Das Pandämonium - Fanfiction (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Das Pandämonium - Fanfiction (Bücher / Autoren-Treffpunkt)

Aaaaalsoooo....Das ist mein erster Besuch hier in diesem Bereich, und ich habe mir gedacht, dass ich mal meine Story posten könnte, die ich geschrieben habe. Wie der Titel dieses Threads schon vermuten lässt, ist es eine Fanfiction aus verschiedenen Spielen. Aus welchen genau, steht am Schluss der Story:). Um etwas klarzustellen: Folgende Geschichte ist anderst aufgebaut als die meisten typischen Fantasyromane. Die Geschichte spielt nämlich in der Schweiz *lach*. Zum Teil sind auch einige "Insiderwitze" drin, die nur ein gewisser "Hihaho" (auch hier im Forum vertreten) versteht.
Die Story ist vielleicht nicht so gut wie andere, denn ich bin eher der Kolumnenschreiber und schreibe gewöhnlicherweise nur kürzere Texte^^.

Also, viel Spass beim lesen:)

Das Pandämonium

Der Wecker dröhnte und ich schreckte aus meinem Tiefschlaf auf. Mein Kopf brummte und das schreckliche Gefühl, wieder Schule zu haben, stieg in mir hoch. Was waren das doch für entspannte Ferien gewesen! Genüsslich räkelte ich mich im Bett und war gerade dabei, mich an das Baden am Meer zu erinnern, als mein Blick zufällig wieder auf die Zeiger des Weckers fiel. Mit Entsetzen erkannte ich, dass ich verschlafen hatte. Es war schon 9 Uhr! Hastig stieg ich aus dem Bett, wobei ich mir die Zehen prellte. Das war ja mal ein schöner Schulanfang! Schnell wühlte ich in meinem Kleiderschrank umher, suchte einige mehr oder weniger saubere Klamotten aus und zog sie an. Ich schlurfte ohne Badezimmerbesuch die Treppe zum Wohnzimmer runter und genehmigte mir ein nur noch kleines Frühstück. Ohne nachzuschauen, ob ich wohl alles dabeihatte, warf ich mir den vermaledeiten Schulsack über die Schulter, stieg vor dem Haus auf mein Fahrrad und radelte los. Mein schnelles Fahrtempo veranlasste meine ungekämmten Haare dazu, wild umherzuflattern, doch das kümmerte mich nicht. Der Wind blies mir ins Gesicht. Er war ungewöhnlich kalt dafür, dass es Sommer war. Ich blickte gen Himmel, aber es waren keine Wolken zu entdecken, die frühe Morgensonne strahlte knapp über dem Horizont. Wie seltsam……
Nach einigen anstrengenden Fahrminuten gelangte ich schliesslich in die Schule. Sie lag in der Nähe eines Waldes, jedoch war es verboten, während der Pause dort hin zu gehen. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, das Fahrrad abzuschliessen, sondern ich rannte geradewegs in den 2. Stock und suchte das Zimmer 22. Vor der Tür hielt ich kurz inne, holte tief Luft und trat dann ein. Wieder einmal war ich in eine peinlich Situation geraten: Alle Schüler drehten den Kopf nach mir um und starrten mich an, und ich versuchte nicht zurückzustarren. Doch ein wenig Glück hatte ich: Frau Zeller, unsere Mathelehrerin, hatte mich noch nicht bemerkt. Ich versuchte, zu meinem Platz zu schleichen. Als ich es schon fast geschafft hatte, donnerte eine laute Stimme: „HIERGEBLIEBEN!“. Mit einem fast unhörbaren Seufzen drehte ich mich um. Es war Frau Zeller. „Was denkst du dir eigentlich, einfach so zu spät zu kommen? Wenn das noch öfters vorkommt, werde ich ein Gespräch mit deinen Eltern veranlassen!“-„Aber Fr-Frau Zeller, es ist doch der erste Schultag nach den Ferien, und da ist es doch noch nicht so schlimm, ein klitzekleines bisschen zu spät zu kommen?“ Ich versuchte, mein freundlichstes Lächeln aufzuzwingen, doch der Trick zog nicht. „Davon will ich nichts mehr hören! Setz dich an deinen Platz, aber dalli!“ Niedergeschlagen setzte ich mich. Neben mir sass niemand, ich hatte eine Bank für mich alleine. Doch zugleich stimmte mich dies traurig, denn ich hatte fast keine Freunde, ich war der Sündenbock der Klasse. „Ach, und falls du es noch nicht weißt, was ich vermute, wir behandeln gerade den Stoff au Seite 31“, sagte Frau Zeller energisch. Einige aus der Klasse kicherten, flüsterten darauf und zeigten auf mich. Ich hievte den Schulsack von meinem Rücken und suchte das Mathematikbuch. Erleichtert atmete ich auf, als ich sah, dass ich es nicht vergessen hatte. Lustlos blätterte ich zur erwähnten Seite und arbeitete mit – aber nur passiv.
Ich zeichnete gerade einen Teddybären in das Heft, als ein Klopfen ertönte. Es kam von der Schulzimmertür. Ich horchte auf. Frau Zeller blickte von ihrem Lehrbuch auf und erklärte: „So, dass muss wohl die Neue sein! Heissen wir sie willkommen!“. Ich war verblüfft. Die „Neue“? Das hatte ich ganz vergessen! Frau Zeller hatte noch vor den Ferien erwähnt, dass die Klasse Zuwachs bekommen würde. Damals war noch nicht klar, ob es ein Junge oder ein Mädchen sein würde, doch nun war das Geheimnis ja gelüftet. Gespannt blickte ich zur Tür, wobei ich nicht der einzige war. Frau Zeller schritt zur Tür und öffnete sie. Einen Moment blieb sie stehen, ohne ein Wort zu sagen. Dann drehte sie sich zur Klasse um und verkündete: „Heissen wir also unsere neue Mitschülerin willkommen!“. Frau Zeller trat zur Seite.
Eine wunderschöne junge Frau erschien. Das erste, was mir auffiel, waren ihre grün gefärbten Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Sie hatte ein hübsches Gesicht und leuchtend blaugrüne Augen. Sie hatte ein rotes Oberteil an. Ich konnte nicht anders, ich starrte sie unverhohlen mit offenem Mund an. Sie liess ihren Blick über die Klasse schweifen, etwas verunsichert. Da blieb ihr Blick bei mir hängen. Sie sah mich direkt an, ich erschauderte. Sie liess ihren Blick auf mir Ruhen. Auf ihrem Gesicht war nun ein freundlicher Ausdruck. Ich war irritiert und blinzelte. Frau Zeller, die sich inzwischen wieder zum Lehrerpult begeben hatte, meinte: „Schön, junge Dame, wieso stellst du dich nicht vor? Nein, nein, keine Angst, ich verlange keinen Vortrag, du könntest uns einfach ein wenig über deine Hobbies und so weiter erzählen? Oh, und bevor ich es vergesse, du könntest uns ja auch mitteilen, wie du heisst, aber das war dir ja sicher schon vorher klar!“. Sie lachte. Es war ein Lachen, dass ich hasste. Die „Neue“ ging federnden Schrittes vor die Tafel, sodass die ganze Klasse sie sehen konnte. Nun ja, es war eher ein Starren. Die „Neue“ fing an zu reden. „Ähm, na, hallo zusammen. Mein Name ist Terra“. Ein Raunen ging durch die Klasse. Terra? Was für ein seltsamer Name, dachte ich. Sie fuhr fort. „Ich kann euch ja mal etwas über meine Hobbies erzählen“. Sie schien einen kurzen Moment nachzudenken. „Nun, ich lese gerne, spiele ab und zu Klavier, greife mal öfters zur Spielkonsole und bin gerne in der Natur“. Ich war verblüfft. Was sie gerade erzählt hatte, war das genau Gleiche, was aus meinem Mund hätte kommen können! Verdutzt blickte ich zu ihr. Frau Zeller sagte: „Ja, sehr schön, du kannst dich setzen, wieso nicht neben ihn?“ Sie deutete auf mich. Ehe ich es mir versah, sass Terra schon neben mir und lächelte mich an. Mir war mulmig zumute, sehr mulmig. Ich war es nicht gewohnt, neben solch hübschen Frauen zu sitzen! Ich musste rot geworden sein, denn Terra lächelte jetzt noch mehr. „Du bist ja ganz rot! Aber macht nichts, ich bin mir gewöhnt, neben Leuten zu sitzen, die erröten!“ Sie lachte. Ich sah, dass um ihren Hals eine Kette hing, an der ein seltsames Amulett angebracht war. Sie war mir nicht geheuer. Umso froher war ich, als Frau Zeller verkündete, mit dem Stoff weiterzufahren. Ich versuchte, mich nun fest auf die Arbeit zu konzentrieren, doch aus den Augenwinkeln sah ich, wie Terra mich musterte. Ich versuchte, wo anders hin zu blicken, doch so bemerkte ich nur die neidischen Blicke der Schüler, die auf meine Bank starrten. „Auf unsere“. Terra sprach mich an. Ich verstand nicht. „Was?“ – „Es ist jetzt unsere Schulbank, nicht nur deine. Ja, sie sind neidisch“. Fassungslos starrte ich sie an. Wie konnte sie wissen, was ich dachte? Sie wurde mir immer unheimlicher. Da kam die Erlösung in Form der schrillenden Pausenglocke. Schnell packte ich meine Sachen, die auf dem Tisch lagen, weg und stürmte mit den anderen Schülern auf den Pausenhof. Ich setzte mich auf eine Bank. Als ich an die letzte Stunde dachte, erschauderte ich. Ich verdrängte Terra aus meinen Gedanken, doch es fiel mir schwer, nicht nach kurzer Zeit wieder an sie zu denken. Ich kramte mein Pausenbrot hervor und begann zu kauen. Das Brot war trocken und zäh. Mit anderen Worten: Es schmeckte widerwärtig. Ich schaute mir den Inhalt an und entdeckte ein verfaultes Salatblatt. Wütend warf ich das Pausenbrot in den Abfall. Was hatte sich meine Mutter denn dabei gedacht? Sie wurde auch immer unachtsamer. Plötzlich warf sich ein Schatten über mich. Ich schaute auf und erblickte Marco, den grössten Pöbel der ganzen Schule. Oh nein…..
Er quatschte gehässig drauflos: „Wie ich gehört habe, ist heute wohl eine Neue in deine Klasse gekommen? Und sie soll wunderschön sein?“ In seinen Augen funkelte der Zorn. „Das ist ja toll. Der grösste Dummkopf, der grösste Aussenseiter bekommt die schönste Frau. Sie hat sich neben dir gesetzt, stimmts?“ Er drohte mir mit der Faust. „Sag ihr lieber schnell, sie soll sich woanders hinsetzen, oder du bekommst Besuch von meiner Faust“. Als er sich davonmachte, atmete ich erleichtert auf. Marco würde mich also heute mal nicht verprügeln. Das ging ja noch glimpflich aus. Doch zu früh gefreut. Als die Pausenglocke schrillte und ich mich ins Schulhaus begeben wollte, packte mich jemand von hinten. Der harte Griff kam mir gefährlich vertraut vor. Ich drehte mich um und blickte in das hässlich grinsende Gesicht von Marco. Er sagte mit aufbrausender Stimme: „Weißt du was? Ich habe irgendwie Lust, dich trotzdem noch zu verprügeln“. Er hob seine Faust. Ich kniff meine Augen zusammen und erwartete einen heftigen Schmerz in der Magengegend, doch er blieb aus. Stattdessen lockerte sich der Griff von Marco und er liess mich schliesslich ganz los. Ungläubig blickte ich auf Terra, die zwischen mich und Marco getreten war. Wütend wandte sie sich zu Marco. „Du bist also jemand, der regelmässig Prügel austeilt, wie?“ fauchte sie. „Lass ihn in Ruhe! Er hat dir nichts getan! Ich entscheide übrigens, zu wem ich sitze und zu wem nicht. Und du wärst auf jeden Fall einer der letzteren Sorte“. In Marcos Gesicht konnte ich eine Mischung aus Wut und Enttäuschung ablesen. Da geschah etwas sehr seltsames. Marco heulte plötzlich auf und fiel auf die Knie. Er fasste sich an seinen Bauch und wand sich, wie es schien, vor Schmerz. Er schrie und krümmte sich auf dem Boden. Noch unheimlicher war Terra. Sie hatte die Augen geschlossen, jedoch zuckten ihre Augenlieder unentwegt. Nicht nur ich beobachtete die Szene, sondern auch viele andere Schüler, wie ich gerade bemerkte. Sie starrten mit offenen Mündern zu Terra und Marco. Als ich wieder zu Terra sah, merkte ich, dass sie die Augen aufriss. Sofort hörte Marco auf zu wimmern, er lag nur noch keuchend auf dem Boden. „Du….du….bist ein Monster! Was hast…..du mit mir…..gemacht!“ stiess er hervor. Terra blickte kalt auf Marco hinunter. „Lass dir das eine Lehre sein!“ sagte sie, darauf verschwand sie im Schulgebäude. Ich folgte ihr und liess die sprachlosen Schüler zurück, die einen Kreis um Marco gebildet hatten. Ich holte sie schliesslich ein und stellte mich vor sie. Ihr Blick zeigte nun keine Kälte mehr. „Wie hast du das bloss gemacht?“ fragte ich. Sie schaute mich an, und ein Moment des Schweigens trat ein. „Das darfst du nicht wissen. Niemand darf das wissen. Erzähl keinem was davon. Kein einziges Wort! Versprichst du mir das?“ – „Was? Wie…“ – „Versprich es mir!“. Sie packte mich am Arm. „Versprich es mir!“ – „Ja, ist ja gut, äh, ich versprechs!“ – „Gut, dann bin ich beruhigt. Lass uns in die nächste Stunde gehen. Was haben wir für ein Fach? Deutsch?“ – „Ja“. Sie ging und zog mich gleich am Arm mit. Ich zitterte ein wenig. So hatte mich noch nie eine Frau behandelt.

Was für ein Schultag! Fröhlich schlenderte ich zum Fahrradständer. Ich kam zu spät in die Schule, und ich wurde nicht einmal von Marco verprügelt. Und dann war da noch Terra, die neue Schülerin mit den grünen Haaren….Ich war mir indes nicht einmal mehr sicher, ob die Haare wirklich nur gefärbt waren. Ich rätselte über den Vorfall in der Pause. Irgendwie schien Terra über enorme mentale Kräfte zu verfügen oder sonst was, ich konnte mir das nicht erklären.
Plötzlich hörte ich ein leises Flüstern. Ich ging um die Ecke und entdeckte Terra, im Gespräch mit einer anderen jungen Frau. Sie war schwarz gekleidet, hatte blonde Haare und……riesige schwarze Flügel auf ihrem Rücken.
Mir standen die Haare zu Berge. Schnell versteckte ich mich wieder hinter der Ecke, sodass sie mich zwar nicht sehen konnten, aber ich ihr Flüstern verstehen konnte. Ich schnappte das Gespräch auf: „….vorsichtiger sein, ganz klar! Du weißt nicht, was du anrichtest! Was ist, wenn man uns entdeckt? Wir landen noch in irgendeinem Versuchslabor! – „Auch kein Problem, das man nicht mit…“ – „Pssssssst! Ich hab dir doch gesagt, dass du das Wort nicht benutzen sollst! Nicht, solange wir hier sind und es nicht geschafft haben!“ – „Ja, ja, ist ja gut, ich sage es nicht. Du bist einfach viel zu hysterisch, Nina, du wirst noch ganz krank davon!“ – „Ich und hysterisch? Pah, du träumst wohl! Aber jetzt ein anderes Thema. Hast du ihn gefunden?“ – „Und ob! Es war überhaupt nicht schwer. Es war leichter als leicht.“ – „Ich hoffe nur, der Auserwählte kann wirklich tun, was die Legende Windias verspricht. Nun gut, auf jeden Fall sollten wir es versuchen. Behalte ihn im Auge, Terra, und komm ja nie wieder auf die Idee, es anzuwenden, vor allem nicht, wenn du beobachtet wirst!“ – „Ja, stimmt, ich hätte es nicht tun sollen. Gehen wir“. Sagte Terra resigniert. Das Gespräch verstummte und nach einigen Sekunden hörte ich nur noch das leise Rauschen der Bäume.
Mir war ganz schwindlig. Wer war dieser „Auserwählte“, von dem sie gesprochen haben? Und einen Menschen mit schwarzen Vogelflügeln hatte ich auch noch nie gesehen. Das ganze war mir nicht erklärbar. Ich sollte mich lieber nicht mit Dingen abgeben, die ich nicht verstehe, dachte ich mir. Ich sollte mich von Terra fernhalten und alldem den Rücken kehren. Das ganze fing an, noch unheimlicher zu werden, als es schon war.

In den nächsten Tagen bis zum Wochenende versuchte ich, meinen Entschluss zu verwirklichen. Ich beachtete Terra so gut wie möglich nicht, auch wenn sie neben mir sass – in allen Lektionen. Jedoch fühlte ich mich miserabel. Sie hatte mich schliesslich vor Marco bewahrt. Es war nicht fair, wenn ich sie einfach so sitzen liess. Das wusste selbst ich, der nicht viel von Frauen verstand. Ich hatte aber den Eindruck, ihr schien meine Ignoranz nichts auszumachen. Ich konnte etwas fühlen. Ich fühlte, dass jedes Mal, wenn sie mich ansah, etwas in meinem Kopf vorging. Auch wenn ich es nicht wusste, vermutete ich, das Terra meine Gedanken lesen konnte. Für sie war mein Kopf ein offenes Buch. Verzweifelt versuchte ich, ihr immer aus dem Weg zu gehen, jedoch spürte ich ihren Blick die ganze Zeit über in meinem Nacken. Sie beobachtete mich. Sie bewachte mich vielleicht sogar, denn seit Montag wurde ich nie von Mitschülern angepöbelt.
So konnte es nicht weitergehen. Ich beschloss, einmal mit ihr zu reden. Ich wollte sie fragen, wer sie war, was sie tat, und wieso sie mich beobachtete. Und vor allem: Woher hatte sie diese aussergewöhnlichen Kräfte? Am Freitagnachmittag hatte ich die Gelegenheit dazu. Nach der letzten Stunde vor dem Wochenende packte ich sie an der Schulter. Es schien sie seltsamerweise nicht einmal zu überraschen. Ich atmete einmal tief durch, beugte mich zu ihr und…..“Du fragst dich, wer ich bin und was ich tue, nicht?“ fragte sie. Das war zu viel. Ich rief entsetzt: „Was zum Teufel willst du?! Du….du kannst meine Gedanken…“ – „Pssst! Nicht jetzt!“. Sie presste ihre Hand vor meinen Mund. Ich war noch entsetzter. „Ich muss dir vorkommen, wie jemand von einer anderen Welt, nicht wahr? Du weißt nicht, wie recht du damit hast!“ Ich keuchte. Ich wollte etwas erwidern, aber ich konnte nicht, da sie ihre Hand nur noch fester gegen meinen Mund presste. „Entschuldigung, das muss leider sein, momentan sind wir nicht sicher“. Sie blickte umher. Einige Schüler liefen immer noch an uns vorbei. „Ich werde dir alles erklären. Doch noch nicht jetzt. Später. Lass dir nur soviel gesagt sein: Du wirst nicht zufällig in die Sache mit reingezogen“. Sie blickte noch einmal um sich und vergewisserte sich, dass uns keine Schüler mehr beobachteten. Niemand war da. Schliesslich nahm sie ihre Hand von meinem Mund. Sie sagte: „Du spielst eine wichtige Rolle bei der ganzen Sache“. – „Was für eine Sache denn, wenn ich fragen darf?!“ – „Zur gegebenen Zeit wirst du alles erfahren. Aber damit einmal die grössten Mysterien geklärt sind: Ich habe eine Gabe. Diese Gabe lautet „Magie“. Damit konnte ich die ganze Zeit deine Gedanken lesen, und wie ich sehe, habe ich wohl übertrieben. Ich entschuldige mich, wenn ich dir Unannehmlichkeiten bereitet haben sollte“ – „Ja, danke, ich bin froh, dass du mich einmal darüber aufklärst“ Sagte ich mürrisch. Sie konnte es also. Terra fuhr fort. „Mit Magie kann man aber noch viel mehr anstellen. Man kann Schmerzen bereiten, unsägliche Qualen“ – „Das hast du also mit Marco gemacht!“ Ich erschauderte. „Ja, das habe ich. Ich weiss, ich hätte all das nicht tun sollen. Ich hätte niemals Magie anwenden dürfen, schon gar nicht vor so vielen neugierigen Augen. Jedoch überwältigte mich der Zorn. Das wird nicht wieder vorkommen“. – „Du kannst also Magie anwenden. Verrückt. Das ist wirklich verrückt. Ich habe gedacht, das gibt es nur in Büchern und Videosielen“ – „Was sind Videospiele?“ fragte sie neugierig. Ich war verdutzt. „Aber ich habe gedacht, du hättest das Spielen als Hobby?“. Terras Miene verdüsterte sich. „Oh, achso, nun ja, bei den Hobbies habe ich mich das erste Mal deiner Erinnerungen bedient….“ Sie schaute betreten auf den Boden, sodass ihre grünen Haare über ihr Gesicht fielen. „Ich war so unvernünftig! Entschuldigung, das tut mir ja so leid. Ich konnte nicht anders. Oder sollte ich bei den Hobbies Drachenreiten angeben?“. Drachenreiten….das war unglaublich. Terra kam also wirklich aus einer Welt, in der es Fabelwesen, Magie und all diesen Schnickschnack gab! Und deshalb waren mir ihre Hobbies auch so bekannt vorgekommen…“Hey, Magie ist kein Schnickschnack! Oh….tut mir Leid, jetzt habe ich schon wieder..“ – „Jaja, ist schon gut ich entschuldige mich ebenfalls. Ich wollte dir aus dem Weg gehen, nichts mit dir zu tun haben, und ich habe versucht, dich zu ignorieren. Aber ich merke, dass das offenbar einfach nicht geht! Du hängst ja an mir wie eine Klette!“, sagte ich mit ein wenig Humor. Terra hob den Kopf und lächelte. „Nun, da wir einander vergeben haben, ist ja alles wieder in Ordnung, oder?“ – „Ja, das ist es in der Tat“. Irgendwie war ich froh, auch wenn mir bewusst war, was für ungeheuerliche Sachen ich gerade erfahren hatte. Terra sagte: „Nicht nur ich komme aus einer anderen Welt, auch noch andere sind hier. Nina hast du ja schon mal getroffen“. Warum Terra jetzt wusste, dass ich sie beim Gespräch beobachtet hatte, war mir jetzt natürlich klar. Das war alles nur ein bisschen Magie. Sie erwähnte: „Wie ich schon sagte, später werde ich dir mehr erzählen und dich auch meinen Freunden vorstellen. Komm mit, die Schule ist kein geeigneter Ort für sowas“. Sie packte mich wieder am Arm und zog mich mit, aus dem Schulgebäude heraus. Ich war verwundert, wie sie mich behandelte. Wir kannten uns doch erst seit einer Woche! Doch nach einigen Metern drehte sie sich zu mir um und fragte: „Ist….ist das dir unangenehm? Sie deute mit der anderen Hand auf meinen Arm. Auf so eine direkte Frage war ich nicht vorbereitet. „Ich….ähm….nun…“ druckste ich herum. Sie liess los. „Entschuldigung, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Aber trotzdem: Bleibe dicht hinter mir. Ich führe dich zu meinen Freunden. Sie befinden sich im nahe gelegenen Wald. Was würden sie wohl sagen, wenn dem Auserwählten etwas zustossen würde, bevor sie ihn getroffen haben!“. Sie lief weiter, auf den Wald nahe der Schule zu, Doch ich blieb stehen. „Der Auserwählte? Wer ist das denn nun wieder?“. Auch Terra blieb stehen. Sie liess ein hörbares Seufzen vernehmen. „Das bist du“, sagte sie ernst. Ich konnte nicht anders und musste lachen. „Auserwählt? Ich bin der Auserwählte? Und für was denn, bitte schön, bin ich denn auserwählt worden?“. Terra näherte sich mir wieder, bis sie direkt vor mir stand und wir uns fast berührten. „Du bist auserwählt, um die Welt zu retten. Du wirst zudem nicht nur deine, sondern auch meine Welt retten“. Ich lachte noch lauter. „Ja, ja, sicher, ich und die Welt retten. Ich bin ja auch so gross und stark wie Arnold Schwarzenegger und kann fliegen. Für wie blöd hältst du mich? Schau ich doch mal an! Ich soll den Retter der Welten spielen? Pah!“. Das ganze kam mir immer lächerlicher vor. Ich folgte gerade einer magiebegabten jungen Frau, die meine Gedanken lesen konnte und Menschen quälen konnte und aus einer anderen Welt kam. Und dann sagte sie auch noch, ich sei der „Auserwählte“, um die Welt zu retten! Wenn hier jemand die Welt rettete, dann war es Superman aus dem Comic oder Neo aus dem Film „The Matrix“, aber sicher nicht ich. „Und wer oder was bedroht dann die Welt? Vielleicht George Bush mit seinen Atomwaffen?“, scherzte ich. Terra erwiderte: „Auch wenn ich nicht weiss, wer George Bush ist, weiss ich bestimmt, dass du dein Schicksal erfüllen wirst. Du bist der einzige Grund, weshalb ich hier bin. Wir brauchen deine Hilfe“. Ich überlegte, ob ich all dies vielleicht träumte, und ich schloss meine Augen. Ich öffnete sie wieder. Das Bild vor meinen Augen war unverändert. Vor mir stand immer noch Terra, und ihr grünes Haar wehte leicht im Wind. Sie machte eine ernste Miene. „Verschliesse deine Augen nicht vor deinem Schicksal“, sagte sie und wollte wieder meinen Arm ergreifen, jedoch überlegte sie es sich anders und zog ihre Hand wieder zurück. Stattdessen drehte sie sich um und rief über die Schulter: „Folge mir!“, und ich folgte.

Wir näherten uns dem Wald. Die hohen Bäume verdeckten die Sonne, es war düster. Wir folgten einem verschlungenen kleinen Pfad, der teilweise schon überwuchert war. Ich lief hinter Terra her. Sie schien den Weg zu kennen, sie schritt sicher voran und hielt kein einziges Mal an. Die Bäume wurden immer dichter und der Weg immer schmaler. Ich dachte nach. War ich wirklich der Grund, weshalb Terra an der Schule aufgekreuzt war? War ich wirklich zu höherem bestimmt? Ich wusste ja nicht einmal, wo Terra in dieser Welt wohnte, und woher hatte sie eigentlich all dieses Wissen, um an diese Schule zu kommen, und wusste trotzdem nicht einmal, wer George Bush war? Terra schien wieder meine Gedanken gehört zu haben, denn sie sagte: „Menschen lassen sich mit Magie leicht manipulieren. Erinnerungen können gelöscht werden, Gedanken verändert, neue Meinungen gemacht werden. So schaffte ich es in diese Schule. Die Lehrer haben sich nicht ein Mal gewehrt, als ich ihre Erinnerungen verändert habe. Ich habe sie erinnern lassen, ich wäre eine neue Schülerin, die nach den Ferien in deine Klasse kommt. Ich wusste schon vorher, dass du da warst. Ich hatte dich lange beobachtet und blickte in dein Herz. Es war das Herz des wahren Auserwählten“. Ich erschauderte. Terra konnte also noch mehr als Gedanken lesen. Sie konnte Menschen manipulieren. Sie könnte mich also jederzeit über eine Klippe springen lassen, wenn sie wollte. Da kam mir ein schrecklicher Gedanke. „Hast du…..hast du mich…..verändert?“ fragte ich leise und die Angst kroch in mir hoch. Sie schwieg. Ich fühlte mich langsam unbehaglich. Wieso antwortete sie mir nicht? Ich fragte sie nochmals: „Hast du mich verändert?“ - „Nein“, sagte sie, „nie würde ich dich verändern. Nicht den Auserwählten“ – „Du könntest lügen“ – „Vertraue mir“. Sie sagte das mit einem freundlichen Lächeln.
Und ich konnte ihr wirklich vertrauen, das spürte ich irgendwie.
Wir setzten unseren Weg fort und liefen schweigend hintereinander, da der Weg nun zu schmal war, um nebeneinander zu gehen. Durch die Wipfel der Tannen drang kaum noch Licht. Plötzlich blieb Terra stehen. Sie Pfiff zweimal. Nach einer Weile hörte ich zwei Pfiffe antworten, die abseits des Weges zu kommen schienen. Terra nickte und trat vom Weg ab. Ich folgte ihr durch das Geäst und bückte mich, um den tief stehenden Tannen-Ästen auszuweichen. Plötzlich trat eine Gestalt aus dem Schatten. Sie hatte zwei riesige schwarze Flügel auf dem Rücken. Das war also Nina, ich hatte sie schon am Montag gesehen. Sie sagte aufgebracht: „Du bist zu spät, Terra, warum hast du so herumgetrödelt?“ – „Ist ja schon gut, ich hatte noch einige Dinge mit ihm zu besprechen“, sagte Terra mit dem Blick auf mich. Jetzt bemerkte auch Nina mich und sie schaute mich mit grossen Augen an. „Das ist er also? Der Auserwählte? Aber er ist ja nur ein normaler Mensch!“. Und ein Aussenseiter und Nichtsnutz noch dazu, dachte ich verbittert. Terra schaute mich mitleidig an und wandte sich wieder zu Nina um. „Na hör mal, was hast du dir gedacht? In dieser Welt leben nur Menschen!“ – „Nur Menschen? Keine Drachen und Einhörner und…“ Terra unterbrach sie. „Drachen? Bist du noch von Sinnen? Oder siehst du hier irgendwo verbrannte Bäume? Nein, Nina, in dieser Welt gibt es keine solchen Wesen. Das hast du nun davon, wenn du dich immer nur versteckst“ – „Ich im Gegensatz zu dir bin wenigstens nicht so unvorsichtig! Was an deinem ersten Schultag passiert ist, war sehr unverantwortungsvoll! Jetzt fehlt nur noch, dass du deine Feuermagie auf die Schüler loslässt!“ – „Ja, ja, ist ja gut“ sagte Terra und lachte dabei. „Soweit wird es schon nicht kommen!“ – „Das hoffe ich. Und nun, lass uns zur Lichtung gehen“. Damit schritt Nina weiter in den Schatten der Bäume hinein. Terra drehte sich zu mir um und flüsterte: „Wie du siehst, ist Nina ein wenig ZU vorsichtig. Aber sie hat ein gutes Herz. Komm, wir folgen ihr!“. Nach einigen Marschminuten gelangten wir zur erwähnten Lichtung. Ich schaute auf in den Himmel und sah, dass es schon dämmerte. Spätestens, wenn es Dunkel wurde, musste ich zuhause sein, denn sonst gab es Ärger. In der Mitte der Lichtung, wo Nina schon wartete, brannte ein kleines Feuer. Es loderte freundlich vor sich hin. Es war so einladend, dass ich nicht lange überlegte und mich sofort nahe ans Feuer setzte. Verdutzt bemerkte ich, dass das Feuer ein wenig über dem Boden zu schweben schien, und darunter konnte ich keinen einzigen Ast ausmachen, der das Feuer am Leben gehalten hätte. Terra setzte sich neben mich. Als sie meinen erstaunten Gesichtsausdruck bemerkte, sagte sie lächelnd: „Das Feuer habe ich gemacht. Nur ein bisschen Magie“. Magie….dachte ich und starrte weiter in das Feuer. Nina setzte sich mir gegenüber, sodass ich ihr Gesicht im lodernden Feuerschein sah. Sie hatte tiefblaue Augen, die sorgenvoll ins leere schauten. Auch sie war sehr hübsch. Unglaublich. Bis vor kurzem war ich noch jemand, den kaum jemals eine Frau beachtet hatte, und nun sass ich schon mit zweien am Feuer, eine schöner als die andere. Verlegen schaute ich auf Terra, die mich auch anblickte und geschmeichelt lächelte. Nina hingegen zeigte keine Emotionen, sie starrte immer noch ins Leere. Sie schien die die Gabe des Gedankenlesens nicht zu haben.
Plötzlich hörte ich ein Knacksen. Es raschelte und da stand plötzlich ein junger Mann. Er trug einen blauen, langen Umhang und hatte lange braune Haare, die ihm bis zu den Schultern reichten. An ihm schien nichts weiter ungewöhnlich zu sein, bis ich zwei geschwungene Hörner entdeckte, die ihm aus der Stirn herausragten. Auf dem Rücken trug er ein langes Schwert, vermutlich ein Katana. Er blickte grimmig drein. Sein Gesicht wurde vom Feuerschein beleuchtet, sodass er noch unheimlicher erschien. „Hey, Karel, wo hast du so lange gesteckt?“, fragte Nina. Er hiess also so, dachte ich. Karel erwiderte nichts, sondern schaute mich schweigend an. In seinem Blick lag Spott. „Das…ist also der grosse „Auserwählte“, von dem du gesprochen hast, Terra? Er sieht nicht sehr stark aus. Kann er mit dem Schwert umgehen?“. Zu meinem Entsetzen zog er blitzschnell sein Schwert und setzte es mir an die Kehle. „Ich glaube nicht, dass du etwas Besonderes bist, weißt du das? Ich glaube, Terra hat uns einen Schwächling ins Boot geholt. Sobald du das Tor geöffnet hast, wirst du uns nicht mehr von Nutzen sein“ – „Das reicht, Karel, steck dein Schwert wieder ein! Er ist nur ein normaler Mensch, das habe ich dir ja schon zu Genüge erklärt“, sagte Terra, ohne die Wut in ihrer Stimme zu verbergen. Zu meiner Erleichterung steckte Karel sein gefährliches Schwert wirklich wieder weg. Er spuckte ins Feuer und setzte sich dann. „Und jetzt?“ fragte ich. Begierig wollte ich erfahren, weshalb ich nun wirklich hier gelandet war.

Terra fing an zu erzählen. „Wie du schon erfahren hast: Es gibt neben deiner Welt noch eine andere, parallele Welt. Aus dieser parallelen Welt kommen wir drei. In unserer Welt gibt es Drachen, Einhörner, Wyvern und andere Wesen. Ihr würdet dies, glaube ich, „Fantasiewelt“ nennen. Es gibt dort auch verschiedene Völker. Ich, beispielsweise, gehöre zum Volk der Solmagier an. Alle Mitglieder unseres Volkes haben die natürliche Gabe, Feuermagie sowie Gedankenmagie einzusetzen“. Terra lächelte. „Wir können uns jedoch gegenseitig nicht manipulieren. Unsere Kraft reicht nur für kleine oder unmagische Wesen aus, zum Beispiel auch für gewöhnliche Menschen. Ich kann deshalb Nina und Karel nicht manipulieren, was auch gut ist. Nina gehört zum Volk der Shivas an. Sie haben alle Flügel auf ihrem Rücken und können hervorragend mit Eismagie umgehen. Ihre Hauptstadt, Windia, ist ihr ganzer Stolz. Sie haben sogar einen König, der im Palast im Zentrum der Stadt wohnt“. Ich bemerkte, wie sich Ninas Miene verdüsterte. “Karel ist ein spezieller Fall. Er gehört gar keinem Volk an, er wurde als Findelkind aufgezogen. Er ist ein Halbdämon“. Deshalb also diese seltsamen Hörner auf seiner Stirn, dachte ich. „Bis vor einigen Jahren wahr in unserer Welt alles noch im Gleichgewicht. Es gab keinen Krieg, keinen Hunger. Doch dann fielen die Dämonen ein. In blinder Wut zerstörten und töteten sie alles, was ihnen in den Weg kam. Sie wurden von einem schrecklichen Wesen angeführt, dem Dämonenkönig. Es gab eine riesige Schlacht der Völker gegen die Dämonen. Sogar die normalen Menschen, die in unserer Welt lebten, kämpften gegen die böse Macht. Auch wir kämpften. Jeder von uns hatte seine persönlichen Gründe, in den Krieg zu ziehen“ Plötzlich herrschte eine bedrückte Stimmung. Im Schein des Feuers konnte ich die Trauer von Terra und Nina erkennen, und das wütende Gesicht von Karel.
„Meine Eltern wurden von Dämonen getötet“, flüsterte Terra leise. Nina seufzte traurig. „Ich wurde ausgestossen, weil alle dachten, ich mit meinen schwarzen Flügeln sei verantwortlich für die Misere. Der König persönlich hat dafür gesorgt, dass ich verschwinde. Alle unseres Volkes, musst du wissen, haben weisse Flügel….“. Karel sagte wütend: “Man hat versucht, mich mehrmals zu töten. Sie dachten, ich sei einer von Ihnen. Ich wollte beweisen, dass ich kein vollblutiger Dämon bin. Deshalb in ich in den Krieg gegen diese Biester gezogen“.
Ein langes Schweigen trat ein. Dann sagte Terra: „Wir drei kämpften mutig an der Spitze der Front. Wir hatten den Dämonenkönig fast erreicht, da tat sich ein riesiges Dimensionstor auf. Der Dämonenkönig schritt durch das Tor, und wir versuchten vergeblich, ihn aufzuhalten. Stattdessen wurden wir in dieses Tor hinein gesogen, als es im Begriffe war, sich wieder zu schliessen. So landeten wir in deiner Welt. Das war vor etwa einem halben Jahr“. Ich dachte nach. „Das heisst, der Dämonenkönig ist nun in….in meiner Welt? Das kann doch nicht sein, oder?“. Terra sagte: „Nein, er ist noch nicht in dieser Welt. Er befindet sich zwischen den Welten, zwischen den beiden Toren der Dimension. Dort befindet sich ein Ort, der „Pandämonium“ heisst, die Residenz des Dämonenkönigs. Es heisst in der Legende Windias, nur der Auserwählte in einer anderen Welt könnte das Tor zum Pandämonium öffnen. Das bist du“. Ich war erschüttert. Das war eine wahnsinnige Geschichte. Ob ich sie wirklich glauben konnte? „Ich habe dich vor einigen Monaten gesehen und bemerkt, dass du dieser Auserwählte bist. Ich habe es in deinem Herzen gesehen. Seit ich dich das erste Mal gesehen hatte, beobachtete ich dich. Ich sah, wo du wohnst, was du machst, wo du zur Schule gehst. Und nun bist du hier bei mir und bei den anderen gelandet“. – „Und….und wo hast du mich das erste Mal gesehen?“. Hoffentlich nicht unter der Dusche, dachte ich. „In diesem Wald“. Terra lächelte nun wieder. Nina erwähnte: „Leider wissen wir nicht, wo das Pandämonium sich in dieser Welt befindet. Aber es muss in der Nähe dieses Waldes sein, in dem wir in deiner Welt gelandet sind. Ich und Karel können leider nicht anderes machen als hier zu warten, wir würden sofort auffallen. Terra hingegen konnte dich leicht auftreiben. Ausser ihren grünen Haaren ist an ihr nichts ungewöhnliches, das sie von normalen Menschen unterscheiden würde. Aber auch sie kann das Pandämonium nicht ausfindig machen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als auf irgendwelche erste Anzeichen der Dämonen zu warten“. Nina blickte ernst zu mir. Ich fragte: „Wir können also nichts anderes machen als Warten, bis vielleicht der erste Dämon erscheint und jemanden umbringt?“ Das war mir gar nicht geheuer. Karel nickte. Terra sagte: „Ich werde dich solange bewachen, auch in der Schule. Dir darf nichts zustossen“ – „Äh…nun…danke“, sagte ich verlegen. Karel stand plötzlich auf. „Kann das wirklich sein? Ein schwächlicher Mensch ist der Auserwählte? Ich werde dich auf jeden Fall nicht beschützen. Der Auserwählte sollte sich auch selber schützen können!“ – „Karel!“ rief Terra. Er schwieg wieder. Dann sagte er plötzlich: „Ich werde dich im Schwertkampf trainieren, Auserwählter. Solange du dich nicht selbst schützen kannst, kannst du uns auch nicht vor allem Unheil bewahren. Dein Training fängt nächste Woche an!“. Karel spuckte ins Feuer. Ich war verdattert. Jetzt wollte er mich plötzlich trainieren? Was ging in seinem Kopf vor? Nina blickte gen Himmel. „Es ist schon dunkel geworden“, sagte sie. Voller Schreck erinnerte ich mich daran, dass ich eigentlich schon längst hätte nach Hause gehen müssen. Ich verabschiedete mich und wandte mich zum Gehen, doch Terra hielt mich zurück. „Warte, ich komme mit. Ich schaue, dass dir nichts zustösst“ – „Danke…..“, murmelte ich. Ein bisschen schämte ich mich schon. „du brauchst dich nicht zu schämen. Ich mache das gerne!“. Sie machte das gerne? Was sollte das heissen? Ich war verunsichert, trotzdem folgte ich ihr wieder durch den Wald, zum Schulgelände hinaus.

Ich lief zum Abstellplatz für Fahrräder, stieg auf mein Fahrrad und wollte losradeln, doch es liess sich nur schwer vom Fleck bewegen. Verwundert drehte ich mich nach dem Gepäckträger um und bemerkte erstaunt, dass Terra schon darauf sass. „Na los, wollen wir nicht losfahren?“, sagte sie mit einem Lächeln. „Du kommst mit?“ – „Na klar, ich habe gehört, auf dem Arbeitsweg passieren doch die meisten Unfälle, vor allem wenn es dunkel ist“ – „Woher weißt du das?“ – „Ach, das habe ich mal aufgeschnappt, als ich dich beim Fernsehen beobachtet habe.“ – „Was!?“ – „Alles nur ein bisschen Magie!“. Ich schüttelte den Kopf und fuhr los.
Während der Fahrt hielt sie sich an mir fest. Es machte mir nichts mehr aus, dass sie mich so ungehemmt berührte. Daran hatte ich mich freilich schon gewöhnt. Ich fuhr die Strasse entlang und beobachtete den Himmel. Es waren schon die Sterne zu sehen, das hiess, es musste schon sehr spät sein. Genervt dachte ich an die Strafpredigt, die mich Zuhause erwarten würde. Es war immer das gleiche Geplapper. Blablabla, du solltest früher nach Hause kommen und so weiter. Schliesslich kamen wir zu Hause an. Ich verlangsamte mein Fahrtempo, bis ich schliesslich direkt vor meinem Haus anhielt. Es brannte schon Licht im Küchenfenster. Terra stieg vom Gepäckträger, damit ich das Fahrrad abstellen konnte. Den Hausschlüssel schon in der Hand, wandte ich mich noch einmal zu ihr, um mich zu bedanken. „Danke, dass du mit mir mitgekommen bist. Mitgefahren.“ Ich schaute auf den Boden und hatte ein komisches Gefühl. Terra lachte leise und sagte: „Ist schon gut. Du musst dich nicht bedanken. Schliesslich ist das quasi meine Pflicht. Es hat sogar Spass gemacht, zu fahren“. Sie wandte sich zum Gehen. Doch sie drehte sich wieder um. “Mach dir übrigens keine Gedanken um Karel. Er hasst die normalen Menschen. Das ist ja auch verständlich, sie wollten ihn mehrere Male sogar Hängen. In unserer Welt haben sie allgemein keinen guten Ruf. Sie sollen geizig und egoistisch sein. Doch ich finde dich…“. Sie verstummte und scharrte verlegen mit den Füssen am Boden. “Nun gut, ich…ich geh dann Mal“ und sie verschwand in der Dunkelheit.
Ich drehte den Schlüssel im Schloss um und trat in das warme Haus. Den Schulsack warf ich unachtsam auf den Boden. Meine Mutter stand am Küchenfenster und schaute hinaus. „Wer war diese junge hübsche Frau?“ fragte sie, und sie konnte ein Lächeln nicht verkneifen. „Du….du hast uns beobachtet?“ fragte ich mit Unbehagen. Sie nickte. „Ach, das war…nur eine Schulkollegin, sie brachte mir die Hausaufgaben“. Sofort bereute ich meine unmögliche Ausrede. „Aha, sie bringt dir die Hausaufgaben, dabei warst du nicht einmal krank und es ist 10 Uhr Abends? Du musst mir nichts vormachen, ich weiss, was hier vorgeht“ sagte meine Mutter und lächelte wieder. „Ach, wie schön, endlich hast du eine Freundin gefunden!“ – „Was? Sie ist nicht…sie ist nicht meine Freundin!!“ – „Ja, ja, natürlich, sie ist nicht deine Freundin“, sagte sie mit Ironie. „Darum bist du auch noch bis spät Abends unterwegs“. Sie gluckste. Ich erwiderte nichts mehr und war genervt. Immer kam sie mit ihren verrückten Theorien! Ich nahm schlang ohne ein Wort zu sagen noch schnell mein Nachtessen herunter, bevor ich ins Bett ging. Etwas Positives hatte es doch noch an sich. Wenn ich meine Mutter in ihrem Glauben liess, ersparte ich mir wenigstens die Strafpredigt.
In meinem Zimmer liess ich mich aufs Bett fallen und dachte über den Tag nach. War ich wirklich ein „Auserwählter“, der das Tor zum Pandämonium öffnen konnte? Gab es wirklich einen Dämonenkönig, der zwischen den Welten lauerte und seine dunklen Diener irgendwann in unsere Welt schicken würde? Mir wurde mulmig zumute. Gab es wirklich Dämonen, die über unsere Welt herfallen würden? Und wie würden diese „ersten Anzeichen“, von denen Nina gesprochen hatte wohl aussehen? Irgendwie hatte ich mir immer gewünscht, mein unerfreuliches Schattendasein würde sich verändern, doch gleich so? Plötzlich stand ich im Mittelpunkt und war der grosse Weltenretter. Ich fragte mich, ob das wohl wirklich stimmen konnte. Vielleicht hatte Terra, wie Karel gesagt hatte, wirklich den Falschen erwischt und ich war nicht mehr als ein normaler Schuljunge. Ich malte mir schon aus, wie das enttäuschte Gesicht von Terra aussehen würde, wenn ich schliesslich dieses mysteriöse Tor nicht öffnen könnte, das in das Pandämonium führte. Und vor allem: Wo lag das Tor überhaupt? Und wann kamen die Dämonen in unsere Welt? Es könnte in einem Jahr oder auch schon Morgen sein….

Nach einem erholsamen Wochenende ohne Magie und dergleichen musste ich leider wieder in die Schule. Die ganze Geschichte schien mir weit entfernt und ich schien nicht mehr ein Auserwählter, sondern wieder ein normaler Junge zu sein. Mühsam fuhr ich wieder zur Schule und hatte die üblichen Motivationsprobleme. Zudem regnete es auch noch. Das war ja toll. Doch dann sah ich sie wieder. Sie stand in der Nähe des Abstellplatzes für Fahrräder. Kaum hatte ich es abgestellt, bemerkte sie mich und näherte sich mir freudig. Sie war ganz durchnässt. Bei ihrem Anblick musste ich sofort wieder an das Gespräch mit meiner Mutter denken. Nein, ich war sicher nicht ihr Freund. Das hatte sich meine Mutter ganz sicher nur ausgemalt. Doch immer wenn ich sie ansah….ich war mir plötzlich gar nicht mehr so sicher.
Terra schüttelte ihre grünen Haare, sodass Wassertropfen in mein Gesicht flogen. Ich hielt mir schützend die Hände vor das Gesicht und sagte: „Hey, hör auf damit! Du bist ja ganz nass! Hast du hier die ganze Zeit auf mich gewartet?“. – „Natürlich! Was denkst du denn? Was ist, wenn hier plötzlich Dämonen aufkreuzen würden? Wenn sie dich fressen, stehe ich alleine da!“ – „Du hast dann ja immer noch Karel und Nina“, sagte ich beiläufig. Terra lachte. „Ja, sicher, und was passiert dann mit dem Dämonenkönig? Der mordet munter weiter, was? Und niemand wird uns dann retten können. Dann könnte ich gleich Selbstmord begehen“ – „Ja, ist schon gut, ich passe auf mich auf“ – „Wenn hier jemand aufpasst, dann bin es ich auf dich“, sagte Terra mit einem schelmischen Lächeln. Ich konnte darauf nichts erwidern. Sollte es nicht umgekehrt sein? „Komm, wir gehen“, sagte Terra und wir gingen zusammen in die Schule.

In der Französischstunde kribbelte mein Kopf. Es stellte sich heraus, dass Terra dafür verantwortlich war. „Tut mir Leid“, sagte sie mir dann in der Pause, „Französisch kommt bei unseren Schulfächern nicht vor. Ist manchmal schwer, all das aus deinem Kopf herauszukramen. Aber Physik, Mathematik und so weiter, mit dem komm ich schon klar, das gibt’s auch bei uns“. – „Schön, dass ich auch mal etwas über euer Schulsystem erfahre“ murmelte ich. Wir schlenderten nebeneinander her. Terra schien etwas zu beschäftigen, denn sie machte eine Nachdenkliche Miene. Plötzlich fragte sie mich: „Du hast keine Freundin, oder?“. Was? Wieso fragte sie mich das? Verlegen und mit hochrotem Kopf stotterte ich: „W-wie m-meinst du das denn?“ – „Naja….du weißt schon…jemanden, mit dem du ausgehst und so weiter, hast du nicht…oder?“. Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. „Nun…äh…äh…nein“, gestand ich ihr schliesslich. Diese Antwort schien sie seltsamerweise irgendwie glücklich zu stimmen. Sie summte leise vor sich hin. Ich schwieg. Nach einer Weile sprach ich sie auf ein anderes Thema an. „Terra, meinst du, ich bin wirklich der Richtige? Ich meine, der richtige Auserwählte und so?“ – „Ach komm, hör auf an dir zu zweifeln! Ich weiss, dass du der Auserwählte bist. Ganz bestimmt. Von der ersten Sekunde an, wo ich dich zum ersten Mal sah, war ich mir sicher“. – „Aber ich bin nicht irgendwie besonders begabt oder stark oder so“. Terra schwieg. Dann sagte sie: „Wenn du an dich glaubst, kannst du alles schaffen. Sogar Dinge, die du vorher für unmöglich gehalten hattest. Und man muss nicht besonders stark oder weise sein, damit man einen festen Glauben in sich haben kann“. – „Aber ich bin nur ein normaler Mensch, habe keine besonderen Kräfte oder so und kann mich nicht wehren. Ich bin ein Nichts!“, rief ich. Plötzlich packte mich Terra, drückte mich gegen die Wand des Schulhauses und neigte sich ganz nah meinem Gesicht zu, sodass ich ihren warmen Atem spüren konnte. „Glaube. An. Dich.“, sagte sie mit eindringlicher Stimme. „Auch wenn ich auf dich aufpasse, ich glaube nicht, dass du ein Nichts bist. Niemand ist ein Nichts. Merke dir das“. Überrascht von ihrer schnellen Aktion konnte ich mich nicht wehren. Ich stand nur, da, and die Wand des Schulhauses gepresst, und sagte kein Wort. Schliesslich liess Terra mich wieder los. „Tut mir leid. Ich war vielleicht ein wenig zu heftig. Doch ich bestehe darauf, dass du an dich glaubst. Jederzeit. Das ist die einzige Bedingung, die ich dir stelle. Wirst du sie erfüllen?“ – „nun ja…“, sagte ich, während ich meine Schultern rieb, „Ich versuche es wenigstens“ – „Gut, dann bin ich erleichtert. Versuchen ist besser als gar nichts. Nochmals Entschuldigung“. Sie zerzauste mit ihrer Hand mein Haar. „Könntest du das bitte unterlassen?“, sagte ich ein wenig genervt. „Ja…natürlich“, sagte sie ein bisschen gekränkt und zog ihre Hand zurück. Die Pausenglocke schrillte und wir wandten uns wieder dem grauen Schulalltag zu.

Informatik war an der Reihe, doch die gestellten Aufgaben interessierten mich kein bisschen. Gelangweilt surfte ich im Internet herum. Mein Kopf kribbelte wieder, was wohl hiess, dass Terra keine Ahnung von Computern hatte. Ich besuchte meine üblichen favorisierten Seiten, darunter ein Diskussionsforum. Ich lachte mir ins Fäustchen. So viele Menschen gab es in unserer Welt und niemand wusste etwas vor der dunklen Bedrohung der Dämonen. Ich nahm das ganze jetzt noch humorvoll, aber ich wusste, dass sich die Sache einmal drastisch verändern würde. Ich gelangte zu einer Suchseite. Aus Spass gab ich in das Feld „Terra“ ein und klickte auf „Suchen“. Wie ich erwartete, erschienen keine Bilder einer grünhaarigen Frau mit Pferdeschwanz. Stattdessen erblickte ich Bilder von unserer Erde. Ich war erstaunt. Der Name hiess also auf lateinisch oder so „Erde“! Wie passend, dachte ich und liess ein Bild einer Weltkarte vergrössern, sodass ich die Kontinente deutlich sehen konnte. Die reale Terra hingegen erschien plötzlich hinter mir. „Das ist also eure Welt?“, fragte sie erstaunt. Verblüfft blickte sie auf die einzelnen Kontinente. „Aber….aber das sind ja mehrere Landmassen!“ – „Ja, sie heissen Kontinente. Das ist Afrika, Nordamerika, Südamerika, Asien, Australien, und die kleine Halbinsel im Westen von Asien ist Europa“, erklärte ich ihr, während ich jeweils mit dem Finger auf die einzelnen Kontinente deutete. Endlich wusste ich mal mehr als sie! „Wir befinden uns hier, in Europa, etwa in der Mitte“ Ich deutete auf die Stelle, wo sich etwa die Schweiz befinden musste. Terra blickte verblüfft auf die Kontinente. „In unserer Welt gibt es keine Kontinente. Alles ist nur eine einzige grosse Landmasse, die Vargil heisst“. Sie starrte weiter ungläubig auf die Kontinente, als eine herrische Stimme ertönte: „Setz dich wieder, Terra!“. Es war unser Informatiklehrer, Herr Koch. Sie setzte sich wieder auf den Platz neben mir. Die anderen Schüler schüttelten mit den Köpfen, doch das war mir egal. Absolut egal.
Ich starrte wieder auf meinen Bildschirm. Ich startete ein Chatprogramm. Ein gewisser „Hihaho“ meldete sich. Er schrieb: „Salü, wie geht’s?“. Ich schrieb zurück: „Prächtig. Dir?“ – „Geht so. Sterbe gerade vor Langweile“ – „Habt ihr denn Ferien?“ – „Ja, zwei Wochen“ – „Verdammt, wir nicht“ – „Hahaha!“ – „Das ist nicht lustig!“ – „Ist es doch!“. Ich machte eine Pause. Dann schrieb ich: „Weißt du was? Es gibt zwei Welten“ – „Ja, klar, und ich bin Mickey Maus. Du hast zu viel gezockt“ – „Sowas brauche ich jetzt nicht mehr. Seit Tales of Phantasia habe ich nichts mehr angerührt“ – „Ich habs immer noch nicht durch“ – „Du solltest dich mal anstrengen“ – „Ich geniesse halt das Spiel und zocke es nicht so schnell wie möglich durch und werfe es dann meinem Hund zum Frass vor wie du!“ – „Naja, ist ja egal. Tschau. Und falls ich es nicht schaffe, die Welt zu retten: Stirb schön!“. Damit beendete ich vergnügt das Gespräch und liess vermutlich einen ziemlich verwirrten „Hihaho“ zurück. Ich bemerkte, dass Terra neben mir die ganze Zeit über meine Schulter gestarrt hatte. „Wer war das?“, fragte sie. Ich erwiderte: „Ach, ist nicht so wichtig, ein Bekannter“. Ich schaute aus dem Fenster. Es hatte aufgehört zu regnen und nun schien wieder die Sonne. Ein perfektes Wetter, um mal auszuspannen. „Vergiss nicht“, sagte Terra, als die Schulglocke schrillte „du hast Heute dein erstes Training bei Karel“. Ich stöhnte. Das hatte ich ganz vergessen. Ich konnte also doch nicht ausspannen.

Ich folgte Terra und trat nach ihr auf die kleine Lichtung hinaus. Karel stand schon in der Mitte der Lichtung, es brannte diesmal kein Feuer, da es noch helllichter Tag war. Ein Schwert steckte vor ihm im Boden. Nina stand daneben und empfing mich mit einem warmen Lächeln. „Es ist schön, dich noch unter uns zu wissen“. Karel schwieg wie immer. Nach einer Weil sagte er: „Ich werde dich von einem Schwächling zu einem gefürchteten Schwertkämpfer machen. Wenn ich mit deiner Ausbildung fertig bin, bist du es würdig, der Auserwählte genannt zu werden. Nimm dein Schwert!“.
Zögernd und mit langsamen Schritten näherte ich mich der tödlichen Waffe. Ich betrachtete ihren Knauf. Er war reich verziert, mit schlangenähnlichen Linien, die sich darum wanden. Er war silbrig, und mit einem grossen, roten Edelstein besetzt. Mit Behutsamkeit schloss ich meine Finger um den Knauf und zog das Schwert mit einem Ruck aus dem Boden, wobei ein Geräusch von schwingendem Metall entstand. Es war erstaunlich leicht. Die Klinge war ebenfalls mit diesen schlangenähnlichen Linien verziert. Sie verliefen bis zur tödlichen Schwertspitze, an der noch ein wenig Moos hing. Mit einem klingenden Geräusch durchschnitt ich mit der Klinge die Luft, und das Moos flog davon. Ein unglaubliches Gefühl durchströmte mich. Das Gefühl, als wäre ich schon lange mit dieser Waffe bekannt, als hätte ich sie schon in unzähligen Schlachten geführt. Ich schwang sie durch die Luft. Jede meiner Bewegungen war kontrolliert, haargenau vorausberechnet. Ich spürte, dass ich gerade ein Talent entdeckt hatte, das in mir schlummerte. Es war die ganze Zeit über da gewesen, tief in meinem tiefsten Inneren. Langsam liess ich meinen Blick vom Schwert au Karel gleiten. Ich sah, dass sein eigenes Schwert auf seinem Rücken festgemacht war. Ich bin kein Schwächling, dachte ich. Die Worte von Terra hallten mir durch den Kopf. Glaube an dich. Entschlossen rief ich: „Lass uns mit dem Training beginnen!“
Mit einem spöttischen Blick zog Karel sein Schwert. Einige Zeit lang starrten wir uns schweigend an.
Mit einem Schrei stürzte sich Karel plötzlich auf mich. Seine Waffe kam auf mich zugerast. Ich parierte seinen Abgriff mit blitzschnellem Reflex. Karel griff verbissen weiter an, doch ich blockte jeden seiner Schläge ab. Unsere Waffen kreuzten sich und es klirrte. Jetzt ging ich in den Angriff über. Karel hatte Mühe, mich abzuwehren, ich drängte ihn immer weiter zurück. Er kam ins Schwitzen. Mit einem letzten, kraftvollen Schwertstreich schlug ich die Waffe aus Karels Hand. Sie flog durch die Luft und blieb in einem Baum stecken. Ich trieb Karel weiter zurück an denselben Baum und hielt ihm meine Klinge vor die Kehle. Schwer atmend stand Karel mir gegenüber. In seinem Gesicht stand eine Mischung aus Überraschung und Wut. Mit zusammengepressten Zähnen stiess er hervor: „Das….das kann nicht sein! Ein normaler Mensch hat mich besiegt!“. Ich liess von ihm ab. Er murmelte: „Du... bist wirklich der Auserwählte. So, wie du kämpfst, brauchst du kein Training mehr. Behalte deine Waffe und pass gut auf sie auf“. Karel riss sein Schwert aus der Baumrinde und verschwand, ohne ein weiteres Wort zu sagen, im dichten Wald.
Nina, und Terra, die die ganze Szene vom Rande der Lichtung beobachtet hatten, kamen nun zu mir, um ihrer Bewunderung kund zu tun. „Das war einfach unglaublich! Es war, als hättest du schon immer ein Schwert mit dir geführt! Terra hat wahrhaftig nicht den Falschen gewählt“, sagte Nina, strahlend vor Freude. Vor Übermut flatterte sie dabei ein wenig mit ihren schwarzen Flügeln. Terra lächelte und sagte dann: „Siehst du, was habe ich gesagt? Glaube an dich, das ist alles“. Ein ungewohntes Glücksgefühl stieg in mir hoch. Ich hatte einen Sieg errungen. Einen Sieg über Karel. Ich hatte es ihm wahrhaftig gezeigt. Nina erwähnte ihn: „Karel ist wohl eine Weile verschwunden, um sich von seiner Niederlage zu erholen. Er ist kein guter Verlierer. Aber ich bin sicher, dass er jetzt anders über dich denkt“. Ich grübelte. Anders, das war klar. Aber ob er danach wohl auch besser über mich dachte? Terra sagte: „Er hat dir eines seiner Schwerter überlassen. Das ist eine grosse Ehre, die er nur den besten Schwertkämpfern zuteilt. Ich würde dir auch raten, es immer gut zu bewahren, denn du wirst es noch gebrauchen können“.

Überglücklich radelte ich nach Hause. Da es noch helllichter Tag war, hatte Terra darauf verzichtet, mich nach Hause zu begleiten. Das Schwert versteckte ich unter meinem Bett und bestand fortan darauf, in meinem Zimmer selber zu staubsaugen. Sorgenfrei genoss ich den Tag, bis ich bei einem Kaffeekränzchen der Mutter mit ihren langweiligen Freundinnen teilnehmen musste.
Gelangweilt liess ich die Tortur über mich ergehen und schlürfte meinen heissen Tee. Wenigstens gibt es noch was zu Knabbern, dachte ich, als ich zur Schüssel mit salzigen Leckereien griff. Plötzlich bekam ich unfreiwillig einen Gesprächsfetzen zu hören: „….und mein Sohn hat jetzt sogar eine Freundin!“. Diese Worte kamen aus dem vorlauten Mund meiner Mutter. „Terra ist nicht meine Freundin!!“ herrschte ich sie an. Genervt verzog ich mich in mein Zimmer und schlug die Türe zu. Unten hörte ich die Freundinnen, wie sie schon über „diesen seltsamen Namen“ schnatterten. Die Finger in den Ohren, um ja nichts mehr ihres Gelabers mitzukriegen, liess ich mich auf mein Bett fallen. Ich dachte über Terra nach. War ich wirklich nicht ihr Freund? Ich musste zugeben, ich war ihr sehr dankbar. Ich….mochte sie sogar. Ich mochte ihre Art, wie sie immer lächelte und dann etwas sagte, um mich aufzumuntern. Glaube an dich. Ich passe auf dich auf. Ich musste leise lachen. Was würde uns noch alles erwarten?....
Die Dämonen waren schon längst vergessen.
Bis zum Mittwoch der letzten Woche vor den nächsten Ferien.

Die Schule war schon fertig, da schlenderten ich und Terra nahe des Waldes entlang zu meinem Fahrrad. Terra blieb plötzlich stehen. Sie war wie erstarrt und blickte entgeistert auf etwas. Ich folgte ihrem Blick und entdeckte ein Stück Gras mit Blumen. Doch etwas war daran ungewöhnlich. Das Gras und die Blumen auf diesem Fleck waren seltsam grau, nicht grün und saftig. Ich blickte genauer hin. Dieses Stück Erde schien irgendwie…verfault. Unbehagen kroch in mir hoch. Terra flüsterte: „Siehst….du das? Das ist sehr ungewöhnlich. Das ist nicht gut…..gar nicht gut…“ – „Was sollen wir tun?“ – „Wir müssen die anderen informieren. Rühr dich nicht vom Fleck!“. Damit verschwand sie rennend im Wald.
Nach kurzer Zeit kam sie wieder zurück, mit Nina und Karel im Schlepptau. Wir alle vier standen vor diesem seltsamen Fleck Erde und schwiegen. Nach einer Weile sagte Nina: „Ich glaube…das ist….ein Anzeichen. Sie kommen bald. Oh nein, oh nein, was sollen wir nur tun!?!“. Ihre Stimme überschlug sich fast vor Panik. Terra sagte beruhigend: „Ist schon gut, Nina, darauf haben wir doch alle gewartet, oder? Ohne Anzeichen, keine Idee, wo sich der Eingang zum Pandämonium befinden könnte. Ich schlage vor, wir unternehmen erst Mal nichts, und schauen, wie sich das ganze entwickelt. Dieses Anzeichen ist noch zu wenig, um herauszufinden, wo das Tor versteckt ist“. Und zu mir gewandt sagte sie: „Und sei in Zukunft bitte gut auf der Hut“.
Karel sagte verächtlich: „Deine Stunde wird bald schlagen, Auserwählter. Wir werden dann sehen, wer von uns wirklich der bessere Schwertkämpfer ist!“.
Karel betrachtete mich nun also als Rivalen. Das wird ja immer besser, dachte ich. Langsam hatte ich das Gefühl, dass Karel mich hasste.

Obwohl Terra mich nun wieder auf dem Weg nach Hause begleitete, hatte ich ein mulmiges Gefühl. Die Dämonen. Sie kamen also wirklich. Was würde wohl als nächstes passieren? Wie würden die Dämonen aussehen, die bald erschienen? Wie konnte man sie bezwingen? Fragen über Fragen, die nicht beantwortet werden konnten. In der Nacht schlief ich unruhig. Ich wälzte mich immer wieder hin und her und hatte Alpträume von Dämonen, die mich fressen wollten.

Mit einem Schrei wachte ich schweissgebadet auf. Plötzlich spürte ich etwas schweres, das mir auf die Brust zu drücken schien. Ich blickte auf und erschrak fürchterlich. Auf meinem Bett sass eine gewisse Frau mit grünem Haarschopf, die mir bekannt vorkam. „Terra! Was machst du hier? W-wieso bist du hier?“. Sie lächelte und sagte: „Keine Angst, das sind nur verschärfte Sicherheitsmassnahmen!“ – „Was für Massnahmen? Und wer hat diese denn eingeleitet?“ – „Ich, natürlich. Ich passe auf dich auf“ – „Deine Aufpasserei geht mir allmählich auf die Nerven!“ – „Ach ja? Dann sag das noch mal, wenn du plötzlich vor einem Dämon stehst, der immun gegen Waffengewalt ist!“. Darauf konnte ich nichts erwidern. Stattdessen sagte ich: „Steigst du bitte von mir hinunter? Wenn uns meine Mutter so sieht, liefert das ihr und ihren Freundinnen Gesprächsstoff für 10000 Jahre!“ – „Deine Mutter ist nicht hier. Sie ist ausgeflogen“ – „Ja, aber trotzdem!“. Sie schien die Bitte zu überhören. Sie sagte: „Du hattest einen unruhigen Schlaf. Was hast du geträumt?“ – „Das ist nicht wichtig. Gehst du jetzt bitte runter?“. Sie beugte sich zu mir herunter und sagte: „Und was ist, wenn……ich nicht will?“. Verunsichert sagte ich: „Hey, wieso kommst du mir denn so nah?“. Terra lächelte vergnügt, doch ihr Blick fiel dann auf meinen Wecker neben dem Bett. “Oh, schade, wir sind schon spät dran. Wir müssen in die Schule“, sagte sie und offenbar lag Enttäuschung in ihrer Stimme. Endlich stieg sie von meinem Bett und stand vor die meine Zimmertüre. Erleichtert stand ich ebenfalls auf und suchte meine Kleider zusammen. Als ich mich gerade umziehen wollte, fiel mir etwas ein. Mit der Hose in der Hand drehte ich mich zu Terra um und sagte: „Könntest du dich bitte umdrehen?“ – „Ist das wirklich nötig?“, fragte sie. Was sollte nun das wieder heissen? Natürlich ist das nötig, dachte ich. „Man schaut fremden Leuten anderen Geschlechts doch sicher nicht beim ausziehen zu!“. Zu meiner Erleichterung kam sie meiner Bitte nach. Ich versuchte, mich möglichst schnell umzuziehen, doch gerade als ich besonders wenige Kleider anhatte, spürte ich wieder ihren Blick in meinem Nacken. Ich fühlte mich wie bei „Big Brother“. Beschämt rief ich: „Hey, ich habe dir doch gesagt, du sollst dich umdrehen!“. Terra lachte. „Was hast du denn? Da ist doch nichts Schlimmes dabei! Und ausserdem: Ich kenne dich schon besser, als du denkst“. Was sollte das nun wieder heissen? Schnell zog ich meine Kleider alle an und fragte sie: „Wie meinst du das?“ – „Nun…Ich glaube, du willst das sicher nicht erfahren“. Sie kicherte. „Doch, das will ich!“, rief ich. Sie sagte zögernd: „Na ja…vor dem Fenster eures Badezimmers hat es doch einen Baum, der sich perfekt zum Raufklettern eignet, meinst du nicht? Ich habe dich schon früher beobachtet…bei gewissen Tätigkeiten, die man in einem Badezimmer halt so macht….“ – „Du hast WAS?“ – „Na gut, ich gebe zu, ich habe dich beim Duschen beobachtet“. Verblüfft starrte ich sie an. „Wie du also siehst, du bist mir auf jeden Fall überhaupt nicht fremd“, fügte sie lächelnd hinzu. Ich wich zurück. „Du hast kennst mich also inn- und auswendig? Das ist…das ist nicht lustig! Ich kenne dann wohl nur halb so gut!“. Terra schmunzelte und sagte mit einschmeichelnder Stimme: „Wie schade. Das lässt sich aber freilich ändern….“ – „W-wie meinst du das denn nun wieder?“. Sie näherte sich mir bis auf wenige Zentimeter. „Ich habe kein Problem damit, mich auszuziehen. Vor allem nicht vor Menschen, die ich so gut kenne wie dich….“. Langsam fuhr sie mit den Händen an den Rand ihres Oberteils. Sie blickte mich lüstern an. Ich war wie gelähmt. „Äh…hör mal zu, Terra….sollten wir…sollten wir nicht damit warten? Äh….schon vergessen, wir müssen doch in die Schule! Wir…müssen sofort aufbrechen, sonst kommen wir zu spät! Und ich…ich will keinen erneuten Ärger mit Frau Zeller!“. Dieses Argument schien zu wirken, denn sie hörte auf, sich zu entblössen. „Schade, ich wollte doch nur, dass wir uns gegenseitig besser kennen….“- „Glaub mir, fürs erste bin ich zufrieden, wenn ich so kenne wie bis jetzt!“ – „Ach ja?“, sagte sie ein wenig enttäuscht. „Komm mit, wir gehen runter. Ich habe noch gar nichts gegessen!“, sagte ich.
Unten angekommen, stopfte ich schnell ein Brötchen in mich hinein, während Terra mir dabei interessiert zusah. „Willst du auch eins?“, fragte ich sie mit undeutlicher Stimme, da ich einen vollen Mund hatte. Sie verneinte: „Nein danke, mein Hunger ist gestillt. Zumindest, was Nahrungsmittel angeht“. Nachdem ich das Brötchen runtergewürgt hatte, stieg ich auf mein Fahrrad und Terra stieg auf meinen Gepäckträger. Wir fuhren los. Während der Fahrt pfiffen wir vergnügt, da nun der letzte Schultag vor den Ferien war. Das hiess im Klartext: Herumhängen und ein bisschen dem Geschwafel der Lehrer zuhören, was man nach den Ferien in Angriff nehmen würde.
Und genau so war es. Entspannt schlenderte ich zu meinem Fahrrad, als die Schule endlich vorbei war und ich mir sicher war, dass ich das Gebäude mehrere Wochen lang nicht mehr sehen würde. Terra bestand darauf, wieder mit zu fahren. „Wieso?“, fragte ich. „Hast du schon vergessen? Die verschärften Sicherheitsmassnahmen. Ich passe…“ – „…Auf dich auf, ja, schon gut. Steig auf“ – „Danke!“. Und wir fuhren los.
Geradewegs ins Verderben.
Mein Leben würde sich für immer verändern.
Gemächlich fuhr ich die Strasse nach Hause und summte. Obwohl dunkle Wolken am Himmel zu sehen waren, tat dies meiner guten Stimmung nicht Abbruch. Meine gute Stimmung hielt an, bis ich mein Zuhause sah.
Das Küchenfenster stand weit offen. Der Vorhang wehte im Wind, der heulte. Ich blickte auf den Boden und erschauderte. Ich wurde kreidebleich. Das Gras und die Erde rund um das Haus war……..verfault.
Terra sprang sofort von meinem Gepäckträger und rief mir nur zu: „Ich hole die Anderen. Bleib, wo du bist!“ und rannte davon und ich stieg vom Fahrrad.
Ich stand nun alleine vor dem Haus. Ich konnte aber nicht stehen bleiben, ich musste nachsehen, ob mit meiner Mutter alles in Ordnung war. Langsam und mit Zögern näherte ich mich meinem Zuhause und starrte durch das Küchenfenster. Niemand war da. Es donnerte und die ersten Regentropfen fielen vom Himmel. Ich betrachtete das kleine Salatbeet, das vor unserem Haus angepflanzt war. Die Salatblätter waren alle grau wie Asche. Mit Schaudern erinnerte ich mich plötzlich an meinen ersten Schultag nach den Ferien. Das Salatblatt in meinem Pausenbrot war ebenfalls verfault gewesen….es war ein Anzeichen der Dämonen gewesen! Wie konnte ich das nur übersehen haben!
Angstvoll öffnete ich die Haustür. Sie war nicht verschlossen. Beim Anblick dessen, was ich sah, zuckte ich zusammen
Auf dem Boden im Flur befand sich eine Blutlache.
Angst kroch in mir hoch. Ist meiner Mutter etwas zugestossen? Ich hastete in die Küche. Auf dem Herd entdeckte ich ein Messer. Es war blutverschmiert. Mit rasendem Herzen rannte ich hinauf in mein Zimmer und holte mein Schwert unter dem Bett hervor. Trotz zitternder Finger versuchte ich, es mit beiden Händen fest zu umschliessen.
Plötzlich hörte ich ein Stöhnen. Es kam vom Flur.
Auf einen Blitz folgte der Donner. Voller Angst umklammerte ich mein Schwert, während ich wieder die Treppe herunter ging. Auf das Dach des Hauses prasselten hörbar die Regentropfen. Ich atmete panisch. Voller schrecklicher Ungewissheit, was mich im Flur erwarten würde, schritt ich voran.
Ich sah meine Mutter, sie stand im offenen Türrahmen. Sie war seltsam vorübergebeugt. Sie stöhnte erneut. Ich näherte mich ihr. „Mama?....Mama, ist alles in Ordnung? Was ist…was ist passiert?“. Sie antwortete nicht. Stattdessen hob sie den Kopf. Ich prallte zurück und liess mein Schwert fallen.
Auf ihrer Backe klaffte eine riesige Wunde, aus der es blutete. Ihr Gesicht war bleich, ebenso gräulich wie der verfaulte Boden. Ihre Augen waren leer und starrten mich an. Sie stöhnte erneut. Sie hob die Hände, als ob sie mich packen wollte, und schlurfte schwerfällig auf mich zu. „Mama, was ist los? Sag doch was? Was ist denn passiert…“, sagte ich mit zittriger Stimme. Sie hatte mich schon fast erreicht.
Plötzlich kreischte sie auf. Durch ihren Körper bohrte sich von hinten ein Schwert. Blut spritzte. Stöhnend sank sie auf die Knie und sackte dann zusammen. Mit einem Ruck wurde das Schwert wieder aus ihrem Körper herausgezogen und ich sah, welche Hand es führte. Es war Karel.
Ausser mich vor Entsetzen keuchte ich und atmete flach. Ich konnte es nicht glauben. „DU HAST MEINE MUTTER UMGEBRACHT!“, schrie ich. Hastig beugte ich mich über sie und berührte ihren Arm. Er war eiskalt. Sie war also wirklich tot. „Wieso hast du das GEMACHT?“, heulte ich. Tränen kullerten über meine Wangen. „Ich habe sie nicht umgebracht. Das war nur noch ihr seelenloser Körper. Ihre Seele selbst hat der Dämon, der über sie hergefallen ist, schon längst aus ihr ausgesaugt“, sagte Karel ruhig. „DU LÜGNER! ICH HASSE DICH“, brüllte ich, packte mein fallen gelassenes Schwert und wollte mich auf ihn stürzen, doch ein Arm schlang sich um meinen Hals und hielt mich fest. Es war Ninas Arm. „Lass mich los!“, schrie ich und wollte mich aus ihrem Griff herauswinden, doch sie packte nur noch fester zu. Sie sagte: „Nein! Aufhören! Es stimmt, was Karel sagt, sie war eine Seelenlose. Er hat sie von ihren Qualen erlöst und dich gleich auch noch gerettet“. Aufgebracht rief ich: „Nein, das….das kann nicht…sein!“ – „Doch, es ist so. Bitte, stürze uns nicht noch mehr ins Verderben. Lass deine Waffe fallen“. Ich sagte nichts. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Verzweifelt liess ich das Schwert klirrend auf den Boden fallen, der blutbedeckt war. Terra erschien ebenfalls und erstarrte, als sie die Leiche meiner Mutter sah. Sie sank auf die Knie. In ihrer Trauer liefen Tränen über ihr Gesicht. „Nein….nein….wie kann das sein? Wie konnte das nur passieren? Ich…..“. Sie verstummte und blickte auf mich. Nina liess mich los und stellte sich vor mich. Auch in ihrem Gesicht lag Trauer. „Wir……sind hier nicht mehr sicher. Der Dämonenkönig weiss nun anscheinend, wo du zu finden bist. Durch seine Diener macht er nun Jagd auf dich….er will die einzige Bedrohung auslöschen, die ihn zu Fall bringen kann. Wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden, bevor erneut Dämonen auftauchen…..“. Ich sagte nichts. Ich konnte nichts sagen. Karel murmelte: „Der Dämon ist wahrscheinlich durch das offene Fenster eingedrungen. Deine Mutter hätte vorsichtiger sein sollen“. Was in nun mir aufloderte, war keine Wut mehr. Es war blanker Hass. „Wie kannst du so von meiner Mutter sprechen! Sie hat von alldem nichts gewusst!!“, schrie ich Karel ins Gesicht. „Ich….hasse dich. Ich…hasse dich WIRKLICH!“. Doch ich unternahm keine weiteren Versuche, ihn anzugreifen. Stattdessen lief ich hinaus. Es donnerte und blitzte, und der Regen prasselte erbarmungslos auf mich herunter. Ich sank auf die Knie. Ich hatte meine Mutter verloren.
Terra näherte sich mir und fasste mir an die Schulter. Ihre Tränen waren versiegt, doch sie machte immer noch eine tieftraurige Miene. „Hör mal…“, murmelte sie. „…Es war wirklich nicht Karels Schuld, dass du deine Mutter verloren hast. Es war ebenso wenig deine Schuld“. Sie holte tief Luft. „Es war…“-„Die Schuld der Dämonen. Ja, ich weiss. Ich werde meine Mutter rächen. Ich werde nicht nur das Tor zum Pandämonium öffnen, ich werde auch den Dämonenkönig höchstpersönlich zur Strecke bringen. Koste es, was es wolle!“. Terra schwieg. Entschlossen stand ich auf. „Ich werde dich töten, Dämonenkönig! Ich bin der Auserwählte!!“, schrie ich in die Dunkelheit hinaus. Terras Miene hellte sich auf. „Du glaubst also….an dich. Sehr gut. Das ist sehr, sehr gut“, flüsterte sie. Nina und Karel kamen ebenfalls aus dem Haus. „Lass uns gehen. Du wirst fortan mit uns im Wald leben. Hier hast du nichts mehr zu verlieren“, sagte Nina. Ich packte mein Schwert und lief schweigend neben meinen drei Gefährten her. Noch ein letztes Mal blickte ich zurück auf mein Haus, bevor ich endgültig meinem früheren Leben den Rücken kehrte.

Hastig liefen wir durch den Wald. Es regnete ununterbrochen und Dunkelheit war hereingebrochen. Der Wind heulte und liess die durchnässten Blätter rauschen, während es ununterbrochen blitzte und donnerte. Niemand sagte auch nur ein Wort. Der Boden war ebenfalls durchnässt und gab bei jedem Schritt ein schmatzendes Geräusch von sich. Geduckt liefen wir unter den tief stehenden Ästen durch. Das Dämmerlicht beleuchtete unseren Weg nur spärlich. Verzweifelt lief ich den Anderen hinterher, konnte nicht glauben, was geschehen war. Ich hatte nun plötzlich kein Zuhause mehr, meine Mutter war tot. Als wir schon fast unser Ziel erreicht hatten, ertönte ein schauriges Kreischen, das von der Lichtung kam. Mit klopfendem Herzen trat ich zusammen mit meinen Gefährten auf die Lichtung hinaus. Erneut war ein Kreischen zu hören. Da sah ich es. In der Mitte der Lichtung stand die grässlichste Kreatur, die ich je gesehen hatte. Sie war vollkommen schwarz, und auf ihrem Rücken trug sie riesige Fledermausflügel. Ihr Gesicht war zu einem hässlichen Grinsen verzerrt, und aus ihrer Stirn ragten zwei geschwungene Hörner. An den schwarzen Fingern der Kreatur befanden sich gefährliche, lange Klauen, und an den Füssen ebenfalls. Sie hatte einen merkwürdigen Gang und schnüffelte anscheinend in der Luft herum, wobei sich die ekligen Nasenlöcher, die zu Schlitzen verengt waren, zitterten. Die Flügel flatterten unruhig. „Ein Dämon…“, flüsterte Terra. „Er kann uns wittern“. Langsam hob ich mein Schwert und umklammerte es fest mit beiden Händen. „Wir müssen ihn töten, bevor er den anderen von uns berichten kann. Finden sie unser Versteck, sind wir verloren“, wisperte Nina.
Mit einem wütenden Aufschrei stürzte ich mich mit hoch erhobenem Schwert auf die Kreatur. Von meinem plötzlichen Angriff überrascht, weiteten sich die gelb leuchtenden Augen des Dämons, als er sich mir zuwandte. Doch es war zu spät für ihn. Ehe die Kreatur etwas gegen mich ausrichten konnte, hatte ich mein Schwert schon tief in den Leib des Untiers gestossen. Mit einem Nerven zerfetzenden Schrei brach der Dämon in sich zusammen und blieb auf dem Rücken liegen, als ich das Schwert, an dessen Spitze nun schwarzes Blut tropfte, mit einem Ruck wieder herauszog. Keuchend stand ich vor ihm. Die riesigen Flügel zuckten ein letztes Mal, bevor sie schliesslich erschlafften. Ich sah, wie sich der Dämon plötzlich auflöste und nur noch Asche übrig blieb.
Terra, Nina und Karel kamen zu mir und starrten den Aschehaufen an, der sich gebildet hatte. Langsam sickerte er in den Aufgeweichten Boden. Terra und Nina nickten anerkennend. Karel jedoch blieb starr stehen. Wahrscheinlich ist er wütend, weil ICH den Dämonen zur Strecke gebracht habe, dachte ich grimmig.

„Wir sollten uns ausruhen, es war ein anstrengender Tag“, sagte Terra. Plötzlich spürte ich, wie müde ich eigentlich war. Meine Beine fühlten sich schwer an und es fiel mir nicht leicht, die Augen offen zu halten. Wir suchten uns ein trockenes, moosbedecktes Stück Boden unter einem Baum. Ich legte mich sofort hin, doch Terra blieb stehen. Sie sagte: „Ihr könnt schlafen. Ich halte solange Wache und schaue, ob keine weiteren Dämonen auftauchen“. Sie lehnte sich an einen Baum in der Nähe und beobachtete den sternenlosen, trüben Himmel. Als ich schon fast eingeschlafen war, hörte ich noch ihre Stimme, sie murmelte in sich hinein. „….Muss aufpassen….auf ihn….nichts darf ihm geschehen….“.
Ich hatte einen sehr unruhigen Schlaf und schreckte bei jedem kleinsten Geräusch auf. Meist war es jedoch nur Terra, die leise geseufzt hatte. Was würde uns noch erwarten? Die Dämonen sind nun wirklich in unsere Welt gekommen. Sie…saugen die Seelen der Menschen….aus ihren Körpern aus, sodass sie nur noch seelenlose Zombies sind. Ich war verzweifelt. Mein Leben hatte sich wirklich von einem Tag auf den anderen drastisch verändert. Traurig dachte ich an das Chat-Gespräch mit dem gewissen „Hihaho“. Damals fand ich alles noch lustig. Stirb schön, habe ich ihm gesagt. Jetzt bereute ich meine Worte. Niemand sollte sterben. Und vor allem wünschte ich niemandem das gleiche Schicksal wie das meiner Mutter. Renn, Hihaho. Renn um dein Leben. Sie sind da….

Als ich aufwachte, war es immer noch dunkel. Verdutzt richtete ich mich auf und fragte mich, wie lange ich wohl geschlafen hatte. Terra sass neben mir und schien zermürbt. Leise flüsterte sie: „Die ewige Nacht….sie ist also wieder ausgebrochen…“ – „Die ewige Nacht?“ – „Ja….die Sonne wird von so dunklen Wolken verdeckt, dass man meint, es sein die ganze Zeit Nacht. Die Dämonen, sie meiden das Licht….sie überleben es zwar, aber sie hassen es….jetzt können sie sich überall frei bewegen. Gehen, wohin sie wollen. Töten, wen sie wollen. Die Wolken sind das finstere Machwerk des Dämonenkönigs höchstpersönlich“. Unruhig strich über das Moos, auf dem ich gelegen hatte. Es war ungewöhnlich hart und stach mir in die Hand. Als ich hinunterblickte, sah ich, dass es verfault und trocken war. Die Fäulnis hatte sich bis hierher ausgebreitet. Ich blickte umher. Die Bäume trugen keine Blätter mehr, sie lagen alle auf dem Boden wie Laub. Schwarzes, verfaultes Laub. Karel und Nina waren auch schon auf den Beinen. Auch sie beobachteten die Umgebung, während sie unruhig hin und her liefen. „Was wollen wir nur tun? Was sollen wir tun?“, murmelte Nina unablässig, während sie sorgenvoll das schwarze Laub unter ihren Füssen betrachtete. Karel blickte auch umher, aber er schwieg. Terra ergriff das Wort. „Es nützt nichts, wenn wir hier im Wald sitzen bleiben und uns verstecken. Einmal werden sie uns trotzdem finden. Entweder Dämonen oder Seelenlose, die Hunger nach Frischfleisch haben. Ich schlage vor, wir verlassen den Wald und versuchen, den Eingang zum Pandämonium zu finden“. Wir waren alle mit diesem Vorschlag einverstanden. Ich packte mein Schwert und wir marschierten los.

Es brannten keine Strassenlampen, als wir aus dem Wald hinaustraten. In der Ferne hörte ich eine Alarmanlage eines Autos, die schrillte. Auf dem Boden lagen Abfall und Scherben einer zerbrochenen Flasche. In den Häusern brannte auch kein Licht. Mancherorts waren die Scheiben der Fenster eingeschlagen. Seltsamer Nebel lag in der Luft. Es hatte aufgehört zu regnen, dafür heulte der Wind durch die Türen und Fenster. Das quietschende Geräusch von Fensterläden, die auf- und zuschlugen, war zu hören. Ich sah keine einzige Menschenseele. Als wir an einem Haus vorbeiliefen, warf ich einen Blick durch das zerschlagene Fenster. Auf dem Boden dahinter lagen blutdurchtränkte Scherben. Schaudernd blieb ich stehen, doch Nina zog mich mit. „Das Werk von Dämonen“, flüsterte sie. „Wo….wo sind denn alle Menschen?“, fragte ich unsicher. Karel murmelte nur ein einziges Wort: „Seelenlose“. Ich bekam ein mulmiges Gefühl. Die Menschen waren also alle Zombies? In der Ferne hörte ich plötzlich ein Stöhnen, und ich konnte die schattenhaften Gestalten mehrer Menschen sehen. Sie schlurften schwerfällig eine ferne Strasse entlang. Zum Glück hatten sie uns nicht bemerkt. Terra sagte: „Wir sollten nicht in ihre Nähe gehen. Sie sind zwar langsam, aber sie kommen in grosser Zahl“. Das sind alles einmal normale Menschen mit Gefühlen gewesen, dachte ich bitter. Vielleicht sind noch mehr unter ihnen, die ich kenne. Es schien, als ob es hier niemanden mehr gäbe, der den Ansturm der Dämonen heil überstanden hätte. Dieser Ort war von jeder Seele verlassen.
Plötzlich hörte ich ein Rauschen. Es wurde immer lauter, bis es über uns zu sein schien. „Dämonen!“, rief Nina. Ich blickte gen Himmel. Das Rauschen stammte von ihnen. Sie kreisten über uns, mit ihren schwarzen Flügeln schlugen sie unentwegt. Ihre gelben Augen suchten den Boden ab. „Schnell! Mir nach!“, schrie Terra. Wir rannten auf ein Haus zu, dessen Türe offen war. Schützend hielt ich mir die Hände über den Kopf und erwartete jeden Augenblick eine scharfe Klaue, die mich aufschlitzen würde. Doch nichts passierte. Ich hastete Terra nach, dem leer stehenden Haus zu und rettete mich mit einem Sprung in das Haus hinein. Die anderen waren mir gefolgt und waren ebenfalls unbeschadet. Keuchend auf dem Boden liegend, blickte ich zur Tür, doch kein Dämon hatte uns gesehen. „Still jetzt!“, flüsterte Terra. „Wir müssen warten, bis sie sich verzogen haben. Gegen so viele kommen wir nicht an“.
Doch plötzlich hörte ich einen Schrei. Er tönte menschlich, nicht wie das Gekreische der Dämonen. Vorsichtig kroch ich zur Tür und entdeckte mit entsetzen, was draussen vor sich ging.
Die Dämonen hatten ein Opfer gefunden. Sie stürzten sich immer wieder auf einen Jungen, der sich verzweifelt versuchte, zu wehren. Ich erhaschte sein Gesicht und wollte beinahe aufschreien.
Es war Marco.
Er schlug verzweifelt mit den Fäusten um sich, doch diesmal nützte ihm seine rohe Kraft, die er durch das Verprügeln seiner Mitschüler erworben hatte, gar nichts. Ein Dämon stürzte sich erneut auf ihn nieder, und diesmal erreichte er sein Ziel. Seine gelblichen Zähne bohrten sich tief in Marcos Schulter, der entsetzt aufheulte. Marco fiel auf die Knie. Etwas veränderte sich an ihm….
Sein Gesicht wurde plötzlich aschfahl. Er stöhnte auf und krümmte sich, doch der Dämon liess nicht von ihm ab. Plötzlich blickte er nicht mehr panisch drein. Seine Augen….seine Augen wurden plötzlich grau und ausdruckslos. Der Dämon liess von ihm ab und flog mit seinem Schwarm davon. Marco fiel, mit dem Gesicht voran, auf den Boden und rührte sich nicht mehr.
Als das leiser werdende Rauschen der Dämonenflügel schliesslich nicht mehr zu hören war, rappelte ich mich auf und rannte zu Marco. Terra lief mir nach und rief „Nein! Bleib ihm fern! Bleib ihm fern! Ihm wurde die Seele geraubt!“. Einige Meter vor dem bewegungslosen Körper Marcos blieb ich stehen. Entsetzt blickte ich auf ihn hinunter. Terra packte mich an der Schulter. „Komm, wir sollten von hier so schnell wie möglich verschwinden! Bald wird er wieder aufwachen und sein Dasein als Seelenloser fristen“. Traurig wandte ich mich ab. Ich hatte ihn gehasst. Ich hatte ihn verwünscht und ihn angeschrien, er solle aufhören, wenn er meinen Kopf wieder ein Mal in die Kloschüssel gesteckt hatte. Doch nun hatte ich Mitleid mit ihm. Ich wollte es nicht wahrhaben. Mein Hass richtete sich gegen den Dämonenkönig. „Jetzt hat er schon einen weiteren Menschen auf dem Gewissen, den ich gekannt habe. Obwohl ich ihn nicht gerade geliebt habe, wollte ich nie, dass ihm dieses grausame Schicksal widerfährt“. Langsam ging ich davon.

Ziellos wanderten wir durch die Strassen. Alles, was wir fanden, waren verlassene Häuser und Seelenlose, die umherschlurften. Grimmig lief ich neben den anderen her und sagte nichts. Nina war die erste, der die Sinnlosigkeit unseres Wanderns bewusst wurde. „Wir erreichen damit nichts. Das Pandämonium scheint unauffindbar zu sein“.
Missmutig kickte ich einen Stein davon. In hohem Bogen flog er davon, und als er den Boden berührte, entstand ein seltsames Geräusch. Es war das Geräusch von einem Aufschlag auf Metall. Erstaunt liefen ich und meine Gefährten zu der Stelle, an der der Stein den Boden berührt hatte. Mit den Füssen wischte ich den Staub weg. Es erschien ein Tor! Verblüfft blickte ich auf das Tor, das scheinbar senkrecht in den Boden hineinführte. Es hatte zwei schwere Flügel, und in der Mitte war, in der Form eines Dämonenkopfes, ein Klopfer angebracht. Die Torflügel waren mit seltsamen Zeichen verziert, vermutlich eine Schrift. Wahrhaftig, wir hatten den Eingang zum Pandämonium gefunden! Karel trat nahe an das Tor heran. „Das ist….das ist die Schrift des Bösen. Ich kann sie lesen….“. Verblüfft starrte ich auf Karel, während er, auf dem Tor stehend, der Schrift mit dem Finger nachfuhr. Er trat wieder zurück und verkündete: „Tritt ein, und dich erwartet die Pein“. Wir schwiegen. Karel sagte mit einem spöttischen Unterton in der Stimme: „Nun, Auserwählter, jetzt ist deine Stunde gekommen. Öffne das Tor!“. Mit langsamen Schritten ging ich um das Tor herum. Ich stellte fest, dass es keine andere Möglichkeit gab, als den Klopfer zu benutzen. Mit vorsichtigen Schritten stieg ich auf einen der Torflügel, bückte mich und packte den Klopfer. Ein seltsames Gefühl stieg in meinem Arm hoch, als würde er einfrieren. Dennoch liess ich den Klopfer mit aller Wucht auf das Tor donnern. Ein lautes Geräusch entstand, und ich liess den Klopfer hastig wieder los und stieg vom Tor. Eine Weile lang warteten wir. Nichts passierte. Karel machte schon den Mund auf, um etwas Spöttisches zu sagen, da bewegten sich die Torflügel plötzlich und schwangen auf. Wir starrten in einen gähnenden, schwarzen Abgrund. Terra sagte: „Tja, da bleibt uns wohl keine andere Möglichkeit, als zu springen, oder?“. Ich beugte mich über das dunkle Loch und mir wurde ganz schwindlig, jedoch war ich mir nun sicher: Ich war wirklich der Auserwählte, ich hatte das Tor öffnen können. Nina und Karel traten an den Abgrund. „Wir springen zuerst“, sagte Nina mit zittriger Stimme. Und sie sprangen. Ich beugte mich über
den Abgrund, jedoch waren sie schon in der Dunkelheit verschwunden.
„Wir müssen….da runter?“. Wieder wurde mir schwindlig. Terra lächelte und sagte: „Willst du kneifen? Vergiss nicht, du bist doch der Auserwählte. So leicht wird man dich nicht bezwingen können“. Ich trat vor den Abgrund und holte tief Luft. Doch plötzlich hörte ich ein Rauschen. Die Dämonen kamen zurück! Der Himmel war voll von ihnen, ihr Kreischen verriet mir, dass sie uns schon entdeckt hatten. Wir mussten sofort handeln. Terra packte mich schnell bei der Hand. „Ich gehe mit dir. Bis zum bitteren Ende“. Damit sprangen wir, Hand in Hand.
Kalte Luft sauste an mir vorbei. Wir fielen in vollkommene Dunkelheit, immer tiefer und tiefer. Mit einem dumpfen Aufprall landeten wir auf etwas weichem, jedoch konnte ich nicht sehen, was es war. Plötzlich flammte neben mir etwas auf. Terra hatte einen Feuerzauber gesprochen, in ihrer Hand leuchtete jetzt eine Flamme auf, die genug Licht gab, um den Ort zu beleuchten, in dem wir gelandet waren. Nina und Karel hatten sich schon aufgerappelt und standen neben uns. Der Boden war übersät von seltsamen Schlingpflanzen, die unseren Aufprall gedämpft hatten. An den Wänden klebte feuchtes Moos. Wir waren also in einer Art Höhle gelandet. Ich entdeckte einen Gang, der weiter in das Dunkel hineinführte. Als ich nach oben blickte, sah ich einen entfernten rechteckigen Lichtschein, das offene Tor, durch das wir gesprungen waren. Schatten huschten über das Tor, vermutlich die Dämonen. Wütend kreischten sie auf, glücklicherweise wagten sie sich nicht herunter. Oder vielleicht glaubten sie, wir würden hier unten sowieso sterben, dachte ich schaudernd. Es war kalt und mich fröstelte es. Im Feuerschein sah ich meinen eisigen Atem, der aufstieg, und ich spürte einen kühlen Wind, der vom dunklen Gang zu kommen schien. Terra rappelte sich auf. „Kommt, gehen wir!“. Ihre Stimme hallte zwischen den Wänden hin und her, während sie auf den dunklen Gang zulief, die Wände mit dem Feuerschein in ihrer Hand beleuchtend. Wir folgten ihr und ich packte mein Schwert. Das Moos an den Wänden glitzerte, als es beleuchtet wurde. Die unebenen Höhlenwände warfen unheimliche Schatten, die sich im Feuerschein bewegten.
Nachdem wir einige Zeit dem Gang gefolgt waren, wurde es plötzlich hell. Wir waren in einer riesigen unterirdischen Halle angekommen, die von Säulen gestützt wurde, an denen Fackeln angebracht waren, die für genug Licht sorgten. Die Halle war so hoch, dass die Decke nicht mehr zu erkennen war. Mit offenem Mund blieben wir stehen und betrachteten die monumentale Statue eines Dämons, die sich in der Mitte der riesigen Halle befand. Die Statue war auf einem grossen, schweren Sockel erbaut. Bedrohlich blickte das hässliche, steinerne Gesicht auf uns herunter. Am Ende der Halle, hinter der Statue, war schemenhaft ein offenes Tor zu erkennen, die weiter in das Innere des Pandämoniums zu führen schien.
Wir setzten unseren Weg durch die Halle fort, als ich plötzlich ein seltsames Geräusch hörte. Es hörte sich an wie das Krabbeln zahlloser Beine auf Stein. „Psst, seid still!“, sagte ich, „hört ihr das auch?“. Die anderen hielten ebenfalls inne und lauschten. Das Geräusch wurde immer lauter. Plötzlich schrie Nina auf. „Dort! Seht mal!“. Sie deutete mit zitterndem Finger auf die Säulen. Voller Entsetzen betrachtete ich das schreckliche Schauspiel, das sich mir bot.
Von den Säulen krabbelten riesige, schwarze, haarige Spinnen. Wie erstarrt blieb ich stehen. Ich hasste Spinnen! Voller Abscheu beobachtete ich, wie sie immer näher kamen. Der Steinboden war nun voll von ihnen. Sie kamen immer näher….immer näher….
Terras Stimme riss mich aus meiner Erstarrung. „Lauft! Schnell, das Tor schliesst sich!“. Als letzter rannte ich hinter den anderen her, so schnell ich konnte. Das Tor hatte sich wirklich zu schliessen begonnen, es quietschte fürchterlich, während der Durchgang immer schmaler wurde. Ich rannte um mein Leben, dem Tor zu. Ich wagte einen Blick über meinen Rücken. Die Spinnen folgten uns, wollten uns auffressen. Ich rannte noch schneller. Nina, Karel und Terra hatten es schon durch das Tor geschafft. Verzweifelt rannte ich so schnell ich konnte, doch ich stolperte und stürzte. Voller Entsetzten blickte ich, als ich auf dem Boden lag, zu den Spinnen. Sie hatten mich schon fast erreicht. Ich spürte schon ein haariges Bein, als mich eine Hand packte. Es war Terra. Sie half mir, mich aufzurappeln, und wir rannten auf das Tor zu. Im letzten Moment hechteten wir durch den engen Spalt, bevor sich das Tor donnernd schloss.
Keuchend lag ich noch auf dem Boden, als Terra schon aufgestanden war. „Du…hast…mir…das Leben…gerettet!“, flüsterte ich dankbar. „Nicht der Rede wert. Ich habe dir doch gesagt, ich gehe mit dir! Entweder sterben wir beide oder niemand“, sagte Terra bestimmt. „Danke“, murmelte ich, als mir Terra erneut aufhalf. „Los, gehen wir weiter“, sagte sie mit einem Lächeln.
Wir waren erneut in einem hellen Raum gelandet, doch diesmal kam das Licht nicht von Fackeln. Eine Steinerne Brücke führte über einen tiefen Abgrund, aus dem es seltsam leuchtete. Vorsichtig begab ich mich an den Rand, um hinunterzublicken. Heisser Dampf schlug mir entgegen, als ich erkannte, was das Leuchten verursacht hatte. Ein heisser See voller Lava brodelte in der Tiefe. Schnell trat ich wieder zurück. „Pass auf, sonst endest du noch als Brathähnchen!“, sagte Terra mit einem Schmunzeln. Wie konnte sie an einem Ort wie diesem noch Witze reissen? Ich sagte nichts, sondern folgte den andern über die Brücke. Mulmig beobachtete ich die Lava, während wir darüber liefen. Bedrohlich hoch hinauf schossen hin und wieder Lavafontänen, die der Brücke gefährlich nahe kamen.
Erleichtert atmete ich auf, als wir die Brücke hinter uns hatten. Doch lange konnte ich mich nicht freuen. Hinter der nächsten eisernen Tür erwartete uns ein turmhoher Raum, dessen Decke fast nicht mehr zu erkennen war. Der Fläche nach war der Raum schön quadratisch. Wir standen am Fuss einer gewundenen Treppe, die den vier Wänden entlang hinauf führte. Der Raum flackerte in einem rötlichen Licht und als ich neben die Treppe nach unten sah, verzog ich mein Gesicht. Wieder Lava.
Trotzdem folgte ich den anderen und achtete darauf, vor Schwindel nicht das Schwert in die Lava fallen zu lassen. Vorsichtig setzte ich einen Fuss vor den anderen. Da ich Treppensteigen nicht gewohnt war, fiel ich immer weiter zurück. Als wir am oberen Ende der Treppe angekommen waren, setzte ich mich erst Mal auf die Stufen und keuchte.
Das war ein Fehler gewesen.
Plötzlich hörte ich ein Rumpeln. Die Steintreppe erzitterte. Mit einem plötzlichen Krachen gab der Boden unter meinen Füssen nach. Die Treppe stürzte ein! Mit einem blitzschnellen Reflex hechtete ich die Stufen hinauf, doch ich war nicht schnell genug. Mit einem lauten Geräusch stürzte die Treppe vollends in sich zusammen, und ich bekam nur noch die oberste Treppenstufe mit den Fingerspitzen zu fassen. Unter mir fielen die Gesteinsbrocken in die Lava und versanken mit einem Zischen. Verzweifelt klammerte ich mich an der einzigen Treppenstufe fest, die noch erhalten geblieben war und zappelte mit den Füssen. Unter mir kochte es bedrohlich. Ich versuchte mich hinauf zu Ziehen, doch meine Kraft reichte nicht mehr aus. In Todesangst hielt ich mich fest. Ich baumelte hilflos in der Luft, über einem See voll Lava.
Da erschien Karel über mir.
„Hilf….mir!“, stiess ich hervor, versuchte nochmals verzweifelt, mich hochzuziehen, doch ich schaffte es nicht. Karel machte jedoch keine Anstalten, meiner Aufforderung nachzukommen. Stattdessen hob er mein Schwert vom Boden auf, das ich beim Ausruhen hingelegt hatte. Mit einem hämischen Grinsen blickte er auf mich herunter. „Na, was machst du jetzt, Auserwählter? Hilflos bist du im Angesicht des Todes und ohne Schwert. Ich hätte dir das Schwert nicht schenken sollen, du warst es eigentlich nicht würdig. Du bist nur ein normaler, schwächlicher Mensch. Ich hasse sie, das weißt du……Ich werde den Dämonenkönig zur Strecke bringen, nicht du. Ich werde berühmt sein….“. Er grinste nun boshaft. „Wir brauchen dich jetzt nicht mehr, Auserwählter. Du hast das Tor geöffnet, deine Aufgabe ist nun erfüllt. Sei bereit zu sterben!“. Mit Entsetzen beobachtete ich, wie Karel mit meinem Schwert in den Händen zum Schlag ausholte. „Nein, Karel, hilf mir, BITTE!“, flehte ich ihn an. Doch Karel lachte nur. Er blickte auf meine Hände. Ich erschauderte. Er wollte meine Hände abhacken! Verzweifelt schrie ich auf. Karel lachte bösartig. „Stirb, Auserwählter!“.
Ich erwartete seinen Schlag, doch er kam nicht. Karel schrie plötzlich. „Aaaaaaarrrrghhhhh!!!! Mein….Herz….es….ist…..so kalt!“. Er liess mein Schwert klirrend auf den Steinboden fallen und fasste sich mit beiden Händen an die Stelle, wo sich sein Herz befand. Er taumelte. Seine Augen weit aufgerissen, fiel er auf die Knie. Sein Gesicht….sein ganzer Körper überzog sich plötzlich rasend schnell mit einer Eisschicht. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Er erstarrte. Langsam kippte er vornüber und fiel neben mir hinunter direkt in den Abgrund. Ein lautes Zischen ertönte, als Karel in der Lava versank.
Fassungslos betrachtete ich die Szene, immer noch an der Treppenstufe baumelnd. Doch meine Kraft schwand langsam. Ich versuchte verzweifelt, mich festzuhalten, doch ich rutschte langsam, aber sicher ab. Im letzten Moment packte mich eine Hand. Es war Ninas Hand. Sie zog mich hinauf. Als ich in Sicherheit war, blieb ich am Boden gekrümmt liegen. Ich konnte nicht glauben, dass ich überlebt hatte. Und vor allem konnte ich nicht glauben, was Karel getan hatte und dass er jetzt tot war. Nina fiel neben mir auf die Knie. Sie schluchzte unterdrückt. „Es tut mir ja so leid, Karel…..ich konnte nicht anders“. Tränen liefen ihr über das Gesicht und fielen zu Boden. Sie hatte also den Eiszauber auf Karel gesprochen. Terra näherte sich mir mit schnellen Schritten, beugte sich über mich und drehte mich um, sodass sie in mein Gesicht sehen konnte. „Geht es dir gut?“, fragte sie besorgt. „Ja….ja es geht schon“, antwortete ich leise. „Wieso….wieso hat er das getan, Terra? Wieso?“, fragte ich. Terra schwieg eine Weile und ich hörte das leise Schluchzen von Nina. „Ich….weiss es nicht…..vielleicht….vielleicht wollte er sich beweisen….er wollte den Dämonenkönig selber töten….du warst für ihn wie ein Rivale….er hat dich…..gehasst“. Ich erwiderte nichts. Ich hatte ihn auch gehasst, jedoch wollte ich nie, dass er starb, dachte ich bitter. Nun hatte der Dämonenkönig neben unzähligen Leben ein weiteres auf dem Gewissen. Er….hatte wahrscheinlich gar kein Gewissen. Der Dämonenkönig musste bezahlen. Bezahlen für all das, was er getan hatte.
„Du wirst nicht aufgeben, oder?“, fragte Terra. „Du wirst an dich glauben und kämpfen, nicht wahr?“. Ich nickte. „Ja. So wahr ich der Auserwählte bin, werde ich den Dämonenkönig töten. Sei es nun meine Aufgabe oder nicht“. Entschlossen stand ich auf, und Terra lächelte. „Gehen wir“, rief ich. „Der Dämonenkönig hat mit uns noch eine Rechnung offen!“. Nina blickte, immer noch kniend, zu mir auf. „Jeder hat seine persönliche Rechnung“, sagte sie mit einem Schniefen. Dann stand auch sie auf, und wir setzten unseren Weg fort. Schweren Herzens dachte ich noch ein letztes Mal an Karel, dann verbannte ich ihn endgültig aus meinen Gedanken und lief weiter.

Unser Weg führte uns weiter durch mehrere Gänge, an deren Wände hässliche Dämonenfratzen aus Stein prangten. Es war sehr düster. Die Gänge schienen endlos lang zu sein, und ich fühlte mich seltsam beobachtet. Wir gelangten in einen Raum, in dem eine breite, aber kurze Treppe zu einem Springbrunnen führte, aus dem statt Wasser schwarzes Blut quoll. Dämonenblut….Schaudernd gingen wir weiter, durch zahllose Gänge, die alle gleich aussahen. Die Wände wurden nur spärlich von Fackeln beleuchtet, die unheimliche Schatten warfen. Jede der grausigen Dämonenfratzen aus Stein schien sich im Feuerschein zu bewegen. Es lag eine trügerische Stille in der Luft, nur unsere Schritte waren zu hören. Schweigend gingen wir nebeneinander her, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken. Ich dachte an alles, was ich erlebt hatte. Wer hätte gedacht, dass ich einmal Seite an Seite mit meinen Gefährten um Leben und Tod kämpfen würde? Ich betrachtete ihre Gesichter. Terra schien etwas zu beschäftigen, denn sie starrte grübelnd vor sich hin. Ninas Blick huschte unruhig von Wand zu Wand, als würde sie die Dämonenfratzen beobachten. Wie ich hatten sie alle ihre eigenen Gründe, gegen den Dämonenkönig zu kämpfen. Terra hatte ihre Eltern verloren, wie ich. Nina wurde verbannt und trauerte vermutlich immer noch um Karel.
Ich dachte weiter. Ich wusste praktisch nichts von ihrer Welt. Wie sah sie wohl aus? Was für Wesen ausser Drachen, Einhörner und Wywern lebten sonst noch in ihrer Welt? Wie sah Windia wohl aus? Wie gross war die Landmasse Namens Vargil? Diese Fragen beschäftigten mich die ganze Zeit über, während wir weiterliefen. Zu gerne würde ich diese wundersame Parallelwelt besuchen. Und die „normalen“ Menschen dort, waren sie wirklich so arrogant und geizig, wie Terra gesagt hatte?
Die Gänge wurden langsam enger. Wir konnten nicht mehr alle nebeneinander laufen, Nina musste uns nachlaufen. Schliesslich kamen wir in einem Gang an, an dessen Wände keine Fratzen mehr zu sehen waren, nur kahler, glatter Stein. Über die Abwechslung war ich erleichtert. Dieser Gang war dunkler als die anderen. Am Ende des Ganges war wieder eine Tür aus Eisen zu erkennen. Terra und ich liefen schnurstracks zur Tür, doch Nina war in der Mitte des Ganges stehen geblieben. „Etwas stimmt hier nicht“, flüsterte sie.
Plötzlich hörte ich ein quietschendes Geräusch. Es hörte sich an, als würden Zahnräder gedreht. Mit einem Krachen kamen zwei Gitter aus der Decke geschossen und schlossen Nina ein. Erschrocken zuckte ich, als ich bemerkte, dass Nina nun in einem Gefängnis zwischen den Gittern gefangen war. Terra und ich standen auf der anderen Seite der Gitterstäbe, in der Nähe der Tür. Erschrocken blickte Nina auf die beiden Gitter. „Ich bin gefangen!“, rief sie. Terra und ich rannten auf ein Gitter zu. „Halte durch, wir helfen dir!“, rief ich ihr zu. Wir rüttelten an den Gitterstäben, doch sie bewegten sich nicht vom Fleck. Nina kam ebenfalls angerannt und versuchte es von der anderen Seite. „Sie…lassen sich …nicht bewegen!“, rief Nina keuchend. „Was sollen wir tun?“. Langsam erfüllte sie Panik. Sie lief auf die andere Seite und versuchte, die Gitterstäbe zu bewegen, jedoch blieb jede Anstrengung vergebens. Sie hastete wieder zurück. „Es hat keinen Zweck! Ich sitze hier fest!“.
Da erzitterten die Wände.
Voller Entsetzen schaute ich zu, wie sich die Wände zwischen den Gittern langsam aufeinander zu bewegten. Sie kamen immer näher auf Nina zu und drohten sie bei lebendigem Leibe zu zerquetschen.
Sie schrie auf, versuchte, die Wände wegzustossen, doch es half nichts. Die Wände bewegten sich unaufhaltsam auf sie zu. Verzweifelt rüttelte ich an den Gittern, doch sie liessen kein Stück nach. Ich schlug mit dem Schwert auf sie ein, doch es nützte nichts. „Nein! Nina!“, schrie ich. Sie klammerte sich verzweifelt an die Gitterstäbe, bei denen wir standen. Die Wände kamen immer näher….immer näher zusammen. Nina liefen Tränen über die Wangen.
„Geht. Ich will nicht, dass ihr seht, wie ich sterbe!“.
Ich rührte mich nicht vom Fleck. „Nein, das darf nicht wahr sein! NINA!“, brüllte ich.
„Geht! Tötet den Dämonenkönig! Ich will nicht umsonst gestorben sein! Karel hätte es auch so gewollt!“, rief sie.
Ich war wie erstarrt.
„GEHT!!“, schrie Nina aus Leibeskräften.
Terra reagierte und zog mich mit aller Kraft von den Gitterstäben weg und durch die Tür. Ich blickte noch ein letztes Mal zurück und sah Nina. Sie war mit dem Rücken gegen die Gitterstäbe gesunken und wartete auf ihren Tod.
Dieses Bild würde ich nie vergessen.

Terra zog mich mit, immer weiter die albtraumhaften Gänge entlang, nach einer Weile ich riss mich von ihrem Griff los und liess mich auf den Boden fallen. Ich blieb dort liegen. Ich konnte nicht glauben, was gerade geschehen war. „Der Dämonenkönig…..wir….sie…..wir werden hier alle sterben!“, rief ich, halb wahnsinnig vor seelischem Schmerz. „Verlier jetzt bloss nicht den Verstand!“, ermahnte mich Terra. Sie kniete hin und packte mich an beiden Schultern. Obwohl auch ihr Gesicht tränenüberströmt war, versuchte sie so gut wie möglich, die Ruhe zu bewahren. Sie atmete tief durch. „Hör mal. Wir haben eine Mission zu erfüllen. Auch wenn wir Schmerz erleiden, wir müssen es schaffen. Scheitern wir, war ihr Sterben umsonst. Umsonst, hörst du!“, sagte sie eindringlich und schüttelte mich dabei an den Schultern. Resigniert blickte ich sie an. „Wir…..schaffen das nicht…..wir….sind nur noch zu zweit….ich….kann nicht mehr……gebe auf…..“ – „Nein! Du darfst nicht aufgeben! Nicht jetzt! Nicht so nah vor unserem Ziel!“.
Ich konnte all das nicht glauben. Es war ein Albtraum. Karel, Nina, Marco, meine Mutter, sie alle waren tot. Alle tot…..
Ich sackte in mich zusammen. Vor meinen Augen wurde es schwarz. Ich fiel tief….immer tiefer in die Dunkelheit….

Als ich wieder meiner Umgebung gewahr wurde, sah ich Terra, wie sie mitleidig auf mich herunterblickte. Sie hielt mich in den Armen und berührte meine Stirn. „Du warst bewusstlos“, sagte sie. Ich schwieg. Terra fuhr fort: „Weißt du, wieso Nina Karel erstarren liess? Sie tat es, weil sie an dich glaubte. Sie glaubte, du würdest den Dämonenkönig bezwingen können. Sie wollte nicht, dass du stirbst. Sie glaubte an dich. Ich glaube an dich. Ein wichtiger Teil fehlt jetzt aber noch. Diesen Teil musst du selber vollbringen. DU musst an dich selber glauben. Wenn du das nicht schaffst, werden wir es nie schaffen. Hast du das verstanden?“ – „Ich nickte. „Aber es ist…..so schwer….so schwer…“, sagte ich mit schwacher Stimme. „Du musst es aber tun. Du musst an dich glauben! Versuche es. Bitte. Tu es für mich! Erinnerst du dich noch? Ich hatte dir eine Bedingung gestellt. Die einzige Bedingung, die ich dir jemals stellen werde. Jetzt ist die Zeit gekommen, sie zu erfüllen. Glaube an dich!“. Ich schwieg, jedoch nickte ich mit dem Kopf. Terra hatte mir neuen Mut gegeben. Nina hatte sich für mich eingesetzt, hatte mir sogar das Leben gerettet. Ich durfte sie nicht enttäuschen!

Obwohl mein Kopf brummte, rappelte ich mich auf und schritt voran. Terra nickte anerkennend, während sie neben mir herlief. Der Dämonenkönig würde sterben. Das versprach ich innerlich allen, die ich kannte und die vielleicht schon ihr Leben oder ihre Seele verloren hatten. Ich versprach es selbst Karel, den ich gehasst hatte, denn nicht einmal er verdiente den Tod. Niemand verdiente ihn. Nicht einmal der grösste Verbrecher der Welt.

Schweigend liefen wir die Gänge entlang, die nun erneut mit Dämonenfratzen und Fackeln bespickt waren. Wir kamen vor ein Tor. Es war grösser als alle anderen. Hässliche Fratzen aus Stein prangten daran. Die beiden Torflügel liessen einen kleinen Spalt offen, durch den wir hindurchschlüpften.
Wir standen in einem riesigen Saal, der von Säulen gestützt wurde. Ein schwarzer, schmaler Teppich führte eine breite Treppe bis zum Ende des Saals hinauf. Am Ende dieser Treppe befand sich ein riesiger, steinerner Thron, der über und über mit schaurigen Totenköpfen übersät war. Die leeren Augenhöhlen der Totenköpfe schimmerten seltsam bläulich.
„Der Thronsaal“, flüsterte Terra. In ihrer Stimme lag Furcht.
Ich erschauderte. Der Dämonenkönig musste sich hier irgendwo befinden. Suchend blickte ich umher, konnte jedoch nichts weiter entdecken ausser lauernder, dunkler Schatten. Es war unheimlich ruhig.

„Ich habe euch schon erwartet“

Eine boshaft zischende Stimme ertönte. Sie schien aus dem Nichts zu kommen.

„Aaaah, Terra, lange nicht mehr gessssssehen! Wie haben dir meine Fallen gefallen?“

Die Stimme liess ein gackerndes Lachen vernehmen. In Terras Gesicht lag blanker Hass. „Schweig!“, schrie sie in die Dunkelheit. Ich rief: „Zeig dich, Dämonenkönig! Ich werde dich töten! Ein für alle Mal!“.

„Du bist also der Aussserwählte. Meine Ssssspäher haben mir von dir berichtet. Du bist schwach. Du wirst mich nie bessssiegen können. Doch du scheinssst mutig zu ssssein. Ich hätte nicht gedacht, dasss du, nachdem ich deine Mutter töten liess, noch weiter kämpfen würdessssst. Wie schön, dass du das Tor geöffnet und es bis hierher geschafft hast. Jetzt kann ich dich höchsssstpersönlich töten!“

Ich war ausser mir vor Wut. „Zeig dich!“, schrie ich nochmals. Die Stimme war nicht mehr zu hören. Plötzlich sah ich, wie sich das blaue Leuchten in den Augenhöhlen der Totenköpfe verstärkte. Es wurde immer heller.
Mit einem Krachen zerbarsten sie, und übrig blieb nur noch ein Haufen Knochensplitter. Das blaue Licht bildete eine Kugel. Langsam aber sicher begann die Kugel, eine andere Form anzunehmen. Die wahre Gestalt des Dämonenkönigs.
Es war eine riesige Schlange. Mit einem boshaften Zischen richtete sie ihre Augen auf mich und Terra und richtete sich auf. Die Augen der Schlange leuchteten blau. Langsam kroch sie auf uns zu. Obwohl mich die Schlange bei weitem überragte, umklammerte ich fest mein Schwert und bereitete mich auf einen Angriff vor.
Mit einem Schrei stürmte ich auf sie zu, doch die Schlange war gefasst. Heftig rammte sie ihren Kopf gegen meine Brust und schleuderte mich in hohem Bogen davon. Hart knallte ich gegen eine der Säulen und liess mein Schwert fallen. Die Schlange kroch wieder auf mich zu und entblösste ihre riesigen, tödlichen Fangzähne. Mit Entsetzen beobachtete ich, wie sie immer näher kam. Plötzlich raste ein Feuerball auf die sie zu und traf sie am Kopf. Mit einem Zischen zuckte sie zusammen. Terra stand links neben der Schlange und formte einen weiteren magischen Feuerball mit ihren Händen. Dabei flüsterte sie Worte, die ich nicht verstand.
Mit einer blitzschnellen Bewegung jedoch wandte sich die Schlange zu Terra um und raste auf sie zu.
Sie stiess ihre Fangzähne durch Terras Leib. Blut spritzte.
Terra schrie laut auf vor Schmerz.
„NEEEEEEEIIIIIN!!!“, brüllte ich.
Ich sah, wie Terra auf den Boden sank, die Augen weit aufgerissen. Die Flammen in ihren Händen waren erloschen.
Blind vor Wut rappelte ich mich auf, packte mein Schwert und rannte auf die Schlange zu. Sie wandte sich mir zu, doch ihr letztes Stündlein hatte geschlagen. Mit einem wütenden Schrei trennte ich ihren Kopf vom Körper. Ihr Unterleib zuckte wie wild und wand sich, bevor er schliesslich auf dem Boden zu liegen kam. Ich liess das Schwert fallen und hastete zu Terra. Ich kniete mich hin und beugte mich über ihr Gesicht. Sie war noch am Leben, doch sie röchelte mit verzerrtem Gesicht.
„Terra! Terra! Alles in Ordnung? Bitte stirb nicht!“, rief ich verzweifelt. Terra blickte mich an und ich sah, dass sie Qualen litt.
„Ich….werde…..sterben….“, stiess sie hervor. „Das Gift……es….ist…in meinem Körper….fliesst….durch meine Adern…..ich spüre es….“
„Nein!“, rief ich, „Terra! Du darfst nicht sterben! Nein!“, rief ich noch verzweifelter.
„Du….hast…es geschafft….wir…haben….den Dämonenkönig…..endlich besiegt……“, sagte sie keuchend sie und versuchte zu Lächeln. Sie stöhnte auf und krümmte sich vor Schmerz, doch sie blickte mich immer noch sorgenvoll an.
„Ich….muss….dir etwas….sagen…hör mir….gut zu“, flüsterte sie stockend.
„Du…….bist….nicht…der….Auserwählte. Es hat….nie einen….gegeben“
„Wie? Nein, dass kann nicht sein! Weshalb?“, rief ich fassungslos.
„Es gibt….keinen…Auserwählten….das…habe…ich alles nur….erfunden…alle haben es geglaubt….Nina…Karel…du…sogar der Dämonenkönig…..“
„Nein! Terra, das kann nicht wahr sein! Wie konnte ich dann das Tor öffnen?“
„Jeder…hätte das gekonnt…du…bist nichts Besonderes…nur…ein normaler Schuljunge…wie du gedacht hast……“
Fassungslos starrte ich sie an. „Wieso hast du das getan? Wieso hast du das alles erfunden?“
„Ich wollte….dass du mit mir mitkommst…als ich dich im Wald zum ersten Mal sah….ich sah nicht irgendeinen Auserwählten…..ich sah die Person….die…ich….liebte“.
Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich fing an zu zittern.
„Ich liebe dich!“, flüsterte Terra und schlang ihre Arme um meinen Hals. Über ihr Gesicht liefen Tränen.
„Ich….konnte….es dir…nie sagen….verstrickte…mich….in Lügen….“
Tief in meinem Herzen hatte ich es immer gewusst. Immer. Was ich nun sagte, sagte ich von tiefsten Herzen, von meiner Seele.
„Ich dich auch…“, flüsterte ich und auch ich umarmte sie. Terras Gesicht hellte sich auf.
„Du….mich…auch?....Ich….war…für den Tod….deiner Mutter….verantwortlich…habe…dir….Schmerzen bereitet…du…solltest…mich eigentlich….hassen…“
„Ich hasse dich nicht, Terra. Ohne dich wäre ich gestorben. Du hast mir das Leben gerettet, mehrere Male. Wärst du nicht gewesen, wäre ich nun ein Seelenloser“. Schweigend umarmten wir uns. Doch Terras Griff wurde langsam schwächer. Sie flüsterte mir ihre letzten Worte ins Ohr. Ich würde sie nie vergessen.
„Glaube…..an…..dich…..immer“
Ihre Arme erschlafften vollends und ihre Augen wurden trüb. Sie war tot.
NEEEEEEEEIIIIIIN! TERRA!“, schrie ich, rüttelte sie an den Schultern, doch sie rührte sich nicht mehr. Ich liess mich neben ihr auf den Boden fallen und schloss die Augen.

Ich wusste nicht, wie lange ich schon dalag, als mich plötzlich ein Lichtstrahl blendete. Ich öffnete meine Augen und sah, dass der steinerne Thron des Dämonenkönigs in sich zusammengefallen war. Dahinter war ein offenes Tor zum Vorschein gekommen, aus dem helles Licht drang. Ich rappelte mich auf und hob mein Schwert vom Boden auf. Langsam und mit zögernden Schritten ging ich zum Tor. Dahinter sah ich grüne, saftige Wiesen und unbekannte Pflanzen. Ein frischer Duft schlug mir entgegen. Ich sah seltsame Vögel am Himmel, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. In der Ferne erstreckte sich ein hoher, schneebedeckter Gebirgszug. Ich stand vor dem Tor zur Parallelwelt.

Als ich durch das Tor schritt, hallten in meinem Kopf die letzten Worte von Terra wieder.
Glaube an dich. Immer.
Und genau das tat ich.
Terra---->Final Fantasy 6
Nina----->Breath of Fire 2
Karel---->Fire Emblem 7

Pandaemonium (v. d. gr. geb.) heißt 1. ein allen Göttern geweihter Tempel, also s. a. Pantheon; 2. der Inbegriff aller übermenschlichen Wesen, sowohl Engel als Teufel; 3. die Hölle.

Für alle Leichtgläubigen: Nein, unsere Welt wird NICHT von Dämonen überfallen und es gibt NICHT eine Parallelwelt. Sämtliche Handlungen und (fast) alle Personen dieser Geschichte sind nicht echt.

Der Autor blickt aus dem Fenster.
Der Bach fliesst ruhig vor sich hin, er ist von Pflanzen gesäumt. Im Quartier ist es ruhig und die Sonne scheint. Doch halt…ich glaube, ich habe gerade eine Frau mit grünem Haarschopf und Pferdeschwanz um die Ecke huschen sehen…
Ich hoffe nur, dass diesen Kram mal jemand liest und einen Kommentar abgibt. Einige unschöne Wortwiederholungen, Unlogisches in der Story und Tipp- und Grammatikfehler habe ich schon selber entdeckt XD
Schade, auf ein wenig mehr Resonanz hatte ich schon gehofft:S
Naja, dann versuch ich es woanders....
Also mir gefällt deine Story noch immer, sie ist frisch und hat ein schönes ENde, da es offen ist. Das Ende selber ist ja eigentlich nicht gerade schön.
Du solltest aber schon etwas geduldiger sein, da die meisten die Geschichte (ja sie ist eigentlich ganz lang für die Verhältnisse ^^) wohl kaum sofort lesen. Meine liest ja auch kaum jemand. ^^
Freue mic bereits auf die Fortsetzung :D
Danke für das Lob (die Löbe? XD). Und den Ratschlag werde ich beherzigen^^. Naja, die Fortsetzung bin ich gerade am schreiben, und die wird noch viel länger^^. Deshalb wird es wohl noch eine Weile dauern, bis ich sie fertig habe, da ich jedes noch so dümmliche Detail beschreiben muss und Unmengen von Gesprächen vorkommen. Auf jeden Fall kann man sich auf einen alten Bekannten freuen und einige neue Charaktere:)
Freue mich bereits ;) Obwohl viele bekannte Charas gibr es ja nicht, jedenfalls nicht viele LEBENDE alte Bekannte XD
Sehr schön bin wieder da XD
Und das Beste ist: Die 2 Wochen Ferien waren eine wunderbare Inspirationsquelle:) Ich habe jetzt so viele Ideen dass ich gar nicht weiss mit welcher anfangen XD
keine schlechte stoy bis jetzt bin zwar noch net ganz durch aber is bis jetzt ganz gut aber wer garantiert mir das die welt NICHT von dämonen überfallen wird *paranoid durch die gegend blickt*
kannst se ja ma in reinschrift bringen und bei www.keinverlag.de reinstellen
Kein Grund zur Panik!:)
Danke für den Link, bin froh das es mal jemand liest *verbeug*
Logge dich ein um einen Beitrag zu schreiben.