ich stand ihr plötzlich näher, als mir geheuer war.
Niemand, der Mitleid mit mir hatte.
„Ich hoffe, Marco hat dich nicht zu übel hingerichtet“, murmelte sie sorgenvoll, während sie meine aufgeschürften Ellbogen in Augenschein nahm.
Keiner, der mich beschützte.
„Ich werde dafür sorgen, dass er in Zukunft seine hässlichen Finger von dir lässt, versprochen“, versicherte sie mir überzeugt. Immer noch liess sie mich nicht los, und meine bleiche Hand zitterte ein wenig. Hässliche Finger? Sah Terra etwa auch über sein Äusseres hinaus?
„Danke...“, hauchte ich verlegen und senkte meinen Blick. Mit einem sehr unsicheren Gefühl stierte ich auf ihre Hand. Ihr Arm war immer noch angespannt und so fest, wie sie die Finger um meinen Handrücken gewunden hatte, sah es nicht so aus, als ob sie nächstens vorhätte, mich loszulassen.
„Nichts zu danken. Ach, und übrigens, du solltest deine Gedanken, wenn sie schon gegensätzlich zur gegenwärtigen Lage sind, zumindest passender formulieren. Ich bin weiblichen Geschlechts. Nun, zumindest hoffe ich, dass du mich nicht gleich als Luft abtust, was man aus deinen Gedankengängen durchaus hätte schliessen können. Aber keine Sorge, ich verabscheue dich nun nicht“.
Während sie mir ein verschmitztes Lächeln schenkte, wich ich unwillkürlich vor ihr zurück, soweit ich dies konnte. Ein ungutes Gefühl stieg in mir hoch, ein sehr ungutes Gefühl. Anscheinend war sie tatsächlich in der Lage, meine Gedanken zu lesen. Mit einer Mischung aus Angst und Bewunderung starrte ich sie an, und als mir bewusst wurde, was ich da tat, wich mein Blick sofort wieder beschämt von ihrem Gesicht.
„Wieso...hast du das getan?“, murmelte ich fragend, und ein Beben in der Stimme konnte ich wohl oder übel freilich nicht mehr verbergen.
„Wieso nicht?“, stellte sie daraufhin schlagfertig eine Gegenfrage. Daraufhin konnte ich nichts mehr erwidern.
„Also mal ehrlich, David, ich kann doch nicht einfach auf mir sitzen lassen, dass du so grundlos gedemütigt wirst! Hinter meinem Handeln steckt einzig und allein die Gerechtigkeit und...“. Sie brach kurz ab.
„Und?“, hakte ich vorsichtig nach.
„Und...ausserdem kann ich Typen wie Marco einfach nicht ausstehen. Es stösst mich richtiggehend ab, wie er sich über alle anderen stellt. Tja, das hat bei mir leider nicht geklappt, wie du siehst“.
Schliesslich liess sie mich los, und ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Terra hatte sich von seinem dominanten, aufdringlichen „Charme“ nicht einfangen lassen. Sie war gänzlich anders als alle weiblichen Wesen, die ich bisher gekannt hatte. Aus ihren Aussagen heraus deutete ich, dass sie sich niemals jemandem unterordnen würde, aber trotzdem wies sie keine zickigen oder arroganten Züge auf.
Als ich ihr unauffällig über die Schulter blickte, bemerkte ich, dass viele Blicke auf mich geheftet waren. Zu viele. Unruhig stand ich von einem Bein auf das andere. Ich mochte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Ich liess meinen Blick über den Pausenplatz schweifen, wobei er bei Marco hängen blieb. Ich zwang mich, nicht zu grinsen, als ich erkannte, dass er immer noch am Boden lag, wobei er einen äusserst missmutigen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Er sah nun wirklich aus wie eine Kröte. Mein Eindruck verstärkte sich, als ich meinen Blick zu Stephanie wandern liess. So, wie sie mit verzogenen Mundwinkeln, fast schon angeekelt, auf Marco hinabstarrte, sah sie aus, als wäre sie gerade im Begriffe, eine lebensechte Kröte zu beobachten. Pass auf, dass du nicht austrocknest, dachte ich in mich hinein, und ein Auflachen konnte ich mir nicht verkneifen. Terra fiel hell in mein Lachen ein und wandte sich ebenfalls der Szenerie zu, die sich vor unseren Augen abspielte.
Stephanie machte keine Anstalten, Marco zu helfen. Stattdessen wandte sie sich wütend Terra zu und begann lärmend mit ihren Stöckelschuhen auf sie zuzustolzieren, in einer fast schon zum Erbrechen aufreizenden Art, die ich hasste. Mit jedem Schritt konnte man schon fast Staubwolken ihrer zentimeterdicken Puderschicht auf ihrem Gesicht aufwirbeln sehen, die anscheinend ihre imaginären äusseren Makel unter sich begrub. Ich stellte mir vor, wie die Puderwolken, sprich die unsinnig ausgegebenen Geldbeträge für das tonnenschwer auf ihr lastenden Make-ups, sich in der schwülen Luft verlieren mussten, während sie dem Bedürfnis nachging, uns immer grosskotziger mit ihrer Anwesenheit zu belästigen. Äussere Makel zu kaschieren war das eine. Innere Makel zu beseitigen war das andere, und soweit ich wusste, hatte es ihr für die Schauspielschule mangels ausreichenden Fähigkeiten nicht gereicht. Und so rieb sie uns ihr gehasstes tussiartiges Benehmen genüsslich unter die Nase, von dem ich behauptete, dass es ein weitaus ernsthafterer Makel war als die mikroskopisch kleinen Fältchen auf ihrer Stirn. Und vor allem nerviger für die Umwelt. Wobei ich „Umwelt“ eigentlich nur auf mich beschränkte. Als ich jedoch kurz meinen Kopf nach Terra drehte, stellte ich fest, dass sie auch nicht besonders erfreut sein musste, Stephanie zu ertragen. Willkommen im Club.
„Hey, du grünhaarige Tussi!“, posaunte sie Terra mit einer aufmüpfigen Stimme entgegen, die in meiner Beliebtheitsskala für Geräusche alle Negativ-Rekorde brach. Sogar das Gequäke von Frau Zeller war noch erträglicher dagegen. Ausserdem war der Inhalt auch nicht gerade geistreich. Ich verspürte das Bedürfnis, sie nachzuäffen, was ich allerdings dann doch unterliess. Terra hatte ausser dem Anfangsbuchstaben rein gar nichts mit einer Tussi gemeinsam, dessen war ich mir sicher.
„Ja, was möchte Ihre Unnatürlichkeit mit diesem Ausruf bezwecken?“, erwiderte Terra gelassen, und ich musste mich beherrschen, nicht laut loszuprusten. Allem Anschein nach hatte sie ein Gespür für äusserst passende noble Bezeichnungen. Stephanie liess daraufhin die Falten auf ihrem faltenlosen Gesicht zum Vorschein kommen und schwieg einen Moment. Wahrscheinlich musste es hinter ihrer puppenartigen Stirn (Stichwort Barbie) gewaltig arbeiten, damit sie sich etwas Neues ausdenken konnte. Ich hatte das, was sie nun sagte, gerade so ungefähr erwartet.
„Wie viel hat dir David gezahlt, damit du dich mit ihm abgibst?“.
Über Sinn und Zweck dieser schroffen Aussage liess sich streiten, doch Fakt war, dass sie ihre Wirkung nicht annähernd so gut entfaltete wie von ihr erhofft. Die Tatsache, dass sie ein wenig, aber auch nur ein wenig ausgefeilter als die vorherige war, quittierte ich mit einem ungewollten Gähnen und Terra lediglich mit einem kaum merklichen Wimpernzucken. Dieser Spruch war alt, so alt, dass das Moos darauf jeden Schönheitschirurg in die Flucht geschlagen hätte. Keine angenehme Vorstellung für solch eine vollgepuderte, Fingernägel lackierende Person wie sie. Da fasste ich mir ein Herz und konterte ihre vermaledeite Mundarbeit. Zu diesem Zweck griff ich in meine leeren Jeanstaschen, brachte die Innenseite des Stoffes zum Vorschein und meinte achselzuckend:
„Womit sollte ich schon bezahlt haben? Ich habe kein Geld, wie du siehst. Die letzten Reste habe ich meines Wissens schon lange dafür gebraucht, deinen Schönheitsarzt zu bestechen, er solle dir bei der nächsten Behandlung ein paar Löcher in die Stirn bohren. Sähe doch schick aus, oder nicht? Noch ein wenig Aroma, und der lebende Emmentaler Käse wäre perfekt“
Es war natürlich klar, dass ich nie so etwas gesagt hätte, wäre Terra nicht neben mir gestanden. Wäre ich alleine dagestanden und wäre Marco nicht damit beschäftigt gewesen, immer noch bemitleidenswerte Ameisen mit seiner ganzen Körpermasse zu behindern, wäre es mir nie in den Sinn gekommen, Stephanie so offen zu beleidigen. Und wenn es mir in den Sinn gekommen wäre, hätte ich jetzt mir schon mal in aller Ruhe die Nummer der Ambulanz in Erinnerung rufen können. Da aber beides eben nicht der Fall war, konnte ich es mir leisten, Stephanie mit einem abfälligen Grinsen zu beglücken, worauf sie nicht gerade begeistert reagierte. Das tat sie wie immer auf die ausfallende Art.
„Halt mal deine verdammte Fre...“, begann sie rüde, doch Terra schnitt ihr das Wort ab.
„Spar dir die Mühe“, sagte sie gelassen. Da richtete sich Stephanies Wut auf Terra, die sich jedoch nicht unterkriegen liess.
„Weißt du, was du bist? Eine ver...“, fing sie an, und in diesem Fall war ich mehr als froh, dass Terra sie für einmal mehr unterbrach.
„Spar dir die Mühe oder du erleidest unangenehme Konsequenzen“, sagte sie. Die ruhige Art, wie Stephanie unterbrochen wurde, musste sie zur Weissglut bringen, doch sie wagte es nicht, weiter zu sprechen. Stattdessen machte sie einen Schmollmund und setzte einen Blick auf, der wohl strafend wirken sollte, was er aber nicht tat.
„Lässt du deinen Freund Marco einfach so im Stich?“, fragte Terra beiläufig.
„Echte Freunde helfen sich doch, nicht wahr?“, fügte sie hinzu und warf mir kurz einen Blick zu.
Da hatte Stephanie genug, vor allem, als Terra bedrohlich noch einen Schritt auf sie zumachte.
„Und dein Puder reizt übrigens nicht nur meine Nase“, meinte sie.
Und ehe ich es mir versah, hatte sich Stephanie aus dem Staub gemacht, was auch besser für ihre überirdische Haut war (Staub enthält ja bekanntlich Schmutzpartikel).

Als sich Terra daraufhin in aller Ruhe zu mir umwandte und mir abermals tief direkt in die Augen blickte, wich ich trotzdem mit einem mulmigen Gefühl im Magen einen Schritt zurück.
„Hast du denn Angst davor, dass ich dir helfe?“, fragte sie plötzlich. Zögerlich gab ich zurück: „Nun...ich...äh...habe natürlich keine Angst davor, dass du mir hilfst. Eher bedenklich stimmt mich, wie du mir hilfst“.
„Oh, die Frage nach dem wie? Ich habe mir schon gedacht, dass du sie früher oder später stellen wirst. Nun, das lässt sich durchaus erklären, jedoch solltest du das zu einem späteren Zeitpunkt erfahren“.
Als ich den Mund öffnete, um zu protestieren, war die Pausenglocke zu hören.
„Tja, ich fürchte, du hast keine andere Wahl. Komm, lass uns gehen, David“
Bevor ich auch nur einen Finger rühren konnte, hatte sie schon die ihrigen um mein Handgelenk geschlossen und war drauf und dran, mir den Arm auszureissen. Um dem vorzubeugen, musste ich wohl oder übel mit ihr mithalten, während sie federnden Schrittes auf das Schulgebäude zulief. Ich hatte zu wenig Selbstvertrauen, um auf diese gar verdächtige Sache jetzt noch weiter einzugehen. Ihr Haarschopf kam mir näher, als mir lieb war. Nicht, dass ich sie verachtete, ganz im Gegenteil, doch ich war ganz und gar erschlagen von dem innigen Körperkontakt, den sie mit mir pflegte, obwohl wir uns nicht einmal richtig kannten. Zudem war sie mir nicht ganz geheuer, was ich ja schon mehrmals gedacht hatte. Doch sowie ihre leicht gekräuselten, grünen Haare direkt vor mir im Wind tanzten, so konnte ich ihn jetzt ohne Zweifel riechen. Den Duft der Veränderung.

PS: Kann man die letzten 2 Sätze so schreiben?^^. Das ist übrigens das Ende des 1. Kapitels:)
Weiter geht's mit dem 2. Kapitel:

Kapitel 2 – Neue Erkenntnisse


Die Veränderung zeigte sich zunächst am deutlichsten an Marco und wie er mit mir umging. Bis zum Ende des Schultages würde er mich sicherlich über zehn Mal gegrüsst haben (und das freundlicher als jeden anderen Schüler), und um Terra machte er einen grossen Bogen, weshalb ich es mit der Zeit auch zu schätzen wusste, mit ihr die Bank zu teilen. So konnte ich ihn nämlich genüsslich angrinsen, was er dann sogar noch jeweils mit einem freundlichen Lächeln erwiderte. Marco und freundlich Lächeln? Stimmt, es war wirklich geradezu ungeheuerlich, wie er sich verändert hatte, zumindest mir gegenüber. Stephanie würdigte uns den Rest des Tages keines Blickes mehr, was mir mehr als recht war. Es war eine völlig neue Erfahrung, so sorgenlos in den Tag hinein leben zu können. Keine Beleidigungen und anderweitig wüste Gesten mehr, sondern nur noch stumme, ein wenig ängstliche, hie und da sogar ehrfürchtige Blicke, die auf mich und Terra gerichtet waren. Eine durchaus positive Entwicklung also, auch wenn ich nicht gerne im Mittelpunkt stand und nur ungern Aufmerksamkeit erregte. Letztere hatte ich mehr als genug, und das dank gewissen Autoritätspersonen, die das Bedürfnis empfanden, ihre (im Umgang mit dem Rohrstock geübten) Hände im Spiel zu haben. So auch Herr Huber, unser Geschichtslehrer.

Herr Huber, der sich bereits in fortgeschrittenem Metamorphosestadium bei der Entwicklung zum vollwertigen Rentner befand, war dafür bekannt, die Augen eines Adlers zu haben. Von Sehschwäche war bei ihm trotz hohem Alter keine Spur zu erkennen. Und natürlich eignete sich darum auch niemand geringeres als er für die Pausenaufsicht, die er auch dieses Mal ehrenvoll auf sich genommen hatte. Und man musste wahrlich keine Adleraugen sein Eigen nennen, um mitbekommen zu haben, welch ungeheuerlichen Ereignisse vonstatten gegangen waren. Zufälligerweise hatten wir gerade bei ihm Unterricht. Und zufälligerweise näherte er sich gerade meiner Bank und...
Unsere Bank!“, erinnerte mich Terra flüsternd.
Er näherte sich gerade unserer Bank und tat dies so unauffällig wie möglich. Für mich natürlich nicht unauffällig genug. Und wie immer, wenn er sich so gar unauffällig irgendeiner (Schul)Bank näherte, würde er etwas zu sagen haben. Etwas Unangenehmes. So unangenehm, dass mein Magen es schon wieder als nötig ansah, meine Befürchtungen mit einem lästigen Kribbeln zu unterstreichen.
„So, so“, sinnierte er tiefgründig und hüstelte, wohl um die ohnehin schon vorhandene Spannung zu steigern, die zweifelsohne in der Luft lag...oder sich wohl doch eher nur in mir breitgemacht hatte, denn als ich Terra kurz einen Blick zuwarf, zeigte sie keinerlei Anzeichen von Nervosität. Vielleicht war sie sich ja auch gar nicht im Klaren darüber, dass uns nun etwas Ungutes bevorstand.
„Ihr zwei habt also diesen Radau veranstaltet“
Darüber, dass ich nun plötzlich ebenfalls in diese Sache hineingezogen wurde, konnte ich mir vorerst gar keine Gedanken machen, denn Herr Huber zögerte nicht, mir die Konsequenzen unseres Handelns darzulegen. Als er den Mund öffnete, war ich mir voll und ganz Bewusst, dass nun etwas Schlimmes auf uns zukommen würde.
„Ich habe für euch ein Gespräch mit dem Rektor veranlasst“.
Ich hatte doch falsch gedacht. Es kam etwas SEHR Schlimmes auf uns zu.
„Er will, dass ihr sofort bei ihm aufkreuzt. Ihr dürft dafür das Schulzimmer sofort verlassen und die Zeit, die ihr bei mir verlieren werdet, später kompensieren. Hopp Hopp!“.
Herr Huber schien Gefallen daran zu finden, seine letzten Worte mit lautem Händeklatschen zu unterstreichen, wie ich von seinem Grinsen zu deuten glaubte. Vielleicht freute er sich auch darauf, dass uns eine Strafpredigt bevorstand. Oder vielleicht war auch einfach nur froh, eine mysteriöse, Gedanken lesende Grünette und einen Verlierer loszuwerden. Als hätte ich in eine Zitrone gebissen, warf ich Terra einen alarmierten Blick zu, die meinen Blick erwiderte und es tatsächlich schaffte, unbeschwert zu lächeln. Unsere neu gewonnene, teure schulische Idylle stand vor dem plötzlichen und schmerzlichen Aus und da lächelte sie auch noch? Sie war mehr als seltsam, doch war sie die einzige und erste Person, die mir etwas mehr Beachtung schenkte. Mehr Beachtung, als ich eigentlich verdient hätte, war ich der Meinung.
Während ich nur schwerlich von meinem Platz loskam, sprang Terra locker auf, als würde uns ein Fest bevorstehen. Schon stand sie im Türrahmen und rief mir quer durch den Raum zu: „Komm schon, David!“.
Missmutig folgte ich ihr aus dem stickigen Schulzimmer und stellte ebenso missmutig fest, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren. Hie und da konnte ich auch noch ein hämisches Grinsen ausmachen. Eines dieser grinsenden Gesichter war beispielsweise das von Marco, wie sollte es auch anders sein.
„Mit dir hat der Rektor dann auch noch ein Wörtchen zu reden, Marco!“, ermahnte ihn Herr Huber streng, worauf sein Grinsen sogleich wieder verschwand. Diesmal unterliess ich es jedoch, ihn auszulachen. Man konnte bei ihm ja nie wissen. Stattdessen verliess ich beinahe fluchtartig die gemeingefährliche, auf den zerkratzten Bänken sitzende Schülermasse und schlug die Tür hinter mir zu.

Hier draussen, in den kahlen, schmucklosen Korridoren des Schulhauses, wehte ein anderer Wind. Gefühlsmässig wie auch buchstäblich, denn es war nicht mehr stickig wie in den vermaledeiten, überfüllten Schulzimmern. Ich hätte mich dank der Menschenleere, die zurzeit herrschte, rundum wohl gefühlt, wäre mir nicht ein solch beschwerlicher Weg wie der zum Rektor bevorgestanden. Es machte mir nichts aus, dass die Korridore so kahl und leer waren, führte ich doch ein ebenso kahles und leeres Leben, das bisher lediglich von gelegentlichen Prügeleien aufgerüttelt worden war. Der nie enden wollende, sterile Gang, dem ich entlang lief, war wie ein Sinnbild für die Realität, in der ich mich bewegte. Alles war genauso trist, genau so trostlos, wie es sein sollte, und wie es wohl immer sein würde. Doch fiel in dem Bild, das sich meinen Augen zeigte, etwas aus dem Rahmen, und dieses Etwas hatte die Form einer grünhaarigen Frau, die vor mir federnd voranschritt. Oder vielleicht war es umgekehrt, vielleicht war sie ja gar nicht dem Bild entfallen. Vielleicht war sie einfach nur urplötzlich in mein Lebensbild eingestiegen. Doch noch hatte sie keinen Platz in meinem Bild gefunden, noch verschwamm sie als diffuser Schatten, unablässig wandernd, bildete noch keine Harmonie mit den in meinem Bild vorherrschenden Farben. Noch konnte ich sie nicht so recht einordnen, noch wusste ich nicht, was ich von ihr halten sollte. Und doch war sie da, was mir nach mehrmaligem Blinzeln bewusst wurde. Doch hörte ich nicht nur meine widerhallenden Schritte, sondern auch ihre. Und doch vernahm ich ihre Stimme, wie sie freundlich meinen Namen aussprach.
„David?“
„Ja?“, fragte ich unsicher zurück. Wieder ergriff mich dieses seltsame Gefühl, als sie mich anschaute. Es war eine Mischung aus Unbehagen und Sympathie.
„Du fürchtest dich doch nicht vor mir, oder?“, fragte sie gerade ungeheuerlich direkt.
„Äh...nein“, gab ich weniger überzeugend zurück. Ich schluckte, als sie mir durchdringend in die Augen blickte.
„Es tut mir Leid, wenn ich dir Unbehagen bereiten sollte. Ich musste dir einfach zur Seite stehen, wenn auch auf meine Art. Doch es besteht kein Grund zur Sorge. Ich würde dir nie auf irgendeine Weise schaden, wie ich es bei Marco getan hatte. Dass wir nun beide zur Rechenschaft gezogen werden, ist allein meine Schuld. Aber ich versichere dir, aus dieser Sache werden wir heil herauskommen“
„Und...wie kannst dir dessen so sicher sein?“, fragte ich.
„Tja, auch dafür bin ich dir wohl oder übel eine Erklärung schuldig. Ich verspreche dir, früher oder später wirst du sie erhalten, doch momentan herrscht gerade ein unpassender Zeitpunkt vor“.
„Ach, wirklich?“, murmelte ich nicht gerade überzeugt, doch als ich den Blick wieder nach vorne richtete, erkannte ich, warum.

Herr Hintermann, einer der zahlreichen Rohrstockbenutzer (Lehrer) dieses Schulhauses, kam uns gerade entgegen. Er war seit Neuem unser Englischlehrer. Natürlich bevorzugte er es deshalb, seine Sprachkünste im Unterricht immerwährend auszunützen und erwartete dies ebenfalls von den Schülern. Sprach man ein anderssprachiges Wort, zog man seine Missbilligung auf sich, was nicht besonders angenehm war. Er konnte nämlich recht aufbrausend sein, doch im Grunde genommen war er ein lustiger Kerl – vorausgesetzt, man störte ihn nicht. Er war einer der wenigen Lehrer, die ich eigentlich noch mochte, zumal ich meist ein sehr braver Schüler war, sofern man mein Stillschweigen während den Stunden als brav zu deuten mochte. Doch was mir beim Mündlichen fehlte, holte ich glücklicherweise beim Schriftlichen wieder auf. Das einzige Problem waren jedoch die mündlichen Prüfungen, bei denen ich meist allzu miserabel abschnitt, vielleicht auch, weil ich zu seinem Missgefallen einen starken amerikanischen Akzent bevorzugte und den reichen Wortschatz, der schriftlich durchaus vorhanden war, beim Sprechen nur spärlich ausnutzte. Doch das störte mich nicht, denn bei ihm gab es immer etwas zu Lachen. Letzthin hatte er sogar seine Hand auf die Schulbank eines gewissen besonders aufmüpfigen Schülers namens Marco niedersausen lassen, weshalb wieder ein Lächeln über mein Gesicht huschte, als ich ihn daherlaufen sah.
Herr Hintermann hingegen machte nicht einen besonders glücklichen Eindruck. Tiefe Stirnfalten durchzogen sein bleiches Gesicht, und müde auf den Boden vor sich blickend, die Tasche über die Schulter gehängt, schlurfte er auf uns zu. Von seinem sonst so beschwingten Auftreten war nichts mehr zu erkennen, und er legte sich die Hand unbewusst auf den Kopf, den er langsam hin- und herwiegte. Von uns hatte er, wie es schien, noch keine Notiz genommen. Ich wich in die Nähe der Wand, da ich mir nicht sicher war, ob er mich überhaupt wahrnehmen würde. Er machte den Eindruck, als hätte er zerstreut geradewegs in mich hineinlaufen können. Terra tat es mir gleich, und ihr Blick zeigte Beunruhigung. Er blickte auf, als er an uns vorbeiging, und bemerkte: „Ah, David“
„Guten Tag, Herr Hintermann“, erwiderte ich höflich. Terra grüsste ihn ebenfalls, worauf er fragte: „Und du bist...?“
„Terra“, erwiderte sie, und ich musste unwillkürlich lächeln, als sie ihren ungewöhnlichen, aber durchaus schönen Namen aussprach.
„Solltet ihr nicht im Unterricht sein?“, fragte er daraufhin, doch es klang nur noch matt, nicht mehr mahnend wie üblicherweise. Es musste ihm nicht gut gehen, stellte ich zweifellos fest.
„Äh...nun...ja...wir müssen zu einem Gespräch mit dem Rektor. Herr Huber hat uns dafür freigegeben“, erwiderte ich zögerlich, jedoch die Wahrheit sprechend. Herr Hintermann war nämlich einer der Lehrer, die es nicht mochten, angelogen zu werden. Ich hoffte nur, er würde es uns nicht zu übel nehmen. Zu meinem Glück seufzte er lediglich und fasste sich an die Stirn, bevor er sich verabschiedete: „Na dann, viel Glück“.
Bevor er sich jedoch abwenden konnte, schoss Terra plötzlich hervor: „Geht es Euch...Ihnen denn nicht gut?“
Eine kurze Zeit schwieg er, bevor er antwortete: „Ehrlich gesagt geht es mir miserabel. Ich war deshalb gerade im Begriffe, nach Hause zu gehen. Ich wirke dabei zwar unzuverlässig, aber was bleibt mir schon anderes übrig? Seit einigen Tagen schon plagen mich diese fürchterlichen Kopfschmerzen. Es grenzt beinahe schon an Migräne“.
„Oh“, stiess sie mit Unbehagen hervor, nachdem Herr Hintermann wieder seines Weges gegangen war.

Als es wieder so still wie vorher war, fragte ich zögerlich:
„Terra...ist alles in Ordnung?“
Sie schüttelte den Kopf, was mich dazu veranlasste, nachzuhaken.
„Was ist denn los? Wieso machst du so Gesicht?“. Sie seufzte und gab schwermütig zurück: „Ich habe es wohl zu weit getrieben“.
„Was solltest du zu weit getrieben haben, wenn...wenn ich fragen darf?“, bohrte ich mit gewisser Scheue nach. Üblicherweise war ich ja nicht der Typ, der dauernd quasselte, Fragen stellte und neugierig, sprich sozialkompetent war, doch ihre viel verbergende Art würde wohl den wortkargsten Menschen zum Fragen anregen. Sie meinte betrübt:
„Ach, David, ich sehe es ja auch nicht gerne, wie du vor mir im Dunkeln tappst, aber ich kann dir jetzt einfach nicht alles erklären. Es würde einfach zu lange dauern, verstehst du?“
„Na ja...so halbwegs“, grummelte ich. Sie würde mir wohl doch nichts verraten.
„Du scheinst mehr Geheimnisse zu haben als angenommen“, fügte ich hinzu.
„Ich verspreche dir, ich werde mich dir schon noch öffnen. Mehr, als du denkst“, erwiderte sie, und ein kurzes, fast schon liebevoll anmutendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ich wurde aus ihr nicht schlau, weshalb ich seufzend wieder den tristen Gang in Augenschein nahm. Immer noch lag ein unliebsames Treffen vor uns, dem wir nur schwerlich ausweichen konnten. Mit anderen Worten: gar nicht.
„Nun denn, David, lass es hinter uns bringen“, sagte Terra, und es klang beinahe fröhlich. Was auch immer in ihrem Kopf vorging, sie musste keine genaue Vorstellung davon haben, wie so ein Treffen mit einer gewissen, mächtigen Autoritätsperson vonstatten ging. Denn wenn die gewisse mächtige Autoritätsperson einmal wütend war, dann konnte man froh sein, wenn danach noch zumindest eines der Hörorgane einwandfrei funktionierte. So war es jedenfalls laut eines armen Schülers, der ihm einmal aus Versehen ein falsches Wort gesagt hatte - Soweit ich wusste, befand sich dieser Schüler nicht mehr an dieser Schule. Nur zu schade, dass nicht Marco dieses Unglück ereilt hatte.
So schritt Terra voran, und ich schlich ihr zaudernd hinterher. Wohl war es nur mein subjektives Empfinden, das meinen Augen einen Streich spielte, doch der Gang schien noch trostloser zu werden als er schon war, je näher wir der unschuldig anmutenden Tür kamen, auf dem „Schulleiter“ in schwarzen Lettern stand.
In ängstlicher Ehrfurcht blieb ich einige Meter entfernt vor der Tür stehen. Terra hingegen zögerte nicht, sich ihr bis auf wenige Zentimeter zu nähern und einfach daran zu klopfen. Schon allein das dumpfe Hämmern brachte mein armes Herz zum Pochen, und ich schnappte nach Luft. Terra machte schon fast den Eindruck, als müsste sie eine Unterredung mit dem Rektor führen, nicht umgekehrt. Einige Sekunden lang geschah nichts. Dann hörte ich auf einmal, wie ein Stuhl gerückt wurde. Wohl war der Rektor gerade aufgestanden, und es würde nur noch drei Sekunden dauern, bis er die Tür aufmachen würde. Ich wünschte, ich hätte mit meiner Zeiteinschätzung nicht richtig gelegen, doch unglücklicherweise war sie mehr als exakt. Schon wurde die Tür schwungvoll aufgemacht und ich starrte in ein Gesicht, das unter anderem auch schon in meinen Albträumen vorgekommen war.
Der Rektor blickte uns ernst entgegen. So bedrohlich, wie er auftrat, so hätte man ihn auch leicht mit einem Diktator verwechseln können. Vielleicht hätte man aber auch denken können, dass man ihm nie in die Haare geraten konnte, da er gar keine hatte. Doch obwohl er eine auf Hochglanz polierte Glatze besass, war dem nicht so. Nur zu leicht war sein Gemüt negativ zu erregen, weshalb ich schlucken musste, als er mich schon fast angriffslustig in Augenschein nahm. Schon allein seine Augen, die mich hinter den dicken Brillengläsern anstarrten, liessen mich klein, unbedeutend und vor allem wehrlos erscheinen. Unter seinem strengen, mahnenden und herzlosen Blick fühlte ich mich, als hätte ich einen Mord begangen. Ängstlich schielte ich zu Terra hinüber. Sie hingegen schien vom Rektor nicht beeindruckt zu sein, sie blickte ihm gelassen entgegen und brachte sogar noch ein Lächeln zustande. Ich fragte mich erneut, wie man angesichts dieser mehr als ernsten Lage noch Lächeln konnte.
Abrupt drehte sich der Rektor auf dem Absatz um und schritt in seine gefürchtete Domäne, wobei sein schwarzer Anzug leicht mitschwang. Er setzte sich auf seinen Bürostuhl hinter dem geräumigen, mit Blätterstapeln übersäten Pult und räusperte sich kurz.
„Kommt, setzt euch. Ich habe ein ernstes Wörtchen mit euch zu reden“, gab er uns zu verstehen und wies auf zwei einfache Holzstühle, die sich ihm gegenüber befanden.
Pfffff...Wörtchen. Besser könnte er es nicht verharmlosen, dachte ich, als ich hinter Terra in die Höhle des Löwen schritt...oder doch eher schlich. Argwöhnisch stierte ich auf seine Krawatte, während ich Platz nahm. Jetzt fehlte nur noch das Blümchenmuster darauf, und die Ironie wäre perfekt. Wieder nahm ich zögernd Terra in Augenschein, die immer noch keine Anzeichen von Nervosität, geschweige denn Angst zum Vorschein brachte. Wie in aller Welt konnte sie nur so ruhig bleiben? Diese Frage plagte mich unablässig, während ich nervös auf meinem Stuhl hin- und herrutschte und meine Finger unbewusst um das lackierte Holz klammerte. Auch der Rektor sah es als nötig an, uns zuerst eingehend zu mustern und zu schweigen, um die Spannung zu steigern. Lange Zeit sagte er nichts, sondern faltete nur seine Hände zusammen und gab ein Grummeln von sich. Stille herrschte. Da keimte in mir Hoffnung auf. Vielleicht wollte er uns nicht zurechtweisen, sondern uns lediglich eine vergoldete Medaille für besonders solidarische Leistungen überreichen. Verstohlen huschten meine Augen noch einmal durch das Zimmer, unglücklicherweise konnte ich jedoch kein Gramm Gold entdecken.
Dann nach einer Weile, die mir ewig vorgekommen war, begann er schliesslich zu reden.

„Wie ihr sicherlich wisst, ist es strikt verboten...“
Mitten im Satz brach er ab, schloss die Augen und liess seinen runzligen Kopf auf das Pult donnern. Die Brille gab ein Mitleid erregendes Knirschen von sich. Vor Schreck zuckte ich heftig zusammen, wobei einige Papierstapel beschlossen, denn Boden mal von der Nähe zu betrachten. Ich hielt ängstlich den Atem an und stierte ungläubig auf die Glatze des Direktors, der tatsächlich schon anfing zu schnarchen. Entweder war der Direktor von einer mysteriösen Schlafkrankheit befallen worden, oder es steckte eine ebenso mysteriöse, grünhaarige Person dahinter, die neben mir sass und gerade in aller Ruhe die Augen öffnete.
„Herr Direktor?“, fragte ich kleinlaut. Er antwortete nicht.
„Herr...Direktor?“, wiederholte ich meine Frage etwas lauter als zuvor, was mich einiges an Überwindung kostete. Er rührte sich immer noch nicht.
„Spar dir die Luft lieber für wichtigere Worte auf. Ich glaube nicht, dass er dich noch hören kann“, meinte Terra fröhlich. Langsam, in dunkler Vorahnung, wandte ich mich zu ihr und starrte irritiert in ihr Gesicht, worauf sie mit einem lockeren Lächeln antwortete. Ein ungutes, sehr ungutes Gefühl beschlich mich.
„Ist...ist das etwa deine Schuld?“, hauchte ich zittrig.
Ihr Lachen füllte den ganzen Raum aus, doch obwohl es herzlich und unbeschwert war, klang es in der Stille und vor allem in dieser seltsamen Situation schon fast unheimlich.
„Schuld? Wäre Verdienst nicht passender?“, fragte sie lammfromm wirkend.
„Aber...aber...“, murmelte ich besorgt auf den Rektor blickend, „...er ist doch nicht...tot...oder?“.
Ein besonders lauter Schnarcher des Direktors und ein besonders helles Lachen ihrerseits begruben meinen unsinnigen Zweifel wieder, nicht aber meine Besorgnis.
„Keine Bange, er wird spätestens Abends wieder munter sein. Zufälligerweise wird er nach seinem Erwachen wieder seiner Arbeit nachgehen, sofern ihn seine Rückenbeschwerden wegen dieser gar ungesunden Ruhelage nicht behindern. Und zufälligerweise wird er die Sache, wegen der er uns sprechen wollte, vergessen haben. Wir werden aus seinem Gedächtnis gelöscht sein“, erklärte sie und tippte sich neckisch gegen die Stirn.
„Ge...Gelöscht?“
„Ja, gelöscht“, bestätigte sie, nahm einen Radiergummi in die Hand und warf ihn mir zu. Ich fing in knapp auf, ohne jedoch mein bleiches Angesicht von ihr abzuwenden. Obwohl ich ihr direkt gegenübersass, erschien sie mir immer unbegreiflicher...unbegreiflicher als je zuvor. Mein Blick streifte den kleinen, grünen Radiergummi, wanderte dann zu ihrem Gesicht und schliesslich zu den grünen Haaren, die es umschmückten. Waren sie wirklich gefärbt? Oder war ihre natürliche Haarfarbe, genau wie der Radiergummi, tatsächlich...
„David, wenn du mich mit solch einem säuerlichen Gesichtsausdruck anstarrst, komme ich mir vor, als käme ich von einer anderen Welt...oh, besser gesagt, von einem anderen Planeten“, meinte sie amüsiert. Ich brachte kein Wort über die Lippen. Mein Schweigen irritierte sie nicht, sie betrachtete stattdessen in aller Seelenruhe den Direktor und fügte hinzu: „Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass wir heil aus dieser Sache herauskommen“.
Erneut gab der Rektor einen Schnarcher von sich und ich zuckte erneut zusammen. Obwohl das Bild vor meinen Augen, sprich der schlafende Rektor rein physikalisch und theoretisch gar nicht ungewöhnlich war, begann mir die Sache langsam über den Kopf zu steigen. Ich fasste erneut den Beschluss, Terra zu fragen, was es mit all ihren Tricks auf sich hatte. Vielleicht hatte sie ja nur enorme mentale Kräfte und vielleicht hatte ich bisher von Pigmenten, die grüne Haarfarbe verursachten, lediglich noch nie etwas gehört. Vielleicht war sie ja ganz gewöhnlich, nur in einem ungewöhnlichen Umfeld. Vielleicht war ja ich stattdessen ungewöhnlich und nicht sie, was ich mir leicht hätte zuschreiben können. Im Allgemeinen fiel es mir leicht, so ziemlich alles mir selber zuzuschreiben. Ich war schlicht und einfach nicht, der Typ, der andere offen beschuldigen, blossstellen oder erniedrigen würde. Lieber suchte ich die Fehler bei mir, oder zumindest war ich sie mir immerzu bewusst. Letztendlich schwieg ich doch. Es hatte keinen Sinn und Zweck, sie nach dem wie zu fragen. Sie hatte ja selbst gesagt, sie würde es mir früher oder später erklären. So fasste ich erneut einen Beschluss, bevor ich den alten in die Tat umsetzen konnte. Ich würde sie nicht fragen. Lieber beschäftigte ich mich noch eine Weile damit, sie noch länger anzustarren und sich dabei klar zu werden, wie affenartig ich wirken musste. Sich dabei zu fragen, wieso sie mir sogar noch zulächelte. Sich zu wundern, als sie aufstand, sich reckte und mir erneut die Hand reichte.
„Danke...ich kann alleine aufstehen“, sagte ich beschämt und warf erneut einen Blick auf den geräuschvoll schlafenden Rektor. Nichtsdestotrotz schossen ihre zierlichen Finger vor und umklammerten mein dürres, sehniges Handgelenk. Als sie mich hochzog, wurde ich fast schon aus dem Sitz geschleudert und wäre beinahe in ihren Armen gelandet. Rasch sprang ich zurück und führte unwillkürlich eine abweisende Handbewegung aus, sodass sie mich losliess. Sofort senkte ich den Blick, konnte aber doch noch kurz ihr lächelndes Gesicht erhaschen, das mir ungewohnt nah war.
„Komm, David, lass uns putzmunter zurückgehen und uns an Marcos ungläubig starrendem Gesicht genüsslich ergötzen“
„Ja...“, murmelte ich zögernd, während sie mitsamt ihrem schwingenden, grünen Haarschopf herumwirbelte und dabei eine Haarsträhne liess. Sanft schwebte das Haar zu Boden und blieb auf einem makellos weissen Papier geschwungen liegen. Noch ein letztes Mal traktierte ich meine Augen mit dem Anblick der polierten, aber runzeligen Glatze des Rektors, bevor ich Terra aus dem Zimmer folgte. Behutsam, aber doch zielstrebig schloss sie die Tür wieder, nachdem ich über die Schwelle getreten war.

Da ich die Ausschöpfung meiner Lungenkapazität angesichts der vorherigen Ereignisse schlicht und einfach vergessen hatte, tat ich dies jetzt mit einem tiefen Atemzug, der es zustande brachte, mich ein wenig zu beruhigen. Wieder war es still, und das gedämpft klingende Schnarchen des Rektors, das ich zu hören glaubte, entsprang sicherlich nur meiner ausgeprägten Vorstellungskraft (die ich im mathematischen Bereich nur schwerlich einzusetzen vermochte). Etwas unsicher (und das war stark untertrieben) stand ich Terra gegenüber und überlegte mir krankhaft einige Worte, die ich vielleicht sagen konnte, um die Stille zu durchbrechen. Mit der Kommunikation haperte es bei mir sehr wohl, das konnte ich nicht leugnen. Vor allem bei Personen, die ich erst seit einigen Stunden kannte, und sie war ein gutes Beispiel dafür. Zudem war sie eine Frau, weshalb es mir nur noch schwerer fiel, etwas zur Lebhaftigkeit der Umgebung beizutragen. Doch wie ich feststellte, musste ich das gar nicht mehr zwingend tun, denn Terra war schon längst vorausgegangen und befand sich schon fast am Ende des Ganges. Ich fragte mich, wie ich es schaffte, geistig manchmal so entschwebt zu sein, dass ich meine Umgebung nicht mehr wahrnahm.
„Du solltest nicht so trödeln!“, rief sie mir über die Schulter zu, und ihre Stimme verhallte zwischen den rauen Wänden. Ohne Antwort hastete ich an ihre Seite und fragte mich gleichzeitig, seit wann ich es so eilig hatte, an die Seite einer Frau zu gelangen. Nun gut, das Wort „Seite“ war nicht exakt treffend, denn ich zog es vor, mich ein Stück hinter ihr, also nur beinahe auf gleicher Höhe zu bewegen, während ich lief. Wieso das so war, wusste ich selbst nicht so recht. Vielleicht, weil ich gehörig Respekt vor ihr hatte und mich nicht anmassen wollte, direkt unter ihre Augenwinkel oder gar vor ihre hübsche Nase zu treten. Ich war eher zurückhaltender Natur und zog es deshalb vor, mich ihr anzupassen, nicht umgekehrt. Und allem Anschein nach schien sie das auch nicht zu stören, im Gegenteil, es schien sie sogar anzusprechen, wie ich von den tiefen Blicken, die sie mir zuwarf, zu deuten glaubte. Die Schauer blieben nun jeweils aus, jedoch fragte ich mich, was sie dazu veranlasste, mich immerzu zu mustern. Unbewusst strich ich mir über die zerzausten Haare und stellte dabei fest, dass ich wirklich schrecklich aussehen musste. Zudem erstaunte es mich, wieso ich plötzlich über mein Aussehen nachdachte, empfand ich es doch sonst nicht als sonderlich wichtig...
wow
das wird immer besser
mehr kann ich dazu nicht sagen

Lyra
ach so doch eins noch: schnell weiterschreiben=)
Leider musst du dich gedulden, er ist momentan im Ausland. XD
Jetzt bin ich wieder da^^. Bald gibt es wieder etwas Neues, hoffe ich.
Über solche und ähnliche Dinge dachte ich nach, während ich abends nach Hause radelte. Radeln traf es gut, denn mein Fahrstil war nicht genug elegant, damit man ihn als Fahren hätte bezeichnen können. Mehr war es ein Torkeln, das mein Fahrrad nüchtern praktizierte, während ich freihändig und mit erstaunlich guter Laune zu dieser Tageszeit der Strasse entlangfuhr. Mein nach anständiger Pflege schreiendes Haar flatterte im Wind, ebenso wie die Ärmel meines T-Shirts. Der Grund für meine prächtige Laune war das Ausbleiben von weiteren wüsten Gesten von Marco und seinen (Sauf)Kumpanen, inklusive von Stephanie. Von einem Tag auf den anderen hatte sich plötzlich einiges verändert. Alles, was sich Marco noch erlaubt hatte, war lediglich ein abfälliges Starren gewesen, das aber sofort erstorben war, nachdem ihn Terra noch einmal mahnend angeblickt hatte. Anderweitig hatte er sich in der letzten Schulstunde vor Feierabend, nachdem Terra und ich wieder zurückgekehrt waren, nicht zu betätigen gewagt. Und so, wie ich seine Gefühlslage gegenüber meiner neuen, grünhaarigen Banknachbarin einschätzte, hatte sich seine Hand in der Pause wahrlich ein letztes Mal gegen mich erhoben. Ich konnte mein Glück noch gar nicht so richtig fassen, obwohl ich davon überzeugt war, dass ich damit gesegnet war. Immer noch nicht konnte ich es fassen, dass sie mir wirklich geholfen hatte, und dazu noch mit so einem herzerwärmenden Lächeln im Gesicht. Immer wieder rief ich mir die Worte und deren Klang in den Sinn, die sie zum Abschied ausgesprochen hatte.
Auf Wiedersehen, David. Auf ein baldiges Wiedersehen, worauf ich mich freue...
Und das Lächeln, das sie mir dabei geschenkt hatte...Ich war so in Gedanken versunken, dass ich beinahe die Einfahrt zu meinem Haus verpasste. Als ich wieder meiner Umgebung gewahr wurde, musste ich den Lenker mit solcher wucht herumreissen, dass mein Fahrrad beinahe mitsamt meiner Kläglichkeit umfiel. Froh darüber, mein Transportmittel nicht vom Boden aufheben zu müssen, stellte ich es neben der Haustür ab und trat lärmend ein, sprich, ich gönnte meinem löchrigen Schulsack in hohem Bogen einen Freiflug durch die Wohnung, der am hölzernen Stützbalken in der Nähe der Garderobe endete. Da niemand Zuhause war, liess ich es mir nicht nehmen, mein unmelodisches Pfeifen quer durch die Wohnung ertönen zu lassen. Auch diesmal bestand das erste, was ich nach der Schule zuhause tat, darin, den Computer zu benutzen. Genauer gesagt war es das einzige, das ich jeweils nach der Schule den lieben restlichen Abend lang tat.
Sonst blieb mir nämlich nichts anderes übrig. Und auch wenn mir die Weiten des World Wide Webs offen standen, so fühlte ich mich trotzdem, als befände ich mich in einem feuchten, dunklen Gefängnis. Und wie immer, wenn ich mich so fühlte, zog ich es vor, meine düsteren Gedanken mit einem Computerspiel zu verdrängen.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit schon vergangen war. Es musste auf jeden Fall sehr viel gewesen sein, als ich hörte, wie jemand die Haustür öffnete und eintrat. Es war meine Mutter.
„David, bist du da?“, rief sie laut.
„Ja, ja“, murmelte ich halblaut, immer noch im Spiel versunken. Ich hörte, wie sie in der Küche geschäftig hin- und herlief, und bald vernahm ich auch das Geräusch eines kochenden Gerichts. Es dauerte nicht mehr lange, höchstens eine halbe Stunde, bis meine Mutter mich erneut bedrängte.
„Wir essen!“, rief sie. Seufzend schaltete ich den Computer aus und lief die Treppe runter. Sie mochte es nicht, wenn ich nicht rechtzeitig zum Essen erschien, was ich ihr ehrlich gesagt nicht verübeln konnte. Ich begab mich zu ihr in die Küche und musterte argwöhnisch den grossen, orangenfarbenen Topf, der munter vor sich hinblubberte.
„Was ist da drin?“, fragte ich mit dunkler Vorahnung.
„Eintopf“, gab meine Mutter knapp als Antwort zurück, und da sie mir nicht zugewandt war, konnte sie glücklicherweise nicht sehen, wie ich das Gesicht zu einer höchst unerfreuten Grimasse verzog.
„Ab und zu brauchst auch du etwas Gesundes“, gab sie mir mahnend zu verstehen, als hätte sie meine Geste bemerkt. Wohl wusste sie natürlich sowieso, wie ich auf solche gesunden Gerichte reagierte, sodass sie mich nicht anschauen musste, um zu wissen, dass ich eine Grimasse schnitt. Stattdessen zog sie es vor, mich mit anderen Nörgeleien zu beglücken.
„Warst du etwa schon wieder vor dem Computer? Ach David, du wirst noch ganz krank davon! Den ganzen Abend machst du nichts anderes! Du solltest lieber mal öfters mit Freunden abmachen, sonst vereinsamst du noch!“
„Ich vereinsame nicht...“, murmelte ich mit leiser werdender Stimme. Mein Einwand wurde nur von der Stille begrüsst, was ihn noch bedeutungsloser erscheinen liess. Ich schwieg, während ich versuchte, noch einen möglichst fröhlichen Ausdruck im Gesicht zu wahren, so wie ich es mir über die Jahre hinweg schauspielerartig angeeignet hatte. Meine Mutter schien mein Verstummen nicht gross zu kümmern, sie fragte nicht weiter nach Gründen oder Ähnlichem. Sie warf mir nur kurz einen musternden Blick zu, den ich mit einem halben Lächeln erwiderte. Als sie ihren Blick wieder abwandte, erschlafften meine Gesichtsmuskeln jedoch wieder und ich stierte betrübt auf den Boden. Die Stille, nur unterbrochen vom leise stetig blubbernden Eintopf, hielt weiter an, und sie schien mich in die Knie zwingen zu wollen.
„Ist alles in Ordnung?“, schreckte mich die Stimme meiner Mutter wieder auf, die die Stille durchbrach.
„Ja“, antwortete ich und lächelte wieder gezwungenermassen.
„Du wirkst manchmal so abgetreten“, meinte sie und wechselte das Thema dann. „Wie war es heute in der Schule? Ist etwas Besonderes passiert?“.
„Nein“, gab ich gleichgültig, fast schon reflexartig zurück und zuckte mit den Achseln.
„Wortkarg wie immer“, erwiderte sie und schüttelte den Kopf. Ich seufzte und stierte wieder auf den Topf, den meine Mutter auf den Esstisch hievte, wo schon zwei Suppenteller bereitstanden. Missmutig setzte ich mich und sah zu, wie die (nach meinem Empfinden) schlabberige Masse in meinen Teller floss. Angeekelt verzog ich die Mundwinkel und nahm zögerlich den Löffel zwischen meine Finger.
„Das muss ich wirklich essen?“, maulte ich unerfreut und hoffte, sie würde mir ersparen, meinen Magen dieser Tortur unterziehen zu müssen.
„Natürlich!“, gab sie mit einem Klang in der Stimme zurück, der keine Ausnahme zuliess. Ich seufzte erneut, hob den Löffel, nahm die Suppe in Betracht...und schrie erschrocken auf.
Dort, in der trüben Masse, schwamm ein grünes Haar.
„Was zum...!“, begann ich, doch verstummte sogleich wieder. Es mochte vielleicht übertrieben klingen, doch der Schreck sass mir noch regelrecht in den Knochen, als ich bemerkte, dass mir meine Sinne bloss einen Streich gespielt hatten. In der Suppe schwamm zwar ein Haar, es war aber lediglich braun, nicht grün, was hiess, dass es nur von mir stammte. Entgeistert schüttelte ich den Kopf, während ich es mit dem Löffel aus der Suppe fischte.
Mit dem Gesichtsausdruck, mit dem mich meine Mutter anblickte, musste sie mich für verrückt halten.
„Was hast du, David? Es ist doch bloss ein Haar. Ich kann ja auch nichts dafür, wenn du nicht zum Friseur willst. Und jetzt solltest du essen, es wird sonst kalt. Na gut, von mir aus musst du das Grünzeug nicht essen. Aber alles andere schon!“.
„Ja...“, erwiderte ich mit einem mulmigen Gefühl, und ich richtete meinen Blick für einen Moment durch das Küchenfenster nach draussen. Es fing bereits an zu dämmern. Was war bloss in mich gefahren? Ich atmete noch einmal tief durch und tat wie geheissen.
Die ganze Zeit über, während ich mich bemühte, kein Gemüse auf den Löffel zu bekommen, blickte mich meine Mutter an. Ich hatte schon fast den Teller mit Ausnahme des Grünzeugs leer gegessen, da erwähnte sie plötzlich:
„David, irgendwie machst du den Eindruck, als wärst du verliebt“
„Wie bitte?“, fuhr ich sie sofort verständnislos an, „Das bin ich nicht!“. Doch in diesem Moment, ich konnte es mir nicht erklären, sah ich Terra vor meinem geistigen Auge, wie sie mir zulächelte. „Das bin ich nicht!“, bekräftigte ich noch einmal lautstark, und Terra verschwand wieder.
„Ist ja gut, ist ja gut. Aber sag mal, gefällt dir denn kein Mädchen aus der Klasse?“. Am liebsten hätte ich laut aufgestöhnt. Ich hasste es, wenn sie das Gespräch in diese Richtung lenkte.
„Nein“, gab ich schroff zurück, wobei meine Mutter leicht den Kopf schüttelte.
„Jetzt benimm dich doch nicht immer so abweisend, du kannst mir dein Liebesleben ruhig erklären“, meinte sie und über ihr Gesicht huschte ein Lächeln.
„Ich habe kein Liebesleben“, erklärte ich ihr stattdessen mit Unmut.
Was nicht ist, kann ja noch werden, stellte ich mir die Worte vor. Das Seltsame war jedoch, dass diese Worte nicht meinen Klanglaut, sondern den von Terras Stimme besassen. Meine Sinne schienen völlig ausser Kontrolle geraten. „Da kannst du dir sicher sein“, fügte ich hinzu, jedoch nur noch halb so laut und mit einer leichten Unsicherheit in der Stimme. Irritiert schüttelte ich den Kopf und stierte auf die Tischkante, was ich normalerweise nur tat, wenn ich traurig war. Es war jedoch keine Trauer, die ich nun fühlte, es war etwas anderes...es war Verwirrung, aber gleichzeitig so etwas wie stille Freude, gekrönt von Ärger über meine Mutter. In mir herrschte das komplette Gefühlschaos, stellte ich fest.
„Ich...ich gehe“, murmelte ich stockend, sodass man es beinahe als Selbstgespräch hätte auffassen können. Meine Mutter war sich dies jedoch gewohnt, so meinte sie nur: „Vergiss aber vorher nicht, den Teller abzuräumen“.
„Ja...“, erwiderte ich, und diesmal war es gedankenverlorener denn je. Wieder verlor sich meine knappe Antwort in der Stille, und ich fürchtete mich vor ihr. Ich fürchtete mich vor der Realität, die mich umgab. Ich fürchtete mich vor dem Neuen, vor dem Unbekannten, das auf mich zukommen würde. Und es kam auf mich zu, das spürte ich.
Nachdem ich meinen Teller in die Küche gestellt hatte, wollte ich schon die Treppe hochsteigen, da rief mich meine Mutter zurück: „David, warte noch schnell“.
Erwartungsvoll wandte ich mich ihr zu und blickte sie neugierig an. Auf ihrem Gesicht erschien ein fröhlicher Ausdruck, das mich stutzen liess.
„Was ist?“, fragte ich.
Sie begann zu erzählen: „Weißt du, heute habe ich deinen Englischlehrer getroffen, Herr Hintermann“
„Wirklich?“, grummelte ich missmutig.
„Ja. Heute sass er in meinem Lieblingscafé. Wir haben uns zusammengesetzt und ein wenig über Gott und die Welt geplaudert. Er ist ein sympathischer Mann, finde ich“.
Ich verzog das Gesicht. Weniger, weil sie an Herrn Hintermann gefallen fand, sondern, weil ich wusste, dass sie „Gott und die Welt“ sogleich näher beschreiben würde, und mir klar war, dass mir diese nähere Beschreibung nicht passen würde.
„Beispielsweise ist er ein begeisterter Golfspieler“
Uff, doch nicht so schlimm, dachte ich und atmete innerlich auf.
„Und er hat mir auch erzählt, wie du in der Schule bist. Er ist sehr zufrieden mit deinen Leistungen, auch wenn du dich mündlich mehr beteiligen könntest“.
„Ich weiss“, bemerkte ich in der Hoffnung, das Gespräch zu einem schnellen Ende bringen zu können, damit es nicht in eine gewisse ungern gehörte Richtung ausarten konnte.
„Und er hat auch gesagt, er habe dich heute ebenfalls gesehen...“
Oh nein, jetzt kommt’s.
„...in Begleitung einer hübschen...“
„Danke, ich habe genug gehört!“, unterbrach ich sie blitzschnell, bevor sie den Satz zu Ende bringen konnte. Unglücklicherweise war ich nun mit meinen schlechten Intervenierfähigkeiten am Ende, und so leicht würde meine Mutter damit nicht aufgeben. Wenn sie mal angefangen hatte, liess sie sich nicht so leicht stoppen, schon gar nicht von mir. So blieb mir leider nur die Flucht. Doch ich wusste nur zu gut, dass sie es nicht mochte, wenn ich mitten im einseitig geführten Gespräch einfach davonlief. Das Lächeln auf ihrem Gesicht würde im Falle eines plötzlichen Rückzugs meinerseits schneller verschwinden, als dass ich ihr den Rücken zukehren konnte. Trotzdem war es die einzige Möglichkeit, den unangenehmen Worten meiner Mutter zu entfliehen, weshalb ich sie in die Tat umsetzte. Zumindest wollte ich sie in die Tat umsetzen, denn als ich mich mit dem Rücken zu meiner Mutter drehte und ich über die Schulter sah, wie sie schon entrüstet den Mund geöffnet hatte, klingelte es an der Haustür.
Wer auch immer, dieses Klingeln verursacht hatte, besass wohl ein untrügliches Gefühl für die richtige Tat im richtigen Moment – zumindest meiner Meinung nach. Wie es schien, war meine Mutter weniger darüber erfreut, was sich an ihrem typischen, ärgerlichen Aufstöhnen zeigte.
„Ach, David, ist das etwa wieder einer dieser kleinen Kinder, die mit dir diese Fantasieschnickschnack-Karten tauschen wollen?“
„Ich weiss nicht“, erwiderte ich grinsend. Himmel sei Dank. Schnell hastete ich zur Tür und schnappte mir den Hausschlüssel. Wäre es ein Hausierer gewesen, der uns so passend unterbrochen hatte, hätte ich neben der Ablehnung seines Produkts auch gleich eine Danksagung nachwerfen können. Doch es war kein Hausierer.
Als ich die Haustür öffnete und der Person gegenüberstand, die mir zulächelte, erstarb mein Grinsen und wich einem fast schon entsetzten Ausdruck.
Es war Terra.
In diesem Moment wusste ich nur noch eines: Ich musste die Tür sofort wieder schliessen. Sonst war es vorbei mit der jetzt schon gestörten Mutter-Sohn-Idylle. Und entweder blieb ich drinnen oder ging nach draussen. Ich entschied mich für letztere Variante, mit dem Unterschied, dass ich nicht nur nach draussen ging, sondern hastete.
„Wer ist...“, begann meine Mutter schon, doch beenden konnte sie ihre geistige Eingebung nicht, da sie erschrocken verstummte, als ich die Tür hinter mir mit solcher Wucht zuknallte, dass sie beinahe aus den Angeln fiel.
suuuuuuuper
ich kann nichts sagen,außer: ich finds gut =)
gibts bald wieder was neues?
Die kühle Luft wehte mir entgegen, ebenso wie Terras grünes Haar. Mit einer Mischung aus Entsetzen und Verwunderung starrte ich ihr entgegen, was sie auch tatsächlich gelassen mit einem Augenzwinkern erwiderte. Mein Atem setzte aus und mein Herz begann zu pochen, während ich hilflos dastand und kein Wort über die Lippen brachte.
„Hallo David“, meinte sie nur und blickte mir unentwegt in die Augen. Allein angesichts ihrer Präsenz war ich verstummt, doch nun war es ihre helle, durchdringende Stimme, die mich aus der schreckartigen Erstarrung zu lösen vermochte.
„Woher...woher weißt du, wo ich wohne?“, fragte ich zaghaft und strich mir nervös über das Haar. „Nun, deswegen bin ich hier“, erwiderte sie. „Was soll das bitte heissen?“, hakte ich nach und verstand immer weniger. „Das soll heissen, dass ich dir alles erklären möchte“ – „Wie...und wie lange dauert alles?“ – „Das kommt auf dich drauf an, aber einige Zeit wird es sicher in Anspruch nehmen“. Ich wich einen Schritt zurück, als sie die Hand nach mir ausstreckte.
„Möchtest du mit mir mitkommen, David?“, fragte sie.
„Wohin...wohin möchtest du mich denn entführen?“, fragte ich zurück und warf argwöhnisch einen Blick auf die Tür hinter mir. Die momentane Situation gefiel mir gar nicht. Jeden Augenblick nämlich könnte meine Mutter erscheinen. Ich hätte die Tür abschliessen sollen, was mir aber auch wenig nützen würde, da immer noch ein Küchenfenster vorhanden war, durch das sie neugierig die Szenerie beobachten könnte. Glücklicherweise war meine Mutter noch nicht auf die Idee gekommen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie herausfinden wollte, wer mir einen Besuch abstattete. Ich atmete tief durch und wandte ich wieder Terra zu.
„Hör mal, du solltest am besten schnell von hier verschwinden. Wenn meine Mutter dich sieht, dann...“ – „Oh, ich verstehe...hihi, sonst denkt sie noch, ich wäre so etwas wie deine Freundin, nicht wahr? Nun, ich weiss zwar nicht, was daran so schlimm sein sollte, zumal dies nicht einmal abwegig sein muss. Aber na gut, wenn du darauf bestehst, verschwinde ich gerne. Allerdings unter einer Bedingung: Du kommst mit mir“.
Als ich noch einen Schritt zurückweichen wollte, bemerkte ich, dass dieses Unterfangen leider nicht möglich war, da meine Fersen schon die Tür berührten. „Und wie bedingungslos ist diese Bedingung?“, fragte ich zurück. Doch angesichts ihrer Hand, die sie griffbereit nach meinem Arm ausgestreckt hatte, hätte ich mir die Frage auch selber beantworten können.
„Du musst mitkommen“, gab sie mir eindringlich zu verstehen. Ich sah ein, dass ich keine andere Wahl hatte, als mich mit ihr einzulassen. „Aber ich kann doch nicht einfach so gehen! Wenigstens muss ich meiner Mutter Bescheid sagen, und wenn ich das tue, sieht sie dich sowieso!“.
Gelassen zuckte sie mit den Achseln und meinte: „Na gut, wenn dir meine Geheimhaltung so wichtig ist, sorge ich dafür, dass sie mich nicht sieht. Aber sieh zu, dass du wirklich kommst. Ich werde auf dich warten“. Nachdem ich ihr verschmitztes Lächeln in Augenschein genommen hatte, drehte ich mich zur Tür um. Als ich noch einmal einen Blick über die Schulter warf, war sie plötzlich verschwunden. Irritiert blickte ich in alle Richtungen, doch sie war wie vom Erdboden verschluckt. Nichtsdestotrotz öffnete ich die Tür – und wäre beinahe in meine Mutter geprallt, die ihre Hand bereits auf die Türklinke gelegt hatte. Das war mehr als knapp gewesen.
„Wer war das?“, fragte sie mahnend, fast schon vorwurfsvoll. Ich winkte ab und erwiderte möglichst glaubwürdig: „Ach, wie du gesagt hast, nur so ein kleines Kind, das Fantasieschnickschnack-Karten tauschen wollte. Ich gehe noch ein wenig frische Luft schnappen. Bis später!“. Ich schlüpfte an ihr vorbei und in meine Schuhe, umrundete sie abermals und war schon über die Türschwelle getreten, als sie mir nachrief: „Wenn es dunkel ist, bist du wieder Zuhause!“.
„Machst du...Na gut, wenn es sein muss!“, murmelte ich ungläubig. Sie machte wohl Witze, allerdings war ich zu freundlich, um ihr dies an den Kopf zu werfen. Ich hatte den Eindruck, als wäre ich ein sechsjähriges Kind, nicht zehn Jahre älter.
Ich schloss die Tür wieder hinter mir und sofort umfing mich wieder die Stille, nur durchbrochen vom leise säuselnden Wind. Unsicher trat ich auf die Strasse und blickte um mich. Terra war nirgends zu sehen, weshalb ich ihren Namen in den Mund nahm.
„Terra?“, rief ich zaghaft und wartete ab.
„Hier bin ich, David“, antwortete sie leise und trat aus dem Schatten einer Hauswand. Ihr grünes Haar stach mir sofort ins Auge, als ich sie musterte. Verstohlen warf ich noch einen Blick auf das entfernte Küchenfenster, doch meine Mutter war nicht zu sehen. Schliesslich wandte ich mich ihr zu, nur um erneut Zeuge ihrer Berührungsfreudigkeit zu werden. Wieder sah sie es als Notwendigkeit an, mich am Handgelenk zu packen und mitzuzerren. Zur Steigerung meines Unbehagens bewegte sie sich dabei in eine Richtung, die mir gar nicht gefiel: Sie steuerte geradewegs auf den Wald zu. Liess man die geschlechtlichen Umstände aussen vor, so hätte man meinen können, ich würde wirklich entführt. Nach einem Stück Weg liess sie mich jedoch wieder los und wandte sich mit einem Blinzeln zu mir um. Wir befanden uns bereits am Ende meines Wohnquartiers, am Rand einer Wiese, die bereits an den Wald grenzte.
„Was hast du mit mir vor?“, fragte ich sie mit ungutem Gefühl, als sie sich allem Anschein nach vergewisserte, dass uns niemand sah. Als sie sich sicher war, dass niemand in unserer Nähe sein Unwesen trieb, erklärte sie lächelnd: „Die Dinge, die ich dir nun darlegen werde, sind nur für deine Ohren bestimmt. Komm, lass uns in den Wald gehen, wo wir sicher nicht gestört werden“.
Verwundert folgte ich ihr, als sie federnden Schrittes durch das Gras lief. Nun hielt ich freiwillig mit ihr Schritt, da ich unbedingt erfahren wollte, was es mit ihr auf sich hatte. Ich war so ziemlich auf alles gefasst.
„Nun denn, David“, meinte sie mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck, als wir mehr oder weniger einher liefen,
„Um es möglichst einfach zu erklären: Ich bin nicht von dieser Welt“.
„Wie...bitte?“.
„Du hast richtig gehört“.
Ich schluckte. Nach einer Weile erwiderte ich: „Und du glaubst, dass ich dir das einfach so glaube? Wie...“. Doch ich brach ab, als sie sich demonstrativ über ihre grünen Haare strich. „Und wie glaubst du, lassen sich dann meine Kräfte sonst erklären?“, fragte sie schnippisch zurück und ich zuckte irritiert die Achseln. „David, ich weiss, du kannst es nur schwerlich erfassen, aber es gibt neben deiner Welt noch eine zweite, in einer anderen Dimension. Eine Welt voller Magie, Fantasie und anderen wundersamen Dingen. Nun gut, so wundersam sind sie für mich auch wieder nicht, aber wohl für dich. Von dieser anderen Welt, da komme ich her“.
Als sie nach eingehendem Mustern feststellte, dass ich sie immer noch ungläubig anstarrte, fügte sie hinzu: „Meine momentane Haarfarbe ist natürlich, da kannst du dir sicher sein. Und im Übrigen mag ich es nicht, wenn jemand sie in Frage stellt. Natürlich bist du eine Ausnahme“. Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln, während ich sie immer noch stumm anstarrte. Ich konnte mich nicht so recht entscheiden, ob ich jetzt lauthals loslachen oder schreiend davonlaufen sollte. Als Terra klar wurde, dass sie von mir nicht so schnell eine verbale Reaktion erwarten konnte, fuhr sie schmunzelnd fort: „Weißt du, damals, als ich meine vermeintlichen Hobbys verlauten liess, war es das erste mal, dass du in Berührung mit meiner Gedankenmagie kommen durftest. Ich habe mich deiner Gedanken bedient, so unglaublich es dir erscheint. Natürlich nur, weil ich nicht auffallen durfte. Ich hätte jedoch gerne eure Gesichter gesehen, wenn ich Drachenreiten als meine liebste Beschäftigung angegeben hätte. Das hätte zwar zu meiner Belustigung beigetragen, nicht aber zur Erfüllung meines Ziels. Was ich mit Marco angestellt hatte, war auch Folge meiner Gedankenmagie. Es war ein Leichtes, seine Schmerzempfindungen zu manipulieren. Das mit dem Rektor, hihi, dazu sage ich jetzt mal nichts“.
Momentan tendierte ich eher zur kurzen und schmerzfreien Option des schreiend Davonlaufens, was Terra auch aufzufallen schien.
„Aber keine Angst, David, dir zu schaden wäre das letzte, was mir in den Sinn kommen würde, wenn überhaupt. Aber sag, schenkst du mir denn nun eigentlich Glauben? Dein Gesichtsausdruck lässt mich daran nämlich zweifeln“.
„Nun ja...eigentlich, wenn ich ehrlich bin...nein“.
„Nein?“, fragte sie zurück und aus ihrer Handfläche schoss eine züngelnde Flamme hervor. Erschrocken schrie ich auf, und das war noch stark untertrieben. Bebend starrte ich auf ihre Handfläche. Sie hielt sie ausgestreckt vor sich hin, und in deren Mitte flackerte tatsächlich, so unglaublich es schien, eine Flamme im Wind. Und sowie mir die Hitze entgegenschlug, erwachte ich aus der Erstarrung.
„Du verbrennst ja!“, schrie ich panisch auf und mein Herz drohte zu zerspringen. Doch so schnell der Spuk gekommen war, hörte er auch wieder auf und die Flamme erlosch urplötzlich. Entgeistert stierte ich auf Terras Hand. Sie wies nicht die geringsten Spuren von Verbrennungen auf, was mich nur noch mehr erzittern liess. Und aus irgendeinem Grund begann sie auch noch fast schon geschmeichelt zu lächeln.
„Oh, höre ich da schon ein wenig Sorge heraus, hm? Wie ich sehe, scheine ich also doch nicht Luft für dich zu sein. Aber keine Bange, die Flammen schaden mir nicht, ich könnte durch ein riesiges Feuer einen Spaziergang zu machen. Nicht umsonst besitze ich ja auch die Gabe der Feuermagie. Ich hoffe nur, ich klinge jetzt nicht schon zu selbstherrlich“.
Ich schwieg und fragte mich, ob ich all das vielleicht nur träumte. Vielleicht träumte ich ja nur, dass eine grünhaarige Frau vor mir stand und über Magie und andere Welten redete. Vielleicht würde ich ja plötzlich, nachdem ich die Augen schloss und wieder öffnete, in meinem Bett aufwachen und mich fragen, wie ich es heute anstellen wollte, um die Wut von Marco nicht zu entfachen. Ich beschloss, zu blinzeln. Meistens wachte man davon ja auf, zumindest in der Theorie. Ich schloss die Augen. Öffnete sie wieder. Doch das, was ich nun sah, hatte wenig Ähnlichkeit mit meiner Zimmerdecke. Immer noch stand Terra vor mir und blickte mich erwartungsvoll an. Wohl musste sie sich fragen, ob ich vor Schreck auch gleich meine Sprache verschluckt hatte.
„Glaubst du mir jetzt, David?“, fragte sie eindringlich.
„Ja...es geht wohl nicht anders, oder?“, fragte ich zurück. Im Hinterkopf jedoch begann ich mich zu fragen, ob ich irgendwelche Drogen eingenommen hatte, was aber höchst unwahrscheinlich war, da ich grundsätzlich eine strikte Abneigung gegen solch ominöse bewusstseinserweiternde Substanzen hegte. Diese Unwahrscheinlichkeit liess diese Situation noch kurioser erscheinen, als sie es war. Doch da drängte sich erneut eine Frage auf.
„Nun gut, ich glaube dir. Aber weshalb solltest du mir so etwas erzählen? Ich meine, wieso erzählst du gerade mir so etwas?“, fragte ich verwundert.
„Auch das hat einen Grund, aber diesen solltest du später erfahren, wenn wir alle versammelt sind“, antwortete sie mit Rätseln um sich werfend. Langsam begann ich mich zu ärgern, während ich mich wohl oder übel gezwungen sah, wieder nachzufragen. Mittlerweile fiel es mir sogar etwas leichter, mit ihr ein Gespräch zu führen, auch wenn die Dinge, die sie über sich offenbart hatte, geradezu ungeheuerlich waren. Doch irgendwie fühlte ich mich von ihrer gewöhnungsbedürftigen Art angezogen, auch wenn sie diesen Umstand auch wohl in Anbetracht ihrer zerrenden Gewohnheit physisch herbeizuführen vermochte.
„Wer sind denn bitteschön alle?“, hakte ich seufzend nach.
„Karel und Nina? Wir werden sie im Wald treffen. Komm, lass uns gehen“.
„Wer und wer?“, murmelte ich kopfschüttelnd, während ich ihr mit einigem Unbehagen, wenn auch mit Sympathiegefühlen folgte.
„Sie sind ebenfalls aus der Parallelwelt, wie ich. Und bitte nicht erschrecken, wenn du sie siehst. Sie sehen wohl für dich...ein wenig gewöhnungsbedürftig aus. Kein Wunder, sie sind auch Übermenschen, zu denen auch ich gehöre“.
„Über...was?“, fragte ich. Ich hatte wohl noch nie an einem Abend so viel gefragt.
„Übermenschen“, erklärte sie mir über die Schulter, als wir den schmalen Waldweg einschlugen, „So werden bei uns die Menschen mit besonderen Kräften genannt. Von ihnen gibt es hauptsächlich zwei Arten: Shivas und Solmagier. Ich gehöre der letzteren Sorte an, Nina ist eine Shiva und Karel...man könnte ihn wohl am Besten als Halbdämon bezeichnen, ein seltsames Unikat. Und natürlich gibt es auch die gewöhnlichen Menschen in unserer Welt, so wie du und beispielsweise...“, sie wandte mir ihr Gesicht zu und kräuselte demonstrativ die Nase, „Marco und Stephanie“. Ich grinste und meinte: „Du scheinst an ihnen auch keinen Gefallen zu finden, wie?“.
Sie schüttelte heftig den Kopf, worauf ich mir ein leises Lachen nicht verkneifen konnte. Sie warf mir einen aufmunternden Blick zu und erwiderte: „Ein Glück, dass ich jetzt da bin. Ich werde auch weiterhin dafür sorgen, dass sie dir fernbleiben, da kannst du dir sicher sein“. Ich nickte dankbar und ein seltsames Gefühl durchströmte mich. Mir wurde bewusst, dass sie tatsächlich Ambitionen besass, mich zu beschützen, was unausweichlich zur Annahme führte, dass sie sich auf irgendeine Weise mit mir verbunden fühlte. Ein Umstand mehr, der mir ungeheuerlich erschien.

Mit diesem Gedanken im Kopf folgte ich ihr schweigend und lächelte still in mich hinein. Sie war wahrlich selbstbewusst, schon allein ihre federnde, bestrebte, wenn auch grazile Gangart vermochte es, mich zu diesem Schluss zu bewegen. Sie hielt sich entlang der breiten Wege, und eine sanfte Steigung herrschte, die immer zunahm. Wir kamen schliesslich auf einer Anhöhe an, die auch sogleich den höchsten Punkt dieses Waldes darstellte. Der Wald lichtete sich und unter uns erstreckte sich in ungehinderter Sicht das Dorf, in dem ich mein Dasein fristete. Das trübe Dämmerlicht wurde bereits von zahlreichen Lichtern erhellt, und ein Kirchturm in der Nähe liess seine Glocken erklingen. Ich blickte auf die Häuserreihen hinab und entdeckte einzelne Autos, die der Hauptstrasse entlangfuhren. Der spärliche Verkehrslärm drang nur leise zu mir hoch, und neben dem Rauschen des Windes war sonst nicht viel mehr zu hören. Dieser Ort war mir vertraut, ich war schon viele Male hier oben gewesen. Weniger vertraut war mir jedoch Terra, die neben mir stand und ihren Blick ebenfalls schweigend auf das mehr oder weniger idyllische Häusermehr gerichtet hatte. Sie machte eine nachdenkliche Miene und seufzte leise. Doch trotzdem versuchte ich so gut wie möglich, mit ihrer markanten Anwesenheit klarzukommen, was mir mittlerweile wieder ein Stück leichter fiel, paradoxerweise auch in Anbetracht dessen, was sie mir enthüllt hatte. Eine andere Welt...das Ganze erschien mir immer noch sehr ominös, doch ich spürte, dass ich ihr trauen konnte. Obwohl ich sie gerade Mal einen Tag lang kannte. Obwohl sie mir Dinge erzählt hatte, die andere, bodenständigere Personen als ich, sofort dazu gebracht hätten, sie in eine Irrenanstalt zu befördern. Doch es lag wohl gerade eben an meiner träumerischen Art, dass ich nicht lauthals lachend nach Hause gelaufen war und nun allen meinen Freunden (wenn ich welche hätte) erzählt hatte, wie verrückt Terra war. Dass ich ihr auf ihren Wunsch hin gefolgt war und in jenem Moment still die Lichter unter mir betrachtete. Immer schon war ich jemand gewesen, der lieber in Tagträumen zu verweilen mochte anstatt bei nächtlichen, Geld verschlingenden Partys. Immer schon hatten mich fantastische, unreale Dinge fasziniert, weshalb ich auch so viele Computerspiele zu spielen pflegte. Entfernt sah es plötzlich so aus, als würde ich selber in ein Computerspiel gesogen, und das zu Beachtende war, dass mir dies nicht einmal grosse Sorgen bereitete. Mehr spürte ich diese Aufregung, die meinen ganzen Körper durchströmte und jeden Zentimeter kribbeln liess. Es war die Aufregung, aber auch die Ungewissheit, das mulmige Gefühl vor dem Unbekannten, dem Unfassbaren. Immer schon war ich auf die triste Realität nicht sonderlich gut zu sprechen gewesen, und nun sah es aus, als würde ich ihr wirklich geradewegs entschweben. Aus den Augenwinkeln betrachtete ich Terra und mir wurde klar, dass sich etwas anbahnen musste. Etwas, das über die Grenzen meines Bewusstseins steigen würde. Ich fühlte die Unfassbarkeit gegenüber der Situation, doch auch gegenüber ihr und wie sie mit mir umging. Noch nie hatte mich jemand so behandelt, geschweige denn mir so tatkräftig geholfen. In meinen Hinterkopf verfestigte sich auch das Gefühl einer gewissen...Ehrfurcht, eingehüllt in diese Welle von Sympathiegefühlen. Meine Gedanken begannen abzuschweifen, doch da riss mich ein denkwürdiges Ereignis wieder in die sich wundersam, wenn auch ein wenig beängstigend zu entwickeln beginnende Realität.
Liest das hier eigentlich noch jemand?
ja klar les ich das noch,
aber mir fällt nie Kritik ein^^
schreibst du noch?
ich will wissen wies weitergeht...^^
Ja, ja, ich schreibe schon noch, nur habe ich momentan sehr wenig Zeit-.-
Ich versuche, sobald es geht, wieder mal etwas reinzuposten...
Wir warten...
Er schreibt das schon, keine Angst ;)
Gute Arbeit, ich hab alles mal an einem Stück durchgelesen, und finde es bis jetzt recht Gut!
Was mich noch interessieren würde:
Wird es eine Art beziehung zwischen den beiden geben?
Sorry, dass ich mich hier plötzlich so selten melde:( .
Nun gut, innerhalb der nächsten zwei Tage gibt es wieder etwas, versprochen!
@Ultradrache: Lass dich überraschen:)
Tadaaaaa:).

Ich schreckte hoch, als Terra einen durchdringenden Pfiff ausstiess. Eine Weile herrschte daraufhin Stille, doch da begann sich etwas zu regen. Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten der Bäume. Eine Frauenstimme erklang.
„Terra, du bist es, nicht wahr?“, fragte die Stimme, und eine leichte Unsicherheit schwang darin mit.
Als Terra nickte, begann die Gestalt, sich uns zu nähern. Und als ich sie klar erkennen konnte, stiess ich einen erschrockenen Schrei aus.
Es war wie erwartet eine Frau. Weniger erwartet hatte ich jedoch, dass aus ihrem Rücken riesige, schwarze Vogelflügel ragten.
Eine entfernte, schon lang vergessene Tendenz begann mich wieder zu ergreifen. Ich zog es nämlich wieder in Erwägung, schreiend davonzulaufen. Zumindest hätte ich dies schreiend tun können, wäre nicht jegliche Luft aus meinen Lungen gewichen. Terras Hand schnellte blitzschnell hervor und ihre Finger umklammerten mein Handgelenk, was mein Herz nur noch stärker dazu antrieb, das Adrenalin durch meinen Körper zu pumpen. Wohl war sie auch zur Einsicht gekommen, dass diese ungeheuerliche Begegnung etwas zu viel für mein virtuell geschädigtes Bewusstsein war. Ich atmete stossweise, während ich dieses unglaubliche Bildnis, das sich meinen Augen bot, musterte. Am liebsten wäre ich fortgerannt, doch Terras Griff liess kein Entkommen zu. Die Frau, die vor mir stand, besass wirklich riesige Flügel, deren Spannweite gigantisch sein musste. Selbst in dem ungespreizten Zustand, in dem sie jetzt waren, reichten sie quer von über dem Kopf bis beinahe zu ihren Fussknöcheln, und die Flügelspitzen streiften schon fast den mit Kies überdeckten Boden. Würde man die Flügel weglassen, stand jedoch eigentlich eine ganz gewöhnliche Frau vor mir, mit schwarzer Bekleidung, blonden, gepflegten, schulterlangen Haaren und tiefblauen Augen, die von Terra zu meinem bleichen Antlitz schweiften und sich dabei in Ehrfurcht weiteten. In Ehrfurcht.
„Ist er es wirklich?“, hauchte sie mindestens ebenso von Überwältigung ergriffen wie ich und ihr Blick huschte wieder zu Terra, die mit einem Schmunzeln im Gesicht die für mich unergründliche Antwort gab.
„Ja“, meinte sie gelassen, was die blondhaarige Frau zum Anlass nahm, vor mir zu meiner kompletten Verwirrung tatsächlich einen Knick zu vollführen. In gebeugter, fast schon gedemütigter Haltung verharrte sie und sprach zu mir ehrend, als würde sie sich an einen König adressieren: „Der Auserwählte!“.
Ich musste meine Gedanken umformulieren. Nun herrschte die komplette Verwirrung in mir, das vorhin war nur ein Vorgeschmack dieser Ungeheuerlichkeit gewesen.
„Wie...bitte?“, presste ich verständnislos hervor, als müsste ich mich wieder auf Anweisung meiner Mutter an Eintopf verköstigen. Obwohl als solcher dargestellt, fühlte ich mich überhaupt nicht wie ein König, sofern man neuerdings königliche Gefühle nicht mit Scham und Unbehagen in Verbindung brachte. Es waren die Gefühle, die in mir herrschten, während sie sich mir allem Anschein nach unterwarf. Marco hätte diese Situation sicherlich gefallen, doch ich war nicht er. Es trug ganz und gar nicht zu meinem Wohlbefinden bei, wenn mir eine Frau zu Füssen lag. Wohl musste sich das auch an meinem Gesichtsausdruck zeigen, was auch Terra bezeugte, auch wenn ihre Reaktion darauf nur noch mehr Rätsel aufwarf. Tatsächlich ertappte ich sie dabei, wie sie eingehend meine Gesichtszüge musterte und gleichzeitig ein fast schon verträumtes Lächeln aufgesetzt hatte. Ich wusste nicht was, aber irgendwas musste ihr an meiner Reaktion gefallen.
„Du kannst wieder aufstehen, Nina. David mag es nicht, sich über mich...sich über andere zu stellen“, riet Terra. Zur tieferen Deutung ihrer Aussage blieb mir keine Zeit, da mir ein von den Flügeln verursachter Luftzug entgegenwehte, als Nina aufstand, was mich dazu veranlasste, einen Schritt rückwärts zu tätigen. Verängstigt stand ich vor ihr und konnte meine Augen von den gigantischen Schwingen nicht abwenden. Vielleicht konnte sie damit ja sogar fliegen, mutmasste ich mit einem Schlucken. Wieder zog ich in Erwägung, zu blinzeln, doch diesmal schritt ich nicht zur Tat. Ich hatte es nicht nötig, mich noch einmal zu vergewissern, dass all dies kein Traum war und dass ich dann unter Umständen noch einmal schreckartig zusammenfahren durfte. Auch hätte ich es gar nicht fertig gebracht zu blinzeln, da ich so damit beschäftigt war, meinen Augen diesen Anblick nicht zu vorzuenthalten.
„Ihr seid es wirklich...der Auserwählte“, murmelte Nina ungläubig und spreizte ihre Schwingen in einer unbewussten Bewegung, sodass sie nur noch gigantischer auf mich wirkte. Nebenbei fragte ich mich, wen sie neben mich mit „Ihr“ gemeint hatte. Doch da dämmerte es mir. Wohl war das nur eine zuvorkommende, meiner Ansicht nach veraltete Höflichkeitsform, mit der sie mich angesprochen hatte.
„Aber, aber, Nina, es besteht deswegen kein Grund, David mit höflichen Gesten und Ausdrücken zu verwirren“, meinte Terra mit einem Lächeln und warf mir einen fröhlichen Blick zu. Ich wandte mich nur kurz zu ihr, bevor ich wieder auf Nina starrte. Dafür, dass sie so ungewöhnlich war, hatte sie einen nur allzu gewöhnlichen Namen. Ich blickte abwechselnd von Nina zu Terra und stellte fest, dass sie ebenso eingehend den Blick auf mich geheftet hatten, was einen leichten Schauer über meinen Rücken schleichen liess. Ich erhielt plötzlich mehr Beachtung als das mir geheuer war, und das sogar von zwei weiblichen Wesen. Es lag eine Spannung in der Luft, die mir langsam über den Kopf zu steigen begann. Plötzlich schien ich sogar etwas Wichtiges zu sein, nur konnte ich mir nicht genau vorstellen, wieso.
„Der Auserwählte?“, fragte ich verunsichert.
Terra hatte bereits den Mund geöffnet, da liess ein weiteres Ereignis meinen Puls in die Höhe schnellen. Ein sehr erschreckendes Ereignis.
Blitzschnell schoss eine Klinge scheinbar aus dem Nichts hervor und legte sich an meine Kehle, welche sich sofort zuschnürte, bevor ich einen erschrockenen Schrei ausstossen konnte. Da ich den Schrecken nicht wörtlich verarbeiten konnte, tat dies wohl oder übel mein Herz, welches in beängstigend kurzen Abständen jeweils ein heftiges Pochen durch meinen zitternden Körper jagte. Angsterfüllt stierte ich auf die Klinge. Es war keine gewöhnliche Klinge, sondern tatsächlich die reich verzierte eines langen Schwertes. Langsam fuhr mein Blick daran entlang, und meine Augen blieben kurz am Griff des Schwertes hängen, welchen eine bleiche, ruhige Hand mit kräftiger Umklammerung festhielt. Noch bedenklicher stimmte mich die ganze Situation, als ich aufschaute und schaudernd entdeckte, wessen Hand dieses tödliche Mordwerkzeug führte.
Es war ein gross gewachsener, mich um einiges überragender Mann, der einen langen, blauen Umhang trug. Doch seine Kleidung war nicht halb so gewöhnungsbedürftig und Furcht einflössend wie die zwei geschwungenen Teufelshörner, die ihm aus der farblosen Stirn ragten. Seine Haare reichten bis zu seinen kräftigen Schultern, die er angespannt hatte, während er mich bedrohte. Seine blutleeren Lippen hatten sich bedrohlich nach unten verzogen, sodass daraus ein gefährlicher Gesichtsausdruck resultierte. Seine gräulichen Augen zeigten ebenfalls, dass er mir nicht gerade freundlich gesinnt war. Mein erster Gedanke, der mir bei diesem Anblick durch den Kopf schoss, war, dass sich mit diesem Typ nicht gut Kirschen essen liess. Diese blitzschnell hervorgerufene Annahme war durchaus nicht abwegig, kam ich zum Schluss, vor allem, als der Mann mit tiefer Stimme Unheil heischend zu sprechen begann.
„Wer ist dieser Schwächling?“, stiess er rüde hervor. Ich konnte ihm seine Bezeichnung meiner kläglichen Wenigkeit nicht übel nehmen, da ich wirklich nicht gerade stark auf der Brust war. Doch obwohl ich kaum Sport trieb und jeden Tag tonnenweise ungesunde Kost zu mir nahm, war ich nicht etwa voluminös, um es feinfühlig auszudrücken. Im Gegenteil, ich war spindeldürr und nicht gerade gross für mein Alter. Wohl ebendieser Grund war es, der beispielsweise meine Konstellation zu Marco über all die Jahre aufrecht zu erhalten vermocht hatte – bis zu Terras überraschendem Auftauchen. Das Wort „überrascht“ traf im Übrigen auch auf meine momentane Gefühlslage zu.
„Lass ihn in Ruhe, Karel“, zischte Terra gefährlicher, als ich ihr zugetraut hätte, worauf er keine Anstalten machte, von mir abzulassen. Ich schluckte und der Schweiss lief mir über die Stirn. Langsam, aber sicher begann ich um mein Leben zu fürchten. Nicht, dass es von viel Wert gewesen wäre, noch, dass ich mich fest daran hätte klammern wollen, doch es war wohl einfach der Instinkt des Überlebens, der mich erfasste. Eigentlich hätte es mir auch nicht viel ausgemacht, zu sterben, denn es gab ja sowieso niemand, der...
Aus unerklärlichen Gründen brach ich den Gedanken ab, als ich Terra gewahr wurde. Wieder konnte ich diese...Sorge ausmachen, die mir durch ihren Blick zufloss. Es erschien mir unerklärlich, weshalb sie sich Sorgen um mich machen müsste, genauso unerklärlich, wie dass ich irgendein „Auserwählter“ sein sollte.
„Wieso sollte ich? Er ist ein Mensch!“, rief Karel aufbrausend und presste seine Klinge noch fester gegen meine Kehle. Ich musste mich beherrschen, mich nicht zu bewegen.
„Er ist nicht irgendein Mensch...er ist der Auserwählte“, antwortete Terra fast schon beschwörend. Nina hielt den Atem an und flatterte ein wenig mit ihren riesigen Schwingen, worauf sie bestätigte: „Es ist wahr. Es kann nicht nur Einbildung sein, dass ich seine prickelnde Präsenz geradezu spüre“.
Mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck starrte mich Karel an und liess sein Schwert sinken.
„Der Auserwählte? Bist du das wirklich?“, fragte er und musterte mich, worauf ein spöttischer Ausdruck auf seinem Gesicht erschien. Ich erwiderte nichts, sondern schwieg nur verständnislos. Beim besten Willen wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Und vor allem erschauderte ich von den Worten, die Nina über die Lippen gekommen waren.
Terra machte einen Schritt auf mich zu, worauf sie meinte: „Ich spüre es ebenfalls...David...ich weiss, dass du der Auserwählte bist...ich kann es fühlen, mehr als alles andere“.
Ich wusste zwar immer noch nicht, was für eine Rolle ich plötzlich einnahm, doch allein schon, wie Terra mich angesprochen hatte, liess mich erschaudern. In der hellen, durchdringenden Stimme schwang eine ungewohnt tiefe Wärme mit, die mich in stiller Überwältigung dastehen liess. Ich vermochte die Stille nicht zu durchbrechen, so wie ich es nie vermocht hatte, doch meine Gefühle wirbelten wild in meinem Kopf umher und drohten mich zu übermannen, brachen mit aller Kraft auf mich ein. Diese Beachtung, die sie mir von Anfang an geschenkt hatte, wurde mir erneut vor Augen geführt, und wieder durchströmte mich diese kribbelnde Aufregung. Meine Gedanken begannen abzuschweifen, doch schnell wurde ich wieder auf den Boden geholt, als Karel sprach:
„Pah, ich kann auf jeden Fall nichts fühlen“.
Darauf erwiderte Terra schnippisch: „Das war in Anbetracht deiner groben Art auch nicht anders zu erwarten“.
Einen Moment lang schwieg Karel, als müsste er ihre Stichelei erst noch verarbeiten, doch dann erwiderte er: „Mal angenommen, wir enthüllen ihm nun seinen Daseinszweck. Wer kann uns garantieren, dass er wirklich bereit ist, seinem Schicksal gegenüberzutreten? Wer kann uns garantieren, dass er uns nicht verrät?“.
Terra winkte gelassen ab und antwortete: „Ach, sei doch nicht albern. Warum in aller Welt sollte David uns verraten? Und vor allem: An wen sollte er uns verraten? Und du nimmst noch allen Ernstes an, dass ihm jemand auch noch glauben würde? Und zudem kann ich dir sagen, wer hier für Garantie sorgt: Ich“. Sie wandte sich mir zu und fuhr sanft fort: „Ich werde schon dafür sorgen, dass du verstehst. Und ich werde auch dafür sorgen, dass dir nichts zustösst, David“.
Immer noch stand ich schweigend da und verstand immer noch nicht, wovon hier alle die ganze Zeit redeten, während ich ergriffen auf Terra starrte. Auf irgendeine Weise schien ich dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Wichtiger, als mir geheuer war.
„Unglaublich...du bist der Auserwählte. Ein schwächlicher Mensch noch dazu. Ich glaube nicht, dass deine armselige Kraft dazu ausreicht, das Tor zu öffnen“, knurrte Karel spöttisch.
„Karel. Es reicht“, gebot Terra scharf Einhalt, so scharf, dass ich leicht zusammenzuckte.
Wütend wirbelte dieser daraufhin zu Terra und Nina herum und rief ungläubig, die Wut in der Stimme nicht verbergend: „Ihr wollt mir also weismachen, dass ihr diesem Schwächling wirklich vertraut?“.
Obwohl er laut gesprochen hatte, verlor sich seine Stimme überraschend schnell in einer Stille, die aber nicht betroffen oder gar angsterfüllt wirke. Mehr drückte sie Terras und Ninas geistige Überlegtheit aus, wenn nicht sogar Überlegenheit Karel gegenüber. An den sich leicht unterscheidenden Reaktionen der beiden Frauen liessen sich ihre Wesenszüge erkennen. Obwohl sie beide sich nicht sofort masslos einschüchtern liessen, waren sie verschieden. Während Nina kaum merklich zurückwich und dabei einen etwas gekränkten, wenn auch eine Spur respektvollen Blick aufsetzte, zuckte Terra nicht einmal mit der Wimper. Stattdessen starrte sie kühn, schon fast herausfordernd zurück und über ihr Gesicht huschte ein leichtes, lockeres Lächeln. Selbst von Karel liess sich Terra nicht unterkriegen. Doch sie zeigte dies in einer sanften, wenn auch ausdrucksvollen Art, nicht wie beispielsweise eine gewisse parfümierte Mitschülerin. Ich musste mich beherrschen, nicht bezaubert zu wirken, während ich sie in Augenschein nahm. „Natürlich“, schoss sie überzeugt hervor und würdigte mich eines raschen, verheissungsvollen Blickes. Nina nickte nach einigem Zögern zustimmend, worauf Karel aufgebracht den Kopf schüttelte, jedoch nichts mehr sagte. Am liebsten hätte ich gegrinst, unterliess es aber dann doch, als ich entdeckte, dass Karel auf seinem Rücken sogar noch ein zweites, nicht minder gefährlich aussehendes Schwert trug. Gleichzeitig war auch ein Gefühl der Befremdung in mir. Bisher war ich ja eigentlich nie beachtet oder geschätzt worden vom weiblichen Geschlecht. Oder vielleicht war ich auch zu sehr in mich selbst verkrochen, um es bisher wahrgenommen zu haben. Letztere Variante erschien mir ebenso wahrscheinlich wie die erste, jedoch kreisten meine Gedanken momentan nicht um diesen Teilaspekt. Mehr zu Bedenken gab mir, dass sich dies auf einmal geändert hatte, oder zumindest hatte es den Anschein danach. Ich konnte mir auch nicht erklären, wieso. Vielleicht hing es ja lediglich damit zusammen, dass ich der „Auserwählte“ war oder was auch immer, was mich sogleich wieder ein wenig betrübte. Und dass es mich überhaupt betrübte, liess diese Befremdung in mir nur noch reicher entfachen. Bislang hatte ich mich auf jeden Fall nicht gross um solche und ähnliche Dinge gekümmert, bis jetzt. Dies liess wieder den Gedanken der Veränderung durch meinen Kopf streichen. Ich konnte sie nicht mehr abstreiten. Sie kam unausweichlich auf mich zu. Schon von Anfang an hatte ich es gewusst, und nun, letztendlich, hatte sich mein Gedanke bestätigt. Gleichzeitig brachte ich jedoch nicht den Mut auf, zu fragen, was es mit alldem auf sich hatte. Lediglich eine stille, ängstliche Erwartung machte sich in mir breit, während ich schwieg und dabei unmerklich nervös von einem Bein auf das andere stand. Eigentlich war ich ja nie jemand gewesen, der Menschen beobachtend und mit offenen Augen durch die Umgebung zu gehen pflegte. Doch nun konnte ich die Augen von diesen ungewöhnlichen Menschen einfach nicht abwenden. Besser gesagt waren es ja eigentlich Übermenschen.
Nachdem mir Terra erneut einen freundlichen Blick zugeworfen hatte, schritt sie ohne ein Wort zu sagen zu einer Feuerstelle, die hier oben ihr Dasein fristete. Das Dämmerlicht liess die Asche, vor die sich Terra niederkniete, nur spärlich ausmachen. Umso mehr ausmachen liess sich jedoch, was auf einmal geschah: Aus Terras Fingerspitzen, so erschreckend es auch schien, schossen plötzlich züngelnde Flammen hervor. Meine Kinnlade unternahm eine Reise, die senkrecht nach unten führte und nach kurzem Weg abrupt wieder endete, was bewirkte, das mein Mund offen stehen blieb. Zumindest verspürte ich diesmal nicht das Bedürfnis, meiner Verblüffung laut schreiend Ausdruck zu verleihen, was auch in Anbetracht des zwielichtigen jungen Mannes mit Mordpotenzial, der neben mir stand, auch gut so war. Die einzelnen Flammen, die aus Terras Fingern geschossen waren, vereinten sich bald wirbelnd zu einem Feuer, und als ein Windstoss über mein Gesicht strich, konnte ich die vom Feuer ausgehende Wärme regelrecht spüren. Argwöhnisch, schon fast besorgt stierte ich auf Terras Hände, doch sie wiesen wiederum keine Verbrennungen auf. Ein Schauer überkam mich, als mir klar wurde, dass ich erneut Zeuge einer Übernatürlichkeit geworden war, die wohl in Terras Welt gar nicht so übernatürlich war. Das Feuer, das sich inzwischen klar manifestiert hatte, schien ebenfalls nicht die Lust zu verspüren, irgendwelchen läppischen Naturgesetzen zu gehorchen. Es schwebte fröhlich ein Stück über der Asche in der Luft. Ich blieb immer noch wie erstarrt stehen, während sich Karel und Nina ebenfalls an das Feuer begaben und sich setzten. Alles, was ich in diesem Moment hervorbrachte oder eben nicht hervorbrachte, war ein Schlucken. Mir war bewusst, dass diese Geste wohl fast ein wenig comicartig wirken musste, weshalb ich beschloss, sie in Zukunft zu unterlassen.
„Komm, David, willst du dich nicht zu uns setzen?“, fragte Terra einladend, und mir war, als hätte ich nebenbei Karels leises, aber deshalb nicht minder wütend wirkendes Schnauben vernommen, während ich mich bemühte, nicht in Ninas tiefblaue Augen zu starren, als sie mich ungehemmt erwartungsvoll fixierte. Trotz dem unguten Gefühl im Magen blieb mir wohl nichts anderes übrig, als ihrer Einladung zu folgen. Zögernd näherte ich mich der Feuerstelle, und sogleich stellte sich mir die Frage, wohin ich mich setzen wollte. Zu Karel oder zwischen Terra und Nina. Ich entschied mich schnell für letztere Variante, da mir der junge Mann alles andere als sympathisch war. Ich begab mich für gewöhnlich nicht oft freiwillig in die Gesellschaft oder gar Nähe zur holden Weiblichkeit, trotz meines mehr oder weniger stolzen Alters von 16 Jahren. Ich war dazu wohl einfach immer zu schüchtern oder asozial gewesen, je nachdem, nach welchem Standpunkt betrachtet. Doch lieber teilte ich den Raum mit zwei friedfertigen Exemplaren vom schönen Geschlecht anstatt mit einem unberechenbaren, blutrünstigen...gedanklich weiterzuführen wusste ich die Bezeichnung für Karel nicht. Zudem hatte Terra etwas an sich, dem ich mich auf unerklärliche Weise nicht entziehen konnte. Ich wusste nicht, was es war, doch ich wusste, dass es da war. Ganz geheuer war mir trotzdem nicht, als ich meinen Entscheid in die Tat umsetzte. Ich versuchte möglichst, meinen Blick in das Feuer zu richten, damit mir Ninas blaue Augen oder Terras leuchtend grüne Haare nicht in die Augen stechen konnten. Unglücklicherweise war mein Sichtfeld aus natürlichen Gründen so breit, dass meine Augenwinkel trotzdem davon betroffen waren. Nina musterte mich unablässig und Terras Lächeln auf den Lippen verriet, dass sie offensichtlich erfreut darüber war, dass ich mich in ihre Nähe begeben hatte. Unwillkürlich nahm ich Terra ganz in Augenschein, und ich ertappte mich dabei, wie ich mich ihr tatsächlich zuwandte, um in den vollen Genuss ihrer Präsenz...verwirrt blinzelte ich, als mir bewusst wurde, was ich da eigentlich dachte, und das auch noch mit dieser anzüglichen Wortwahl. Schnell wandte ich meinen Blick von ihr ab...und irgendwie fiel es mir sogar schwer. Mit einem fremdartigen Gefühl starrte ich wieder ins Feuer. Ich glaubte, wieder diese überwältigende Wärme zu fühlen. Es war dieselbe Wärme, die ich gespürt hatte, als Terra mir die Hand gereicht hatte, als ich am Boden lag.
Papperlapapp, das kommt nur vom Feuer, du realitätsferner Träumer, dachte ich. Länger darüber nachgrübeln konnte ich jedoch nicht, da Terra das Wort an mich richtete.
„Nun, David, du willst sicherlich erfahren, über was wir hier reden, nicht wahr?“, fragte sie erwartungsvoll.
„Äh...hmmmm...ja“, druckste ich nervös herum.
wow. ich hab auch mal gelesen (ich les eigentlich alles^^) und das hier gefällt mir. ich hab eigentlich nix zu bemängeln,nich mal ne kleinigkeit. Aber ich werd im nächsten teil weitersuchen! (ob ich was finde? glaub ich eher nich!)
Schreibst du irgendwann noch mal weiter?
also... bis jetz ging das doch eig. ganz flott voran!^^
Ja, ja, keine Sorge:). Im Word habe ich schon das meiste, aber solche Abschnitte zu posten nimmt trotzdem etwas Zeit in Anspruch, wegen den Absätzen usw.
Das hier verläuft schon nicht im Sande, auf genügend Nachfrage hin bin ich natürlich immerzu bereit, weiterzuposten:)
jah, weiter posten XD!
Aber Hallo
weiter!
(du wolltest ja Nachfrage!^^)
Wenns was zu meckern gibt, dann meckert ruhig. Hallo Kritiker, wo seid ihr? XD. Übrigens habe ich beschlossen, meine (überhaupt nicht mehr normale) Geschichte nach dieser gewissen grünhaarigen Person zu benennen. Sie spielt nämlich im eigentlichen Sinne die grosse Schlüsselrolle, was wohl auch zweifellos erkennbar ist. Kann man den Titel des Threads irgendwie ändern? *Achselzuck*.
Noch ne Frage: Ich habe mittlerweile einen kurzen Prolog zur Geschichte geschrieben. Soll ich den auch noch reinstellen?
Naja, weiter geht's!:)

„Na dann, lass es mich dir erklären“. Sie holte tief Luft und fuhr dann weiter: „Wir, Karel, Nina und ich, sind von einer anderen Welt, wie ich dir sicherlich schon erklärt habe. In dieser Welt herrschen Dinge vor, die komplett anders sind als in deiner Welt, und doch sind sich die zwei Welten nah. Der Planet Erde, wie du ihn kennst, besteht in zwei Dimensionen: In unserer und in deiner. Doch der Krieg vor mehr als einem Jahr erschütterte unsere Welt. Es war ein Krieg, grausamer als alle Kriege davor. Es war ein Kampf gegen die dunklen Dämonen, angeführt von einem schrecklichen Wesen namens Dämonenkönig. Sie entsprangen einem Ort, der sich im Nichts befindet, zwischen meiner und deiner Welt, ein Ort namens Pandämonium. In diesem Krieg kämpften für ein Mal alle Völker unserer Welt gemeinsam: Solmagier, Shivas, und die Menschen. In einer alles entscheidenden Schlacht, in der wir drei zusammenfanden, konnte die Armee des Dämonenkönigs schliesslich zerstört werden. Doch der Dämonenkönig selbst entkam durch ein Dimensionstor, durch das wir drei ebenfalls geschleudert wurden. Und so sind wir hier gelandet“.
Eine Zeit lang schwieg ich und kam in Versuchung, den Kopf zu schütteln. Das klang alles vollkommen irrsinnig, so irrsinnig, dass es wahr sein musste. Ich wusste nicht so recht, ob ich vielleicht lachen sollte. Doch ich musste mich wohl oder übel beherrschen, während ich zweifelnd fragte:
„Ihr...habt wirklich in einem Krieg gekämpft?“
Terra nickte und erklärte: „Und das nicht etwa grundlos. Meine Eltern wurden von Dämonen getötet, die unser Dorf angriffen. Glücklicherweise waren es damals nicht sehr viele, jedoch...in jener Nacht schwor ich Rache...“.
Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich und ich konnte sehen, wie sie ihren Körper anspannte. Tiefes Mitleid erfasste mich, jedoch auch eine Angst.
Nina meinte: „Ich wurde ausgestossen, weil alle dachten, ich mit meinen schwarzen Flügeln sei verantwortlich für die Misere. Der König höchstpersönlich hat dafür gesorgt, dass ich verschwinde. Alle unseres Volkes, musst du wissen, haben weisse Flügel….“.
„König...?“, fragte ich ungläubig.
Terra schmunzelte und erklärte: „Unsere Welt wird von Königen regiert. Der in der Shiva-Hauptstadt Windia ist gemeint, nicht wahr, Nina?“.
Nina nickte düster und fügte hinzu: „Ich wurde verbannt...gedemütigt...aus einem Grund, den ich nicht auszulöschen vermochte. Seit der Geburt trage ich nun diese Schwingen...und sie haben mir nur Elend und Verderben gebracht. Ich wurde von meinem Volk verachtet. Sie dachten, Dämonenblut fliesse durch meine Adern. Mein Vater und meine Mutter haben mich verleumdet...ich wurde als eine Art...Missgeburt betrachtet. Dann, als die Dämonen kamen, wurde ich ausgeschlossen. Vater und Mutter schienen mich nicht mehr zu kennen, und ich hatte in Windia niemanden mehr, dem ich vertrauen konnte. Dann...trat Karel in mein Leben. Ich wusste sofort, dass wir etwas gemeinsam hatten...“.
Karel knurrte grimmig und bestätigte: „Das hatten wir auch. Ich erlitt das gleiche Schicksal wie Nina. Nur waren es bei mir die Menschen, die mich ausgrenzten. Das ist wohl das einzige, wozu deine schwächliche Rasse fähig ist!“. Er setzte einen bedrohlichen Gesichtsausdruck auf und ich wich ängstlich zurück, während er den Schwertgriff packte.
„Karel! Nicht alle Menschen sind gleich!“, rief Terra forsch, woraufhin Stille herrschte. Es war ein bitteres Schweigen, das sich entfaltete, als Karels bleiche Hand widerwillig vom Schwert abliess. Ein mulmiges Gefühl kroch in mir hoch. Allem Anschein nach ging in Terras Welt nicht alles fröhlich zu und her. Nachdem Terra Karel einen mahnenden Blick zugeworfen hatte, nahm sie mich in Augenschein und brachte auch tatsächlich ein unbeschwertes Lächeln zustande. Irritiert blinzelte ich. Obwohl sie ihre schwere Vergangenheit wieder eingeholt hatte, störte sie sich nicht daran, wie ich aus ihrem Gesichtsausdruck schloss. Es lag eine gewisse Kühnheit in ihren Augen, als ob sie sich bewusst wäre, dass man an der Vergangenheit nichts mehr ändern konnte. Als ob sie wüsste, dass nun alles an der Zukunft lag, und dass sie all ihre Kraft (die allem Anschein nach trotz ihrer Zierlichkeit stärker als meine war, wohlgemerkt) einsetzen musste, um sie zu retten. Ein leichter Schauer überkam mich, und ich fühlte mich, als würde ihr Blick mich geradewegs durchdringen. Ich wandte mich Nina zu, die anders mit der Situation umging. Gedankenverloren, mit dem Blick in vergangene Ereignisse, stierte sie in das lodernde Feuer, und auf ihrem Gesicht tanzte das Licht der Flammen. Karel hingegen sah aus, als ob er mir gleich an die Kehle springen wollte. Mit einer Mischung aus Spott und Verachtung starrte er mir entgegen, mit einer unverkennbaren Spur von Ungläubigkeit. Ich senkte meinen Blick und liess mich lieber vom Feuer blenden anstatt von seinen Augen, das mir im Gegensatz zu seinem tödlichen Blick Wärme schenkte. Es war mir ungeheuer, wie grob er mich behandelte, jedoch konnte ich ihn nun irgendwie verstehen. Auch ich war ausgegrenzt worden und wurde dies immer noch von Mitschülern, und ich wusste, wie es war, niemanden zu haben, der einem nahe stand. Doch zwischen ihm und mir bestand darin eine Gegensätzlichkeit, wie wir unsere missliche Lage verarbeiteten. Während er allem Anschein nach hohes Aggressionspotenzial gegen meine „Rasse“ entwickelt hatte, war ich eher in mich selbst gekrochen und hatte mich abgeschottet. So mehr oder weniger liebenswürdig, wie ich zu sein pflegte (Das sollte jetzt nicht etwa eine grossartige Selbstverherrlichung sein), war ich der Gewalt eher abgeneigt – zumindest der körperlichen, was auch an meiner offensichtlichen Schwäche lag. Verbal oder zumindest gedanklich verbal sah es schon ein wenig anders aus, wie meine unzähligen Flüche gegen Marco bestätigten. Doch eines hatten wir, so wie wir alle versammelt um das Feuer sassen, gemeinsam: Es gab Probleme in unserem Leben. Wie gravierend sie waren, das war die andere Frage. Meines schien gegen ihre so leicht wie eine Feder zu sein. Terra machte jedoch als einzige dieses ungewöhnliche Paradoxon aus. Obwohl sie wohl den schwersten Verlust von uns allen zu ertragen hatte, nahm sie ihn am leichtesten hin. Auf irgendeine Weise schien sie damit wahrlich fertig zu werden, dass ihre Eltern gestorben waren. Wie sie das schaffte, war mir ein Rätsel. Dass sie es jedoch schaffte, löste in mir so etwas wie Verwunderung aus, ein weiteres Gefühl neben unzähligen anderen, die durcheinander wirbelten, während ich sie anblickte.
Sie fuhr fort:
„Und hier kommst du ins Spiel, David“.
„...Ich?“, murmelte ich argwöhnisch.
Sie nickte und erklärte: „Der Dämonenkönig ist noch nicht vernichtet. Er verweilt nun wieder in seiner Residenz, dem Pandämonium. Und da es zwischen den Welten liegt, ist es unabwendbar, da er nun, von uns geschlagen, in deine Welt dringen wird und die Herrschaft an sich zu reissen versucht“.
„In meine Welt...was soll das heissen?!“, rief ich mit einem Anflug von schleichender Panik.
„Das soll heissen, dass Marco bald unser kleinstes Problem sein wird“. Sie lächelte mir entgegen.
„Seine dunklen Kreaturen warten nur darauf, das Angesicht dieser Welt zu entstellen“, murmelte Nina düster, und ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit.
„Die Dämonen...sie kommen...hierher?“, mutmasste ich ängstlich, und auf Karels Gesicht erschien ein abfälliges, spöttisches Grinsen.
„Hast du etwa Angst, Auserwählter?“, zischte er fast schon boshaft und lachte mit diabolischen Zügen. Wenn ich ehrlich gewesen wäre, hätte ich genickt, doch ich unterliess zu meinem Wohl diese aufschlussreiche Geste. Terra bestätigte meine scheue Annahme erneut mit einem leichten, aber nun ernsten Nicken.
„Und...und...weshalb sollte ich hier jetzt genau ins Spiel kommen?“, hakte ich nach.
„Eine alte Legende besagt, dass nur jemand es vermag, das Tor zum Pandämonium ausfindig zu machen und zu öffnen. Dieser Jemand ist der Auserwählte. Das bist du, Janos“, schloss Terra kurzum ab.
„Ach...wirklich?“, gab ich zurück und nun konnte ich mir ein ungläubiges Prusten nicht mehr verkneifen. Ich war mir sicher, nun war der Gipfel des Irrsinns erreicht, und ich wusste nicht, ob ich mich wirklich glücklich schätzen konnte, diesen zu erleben. Doch eines wusste ich: Ich konnte dieser ganzen Geschichte nur schwerlich Glauben schenken. Es war einfach komplett...irrsinnig. Ein besseres Wort liess sich für diese Situation einfach nicht finden.
Anm. des Autors: Es liesse sich eigentlich doch finden, doch mein kläglicher Wortschatz vermag es nicht, diese gar kosmisch entfernten Grenzen zu überschreiten.
„Dank deiner Hilfe werden wir den Dämonenkönig endgültig vernichten können“, meinte Nina, und in ihrer Stimme schwang eine Spur von Erleichterung oder gar Hoffnung mit.
„Sofern man bei deinem unwürdigen, menschlichen Anblick überhaupt von Hilfe sprechen kann“, fügte Karel bissig hinzu und würdigte mich eines weiteren, verachtenden Blickes.
„Karel!“, riefen Terra und Nina gleichzeitig so empört, dass ich meinen Ohren nicht ganz zu trauen vermochte. Nicht Karels Bemerkung brachten mich in diese Lage, sondern die erboste, hitzige Stimmlage beider Frauen. Ihnen lag nun definitiv etwas an mir, das konnte man nicht mehr abstreiten. Unauffällig schielte ich zu Terra und hob verwundert die Augenbrauen, als ich ihren fast schon gefährlich anmutigen...ich meinte natürlich anmutenden Blick bemerkte, den sie auf Karel gerichtet hatte. Innerlich lachte ich auf, als ich Karel musterte. Er machte einen beleidigten Eindruck, jedoch schwieg er in stillem Protest. Meine Gedanken lenkten sich jedoch wieder auf diese seltsame Geschichte, die ich stark bezweifelte...zumindest den letzten Teil davon.
„Es kann doch nicht sein, dass gerade ich der...Auserwählte bin, oder? Ich meine, es gibt über sechs Milliarden Menschen auf der Welt, und gerade ich sollte zu etwas Besonderem fähig sein?“
„Es ist wahr, David. Du bist etwas Besonderes“, erwiderte Terra eindringlich. Ich musste mich beherrschen, nicht bitter aufzulachen. Wenn ich etwas Besonderes wäre, hätte ich schon längst mehr Erfolg und Ansehen in meinem Leben errungen. Alles jedoch, was mich durch das Leben begleitete, waren meine Mutter und mein bemitleidenswerter Computer, dessen Bildschirm jeden Tag mein vermaledeites Antlitz erdulden musste. Ich war nicht sonderlich sozialkompetent, hatte keine richtigen Freunde, keine besonderen Talente (auch meine Mutter da natürlich anderer Meinung war) und war hoffnungslos fehl am Platze. Letztlich hinzu machten mich mein unergründliches Verhalten und meine introvertierte Art zu einem rundum kläglichen Menschen, der von Innen her von Zweifeln zerfressen wurde. Ich musste zugeben, nicht selten hatte ich auch schon an Selbstmord gedacht...es gab eigentlich nichts, das mich im Leben hielt. Nichts, das mir zu helfen vermochte. Nichts, von dem ich wirklich sagen konnte, das mir nach dem Tod fehlen würde. Nichts, wozu ich es bringen würde. Und das grösste Nichts, das war zweifelsohne ich. Ich, David, war ein Nichts. Es hätte mich nicht gewundert, wenn nun plötzlich jemand erschienen wäre und mir gesagt hätte, dass ich eigentlich keine Daseinsberechtigung hatte. Dass es mich eigentlich gar nicht geben sollte, war ich doch ein Nichts. Ich sah schon den Galgen vor mir, still in der Morgensonne auf sein Opfer wartend. Und es war ebenso unvermeidlich wie einleuchtend, dass ich dieses Opfer sein würde. Ich würde mich dieser simplen Tatsache fügen und den Tod wählen. So, wie ich mich schon immer stillschweigend gefügt hatte, befand ich mich in einer Gruppe von Menschen. Das Potenzial zu einem Dickkopf war zwar da, und auch wenn ich mich nur manchmal meiner Mutter gegenüber so verhielt, zeugte es doch von Egoismus. Der Galgen wartete...
„David! Du bist kein Nichts!“, zerriss Terras durchdringende Stimme die Stille. Mit weit aufgerissenen Augen, als wäre ich aus einem Albtraum erwacht, starrte ich in ihr Gesicht, als sie meine Hand packte. Ein ungewohntes, völlig fremdes Gefühl traf mich wie ein Blitz, als ihre Finger zwischen meine fuhren und sie mich mitleidig anschaute. Ich blickte direkt in ihre blaugrünen, türkisfarbenen Augen, und auf einmal begann mich wieder diese Wärme zu durchströmen. Ich konnte mir nicht erklären wieso, aber sie war da. Plötzlich erschloss sich meinem geistigen Auge ein ebenso seltsames wie völlig überraschendes Bild:
Immer noch sah ich den Galgen vor mir, doch daneben stand Terra. Sie schwang ein Schwert und durchtrennte mit einem kräftigen Hieb den Strang, der daraufhin haltlos zu Boden fiel. Mir stockte der Atem und mein Herz fing an zu pochen, auch als das Bild schon längst wieder verschwunden war.
„Du bist kein Nichts, hörst du?“. Ihre Worte frassen sich wie Pfeile in mein Gehirn, und ich begann kaum merklich zu Zittern. Stammelnd brachte ich über die bebenden Lippen:
„Ich...nun...ich weiss nicht...“. Meine Stimme erstarb. Sie erstarb angesichts dieses ungeheuerlichen, kleinen...Funken...an Hoffnung, Freude, der in mir erglimmte.
„David, ich weiss, dass du nun eine schwere Bürde auf dir trägst. Doch du darfst dich nicht von ihr in die Knie zwingen lassen, sowie ich versuche, dazu beizutragen. Nina und ich glauben an dich...vielleicht auch Karel, wer weiss“, meinte sie mit einem Schmunzeln und fuhr dann fort, „Aber damit wir unser Ziel erreichen können, musst du auch an dich selber glauben. Glaube an dich!“.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Meine Lippen waren versiegelt. Gemischte Gefühle durchzogen mein Inneres. Auf der einen Seite war es das befremdende Gefühl, beachtet zu werden, auf der anderen Seite war ich immer noch höchst skeptisch gegenüber dieser Geschichte. Ich beschloss, der Sache detektivisch auf den Grund zu gehen.
„Ich...dies mag zwar richtig so sein...doch...was beweist eigentlich, dass ich der grosse Auserwählte bin? Ich meine, besonders heldenhaft sehe ich ja nicht aus“.
Karel gab ein spöttisches Lachen von sich, doch Terra beachtete ihn nicht, als sie überzeugt erklärte: „Wie ich schon gesagt habe, ich kann es fühlen. Dieses Gefühl...es durchströmt meinen ganzen Körper. Schon das erste Mal, als ich dich sah, wusste ich es. Du wirst in der Lage sein, das Tor zum Pandämonium zu öffnen“.
„Du...vertraust also einzig und allein deinen...Gefühlen?“, fragte ich zögernd.
„Ja“, erwiderte sie überzeugt nickend, und erneut kam mir ein prickelnder Schauer über den Rücken.
„Du bist auch der einzige Grund, weshalb ich an die Schule kam“. Ihre Lippen umkräuselte ein Lächeln, als sie fortfuhr: „Ich war wohl auch die einzige von uns dreien, die in der Lage war, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wer weiss, welchen Aufruhr Karel oder gar Nina verursacht hätten, hätten sie sich gezeigt. Allem Anschein nach leben in dieser Welt doch nur Menschen, und daher ist es klar, dass sie auf Nina und Karel erschrocken reagiert hätten, so wie du, hihi. Deshalb war auch nur ich es, die in der Lage war, die Gegend auszukundschaften, nachdem wir hier in diesem Wald gelandet waren. Zugegeben, anfänglich war ich auch sehr verwirrt, als ich all die fremden Dinge sah. In unserer Welt herrschen nämlich noch recht altmodische Technologien vor, im Vergleich zu dieser. Doch dann begann ich zu verstehen, zu begreifen, dass unsere Mission noch nicht abgeschlossen war. Ich musste den Auserwählten finden, oder wir waren zum Scheitern verurteilt. Unsere Lage schien verzweifelt, und es schien keinen Ausweg zu geben...bis ich dich getroffen hatte. Nun, getroffen trifft es vielleicht nicht ganz, aber ich habe dich das erste Mal hier beobachtet, als du mit deiner Klasse einen Ausflug unternahmst. Ich habe dich aus dem Schatten der Bäume heraus betrachtet. Du stachst mir sofort ins Auge, und ich hatte seitdem dieses untrügliche Gefühl, dass du der Auserwählte bist. Und ich bin nicht abgeneigt zu sagen, dass sich meine Gefühle bisher immer bestätigt hatten. Und ich weiss, so wird es auch in diesem Fall sein. Doch welchen Nutzen hat ein Auserwählter, der nicht von seinem Schicksal Bescheid weiss? So beschloss ich, dich sozusagen aufzuklären. Es war ein leichtes, das Wissen und die Gedanken der werten Lehrerschaft zu benutzen und zu verändern. Ich konnte sie beispielsweise denken lassen, dass ich eine neue Schülerin wäre. Auch war mir das Wissen über andere Sprachen dieser Welt sehr nützlich. Wie auch immer, wenn man es damit übertreibt, kann es unangenehme Folgen haben...wie beispielsweise bei Mark...oh, ich meine natürlich Herrn Hintermann. Erinnerst du dich noch daran, als ich gesagt hatte, ich hätte es übertrieben? Nun, das lag daran, dass Herr Hintermann aussergewöhnlich lange und intensiv meiner Gedankenmagie ausgesetzt war, wie auch einige andere Lehrer. Zuerst spüren die meisten Lebewesen, die wir gedanklich magisch beeinflussen, nur ein leichtes Kribbeln im Kopf. Doch mit der Zeit kann dies zu heftigen Kopfschmerzen führen...und wenn man die Grenzzeit überschreitet, kann es zur unheilbaren Schädigung im Gehirn, der Migräne kommen...dieses unglückliche Schicksal hat Herrn Hintermann also ereilt. Und es war einzig und allein mein Fehler, dass er nun für sein ganzes restliches Leben Schmerzen ertragen muss. Es...tut mir ja so leid...“.
Sie blickte betrübt auf den Boden, und ich versuchte sie aufzumuntern.
„Es ist ja doch nicht so schlimm...oder?
Sie wiegte den Kopf hin und her und nickte schliesslich zögernd.
Ich musste mich zuerst überwinden, bevor ich das Gespräch nach meinem Interesse zu lenken vermochte:
„Wenn ich also wirklich der Auserwählte bin...wenn ich also wirklich dazu auserwählt bin, das Tor zum Pandämonium zu öffnen...was geschähe dann? Und vor allem...wo befindet sich dieses Tor überhaupt?“
Nina seufzte und erklärte dann: „Das ist eben der Haken an der Sache. Wir wissen nicht genau, wo sich das Tor befindet. Das einzige, worauf wir zählen können, ist, dass es hier in der Nähe sein muss, sind wir doch hier gelandet. Irgendwo in diesem Dorf muss es sich befinden. Doch es ist aussichtslos, danach zu suchen, bevor sich die Dämonen nicht zeigen. Wir müssen auf erste Anzeichen seiner dunklen Machenschaften warten“.
„Wie bitte!? Das heisst, wir warten fröhlich darauf, bis eines schönen, sonnigen Tages eine Dämonenarmee auftaucht und die Menschheit vernichtet, und erst dann können wir dieses Tor finden?“
Die Vorstellung, dass sich gerade in meinem lächerlichen, kleinen Dorf ein Tor zu einer dunklen Zwischenwelt befinden sollte, erschien mir ebenso lächerlich wie Furcht einflössend. Doch es musste wohl oder übel wahr sein.
„Nun, man findet die Quelle auch nur bedingt, bevor nicht ihr klares Wasser an die Oberfläche dringt. Und im Übrigen kann ich dir sagen, was geschieht, wenn du das Tor öffnest: Wir werden in die berüchtigte Residenz des Dämonenkönigs eindringen und ihn eigenhändig vernichten“, meinte Terra achselzuckend, fast schon beiläufig. Nebenbei hatte sie auch wieder dieses kühne Lächeln aufgesetzt, als würde ihr die Vorstellung tatsächlich gefallen, mit Dämonen, einem Haufen schneller Herzschläge, verbotenen Mengen von Adrenalin und Nervenkitzel konfrontiert zu werden. Kurzum alle Dinge, auf die ich nicht sonderlich erpicht war. Verständnislos, wenn auch mit einem unwillkürlichen Lächeln starrte ich sie an und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Meine Aufgabe ist es also einfach, dieses Tor zu öffnen...hmmm...das klingt gar nicht Mal so schwer, ich glaube, das könnte ich gerade noch so knapp vollbringen“, murmelte ich belustigt, und über Ninas Gesicht huschte ebenfalls ein Lächeln.
Da meldete sich eine missmutig grummelnde Stimme, die einem gewissen besonders missmutigen und mir sehr Abgeneigten jungen Mann gehörte.
„Und wage es ja nicht, uns nach der Vollbringung deiner lächerlichen Aufgabe uns weiterhin ein Klotz am Bein zu sein. Sofern du bis dahin noch lebst“, knurrte Karel spöttisch.
„Karel!“, riefen Terra und Nina erbost, und diesmal konnte ich mir nicht mehr helfen. Es musste sich einfach ein breites, sehr breites Grinsen über mein ganzes Gesicht ziehen. Besorgt wandte sich Terra mir zu und gab mir eindringlich zu verstehen: „David. Du weißt, was deine Aufgabe ist. Und du wirst dich auch nach dessen Vollendung entscheiden können, ob du mit uns kommst oder nicht. Und ich muss ehrlich sagen, mir wäre die erste Variante lieber. Wir können nämlich jede Hilfe gebrauchen“.
„Hilfe? Hilfe?! Ich glaube nicht, dass dieser Schwächling uns wirklich eine grosse Hilfe sein wird“. Karel hatte sich wieder herablassend gemeldet, wie sollte es anders sein.
„Das ist dein Problem“, erwiderte Terra knapp und kühl, doch Karel fuhr ungehindert spöttisch fort: „Du kannst dir sicher sein, Auserwählter, ich werde dir nicht auf die Beine helfen, wenn du an deiner menschlichen Schwäche erliegst. Ich werde nicht für dich da sein, wenn du Hilfe benötigst“.
Betrübt starrte ich in das Feuer. Irgendwie hatte Karel ja doch Recht. Ich war ein Schwächling, den niemand mochte und der nichts zu vollbringen vermochte. Es war reine Ironie, dass ausgerechnet ich ein grosser „Auserwählter“ sein sollte, im Stil von nicht unbekannten Hollywood-Filmen. Terra lächelte Karel spöttisch zu und wandte sich schliesslich mir zu, bevor sie meinte:
„Zu schade nur, dass ich mich stattdessen dieses Problems annehmen werde. Sofern es für mich überhaupt ein Problem darstellt, für dir zu helfen, David“.
Wie elektrisiert schaute ich zu, wie sie mir erneut zuzwinkerte. Es raubte mir regelrecht den Atem, wie direkt und unkompliziert sie sich gebärdete, und ein Kribbeln ging durch meinen ganzen Körper. Ich wusste nicht, was sie zu diesen Aussagen und Ambitionen bewog...doch wurde ich von ihnen überrumpelt. Mit klopfendem Herzen kam ich zur Erkenntnis, dass sie mich unmöglicherweise sogar irgendwie zu mögen schien. Jemand, die mich mochte...schon allein dieser Umstand erschien mir schon als so ungeheuerlich, dass ich es nicht recht zu glauben vermochte. Wieder durchdrangen mich diese Sympathiegefühle ihr gegenüber, noch ein Stück tiefer, noch ein Stück eingehender. Daraus resultierte ein Lächeln, das ich ihr nur scheu zuwarf. Sie erwiderte es mit einem fröhlichen, unbeschwerten Gesichtsausdruck.
Von Karels ärgerlichem Grummeln begleitet löste ich meinen Blick von ihrem und schaute gen Himmel. Erschrocken stellte ich fest, dass es schon längst dunkel war. Die Sterne funkelten zahlreich zu uns herab und verströmten still ihr bleiches Licht. Erschrocken sprang ich nervös auf und verabschiedete mich:
„Es ist schon spät, ich muss gehen“, nuschelte ich, fast schon beschämt darüber, wie ich selbst lächerlich klingen musste, in Anbetracht all dieser Dinge, die ich gerade erfahren hatte und ich welchem Umfeld ich mich bewegte. Mein plötzlicher Aufbruch musste unfreundlich, vielleicht sogar komisch wirken (was ich auch zweifelsohne war), jedoch fühlte ich mich, obwohl ich in diesem Augenblick mit beiden Füssen in der Realität stand, als hätte mich selbige plötzlich wieder eingeholt. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, nicht nur deswegen, weil mich Karel plötzlich zurückrief.
„Halt!“, meinte er barsch, und mein Herz begann in mulmiger Erwartung zu pochen, nachdem ich mit einem erschrockenen Zusammenzucken stehen geblieben war. Unsicher drehte ich mich zu ihm um und erwartete ängstlich eine Art Strafpredigt. Doch es kam etwas ganz Anderes, wohl auch Kurioses.
Während er mich mit einem ernsten, bedrohlichen Blick musterte, sprach er grimmig: „Ich will dich nicht hilfsbereit stützen. Und wenn Terra ehrlich wäre, sie auch nicht. Ich werde dir lehren, dir selber zu helfen, damit ich mir dein ärmliches, jämmerliches Quieken nach Hilfe in Zukunft ersparen kann. In den nächsten Tagen werde ich dich in der Kunst des Schwertkampfes unterrichten. Du kannst froh sein, dass ich ausnahmsweise nach langem Überlegen überhaupt so freundlich bin und dir, einem verächtlichen Menschen, dieses Angebot mache. Ich an deiner Stelle würde nicht zweimal überlegen, ob du es annimmst, denn wer weiss, vielleicht rollt beim zweiten Mal schon dein Kopf“.
Ich hatte so ziemlich alles von Karel erwartet – nur nicht, dass er mich „unterrichten“ wollte. Verdattert starrte ich ihn mit grossen Augen an, was er mit einem herablassenden Lächeln quittierte. Wohl lächelte er gerade über meine Schwäche, unvorhergesehene Ereignisse zu verarbeiten. Alles, was ich auf sein Angebot als Antwort zu Stande brachte, war ein abgehaktes, verblüfftes, fast schon instinktives Nicken. Darüber, ob ich es vielleicht bereuen würde, machte ich mir in diesem Moment gerade herzlich wenig Gedanken. Ich wusste nur, dass ich nach Hause musste, da das alles begann, mir über den Kopf zu steigen. Gerade, als ich mich erneut abwandte, rief Terra: „David, warte auf mich, ich möchte dich doch begleiten!“.
Kaum merklich stellten sich meine Nackenhaare zu Berge, als Terra schon neben mir stand und mir zulächelte. Sie schien immerzu fröhlich zu sein.
Unschlüssig, in der kühlen Luft fröstelnd, stand ich da.
„Komm, David, lass uns gehen“, meinte sie freundlich und begann voranzuschreiten. Noch ein letztes Mal warf ich unsicher einen Blick auf das lodernde Feuer. Nina und Karel waren ebenfalls aufgestanden, doch sie machten keine Anstalten, sich zu bewegen. Eingehend musterte ich sie beide noch ein Mal. Nina hatte ihre schwarzen, riesigen Schwingen, die sie als Fluch bezeichnete, gespreizt. Sie wirkte geradezu atemberaubend majestätisch. Ihre markanten Augen musternd überlegte ich, ob sie vielleicht so etwas wie eine Prinzessin gewesen war. Eine Prinzessin, die ihre wahre Herkunft verschwieg.
Karel hingegen hatte seinen üblichen grimmigen Blick aufgesetzt, indem er die Mundwinkel leicht nach unten verzog. Seine Hand umklammerte gefährlich entschlossen den Schwertgriff, und ich beschloss spätestens jetzt, einen sicheren Abstand zwischen ihm und mir zu gewinnen.
„David, du solltest nicht trödeln. Deine Mutter denkt sonst noch, du seiest entführt worden“, ermahne mich Terra spielerisch und liess ein helles Lachen erklingen. Ich wandte meinen Blick endgültig von den zwei denkwürdigen Gestalten ab und folgte Terra in den dunklen Wald hinein.
Ich glaub ich nur einen Rechtwschreibfehler gefunden: Sie holte tief Luft und fuhr dann weiter

Also ich finde es hört sich so besser an:
Sie holte tief Luft und fuhr dann fort

Da war noch was nur ich weiß nicht mehr was.
Hmm... ich hab eig. nur zwei Dinge:
1. Eine Frage:
Einmal nennst du den Jungen (können wir ihn Helden nennen?) janos, sonst immer David. Muss das da so, oder hast du dich einfach nur vertan?

2. Ein Fehler (^^):
Ich werde DIR lehren, dir selber zu helfen.
Muss es nicht heißen:
Ich werde dich lehren, dir selbst zu helfen?

P.S. Is trotzdem wieder genial geworden!
Kann man doch beides sagen, oder nicht? Also bei uns sagt man jedenfalls "dir".
Ich glaube er hat einfach mal so den Namen gewechselt XD
Sorry, das war ein Versehnen XD. Habe wohl einmal vergessen, den Namen zu ändern. Janos war der "alte" Name, den ich benutzt habe^^. Die Namen sind bei mir sowieso ziemlich wechselhaft XD. Am Anfang beispielsweise hatte die Ich-Person gar keinen Namen XD. Also: Nicht weiter beirren lassen^^.
@Hihaho: lol^^
@ Hihaho: Echt? Weiß ich wirklich nich. Aber wennman beides sagen kann, dann passt das ja auf jeden Fall!
Ja, kann man meiner Meinung nach, aber vielleicht liege ich ja auch falsch. XD Ist ja schliesslich auch ein Dativ-Objekt. Wem lerne ich, sich selber zu helfen? Dir oder dich? Dir passt besser. ^^
es heißt: DICH lehren
Während wir den kiesbedeckten Waldweg beschritten, verdeckten die zahlreichen Äste über unseren Köpfen den Sternenhimmel, und es war finster. Nur schemenhaft konnte ich Terras Haarschopf vor mir ausmachen, der während ihren federnden Schritten leicht hin- und herbaumelte. Die Dunkelheit, die uns einschloss, trug nicht gerade zu meinem Wohlbefinden bei, weshalb ich mich freiwillig ungewöhnlich nahe an Terra hielt. In ihrer Nähe schien ich mich ein Stück sicherer zu fühlen. Wir liefen vor uns hin und schwiegen eine Weile, was nicht ungewöhnlich war. In meiner Anwesenheit war es nämlich nicht selbstverständlich, irgendwelche belanglosen Gespräche zu führen. Ich war der letzte, der ein Gespräch eröffnen würde, das war mir schon seit jeher bewusst. Doch gleichzeitig war mir das Schweigen auch irgendwie unangenehm, führte es doch erneut meine soziale Unfähigkeit vor Augen. Doch ausnahmsweise verfiel ich diesmal trotzdem nicht meinen selbstmitleidigen, von Minderwertigkeitsgefühlen durchzogenen Gedankengängen. Irgendwie konnte ich der momentanen Situation sogar ein wenig Sympathie abgewinnen. Dies mochte mit Terra zusammenhängen, da ich das untrügliche Gefühl hatte, mich auf sie verlassen zu können. Doch dann hallten in meinem Kopf die Worte von Karel wieder, und ein schleichendes Gefühl der Enttäuschung machte sich bemerkbar. War sie vielleicht nicht ehrlich? War ihre Freundlichkeit etwa lediglich gespielt? Gerade, als ich zu zweifeln begann, durchschnitt ihre durchdringende, aber nachdenkliche Stimme die Stille.
„David...dir ist schon bewusst, das die Dinge, die Karel über mich gesagt hat, nicht stimmen, nicht wahr? Ich meine es ehrlich...du kannst mir vertrauen. Es ist mein Wunsch, dir zu helfen und sicherzustellen, dass dir nichts zustösst. Als Auserwählter bist du...unser kostbarstes Gut, und ich würde nicht zögern, mich für dich einzusetzen“
„Ist das so?“, fragte ich irritiert, wenn auch überrascht.
Als Antwort nickte sie und sagte: „Ich passe auf dich auf“.
Obwohl ihre Ansicht höchst edel sein mochte, konnte ich mir ein ungläubiges Grinsen nicht ersparen.
„Sollte es nicht umgekehrt sein? Ich bin doch hier der grosse Weltenretter“, gab ich zurück und war von mir selbst überrascht, dass ich plötzlich in ihrer Gegenwart vermochte, humoristische Anzeichen hervorzubringen. Normalerweise machte ich meine ironischen Witze, die gar keine Witze waren, nur in Anwesenheit mir sehr vertrauten Personen. Und mir war wohl entgangen, seit wann weibliche Wesen, die ich erst einen (langen) Tag lang kannte, in diese Kategorie fielen. Terra schien aber eine Ausnahme zu bilden, was aber angesichts ihrer Ungewöhnlichkeit nicht sehr ungewöhnlich war. Innerlich wie auch äusserlich war sie mir völlig neuartig, dachte ich, während ich unbewusst auf ihre grünen Haare starrte, die selbst in dieser Dunkelheit direkt ins Auge sprangen. Ein Lächeln huschte über meine Lippen. Grünzeug hatte ich nie gemocht. Umso erstaunlicher war es, dass mir ihre Haarpracht doch sehr gefiel.
„Wieso umgekehrt? Nur, weil du der Auserwählte bist, heisst das nicht, dass du auf irgendeine Weise allmächtig sein solltest. Aber keine Sorge, dafür bin ich ja da“, gab sie schmunzelnd, jedoch überzeugt zurück, worauf ich keine Antwort wusste. Stattdessen lachte ich still in mich hinein. Sie schien wohl aus irgendeinem Grund einen sehr stark ausgeprägten Beschützerinstinkt zu besitzen. Nicht, das mich diese Tatsache gestört hätte, sondern im Gegenteil.

Der Wald lichtete sich und wir traten auf die Wiese, die an mein Wohnquartier grenzte. Die Laternen brannten und strahlten ihr Licht auf den nackten, harten Asphalt. Schwingenden Schrittes lief Terra über das Gras und der Strasse entlang, an deren Ende ich wohnte. Sowie wir uns meinem trauten Heim näherten, lenkte ich meine Gedanken auf die unangenehme, lästige Strafpredigt, die mich zuhause erwarten würde. Du solltest früher zu Hause sein! Was hast du getrieben? Ich habe mir Sorgen gemacht! So würden mit höchster Wahrscheinlichkeit die Worte klingen, mit denen ich meine Ohren, zuhause angekommen, verwöhnen durfte. Im Grunde war ihre Sorge ja berechtigt. Ihre erste Aussage auch. Die Frage aber, was ich getrieben hätte, bereitete mir Kopfzerbrechen. Was sollte ich antworten, damit es glaubwürdig klang? Schnickschnack? Etwas Besseres und vor allem einfallsreicheres fiel mir leider momentan nicht ein. Ausserdem war meine Mutter zu skeptisch, um sich mit dieser ausweichenden Antwort zufrieden zu geben. Resigniert seufzte ich, als ich erkannte, dass die Lage, in die ich Hals über Kopf geraten war, mir mehr Schwierigkeiten bereitete als angenommen. Im Grunde genommen war ich ja immer noch ein unterentwickelter, schwächlicher, seiner Bezeichnung nicht gerecht werdender Jugendlicher mit unweitem Horizont, der vielleicht gerade mal fünfzig Zentimeter zum nächsten Computerbildschirm reichte. Von einem literarisch korrekten Auserwählten oder gar Helden konnte also nur schwerlich die Rede sein. Ich war doch nur irgendein ausgegrenzter Schuljunge. Es waren also erneut düstere Gedanken, die ich hegte, als Terra mich erneut mit dem Klang ihrer Stimme hochschrecken liess.
„Ach David, es ist interessant, dass du noch keine Freundin gefunden hast“, meinte sie mich musternd.
„Wie bitte?“, rief ich verblüfft.
Sie schenkte mir ein warmes Lächeln und erwiderte: „Ach, das war nur eine Bemerkung, beachte sie nicht“.
„Wenn du meinst...“, murmelte ich verwirrt und schüttelte den Kopf.
Während ich immer noch über Terra wunderte, wurde mir plötzlich bewusst, dass wir bereits vor der Haustür standen. Sie blieb davor stehen, und als ich an ihr vorbeischlüpfte, um die Tür aufzuschliessen, erfasste mich wieder ein seltsamer Schauer. Nachdem ich die Tür aufgeschlossen hatte, drehte ich mich noch einmal zu ihr um, die Hand auf die Türklinke gelegt. Als sie mich interessiert mit ihren türkisfarbenen Augen fixierte, überlegte ich fieberhaft, welche Worte ich zum Abschied sagen könnte. Ich beschloss, es auf das Wesentliche zu beschränken.
„Danke...dass...dass du mich begleitet hast“, stammelte ich etwas abgehakt hervor, und ich spürte es regelrecht, als erneut Röte in mein Gesicht stieg. Sie lächelte daraufhin herzlich und antwortete: „Keine Ursache, das tat ich doch gerne. Und übrigens solltest du Karel nicht zu ernst nehmen. Er mag euch Menschen nicht, was auch verständlich ist, denn in unserer Welt haben sie keinen guten Ruf. Sie gelten als eine Art primitive, niedere Rasse, welche arrogant, geizig und egoistisch sein soll. Auch ich mag sie nicht besonders gerne“.
„Nicht...?“, hauchte ich verlegen und senkte den Kopf, worauf sie plötzlich einen mitleidigen, sorgenvollen Blick aufsetzte.
„Aber...in dieser Welt...ihr seid hier...so anders. David...du bist so anders“.
„Anders?“, fragte ich nach und hob die Augenbrauen.
„Ja, anders. Irgendwie bist du so völlig anders als die anderen Menschen, die ich jemals kannte. Obwohl du dem männlichen Geschlecht angehörst, bist du nicht etwa vorlaut oder pöbelhaft. Hihi, du bist so zurückhaltend und schüchtern, so...feinfühlig. Ich mag dich wirklich“.
Für einen Moment stockte mir der Atem, als ich realisierte, wie offen sie mit mir umging, völlig gegensätzlich zu meiner Art. Berührt schwieg ich und brachte kein Wort über die Lippen. Soweit ich mich erinnerte, hatte mir noch nie jemals jemand gesagt, dass er oder sie mich mochte, mit selbstverständlicher Ausnahme meiner Mutter. Nun fand ich nur noch schwerlich passende Worte, die ich ihr entgegenbringen konnte, ohne wie eine Marionette zu wirken. Regelrecht erschlagen stand ich da, und ein Schauer nach dem anderen lief mir über den Rücken.
„Nun gut, David, ich gehe nun wieder zurück. Ich rate dir, lebe dein Leben so weiter wie bisher, und du solltest all die sich für dich sicherlich überstürzenden Ereignisse mit Ruhe nehmen. Eines Tages werden die Dämonen kommen, das steht fest. Doch fürchte dich nicht, wir werden es schon schaffen, vertraue mir. Wie gesagt, ich passe auf dich auf. Nun denn...auf Wiedersehen“.
Nachdem sie mir noch einmal fröhlich zugezwinkert hatte, verschwand sie in der Dunkelheit.
So, und hier noch der Prolog, aus der Sicht von Terra:

Prolog - Entschlossenheit


Es war bereits die Dämmerung hereingebrochen, als ich den schmalen Weg einschlug, der sich durch das ganze Dorf schlängelte. Bis zu meinem Haus, wo ich mit meinen Eltern wohnte, waren es also nur noch wenige Schritte. Denn zugegeben: Sol war nicht gerade ein grosses Dorf. Mehr war es ein Dörfchen, in dem unser Volk nach jahrelanger Verfolgung Unterschlupf gefunden hatte. Still und friedlich lag es da, zwischen den zerklüfteten Berghängen des Kahlas. Glücklicherweise wähnte es sich bislang in Frieden mit den Menschen, die uns so vieles geraubt hatten. Schon oft hatten meine Eltern Geschichten erzählt, darüber, wie grausam doch die Rasse der Menschheit mit uns verfuhr. Wenn ich dann allerdings jeweils nach dem Grund fragte, schwiegen sie wie üblich. Mich kümmerten jedoch solche Geschehnisse herzlich wenig. Ich war hier geboren und kannte den angeblichen Hass der Menschen nicht einmal. Ja, ich wusste nicht einmal, wie sie wirklich aussahen. Anscheinend, hatte Mutter gesagt, sollten sie nicht grüne Haare haben. Hihi, keine grünen Haare! Ich konnte mir dies nicht einmal richtig vorstellen. Doch zu gerne hätte ich einmal einen Menschen getroffen, um zu sehen, wie sie wirklich waren. Denn ich konnte nicht glauben, dass sie wirklich so schlecht waren, wie alle erzählten. Und dieses alle waren nebenbei angemerkt nicht mehr als fünfzig Personen. Ja, meine übliche, eigensinnige Denkweise. Nie hatte ich mich gross um unsere sogenannte Gemeinschaft gekümmert. Lieber zog ich es vor, alleine zu denken und zu handeln. Unwillkürlich seufzte ich. So löblich diese Einstellung auch war, damit handelte ich mir in diesem kleinen Ort nur Probleme ein. Zusammenhalt war, was hier wirklich zählte, das hatte der Älteste schon in unzähligen Reden beteuert, denen ich schon gar nicht mehr lauschte.

Vor meinem trauten Heim angekommen, zögerte ich nicht, ohne zu klopfen die knarrende Holztür aufzustossen. Es war einfach eingerichtet: Mehr als drei Betten, einen Tisch samt Kerzen mit drei Stühlen, einen Kamin und Töpfe besassen wir nicht. Die Mutter war wie immer mit Kochen beschäftigt, und der Vater verweilte, den Kopf auf die Hände gestützt, am Tisch. Zumindest sah er so aus, als würde er nachdenken.
„Hallo zusammen“, begrüsste ich sie möglichst unschuldig klingend. Mein Vater fuhr sogleich herum und donnerte:
„Terra! Wo hast du nur wieder so lange gesteckt!“.
„Ach, nirgends. Ich war nur ein wenig im Wald“, erwiderte ich gelassen. Meine Mutter meldete sich ebenfalls zu Wort.
„Zu dieser Tageszeit ist es ungemein gefährlich dort! Wie oft muss ich dir das noch sagen? Was, wenn ein Wolf, oder noch schlimmer, ein Warg aufgetaucht wäre?“
„Dann wären wir gemeinsam picknicken gegangen“, antwortete ich lächelnd.
„Wird nicht frech, Mädchen!“, herrschte mich Vater an, doch ich liess mich nicht einschüchtern.
„Schon gut, es ist doch nichts passiert“, beschwichtigte ich ihn, doch ich sah, wie meine Eltern beinahe zeitgleich den Kopf schüttelten. Ein Umstand mehr, der mich zum lächeln brachte.
Meine Mutter stellte schliesslich seufzend den Kochtopf auf den wackeligen Holztisch und bat, mich zu setzen. Ich tat wie geheissen und beobachtete teilnahmslos, wie die Suppe langsam in meinen Teller floss.
„Weißt du, Terra“, begann sie betrübt, „Langsam machst du mir wirklich sorgen. Stundenlang streifst du umher, und wir haben meist keine Ahnung, wo du dich aufhältst. Ich habe wirklich Angst um dich“.
„Du brauchst nicht um den heissen Brei herumzureden, Dwyn“, warf mein Vater ein.
„Stimmt, ihn zu essen wäre auch keine schlechte Idee!“, ergänzte ich grinsend.
„Schweig, du vorlautes...“, wollte Vater mich anherrschen, doch meine Mutter fiel ihm ins Wort.
„Ambar!“, rief sie mahnend, wenn auch verhalten. Wir wussten beide, dass er das Sagen in der Familie hatte und es auch nicht mochte, wenn es ihm abgesprochen wurde. Mein Vater räusperte sich und fuhr fort:
„Terra, wir sollten wirklich einmal über dein...Verhalten reden. Weißt du, es gehört sich einfach nicht, einfach so auf eigene Faust loszuziehen wann es einem beliebt. Gerade unser Volk muss in solchen Dingen vorsichtig sein, mit dieser ganzen Menschengeschichte. Und zudem bist du eine Frau. Es gibt viele Menschen da draussen, die Frauen wie dir schaden wollen. Wir sehen es nicht gerne, wie du dich von uns fast schon distanzierst. Immerzu bist du alleine. Und zudem solltest du dir langsam Gedanken...über eine zukünftige Heirat machen“.
„WAS?“, rief ich entsetzt.
„Ja, es geht schneller als du denkst. Mit achtzehn Jahren bist du schliesslich eine erwachsene Frau, und bis dahin solltest du einen jungen Mann gefunden haben“.
„Jungs sind doof!“, protestierte ich lauthals.
„Na, na, so redet ein Mädchen von zehn Jahren, nicht von sechzehn!“.
„Mir egal“, hielt ich störrisch daran fest.
„Wieso findest du denn an unseren jungen Männern nicht Gefallen? Als ich so alt war wie du, habe ich mich pausenlos mit ihnen beschäftigt“, wollte meine Mutter besorgt wissen.
Ich zuckte mit den Achseln. „Ich...na ja, weil...weil ich sie einfach nicht mag!“.
Meine Mutter seufzte erneut und fragte: „Was ist beispielsweise mit diesem hübschen Gwen? Er sieht zugegebenermassen gut aus, und du scheinst ihm zu gefallen“.
„Doch nur, weil er meinen Äusserlichkeiten verfallen ist“, murrte ich missmutig.
„Das stimmt doch nicht“, entgegnete meine Mutter ungläubig.
„Oh doch, und das ist gerade das Problem mit all denen. Das sind doch alles hoffnungslose Schürzenjäger, die mich als ihre nächste lebende Trophäe betrachten. Ich sehe schon, wenn ich mit einen von denen heirate, dann werden die mich den ganzen lieben Tag lang herumkommandieren, und ich muss kochen, putzen, und noch schlimmer, deren stinkende Socken waschen!“.
„Aber das ist nun mal das Los einer Frau, meine liebe Terra. Wir haben nun mal für die Familie zu sorgen“, erwiderte meine Mutter gleichgültig.
„Ha, lieber ziehe ich gar kein Los als dieses!“, giftete ich zurück.
Da hatte mein Vater genug und liess die Faust auf den Tisch donnern, der ebenso wie meine Mutter daraufhin erzitterte.
„Oh nein, so kommst du mir nicht, Mädchen! Ich sage dir, du wirst heiraten. Und wenn du nicht willst, dann müssen wir dich eben zwingen!“.
Daraufhin mochte ich nichts mehr zu erwidern. Still sass ich da und liess die Wut in mir hochkommen. Immer musste er das letzte Wort haben! Immer musste er über uns herrschen und seine Macht spielen lassen! Nach einem bedrückten Moment des Schweigens versuchte meine Mutter sanft einen Neuanfang.
„Nun Terra, wenn dir die Art der jungen Männer unseres Dorfes nicht gefällt, was gefällt dir dann?“.
Ihre plötzliche Frage überraschte mich, doch ich versuchte so gut wie möglich, sie zu beantworten.
„Nun...ich möchte jemanden, der mir meine Freiheit lässt. Jemand, der nicht zu mir herabschaut. Jemand, der mich in meiner Art schätzt und mich gewähren lässt, was immer ich tue. Jemand...hihi, jemand, den auch ich ab und zu herumkommandieren darf“.
„Einen Schwächling, also“, höhnte Vater, „Na dann, viel Spass bei der Suche. So einen wirst du hier nämlich nicht finden, nicht einmal mit Gedankenmagie. Oder was denkst du, weshalb wir bis jetzt in dieser trostlosen Abgeschiedenheit überlebt haben?“.
„Ich werde suchen. Und ich werde finden“, antwortete ich hart und entschlossen, doch meine Stimme ging im Gelächter von Ambar unter. Fein. Mir war es egal, wenn niemand wusste, was ich vorhatte. Alles, was ich dazu brauchte, war lediglich ich selbst. Ich brauchte keine Hilfe und kam auch gut alleine zurecht. Seit längerer Zeit schon nämlich hegte ich den Gedanken, von hier zu verschwinden. Schon immer hatte ich das Gefühl gehabt, hier fehl am Platze zu sein. An der ach so wichtigen „Gemeinschaft“ lag mir nichts, und Eigenständigkeit, wie ich sie so liebte, wurde hier nicht akzeptiert. Ja, ich war eine Aussenseiterin. Ich wollte eine Aussenseiterin sein, so seltsam es auch klingen musste. Ich wollte nicht heiraten, und ich wollte nicht wie alle in dieser grün-grauen Masse untergehen. Nachdenklich seufzte ich und wickelte in einer unbewussten Bewegung eine meiner grünen Haarsträhnen um den Finger. Andererseits konnte ich meine Eltern nicht einfach so im Stich lassen. Denn zugegeben, auch wenn sie manchmal ein wenig zu stur ihren alteingesessenen Traditionen nachgingen, mochte ich sie doch sehr.
„Mach noch ein wenig Feuer im Kamin, Terra“, wies mich Vater etwas barsch an, in seiner typischen, bärbeissigen Art. Mit einem kurzen Blick zu meiner Mutter bemerkte ich, wie sie besorgt die Augenbrauen hob, jedoch nichts sagte. Nie würde sie es wagen, sich gegen Vater zu stellen, dachte ich resigniert. Sie war wie seine Gefangene.
„Ja, ja, wie Ihr wünscht“, erwiderte ich leicht genervt und erhob mich sträubend. Es lag einfach nicht in meiner Natur, irgendwelche Befehle widerstandslos anzunehmen. Doch mir als Frau blieb natürlich trotzdem nichts anderes übrig, als mich zu fügen. Langsamen Schrittes begab ich mich zum Kamin und hockte mich davor hin. Glücklicherweise lagen noch einige Holzscheite darin. Ich streckte die Hände darüber und spreizte die Finger. Dann schloss ich die Augen und spürte schon, wie die Wärme durch meine Arme kroch, bis hin zu meinen Fingerspitzen. Ich öffnete die Augen wieder und da schossen züngelnde Flammen aus meinen Fingerspitzen hervor. Es dauerte nicht lange, da waren meine Hände in ein loderndes Feuer getaucht. Es fühlte sich angenehm prickelnd an. Meine Mutter hatte mir einmal erzählt, dass Menschen davon „Verbrennungen“ davontragen sollten. Was auch immer das war.
Ich stand locker hüpfend wieder auf und wollte mich schon erneut zu Tisch setzen, da brummte mein Vater:
„Es hat zu wenig Holz. Hol noch welches aus dem Schuppen!“
Diesmal unterliess ich es, ihm zu antworten. Stattdessen machte ich mich wortlos auf den Weg, da ich wusste, dass mein Vater sehr ungemütlich werden konnte, wenn man ihn zu sehr reizte. Schweigend ergab ich mich für eine Weile der Rolle, die mir auferlegt worden war, auch wenn ich mich darin mehr als unwohl fühlte. Ja, ich hatte zu dienen und zu schweigen. Es lag mir zwar durchaus eine weitere Bemerkung auf der Zunge, doch ich wollte nicht zu vorlaut erscheinen. Keckheit konnte auch leicht einmal in Arroganz übergehen, und jene wollte ich meiden.
Ich stiess die Tür auf und schritt nach draussen, bevor ich sie behutsam wieder hinter mir schloss. Während ich mich wohlig von der frischen Abendluft umstreichen liess, bemerkte ich, dass es schon erstaunlich dunkel geworden war. Ich blickte auf in den sternenlosen Himmel, und obwohl es ein sonniger, wolkenfreier Tag gewesen war, liess sich nicht einmal der Mond blicken. Schade...zu gerne hätte ich mich an seinem bleichen Antlitz erfreut. Mit diesem Gedanken im Kopf begab ich mich zum Schuppen, der direkt an das Haus angebaut war. Grillen zirpten, und ab und zu konnte ich das Heulen eines Wargs hören. Es klang deutlich tiefer als dasjenige eines Wolfes, und auch ein wenig lauter. Noch einmal suchte ich vergeblich den Mond am Himmelsfirmament, bevor ich in den Schuppen trat. Seltsam...sonst war er hier beinahe immer zu sehen. Weiter jedoch dachte ich nicht und machte mich stattdessen an die Arbeit. Ich liess mich von der Dunkelheit des kleinen Raumes verschlucken und streckte meine Finger nach den rauen Holzstücken aus, um soviel ich konnte auf meinem Arm zu stapeln. In meinen Händen fanden sich bald zahllose Spriessen wieder, doch ich verrichtete gerne solche etwas ungemütlichere Dinge. Vielleicht, weil sie mich vom Gefühl der Ohnmacht gegenüber meinen männlichen Artgenossen ablenkten. Zumindest von dem mir eingeredeten Gefühl der Ohnmacht. Für mich persönlich sah es da ein wenig anders aus. Lächelnd dachte ich daran, wie ich einst Gwen, diesen angeblichen Schönling, zu Boden gerungen hatte, als er sich selbstüberzeugt an mir vergreifen wollte. Andere Frauen hätten diese „Gefälligkeit“ wohl mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht über sich ergehen lassen, nicht jedoch ich. Kyrene mochte ihm zwar hold gewesen sein, was sein Äusseres anbelangte, bei der Entstehung seines Innenlebens jedoch schien sie gemütlich geschlafen zu haben. Und natürlich war ich die einzige Frau, die so dachte, sinnierte ich resigniert. Doch es musste einen Grund geben, dass ich so war, wie ich war. Dieser Gedanke war es, den ich immerzu verfolgte, wenn ich jeweils zu ihr betete. Als ich an Gebet dachte, fiel mir nebenher ein, dass ja wieder eines traditionsgemäss nach dem Nachtessen, wenn alle versammelt waren, stattfinden würde. Ein Grund, mich zu beeilen. Schnell griff ich nach dem letzten Holzscheit und wollte mich wieder nach draussen begeben.
Da erklang ein markerschütterndes Kreischen.

Augenblicklich erstarrte ich.
Noch nie hatte ich solch ein Geräusch gehört, und sofort wusste ich, dass es nicht von einem Tier des Waldes stammen konnte. Es war etwas anderes...etwas Ungutes. Ich lauschte, doch alles, doch ich hörte nur mein Herz, wie es langsam, aber sicher immer schneller pochte. Selbst die Grillen hatten aufgehört zu zirpen. Unerklärlicherweise jagte ein Schauer über meinen Rücken, der mich erzittern liess.
Da, in diesem gespenstischen Augenblick, sah ich, wie das bleiche Mondlicht durch den Spalt unter der Tür in den dunklen Schuppen strömte und ihn mit seinem trüb weissen Licht erhellte. Auf dem Boden erhaschte ich den Schatten eines Wesens, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Es stand gekrümmt da, wie es schien, in einer angriffsbereiten Haltung, und aus dessen Rücken ragten riesige Flügel. Ein Shiva? Nein, das konnte nicht sein...
Erneut ertönte dieses grässliche Kreischen, und es kam direkt von der Tür. Erschrocken wich ich zurück und hielt den Atem an. Da war irgendein Biest...und es stand direkt vor dem Schuppen. Ich streckte meine Hand blind nach hinten aus und berührte das gestapelte Holz. Unruhig zitternd fuhr ich daran entlang und drängte mich in den hintersten Ecken des Schuppens.
Doch das Wesen rührte sich nicht.
Mit einem Ruck stiess ich meinen Atem wieder möglichst leise aus, nur um erneut die Luft anzuhalten. Ich durfte kein Geräusch verursachen, oder es würde mich bemerken. In meiner Angst begann ich am ganzen Körper zu beben, als die Stille von einem erneuten Geräusch durchbrochen wurde.
Es war ein...Schnüffeln.
Das Wesen konnte mich wittern! Ich drängte mich beinahe instinktiv noch weiter zurück, doch es war zu spät.
Mit einem erneuten Kreischen wollte sich die Kreatur auf die Tür stürzen, da durchriss eine gedämpfte Stimme die Luft.
„Terra?“.
Es war die meines Vaters.
Der Schatten huschte davon.
Erleichterung machte sich in mir breit, nur um sofort wieder von Angst zum Erlöschen gebracht zu werden. Meine Eltern waren in Gefahr! Mit einem Ruck löste ich mich von der Wand, an die ich mich gepresst hatte, und lauschte.
Stille.
Vater...Mutter...
In diesem Moment ergriff mich ein ungeheures Gefühl, das ich nur schwerlich beschreiben konnte. Es war...eine Mischung aus Furcht und dem intuitiven, beinahe instinktartigen Gefühl, sofort etwas unternehmen zu müssen. Es durchzuckte mich wie ein Blitz. Ich spannte meinen ganzen Körper an, schnellte nach vorne, riss die Tür auf.
Und sah mich einem Albtraum gegenüber.


Im späteren Verlauf werden sich die Perspektiven überigens abwechseln. Und ich denke, jetzt lässt sich die Frage von Ultradrache doch langsam von selbst beantworten:)
joa.... ich wollt dir nur noch mal ne Bestätigung geben, damit du auch immer weiterschreibst und ich such auch weiterhin die Fehler, aber ich bin noch nich ganz so geübt.... trotzdem, ich geb mein bestes!^^

P.S. Die Idee mit den Perspektiven gefällt mir und ich ´warte jetz schon auf den Teil, der an den von terras Prolog anschließt!
@ira: Der Anschluss ist ja schon halbwegs gegeben:

„Ihr...habt wirklich in einem Krieg gekämpft?“
Terra nickte und erklärte: „Und das nicht etwa grundlos. Meine Eltern wurden von Dämonen getötet, die unser Dorf angriffen. Glücklicherweise waren es damals nicht sehr viele, jedoch...in jener Nacht schwor ich Rache...“.


Was zwischen dieser Nacht und dem Treffen zwischen David und Terra geschah, wird nur sehr vage (und sehr viel später) durch Gespräche zwischen den beiden erklärt. Falls du noch neugieriger auf diese andere Welt bist, in der Terra lebt, muss ich dich leider enttäuschen:(. Der erste Teil der Geschichte spielt lediglich in der "realen" Welt. Das heisst aber nicht, dass es langweilig wird, hoffe ich...naja. Als Vorwarnung sei gesagt: Es wird noch einige Zeit dauern, bis etwas im Bezug auf die Dämonen geschieht. Wann kommen sie? *zitter*^^. Hehe, unerträglicher Spannungsaufbau XD. (Oder so ähnlich).
Ja, es gibt noch einen zweiten Teil der Geschichte, der momentan bei mir aber noch ein wenig in der Luft hängt (zumal ca. 500 Seiten den Rahmen dieses Threads sowieso sprengen würden XD).

Wenn sonst noch jemand Fragen hat, dann fragt ruhig:).
oh ja... das hat ich ganz vergessen....
aber ich mein... wenn du schon anfängst, kannst du auch ruhig immer weiter reinstellen und wenns zu viel wird musst du einfach nen neuen thread aufmachen, wir finden uns bestimmt wieder alle ein!
Denn um weg zu bleiben, bin ich einfach viel zu neugierig!
Aber mal genauer... schließt du noch mal genau an diese Stelle an, oder bleibt das jetz so? wird noch gesagt, wie die eltern sterben oder was dann gescheiht?
Der Prolog bleibt so. Das soll ja auch das Ziel des Prologs sein, neugierig zu machen^^. Wie die Eltern sterben, soll nicht genau beschrieben werden, d.h. all diese Ereignisse in der zweiten Welt sind eher im Hintergrund. Es reicht ja eigentlich schon, wenn man weiss, dass sie von den Dämonen getötet werden, ich wollte jetzt da keine genaue "Todesszene" beschreiben. Gestorben wird im Verlauf der Geschichte nämlich genug XD. Was nach dem Tod von Terras Eltern geschah, erfährt man eben später.
gut. dann is das jetz geklärt. Danke für die Info... ich frag im Laufe der geschichte bestimmt noch hunderte Dinge, also nich wundern wenn mal wieder ne frage kommt!
Schreib ruhig immer weiter ich hab genug freizeit (obwohl ich ja eigentlich an meiner eigenen Geschichte schreiben müsste, aber die hier sind einfach genialer und dann schreibt man seltener weietr, man liest diese geschichten lieber)
:)
Muhahaha, ich hab den zweiten Teil schon gelesen, und weiss alles! X)
Gute Geschichte.
sag mal ist das absicht das nina genau so ist wie díe in Breth of Fire 1? so mit den schwarzen flügeln und denn namen der stadt?
Breath of Fire 2 meinst du wohl? Ich habe doch gewusst, dass jemand darauf kommt XD. Das ist so, weil es ursprünglich eine Fan-Fiction werden sollte. Daraus ist aber irgendwie dann doch etwas anderes geworden. Falls das Buch je einmal veröffentlich werden sollte, was es sowieso nicht wird, dann würde ich wahrscheinlich Probleme mit Capcom kriegen XD.
Nicht nur mit denen :)
hehe, andeutungen ;-)
ne, aber ich hab mal alles was du bis jetz geschrieben hast in n Word dokument reinkopiert, sind jetzt ca 45 Seiten, schick mir mal das buch per Email oder sonswie( büdde ;-)), bin unheimlich gespannt !
@Ultradrache: Ich hab sonst auch MSN^^.
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