Hi!
Vor ein paar Monaten veröffentlichten m-c-e und ich in diesem Forum eine Geschichte, "Der Kampf des Helmut Oden". Wir haben sie gemensam geschrieben.
Jetzt haben eir eine neue verfasst, oder besser gesagt, sie ist noch nicht ganz fertig.
Sie trägt den Titel "Verfolgt von Gernot Dankner" und basiert auf einer noch NIE DAGEWESENEN Idee.
Der Hauptcharakter der Geschichte leidet unter einem Trauma - er glaubt, von seinem ehemaligen Sportlehrer verfolgt zu werden.
Was mit harmlosen Träumen beginnt, steigert sich zu einem Tanz am Rande des Wahnisnns; immer mit einem Phantomsportlehrer (!) im Nacken.
Von der Art ist die Geschichte ähnlich wie Helmut Oden, nur nicht ganz so bizarr. Der Schreibstil hat sich meiner Meinung nach verbessert. Außerdem wird die Geschichte wesentlich länger
Wenn man die Story liest, wird man Anfangs denken, dass sie ausschließlich "lustig" ist, aber nach einer gewissen Zeit werden echt Horrorelemente dazukommen.
Alleine wegen diesem "Generemix" ist die geschichte etwas Neues.
Die Geschichte wird episodenweise veröffentlicht.
Wir freuen uns auf Kritik!
Edit: Die Traumsequenzen in der Geschichte sind mit "---" am Anfang sowie am Ende gekennzeichnet.
Verfolgt von Gernot Dankner
1
„Ja, genau. Das ist er!“, Christoph König musterte ein seitengroß ausgedrucktes Bild eines ehemaligen Gymnasiallehrers. Gernot Dankner, bis vor 5 Jahren Lehrer des Franz-Schubert-Gymnasiums in Freiburg. Christoph selbst, welcher bis vor 4 Jahren die nämliche Schule besuchte, kannte Dankner mehrere Jahre als Sport- und Erdkundelehrer.
Als harte, aber gerechte, als eigensinnige und bisweilen nicht ganz unlustige Lehrkraft war er ihm in Erinnerung. Mit „Ich bin jetzt weg. Höchste Zeit. Ende.“ hatte Dankner sich damals von den Schülern des Sport-LK der Klassenstufe 12 verabschiedet. Und genau so war er, seine ehrliche Meinung konnte, wollte und musste er nicht verbergen; seine Äußerungen entsprachen genau dem, was er gerade dachte.
„So wird des nix. Du bleibsch dumm!“, lachend zitierte Christoph einen Ausruf Dankners, immer noch das Bild in der Hand haltend. Ausgedruckt aus einer 8 Jahre alten Festschrift anlässlich des 100. Geburtstag der Schule.
König selbst war 24 und von Beruf Angestellter der Firma ‚Trabman’ ( - Staubsaugerqualität seit 43 Jahren). Genauer gesagt, strafversetzt in den Außendienst, sprich Staubsaugerverkäufer an Türen. Eine seiner Meinung nach, geradezu demütigende Aufgabe, aber als alternative Option bliebe ihm derzeit nur die Arbeitslosigkeit.
So gab er sich mit seinem Beruf zufrieden, wenngleich das Gehalt nicht groß genug war, um sich diverse Ausschweifungen wie Urlaubsreisen, teuere Möbel oder Ähnliches zu leisten.
Ja, Christoph hatte Gernot gut leiden können, denn er hegte schon immer eine gewisse Sympathie für bodenständige Personen, vielleicht weil er selbst sogar eine dieser Sorte war.
Deswegen nahm er kurzerhand einen Streifen Tesafilm, und befestigte Gernots jovial grinsendes Gesicht an der Wand seines Zimmers.
Es war mittlerweile schon Abend, und er hatte noch einiges zu tun. Auf seinem Schreibtisch waren noch ein Berg unausgefüllter Formulare, einige Reklamationsscheine und obendrein noch eine knapp vierhundertseitige „Schnellreferenzbroschüre“ zu einem neuen Staubsaugermodell („Figaro Delante 003“), die allerdings alles andere als eine schnelle Referenz gewährte. Aber es führte kein Weg drum herum: Er musste sich hindurchbeißen.
So setzte er sich mit einer warmen Tasse Kakao an den Arbeitstisch und begann mit Kapitel eins („Bildbeschreibung des Figaro Delante 003“). Gelangweilt betrachtete er die technischen Zeichnungen der Luftfilter, worauf sich auch bald eine leichte Schläfrigkeit einstellte. Er spürte regelrecht, wie ihm das Lesen immer schwerer fiel. Jede Zeile war für sein Gehirn zäh wie Honig geworden und er kam kaum noch voran. Kapitel 2 („Inbetriebnahme des Figaro Delante 003“ überflog er nur noch, und beim nicht minder langweiligen Kapitel 3 schlief er ein.
Er träumte. Er war wieder in seinem alten Gymnasium. Alles sah so aus, wie es vor 9 Jahren ausgesehen hatte. Er war noch in der achten Klasse und hatte gerade eine Erdkundestunde bei Herr Dankner gehabt.
---
Gerade hat es geklingelt. Der Unterricht ist zu Ende. Alle Schüler strömen aus dem Klassenraum, um die 15 Minuten Freiheit zu genießen, die man große Pause nennt. Auf den Gängen erhallt Fußgetrappel, wie schon seit vielen Jahrzehnten. Auch wenn man alleine auf dem Gang ist, meint man die ausgelassenen Rufe zu hören. Die Wände haben das Lachen von Schülergenerationen in sich aufgenommen und vermitteln so die Atmosphäre, die man von einem typischen Gymnasium erwartet.
Alle Schüler rennen in die Pause.
Nur nicht Christoph. Er ist Kartenordner, und muss Herr Dankner helfen, die großen Weltkarten in die Kartensammlung zurückzubringen.
Gemeinsam laufen Gernot Dankner und Christoph auf dem Flur. Jetzt ist er leer, und auf dem Pausenhof tummeln sich die ersten Schülergrüppchen. Christoph kann sie durch das Fenster sehen.
„Unn Krischdoff, wie gfällt dir Erdkunde??“
„Gut, Herr Dankner.“
Die starke Stimme seines Lehrers reißt ihn aus seinen Gedanken.
Er blickt nach hinten und sieht, dass der Flur, den sie schon seit einigen Minuten entlanglaufen keinen Anfang zu haben scheint. Es ist ein endloser Gang, die Tür aus der sie gekommen waren, ist verschwunden. Etwas irritiert schaut Christoph nach vorne. Das gleiche Bild. Der gang ist endlos geworden.
Auf einmal kichert Herr Dankner. Gezwungen lacht Christoph mit ihm, obwohl er den Anlass der plötzlichen Heiterkeit nicht kennt.
Dann lacht Herr Dankner. Und wie! Er lacht so stark, dass sein legeres Hemd bebt und dass die Karte unter seinem Arm zu Boden fällt. Der Hall scheint endlos, genauso wie der Korridor.
Herr Dankner hält sich den Bauch vor lachen, und Christoph bekommt Angst.
Herr Dankner hört gar nicht mehr auf; sein Gesicht ist die bizarre Fratze eines Clowns mit aufgemaltem Mund. Christopher will rennen, aber es geht nicht.
---
Christopher schreckte hoch. Er war auf seiner Schnellreferenz für den neuen Staubsauger eingenickt. Erschreckt schaute er auf seine Armbanduhr. Er hatte fast zwei Stunden geschlafen. Und er hatte geträumt, das wusste er. Aber was war es?
Es hatte ihm Angst gemacht, soviel wusste er.
2
Am nächsten Morgen stand er schlecht gelaunt auf, denn er wusste, in seinem Lieferwagen warteten 15 Figaro Delante 003’s darauf, im nahe gelegenen Dörfchen Cleversulzbach veräußert zu werden.
Er hoffte, dass das nicht zur Peinlichkeit ausarten würde, schließlich hatte er die Anleitung nicht vollständig gelesen.
Sein Rücken schmerzte etwas, als er sich im Bett aufsetzte. Er ließ seinen Blick über die Wand schweifen, wo ein Portrait seiner schielenden Großmutter hing, bis hin zur großen Zeigeruhr. Auf einmal schrie er auf vor Schreck, da ihn Gernot Bittner von der Wand anstierte. Er hatte ganz vergessen, dass er gestern Nachmittag das Bild dort aufgehängt hatte. Aber irgendwie, so glaubte er zu sehen, hatte sich Gernots Gesichtsausdruck verändert. Er grinste nicht mehr so jovial wie gestern, sondern eher schadenfroh.
Christopher redete sich ein, dass das alles nur Einbildung sei.
Aber dennoch war ihm Gernots Blick unangenehm. Als er sich umzog und vor den Wandspiegel trat, schienen ihn die Augen seinen Sportlehrers zu verfolgen. Jetzt hatte er genug. Er ging zu Gernots Portrait, hängte es ab, und schmiss es kurzerhand zum Fenster hinaus.
Auf eine unerklärliche Weise hatte das eine äußerst befreiende Wirkung auf ihn, sodass er kicherte.
Nachdem er eine Kleinigkeit gefrühstückt hatte, machte er sich auf den Weg. Vor seinem Haus stand der Kleinlaster bereit, auf dem zu Werbezwecken das große Logo der Staubsaugerfirma prangte, für die er tätig war. Auch das war ihm etwas peinlich. Im ganzen Dorf nannte man ihn den „Staubsauger-Christoph“. Zumindest, wenn er nicht in direkter Nähe war.
Eine halbe Stunde später war er in Cleversulzbach angekommen; ein Dorf das noch verschlafener war, wie das, aus dem er stammte. Aber ob verschlafen oder nicht, auch die hiesigen Hausfrauen benötigten Staubsauger.
So parkte er vor dem erstbesten Haus, setzte schon mal sein zwanghaftes freundlicher-Vertreter-Lächeln auf, nahm seine Auftragsmappe und ging an die Haustür.
Auf dem Klingelschild stand „Brödelbecker“.
„Guten Tag, Da...äh König mein Name. Kennen S I E schon die Qualitätsprodukte der Firma Trabman? Trabman Staubsauger stehen für Staubsaugerqualität seit beinahe 50 Jahren!“, Christoph lächelte der etwas verschlafen aus der Tür guckenden Hausfrau zu. „Also Sie, eigentlich haben wir diese Vertreter gar nicht gerne. Weder vor, noch im Haus.“ „Da habe ich vollstes Verständnis. ABER es geht hier um eine ganz enorme Arbeitserleichterung für S I E!“, betont lässig, aber dennoch bestimmt und zielstrebig zeigte er mit dem rechten Zeigefinger auf das Gesicht der Dame. Relativ interessiert, beinahe erschrocken blickte sie nun in das Gesicht des Vertreters. „Meinetwegen..., was kann ihr Staubsauger denn? Kommen Sie ruhig hinein.“ Innerlich äußerst positiv überrascht betrat er das kleine Einfamilienhaus. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihm die Hausbesitzerin Einlass gewährte, wo sie doch zuvor so abweisend war. Der „Aufwecktrick“, wie man ihn in der Fachsprache, also die gezielte Fingergeste, rechter Zeigefinger auf Gesicht des Kunden und dazu ein druckvolles „SIE!“, wirkte doch immer wieder.
Lang, ausführliche und mit vielen, für Laien völlig unverständlichen, Fachbegriffen geblümt, stellte er sein technisches Gerät vor. Als liefe es quasi übernatürlich gut, zeigten sowohl die Hausfrau, als auch ihre Mutter, als auch 2 anwesende Freundinnen der Hausfrau Interesse an der Gerätschaft. Christoph bestreute den mitgebrachten Präsentationsflecken mit allerlei Dreck und Staub, um zu präsentieren, dass der Figaro Delante 003 wirklich jeden Schmutzpartikel einsaugt. Figaro Delante – der Freund der cleveren Hausfrau und des cleveren Hausmann; Geballte Saugkraft; Atomreiniger; Ultrapower aus dem Hause Trabman, was hatte ihm die Firma nicht alles für Pseudonyme für ihre Gerätschaften mit auf den Weg gegeben. Und obwohl er selbst die Umschreibungen für reichlich lächerlich und dümmlich hielt, zündeten sie bei der zahlungswilligen Kundschaft doch immer wieder.
4 verkaufte Exemplare – so viele hat er in der gesamten letzten Woche nicht veräußert. Und die Verkaufsbilanz schien seine Laune deutlich zu steigern, schließlich musste er, um Gehaltskürzungen und Abmahnungen zu entgehen, auf einen Monatsschnitt von 35 kommen. Die letzten 2 Monate konnte er diese Marke nicht erreichen, noch war es ohne Konsequenzen geblieben, doch diesen Monat gäbe es eine saftige Abmahnung. Er war einfach kein Verkäufertyp, kein Vertrauenstyp, kein Kundenfänger – es war ein Notjob.
„Sie können sicher sein, da geht alles. Das präsentiere ich Ihnen auch noch mal!“, nachdem Christoph den Präsentationssauger eingepackt hatte, schleppte er nun die 4 verkauften Geräte in das Haus. Eines davon wollte er nun noch einmal kurz ausprobieren, um die Käufer nochmals von der Funktionsfähigkeit zu überzeugen. Fröhlich grinsend schob er den Sauger durch den Flur und die Käuferinnen applaudierten, was nach einer ausführlichen Präsentation tatsächlich oft verkam. Da vernahm er plötzlich eine Stimme. „Na, hasch mich abg’hängt und aus’m Fenster g’schmisse. Ja wie finde mer denn des?“ Erschrocken schaute Christoph auf. Ihm war, als hörte er die Stimme seine früheren Sportlehrer im Rauschen des Saugers. Er drückte auf den Aus-Knopf und nur das tratschen der Anwesenden war zu hören. Um die Präsentation „stilvoll“ zu beenden wollte er abschließend mit dem Schlauch die Decke entlang fahren, doch kaum hatte er die Maschine wieder in Betrieb genommen, da hörte er wieder die Stimme „Abg’hängt, du Depp. Wie finde mer denn des?“
Wieder stellte er den Sauger aus und lauschte.
Nichts.
Er drückte auf den „An“-Knopf, und hörte im Hintergrund Gernots Lachen, er hörte es klar und deutlich! Es schien aus dem Staubsauger heraus zu kommen.
Erschrocken und in völliger Panik sah Christoph keinen anderen Ausweg, er trat mit voller Wucht gegen den Staubsauger, so dass dieser die komplette Kellertreppe herunter purzelte. Mit offenem Mund und mit Schweißperlen auf der Stirn sah er auf den Trümmerhaufen und die verschrammte Holztreppe.
Vor ein paar Monaten veröffentlichten m-c-e und ich in diesem Forum eine Geschichte, "Der Kampf des Helmut Oden". Wir haben sie gemensam geschrieben.
Jetzt haben eir eine neue verfasst, oder besser gesagt, sie ist noch nicht ganz fertig.
Sie trägt den Titel "Verfolgt von Gernot Dankner" und basiert auf einer noch NIE DAGEWESENEN Idee.
Der Hauptcharakter der Geschichte leidet unter einem Trauma - er glaubt, von seinem ehemaligen Sportlehrer verfolgt zu werden.
Was mit harmlosen Träumen beginnt, steigert sich zu einem Tanz am Rande des Wahnisnns; immer mit einem Phantomsportlehrer (!) im Nacken.
Von der Art ist die Geschichte ähnlich wie Helmut Oden, nur nicht ganz so bizarr. Der Schreibstil hat sich meiner Meinung nach verbessert. Außerdem wird die Geschichte wesentlich länger
Wenn man die Story liest, wird man Anfangs denken, dass sie ausschließlich "lustig" ist, aber nach einer gewissen Zeit werden echt Horrorelemente dazukommen.
Alleine wegen diesem "Generemix" ist die geschichte etwas Neues.
Die Geschichte wird episodenweise veröffentlicht.
Wir freuen uns auf Kritik!
Edit: Die Traumsequenzen in der Geschichte sind mit "---" am Anfang sowie am Ende gekennzeichnet.
Verfolgt von Gernot Dankner
1
„Ja, genau. Das ist er!“, Christoph König musterte ein seitengroß ausgedrucktes Bild eines ehemaligen Gymnasiallehrers. Gernot Dankner, bis vor 5 Jahren Lehrer des Franz-Schubert-Gymnasiums in Freiburg. Christoph selbst, welcher bis vor 4 Jahren die nämliche Schule besuchte, kannte Dankner mehrere Jahre als Sport- und Erdkundelehrer.
Als harte, aber gerechte, als eigensinnige und bisweilen nicht ganz unlustige Lehrkraft war er ihm in Erinnerung. Mit „Ich bin jetzt weg. Höchste Zeit. Ende.“ hatte Dankner sich damals von den Schülern des Sport-LK der Klassenstufe 12 verabschiedet. Und genau so war er, seine ehrliche Meinung konnte, wollte und musste er nicht verbergen; seine Äußerungen entsprachen genau dem, was er gerade dachte.
„So wird des nix. Du bleibsch dumm!“, lachend zitierte Christoph einen Ausruf Dankners, immer noch das Bild in der Hand haltend. Ausgedruckt aus einer 8 Jahre alten Festschrift anlässlich des 100. Geburtstag der Schule.
König selbst war 24 und von Beruf Angestellter der Firma ‚Trabman’ ( - Staubsaugerqualität seit 43 Jahren). Genauer gesagt, strafversetzt in den Außendienst, sprich Staubsaugerverkäufer an Türen. Eine seiner Meinung nach, geradezu demütigende Aufgabe, aber als alternative Option bliebe ihm derzeit nur die Arbeitslosigkeit.
So gab er sich mit seinem Beruf zufrieden, wenngleich das Gehalt nicht groß genug war, um sich diverse Ausschweifungen wie Urlaubsreisen, teuere Möbel oder Ähnliches zu leisten.
Ja, Christoph hatte Gernot gut leiden können, denn er hegte schon immer eine gewisse Sympathie für bodenständige Personen, vielleicht weil er selbst sogar eine dieser Sorte war.
Deswegen nahm er kurzerhand einen Streifen Tesafilm, und befestigte Gernots jovial grinsendes Gesicht an der Wand seines Zimmers.
Es war mittlerweile schon Abend, und er hatte noch einiges zu tun. Auf seinem Schreibtisch waren noch ein Berg unausgefüllter Formulare, einige Reklamationsscheine und obendrein noch eine knapp vierhundertseitige „Schnellreferenzbroschüre“ zu einem neuen Staubsaugermodell („Figaro Delante 003“), die allerdings alles andere als eine schnelle Referenz gewährte. Aber es führte kein Weg drum herum: Er musste sich hindurchbeißen.
So setzte er sich mit einer warmen Tasse Kakao an den Arbeitstisch und begann mit Kapitel eins („Bildbeschreibung des Figaro Delante 003“). Gelangweilt betrachtete er die technischen Zeichnungen der Luftfilter, worauf sich auch bald eine leichte Schläfrigkeit einstellte. Er spürte regelrecht, wie ihm das Lesen immer schwerer fiel. Jede Zeile war für sein Gehirn zäh wie Honig geworden und er kam kaum noch voran. Kapitel 2 („Inbetriebnahme des Figaro Delante 003“ überflog er nur noch, und beim nicht minder langweiligen Kapitel 3 schlief er ein.
Er träumte. Er war wieder in seinem alten Gymnasium. Alles sah so aus, wie es vor 9 Jahren ausgesehen hatte. Er war noch in der achten Klasse und hatte gerade eine Erdkundestunde bei Herr Dankner gehabt.
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Gerade hat es geklingelt. Der Unterricht ist zu Ende. Alle Schüler strömen aus dem Klassenraum, um die 15 Minuten Freiheit zu genießen, die man große Pause nennt. Auf den Gängen erhallt Fußgetrappel, wie schon seit vielen Jahrzehnten. Auch wenn man alleine auf dem Gang ist, meint man die ausgelassenen Rufe zu hören. Die Wände haben das Lachen von Schülergenerationen in sich aufgenommen und vermitteln so die Atmosphäre, die man von einem typischen Gymnasium erwartet.
Alle Schüler rennen in die Pause.
Nur nicht Christoph. Er ist Kartenordner, und muss Herr Dankner helfen, die großen Weltkarten in die Kartensammlung zurückzubringen.
Gemeinsam laufen Gernot Dankner und Christoph auf dem Flur. Jetzt ist er leer, und auf dem Pausenhof tummeln sich die ersten Schülergrüppchen. Christoph kann sie durch das Fenster sehen.
„Unn Krischdoff, wie gfällt dir Erdkunde??“
„Gut, Herr Dankner.“
Die starke Stimme seines Lehrers reißt ihn aus seinen Gedanken.
Er blickt nach hinten und sieht, dass der Flur, den sie schon seit einigen Minuten entlanglaufen keinen Anfang zu haben scheint. Es ist ein endloser Gang, die Tür aus der sie gekommen waren, ist verschwunden. Etwas irritiert schaut Christoph nach vorne. Das gleiche Bild. Der gang ist endlos geworden.
Auf einmal kichert Herr Dankner. Gezwungen lacht Christoph mit ihm, obwohl er den Anlass der plötzlichen Heiterkeit nicht kennt.
Dann lacht Herr Dankner. Und wie! Er lacht so stark, dass sein legeres Hemd bebt und dass die Karte unter seinem Arm zu Boden fällt. Der Hall scheint endlos, genauso wie der Korridor.
Herr Dankner hält sich den Bauch vor lachen, und Christoph bekommt Angst.
Herr Dankner hört gar nicht mehr auf; sein Gesicht ist die bizarre Fratze eines Clowns mit aufgemaltem Mund. Christopher will rennen, aber es geht nicht.
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Christopher schreckte hoch. Er war auf seiner Schnellreferenz für den neuen Staubsauger eingenickt. Erschreckt schaute er auf seine Armbanduhr. Er hatte fast zwei Stunden geschlafen. Und er hatte geträumt, das wusste er. Aber was war es?
Es hatte ihm Angst gemacht, soviel wusste er.
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Am nächsten Morgen stand er schlecht gelaunt auf, denn er wusste, in seinem Lieferwagen warteten 15 Figaro Delante 003’s darauf, im nahe gelegenen Dörfchen Cleversulzbach veräußert zu werden.
Er hoffte, dass das nicht zur Peinlichkeit ausarten würde, schließlich hatte er die Anleitung nicht vollständig gelesen.
Sein Rücken schmerzte etwas, als er sich im Bett aufsetzte. Er ließ seinen Blick über die Wand schweifen, wo ein Portrait seiner schielenden Großmutter hing, bis hin zur großen Zeigeruhr. Auf einmal schrie er auf vor Schreck, da ihn Gernot Bittner von der Wand anstierte. Er hatte ganz vergessen, dass er gestern Nachmittag das Bild dort aufgehängt hatte. Aber irgendwie, so glaubte er zu sehen, hatte sich Gernots Gesichtsausdruck verändert. Er grinste nicht mehr so jovial wie gestern, sondern eher schadenfroh.
Christopher redete sich ein, dass das alles nur Einbildung sei.
Aber dennoch war ihm Gernots Blick unangenehm. Als er sich umzog und vor den Wandspiegel trat, schienen ihn die Augen seinen Sportlehrers zu verfolgen. Jetzt hatte er genug. Er ging zu Gernots Portrait, hängte es ab, und schmiss es kurzerhand zum Fenster hinaus.
Auf eine unerklärliche Weise hatte das eine äußerst befreiende Wirkung auf ihn, sodass er kicherte.
Nachdem er eine Kleinigkeit gefrühstückt hatte, machte er sich auf den Weg. Vor seinem Haus stand der Kleinlaster bereit, auf dem zu Werbezwecken das große Logo der Staubsaugerfirma prangte, für die er tätig war. Auch das war ihm etwas peinlich. Im ganzen Dorf nannte man ihn den „Staubsauger-Christoph“. Zumindest, wenn er nicht in direkter Nähe war.
Eine halbe Stunde später war er in Cleversulzbach angekommen; ein Dorf das noch verschlafener war, wie das, aus dem er stammte. Aber ob verschlafen oder nicht, auch die hiesigen Hausfrauen benötigten Staubsauger.
So parkte er vor dem erstbesten Haus, setzte schon mal sein zwanghaftes freundlicher-Vertreter-Lächeln auf, nahm seine Auftragsmappe und ging an die Haustür.
Auf dem Klingelschild stand „Brödelbecker“.
„Guten Tag, Da...äh König mein Name. Kennen S I E schon die Qualitätsprodukte der Firma Trabman? Trabman Staubsauger stehen für Staubsaugerqualität seit beinahe 50 Jahren!“, Christoph lächelte der etwas verschlafen aus der Tür guckenden Hausfrau zu. „Also Sie, eigentlich haben wir diese Vertreter gar nicht gerne. Weder vor, noch im Haus.“ „Da habe ich vollstes Verständnis. ABER es geht hier um eine ganz enorme Arbeitserleichterung für S I E!“, betont lässig, aber dennoch bestimmt und zielstrebig zeigte er mit dem rechten Zeigefinger auf das Gesicht der Dame. Relativ interessiert, beinahe erschrocken blickte sie nun in das Gesicht des Vertreters. „Meinetwegen..., was kann ihr Staubsauger denn? Kommen Sie ruhig hinein.“ Innerlich äußerst positiv überrascht betrat er das kleine Einfamilienhaus. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihm die Hausbesitzerin Einlass gewährte, wo sie doch zuvor so abweisend war. Der „Aufwecktrick“, wie man ihn in der Fachsprache, also die gezielte Fingergeste, rechter Zeigefinger auf Gesicht des Kunden und dazu ein druckvolles „SIE!“, wirkte doch immer wieder.
Lang, ausführliche und mit vielen, für Laien völlig unverständlichen, Fachbegriffen geblümt, stellte er sein technisches Gerät vor. Als liefe es quasi übernatürlich gut, zeigten sowohl die Hausfrau, als auch ihre Mutter, als auch 2 anwesende Freundinnen der Hausfrau Interesse an der Gerätschaft. Christoph bestreute den mitgebrachten Präsentationsflecken mit allerlei Dreck und Staub, um zu präsentieren, dass der Figaro Delante 003 wirklich jeden Schmutzpartikel einsaugt. Figaro Delante – der Freund der cleveren Hausfrau und des cleveren Hausmann; Geballte Saugkraft; Atomreiniger; Ultrapower aus dem Hause Trabman, was hatte ihm die Firma nicht alles für Pseudonyme für ihre Gerätschaften mit auf den Weg gegeben. Und obwohl er selbst die Umschreibungen für reichlich lächerlich und dümmlich hielt, zündeten sie bei der zahlungswilligen Kundschaft doch immer wieder.
4 verkaufte Exemplare – so viele hat er in der gesamten letzten Woche nicht veräußert. Und die Verkaufsbilanz schien seine Laune deutlich zu steigern, schließlich musste er, um Gehaltskürzungen und Abmahnungen zu entgehen, auf einen Monatsschnitt von 35 kommen. Die letzten 2 Monate konnte er diese Marke nicht erreichen, noch war es ohne Konsequenzen geblieben, doch diesen Monat gäbe es eine saftige Abmahnung. Er war einfach kein Verkäufertyp, kein Vertrauenstyp, kein Kundenfänger – es war ein Notjob.
„Sie können sicher sein, da geht alles. Das präsentiere ich Ihnen auch noch mal!“, nachdem Christoph den Präsentationssauger eingepackt hatte, schleppte er nun die 4 verkauften Geräte in das Haus. Eines davon wollte er nun noch einmal kurz ausprobieren, um die Käufer nochmals von der Funktionsfähigkeit zu überzeugen. Fröhlich grinsend schob er den Sauger durch den Flur und die Käuferinnen applaudierten, was nach einer ausführlichen Präsentation tatsächlich oft verkam. Da vernahm er plötzlich eine Stimme. „Na, hasch mich abg’hängt und aus’m Fenster g’schmisse. Ja wie finde mer denn des?“ Erschrocken schaute Christoph auf. Ihm war, als hörte er die Stimme seine früheren Sportlehrer im Rauschen des Saugers. Er drückte auf den Aus-Knopf und nur das tratschen der Anwesenden war zu hören. Um die Präsentation „stilvoll“ zu beenden wollte er abschließend mit dem Schlauch die Decke entlang fahren, doch kaum hatte er die Maschine wieder in Betrieb genommen, da hörte er wieder die Stimme „Abg’hängt, du Depp. Wie finde mer denn des?“
Wieder stellte er den Sauger aus und lauschte.
Nichts.
Er drückte auf den „An“-Knopf, und hörte im Hintergrund Gernots Lachen, er hörte es klar und deutlich! Es schien aus dem Staubsauger heraus zu kommen.
Erschrocken und in völliger Panik sah Christoph keinen anderen Ausweg, er trat mit voller Wucht gegen den Staubsauger, so dass dieser die komplette Kellertreppe herunter purzelte. Mit offenem Mund und mit Schweißperlen auf der Stirn sah er auf den Trümmerhaufen und die verschrammte Holztreppe.
max,du hasch dich mal wiedda faschd selbschd übertroffe.echt cool.un ich bin mir sicha,so wie ich dich kenn,wirds noch bessa.
Vielen Dank für die positive Rezension.
Sobald noch eine oder mehrere Meinungen gepostet wurden, kommt der nächste Teil.
Sobald noch eine oder mehrere Meinungen gepostet wurden, kommt der nächste Teil.
Schöne GEschichte -Max-,
Daumen Hoch :-),
warte schon auf die Fortsetzung hoffe sie kommt bald !!
Daumen Hoch :-),
warte schon auf die Fortsetzung hoffe sie kommt bald !!
des bin ich die caro...nur dass ihrs wisst.max echt gut.freu mich auf fortsetzung
Aufgrund des Threads im GesellschaftsForum hab ich mir das auch durchgelesen...
Sehr Positiv, allerdings hätte ich gerne gleich weitergelesen, es liest sich flüssig, aber hat einen super SchreibStil.Weiter so! :)
Sehr Positiv, allerdings hätte ich gerne gleich weitergelesen, es liest sich flüssig, aber hat einen super SchreibStil.Weiter so! :)
Vielen Dank, Diego!
Hier geht es weiter, nach mühevoller Zensur. ^^
3
„WIE KONNTEN SIE NUR!??!? SIE VOLLIDIOT!!!!!!! DER SAUGER HAT MEHR GEKOSTET WIE IHR MONATSGEHALT!!!!!“
„Aber Chef…“
„KEIN ABER!!! SIE SIND ENTLASSEN!!! ABER FRISTLOS!!!!!!“
- klick -
Das Gebrüll am anderen Ende der Leitung brach mit einem Mal ab, als hätte man das Kabel gekappt. Resigniert hängte Christop den Hörer ein. Gerade hatte er seinen Job verloren.
Er war nicht drum herum gekommen, seinen Chef wegen dem zerstörten Staubsauger anzurufen. Zu allem Überfluss hatte auch Frau Brödelbecker, die ihm fast einen Sauger abgekauft hätte, in seiner Firma angerufen und sich lautstark beschwert. Warum musste auf seinem Kleintransporter in Leuchtbuchstaben die Telefonnummer stehen!
Sie sagte, sie verlange Schadenersatz, denn so eine Kellertreppe zu lackieren sei nicht gerade billig, und außerdem sei es eine Unverschämtheit, so ein Höllenchaos anzurichten.
So kam es, dass Christop auch das noch aus eigener Tasche bezahlen musste.
Und das, wo er gerade eben arbeitslos geworden war!
Da er nicht anders konnte, stieß er einen Wutschrei aus und warf ein Kissen gegen das Portrait seiner schielenden Großmutter, das da an der Wand hing. Der Nagel, der es seit Jahren im Putz verankert hielt, löste sich und so fiel das Bild auf den Boden. Die Scheibe im Holzrahmen splitterte.
Ironischerweise hatte Christoph nicht einmal einen Staubsauger, um die Splitter sicher zu entfernen. Und das, wo er doch noch bis vor kurzem Vertreter gewesen war.
Er kicherte verstört, was seine Wut noch steigerte.
Dabei dachte er zum ersten mal, warum ihm dieses Malheur überhaupt passiert war. „Es war Gernots Stimme“, sagte er zu sich selbst. Obwohl er davon überzeugt war, das Lachen seines Sportlehrers gehört zu haben, wollte er sich einreden, dass es nur Einbildung gewesen sei. Schließlich hört man als vernünftiger Mensch keine lachenden Sportlehrer in Staubsaugern.
Aber dennoch…
„Alles nur dieser scheiß DANKNER schuld!!“, brüllte er in den Raum.
Es war eine ganz natürliche Reaktion. Die ganze Zeit über hatte er nach einem Schuldigen gesucht, und hatte ihn in Gernot Dankners Person gefunden.
Obwohl es völlig absurd war, auf diesen wegen einer Wahnvorstellung wütend zu sein, ließ Christoph noch einmal ein Exemplar des Gernot-Bildes aus seinem Drucker.
Er hatte das eingescannte Bild in seinem Computer gespeichert, da er grundsätzlich alles aufbewahrte. „Man weiß nie, ob man es noch einmal braucht!“, so war sein Motto.
Und da kam wieder Gernots Gesicht aus dem Druckerausgabeschacht. Mit den vergilbten Zähnen, der Brille und dem so vertrauten Grinsen.
Jedoch verspürte Christoph nun keinerlei Sympathie mehr für ihn, sondern kochende Wut.
Er hatte sich regelrecht in diesen „Dankner-Hass“ hineingesteigert.
Deswegen nahm er kurzerhand das Portrait seines ehemaligen Sportlehrers, und befestigte es an einer alten Dartscheibe, die er vor kurzem samt Pfeilen auf dem Speicher des Hauses gefunden hatte. Anschließend hängte er die Scheibe mit dem Portrait an einem Nagel auf.
Das geriffelte Bleigewicht des Dartpfeils fühlte sich gut an in seiner Hand. Da hing Gernot an der Wand, auf eine Scheibe gepinnt, und immer noch unbekümmert grinsend.
Grimmig dreinschauend warf Christoph den Pfeil, der genau in Gernots rechtem Auge stecken Blieb.
Wie ein kleiner Junge führte er einen Freudentanz auf. „Treffer!!“, jubelte er.
Rasch versenkte er noch die restlichen Pfeile, die ähnlich gut trafen wie der erste.
Einer nach dem anderen blieben sie an verschiedensten Stellen von Gernots Gesicht stecken.
Durch die ganze Aufregung war er müde geworden. Er nahm sich vor, eine kleine Wurfpause zu machen und setzte sich in seinen Lesesessel, der nicht unweit der Dartscheibe an der Wand platziert war.
Der Sessel war überraschend gemütlich und Christoph schlief rasch ein.
Sein letzter Blick fiel auf das mit Dartpfeilen gespickte Antlitz Gernot Dankners.
4
---
Mattes Scheinwerferlicht durchflutet die Halle. Christoph sieht sich staunend und verängstigt um. Er befindet sich offensichtlich in einer etwas älteren Sport- oder Mehrzweckhalle, die vielen bunten Streifen am Boden, welche u.a. ein Fußball- und ein Handballfeld zu markieren scheinen, sind wohl seit langem nicht mehr nachgezogen worden. Die Wände ohne die oftmals übliche Holzverkleidung; einfach eine steinerne Wand, welche bis in etwa 2m Höhe grün, darüber weiß angestrichen ist. Ein Paar Sprossenwände, einige garagentor-artige Tore und zwei Doppeltüren, mehr kann er auf die Schnelle nicht ausmachen. „Was soll das? Wo...“
Aber langsam wird ihm bewusst, dass er durchaus weiß, wo er sich befindet. Es ist die Sporthalle seines alten Gymnasiums. Allerdings sieht sich nicht genauso aus wie früher – manche Dinge sind anders.
Ein einige Sekunden anhaltender, krächzender Alarmton erklingt. Dann wieder absolute Stille. „Was ist hier...??“, Christoph stockt erneut.
Eine der Doppeltüren öffnet sich und ein Mann – er kann ihn nicht genau identifizieren, tritt heraus. Er trägt eine feuerrote Handsirene unter dem Arm, von der wieder dieser grässliche Alarmton ausgeht. „Ich gebe vor: Warmlaufen! Die Außenwände entlang laufen!“, Dankner gibt einen bestimmten Befehlston von sich; nicht unfreundlich, aber dennoch von felsenfester Bestimmtheit, sodass es unmöglich scheint, sich zu widersetzen.
Bevor Christoph nachdenkt, setzt er sich in Bewegung und tut, wie ihm befohlen wird.
Er läuft. Ohne nachzudenken. Er läuft, und läuft, und läuft. Fünf Runden. Zehn Runden. Ein gewisser Automatismus stellt sich ein. Zwanzig runden. Dreißig. Christoph läuft, und läuft, die Zeit dehnt sich wie Gummi, und jetzt sind es bald fünfzig Runden.
Schon seit Äonen läuft Christoph.
Doch nun spürt er seinen Körper. Erst ein wenig, dann stärker. Alle Muskeln schmerzen ganz fürchterlich; ein- und ausatmen wird zur Qual. Er wagt es nicht anzuhalten, er wagt es nicht Dankner zu fragen, ob es denn genug sei. Doch die schmerzenden Muskeln, das Stechen im Bauch, die Atemprobleme – es wird immer schlimmer. Da entschließt er sich, doch Herrn Dankner um eine Pause zu bitten.
„Herr....“, der Raum ist absolut leer. Er hält an, er läuft zu einer Türen. Verschlossen! Obwohl es ja noch eine zweite gibt und Gernot – soweit sich Christoph erinnern kann – aus eben jener kam, erfüllte eisige Kälte seinen Körper. Er rennt so schnell er kann zur zweiten Tür. Auch zu!
Doch das seines Erachtens schlimmste steht ihm noch unmittelbar bevor. Er erkennt, dass dort, wo sich normalerweise wohl Sonnenlicht spendende Fenster in der Nähe der Decke befinden, Metallplatten angenagelt sind. Was ist das hier?
Weiterlaufen ist die einzige Lösung! So abwegig es ihm selbst erscheint, es ist das E inzigste, was er tun kann.
Und als er einige Runden gelaufen ist, kehren die quälenden Muskelschmerzen und die Atembeschwerden zurück. Doch diesmal will er nicht im Geringsten ans Aufhören denken, gar nicht denken, sich nicht umsehen. Einfach weiterlaufen!
Die Schmerzen werden immer stärker, Luft bekommt er fast keine mehr. Er stolpert, fällt hin. Alles wird schwarz und ein angenehmes Gefühl des Entspannens stellt sich ein.
Ganz weit in der Ferne, durch ein Meer von Watte, hört er Gernots Lachen.
---
Schweißgebadet und mit rasendem Herzen schreckte Christoph hoch. Sein Zimmer lag im halbdunkel der aufgehenden Morgensonne und draußen waren schon die ersten Vögel zu hören.
Seine Schläfen pochten, und Adrenalin raste durch seine Adern.
Mit geweiteten Pupillen starrte er auf die weiße Wand.
„Schon wieder ein Traum mit Gernot!“, dachte er. „Das geht eindeutig zu weit! Was ist los mit mir? Was passiert?“
Nur langsam konnte er sich beruhigen. Minutenlang saß er so da, regungslos und aufgerichtet in dem gemütlichen Ohrensessel, in dem er eingeschlafen war. Er hatte erneut von seinem alten Sportlehrer geträumt.
Der erste Traum war noch ganz erträglich gewesen; wo er mit Gernot durch einen einsamen Schulkorridor lief. Aber dennoch hatte er ihn als unheimlich empfunden. Den Alptraum, aus dem er gerade erwacht war, empfand er allerdings als eindeutig schrecklich.
Er wollte sich aus dem Sessel schwingen, als starke Schmerzen seine Muskeln durchzuckten. Ihm war, als hätte er einen Marathonlauf absolviert
Da erinnerte er sich auch wieder an den Inhalt des Dankner-Albtraums. Er war gelaufen, scheinbar ewig lange.
Und tatsächlich, sein Körper fühlte sich eindeutig danach an.
Wie konnte das sein? Konnte ein Traum so realistisch wirken, dass er den Köper tatsächlich belastete? Christop war verwirrt.
Er ließ seinen Blick über die Wand schweifen, wo ihm etwas Seltsames auffiel.
Die Dartscheibe! Er meinte sich zu erinnern, Gernots Bild dort aufgehängt zu haben. Er hatte es doch mit Pfeilen beworfen, da war er sich sicher.
Gernots Bild war verschwunden!
Er japste nach Luft, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Jemand musste das Bild Gernots entfernt haben! Aber wer? Es war doch niemand außer ihm im Haus.
Oder doch?
Hier geht es weiter, nach mühevoller Zensur. ^^
3
„WIE KONNTEN SIE NUR!??!? SIE VOLLIDIOT!!!!!!! DER SAUGER HAT MEHR GEKOSTET WIE IHR MONATSGEHALT!!!!!“
„Aber Chef…“
„KEIN ABER!!! SIE SIND ENTLASSEN!!! ABER FRISTLOS!!!!!!“
- klick -
Das Gebrüll am anderen Ende der Leitung brach mit einem Mal ab, als hätte man das Kabel gekappt. Resigniert hängte Christop den Hörer ein. Gerade hatte er seinen Job verloren.
Er war nicht drum herum gekommen, seinen Chef wegen dem zerstörten Staubsauger anzurufen. Zu allem Überfluss hatte auch Frau Brödelbecker, die ihm fast einen Sauger abgekauft hätte, in seiner Firma angerufen und sich lautstark beschwert. Warum musste auf seinem Kleintransporter in Leuchtbuchstaben die Telefonnummer stehen!
Sie sagte, sie verlange Schadenersatz, denn so eine Kellertreppe zu lackieren sei nicht gerade billig, und außerdem sei es eine Unverschämtheit, so ein Höllenchaos anzurichten.
So kam es, dass Christop auch das noch aus eigener Tasche bezahlen musste.
Und das, wo er gerade eben arbeitslos geworden war!
Da er nicht anders konnte, stieß er einen Wutschrei aus und warf ein Kissen gegen das Portrait seiner schielenden Großmutter, das da an der Wand hing. Der Nagel, der es seit Jahren im Putz verankert hielt, löste sich und so fiel das Bild auf den Boden. Die Scheibe im Holzrahmen splitterte.
Ironischerweise hatte Christoph nicht einmal einen Staubsauger, um die Splitter sicher zu entfernen. Und das, wo er doch noch bis vor kurzem Vertreter gewesen war.
Er kicherte verstört, was seine Wut noch steigerte.
Dabei dachte er zum ersten mal, warum ihm dieses Malheur überhaupt passiert war. „Es war Gernots Stimme“, sagte er zu sich selbst. Obwohl er davon überzeugt war, das Lachen seines Sportlehrers gehört zu haben, wollte er sich einreden, dass es nur Einbildung gewesen sei. Schließlich hört man als vernünftiger Mensch keine lachenden Sportlehrer in Staubsaugern.
Aber dennoch…
„Alles nur dieser scheiß DANKNER schuld!!“, brüllte er in den Raum.
Es war eine ganz natürliche Reaktion. Die ganze Zeit über hatte er nach einem Schuldigen gesucht, und hatte ihn in Gernot Dankners Person gefunden.
Obwohl es völlig absurd war, auf diesen wegen einer Wahnvorstellung wütend zu sein, ließ Christoph noch einmal ein Exemplar des Gernot-Bildes aus seinem Drucker.
Er hatte das eingescannte Bild in seinem Computer gespeichert, da er grundsätzlich alles aufbewahrte. „Man weiß nie, ob man es noch einmal braucht!“, so war sein Motto.
Und da kam wieder Gernots Gesicht aus dem Druckerausgabeschacht. Mit den vergilbten Zähnen, der Brille und dem so vertrauten Grinsen.
Jedoch verspürte Christoph nun keinerlei Sympathie mehr für ihn, sondern kochende Wut.
Er hatte sich regelrecht in diesen „Dankner-Hass“ hineingesteigert.
Deswegen nahm er kurzerhand das Portrait seines ehemaligen Sportlehrers, und befestigte es an einer alten Dartscheibe, die er vor kurzem samt Pfeilen auf dem Speicher des Hauses gefunden hatte. Anschließend hängte er die Scheibe mit dem Portrait an einem Nagel auf.
Das geriffelte Bleigewicht des Dartpfeils fühlte sich gut an in seiner Hand. Da hing Gernot an der Wand, auf eine Scheibe gepinnt, und immer noch unbekümmert grinsend.
Grimmig dreinschauend warf Christoph den Pfeil, der genau in Gernots rechtem Auge stecken Blieb.
Wie ein kleiner Junge führte er einen Freudentanz auf. „Treffer!!“, jubelte er.
Rasch versenkte er noch die restlichen Pfeile, die ähnlich gut trafen wie der erste.
Einer nach dem anderen blieben sie an verschiedensten Stellen von Gernots Gesicht stecken.
Durch die ganze Aufregung war er müde geworden. Er nahm sich vor, eine kleine Wurfpause zu machen und setzte sich in seinen Lesesessel, der nicht unweit der Dartscheibe an der Wand platziert war.
Der Sessel war überraschend gemütlich und Christoph schlief rasch ein.
Sein letzter Blick fiel auf das mit Dartpfeilen gespickte Antlitz Gernot Dankners.
4
---
Mattes Scheinwerferlicht durchflutet die Halle. Christoph sieht sich staunend und verängstigt um. Er befindet sich offensichtlich in einer etwas älteren Sport- oder Mehrzweckhalle, die vielen bunten Streifen am Boden, welche u.a. ein Fußball- und ein Handballfeld zu markieren scheinen, sind wohl seit langem nicht mehr nachgezogen worden. Die Wände ohne die oftmals übliche Holzverkleidung; einfach eine steinerne Wand, welche bis in etwa 2m Höhe grün, darüber weiß angestrichen ist. Ein Paar Sprossenwände, einige garagentor-artige Tore und zwei Doppeltüren, mehr kann er auf die Schnelle nicht ausmachen. „Was soll das? Wo...“
Aber langsam wird ihm bewusst, dass er durchaus weiß, wo er sich befindet. Es ist die Sporthalle seines alten Gymnasiums. Allerdings sieht sich nicht genauso aus wie früher – manche Dinge sind anders.
Ein einige Sekunden anhaltender, krächzender Alarmton erklingt. Dann wieder absolute Stille. „Was ist hier...??“, Christoph stockt erneut.
Eine der Doppeltüren öffnet sich und ein Mann – er kann ihn nicht genau identifizieren, tritt heraus. Er trägt eine feuerrote Handsirene unter dem Arm, von der wieder dieser grässliche Alarmton ausgeht. „Ich gebe vor: Warmlaufen! Die Außenwände entlang laufen!“, Dankner gibt einen bestimmten Befehlston von sich; nicht unfreundlich, aber dennoch von felsenfester Bestimmtheit, sodass es unmöglich scheint, sich zu widersetzen.
Bevor Christoph nachdenkt, setzt er sich in Bewegung und tut, wie ihm befohlen wird.
Er läuft. Ohne nachzudenken. Er läuft, und läuft, und läuft. Fünf Runden. Zehn Runden. Ein gewisser Automatismus stellt sich ein. Zwanzig runden. Dreißig. Christoph läuft, und läuft, die Zeit dehnt sich wie Gummi, und jetzt sind es bald fünfzig Runden.
Schon seit Äonen läuft Christoph.
Doch nun spürt er seinen Körper. Erst ein wenig, dann stärker. Alle Muskeln schmerzen ganz fürchterlich; ein- und ausatmen wird zur Qual. Er wagt es nicht anzuhalten, er wagt es nicht Dankner zu fragen, ob es denn genug sei. Doch die schmerzenden Muskeln, das Stechen im Bauch, die Atemprobleme – es wird immer schlimmer. Da entschließt er sich, doch Herrn Dankner um eine Pause zu bitten.
„Herr....“, der Raum ist absolut leer. Er hält an, er läuft zu einer Türen. Verschlossen! Obwohl es ja noch eine zweite gibt und Gernot – soweit sich Christoph erinnern kann – aus eben jener kam, erfüllte eisige Kälte seinen Körper. Er rennt so schnell er kann zur zweiten Tür. Auch zu!
Doch das seines Erachtens schlimmste steht ihm noch unmittelbar bevor. Er erkennt, dass dort, wo sich normalerweise wohl Sonnenlicht spendende Fenster in der Nähe der Decke befinden, Metallplatten angenagelt sind. Was ist das hier?
Weiterlaufen ist die einzige Lösung! So abwegig es ihm selbst erscheint, es ist das E inzigste, was er tun kann.
Und als er einige Runden gelaufen ist, kehren die quälenden Muskelschmerzen und die Atembeschwerden zurück. Doch diesmal will er nicht im Geringsten ans Aufhören denken, gar nicht denken, sich nicht umsehen. Einfach weiterlaufen!
Die Schmerzen werden immer stärker, Luft bekommt er fast keine mehr. Er stolpert, fällt hin. Alles wird schwarz und ein angenehmes Gefühl des Entspannens stellt sich ein.
Ganz weit in der Ferne, durch ein Meer von Watte, hört er Gernots Lachen.
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Schweißgebadet und mit rasendem Herzen schreckte Christoph hoch. Sein Zimmer lag im halbdunkel der aufgehenden Morgensonne und draußen waren schon die ersten Vögel zu hören.
Seine Schläfen pochten, und Adrenalin raste durch seine Adern.
Mit geweiteten Pupillen starrte er auf die weiße Wand.
„Schon wieder ein Traum mit Gernot!“, dachte er. „Das geht eindeutig zu weit! Was ist los mit mir? Was passiert?“
Nur langsam konnte er sich beruhigen. Minutenlang saß er so da, regungslos und aufgerichtet in dem gemütlichen Ohrensessel, in dem er eingeschlafen war. Er hatte erneut von seinem alten Sportlehrer geträumt.
Der erste Traum war noch ganz erträglich gewesen; wo er mit Gernot durch einen einsamen Schulkorridor lief. Aber dennoch hatte er ihn als unheimlich empfunden. Den Alptraum, aus dem er gerade erwacht war, empfand er allerdings als eindeutig schrecklich.
Er wollte sich aus dem Sessel schwingen, als starke Schmerzen seine Muskeln durchzuckten. Ihm war, als hätte er einen Marathonlauf absolviert
Da erinnerte er sich auch wieder an den Inhalt des Dankner-Albtraums. Er war gelaufen, scheinbar ewig lange.
Und tatsächlich, sein Körper fühlte sich eindeutig danach an.
Wie konnte das sein? Konnte ein Traum so realistisch wirken, dass er den Köper tatsächlich belastete? Christop war verwirrt.
Er ließ seinen Blick über die Wand schweifen, wo ihm etwas Seltsames auffiel.
Die Dartscheibe! Er meinte sich zu erinnern, Gernots Bild dort aufgehängt zu haben. Er hatte es doch mit Pfeilen beworfen, da war er sich sicher.
Gernots Bild war verschwunden!
Er japste nach Luft, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Jemand musste das Bild Gernots entfernt haben! Aber wer? Es war doch niemand außer ihm im Haus.
Oder doch?
alter isch find des korreggd heftisch, oder hey? Aber in -2-, zweite absatz, hey weistu wie isch mein, da steht brontal Bittner net Dankner, weistu?
Vielen Dank für deine Kritik, die aber in normaldeutsch besser lesbar gewesen wäre.. ;)
Kann sein, dass ich versehntlich Bittner statt Dankner geschrieben habe, werde ich demnächst ändern.
Kann sein, dass ich versehntlich Bittner statt Dankner geschrieben habe, werde ich demnächst ändern.
Und hier geht es weiter...
Ein Schauder lief über seinen Rücken. War das nicht alles komisch? Wieso beschäftigte er sich in den letzten Tagen soviel mit Gernot Dankner? Wieso hatte er seine Stimme gehört, als er der alten Hausfrau den Staubsauger vorführte?
Und wieso hatte er diese schrecklichen Träume, die alle von Gernot handelten?
Er bekam wieder Angst; ähnlich wie nach dem Aufwachen aus dem Traum.
Ihn beschlich das Gefühl, dass die ganze Welt nur eine Fassade sei, eine surrealistische Verzerrung hinter deren dünnen Wänden und Kulissen Gernots Fratze lauerte.
Er spürte, dass…
„Moment, was war das??“ Ganz sicher, er hatte ein Geräusch im Badezimmer gehört! Es war ein leises Lachen; so leise, dass es genau an der Hörbarkeitsschwelle lag. Hatte er es wirklich vernommen.
Da!
Schon wieder!
Ein Lachen, aus dem Badezimmer seiner Wohnung.
Und zum zweiten Mal an diesem Morgen raste sein Herz; der Puls schien fast seine Adern zu sprengen. Er wollte endlich wissen, was hinter all dem steckte, und so machte er sich auf dem Weg. Erst zögerlich, dann immer zielstrebiger, schritt er in Richtung des Badezimmers. Eine plötzliche Welle der Übelkeit überkam ihn. Einen Moment lang schienen ihm die Farben so intensiv, dass sie in den Augen schmerzten, und der Widerhall seiner Schritte auf dem Holzfußboden zog sich bedenklich lange. Die Konturen verschwammen.
Er schwankte, und es waren nur noch wenige Schritte bis zum Badezimmer. Die Tür stand einen Spalt breit offen und es schien ihm, als dringe ein seltsames Leuchten aus dem Zimmer.
Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er öffnete die Tür und blickte sich hastig um.
Nichts.
Absolut nichts.
Das Badezimmer war leer, nur er alleine befand sich darin. Er schaute in den Spiegel und erschrak.
Erschrak so, dass ihm für einen kurzen Moment schwarz vor den Augen wurde. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus, den man selbst draußen auf der Straße hören konnte.
Hinter ihm, im Türrahmen, stand Gernot Dankner!
Er hatte ein fies grinsendes Gesicht, und aus seinem Mund lief ein dünnes Rinnsal aus Speichel. Die Haut an seinen Backen schien etwas eingefallen und rissig, als hätten schon viele Jahre in einem Sarg an ihr gezehrt.
Seine einzige Bekleidung war ein abgewetzter Trainingsanzug, und Christoph war sich sicher, dass es derselbe war, indem ihn Gernot vor Jahren im Fach Sport unterrichtet hatte.
Gernot lachte. Und wie er lachte! Es war nichts Menschliches mehr an ihm, mit jedem Schwall von Gelächter stellten sich mehr Haare in Christophs Nacken auf.
Dann dröhnte eine Stimme aus dem gewaltigen Torso, der dem Dankner-Ding gehörte.
„HASCH MICH MIT PFEILEN BEWORFEN??? DAS SEHEN MIR ABER GARNET GERN!!!!!!“
Christoph starrte mit grotesk geweiteten Augen auf Gernots Spiegelbild. Dann, er konnte nicht anders, drehte er sich um.
Nichts!
Der Türrahmen war leer, genauso wie vor knapp dreißig Sekunden, als Christoph hineingekommen war.
Christoph stieß ein klägliches Krächzen der Irritation aus, und rollte mit den Augen, was ein medizinisches Anzeichen des Wahnsinns war. Er hatte in diesem Moment eine Schwelle überschritten; und jenseits von ihr lagen die Dinge, mit denen unangenehme Worte wie „Irrenhaus“, „Psychiatrie“ und „Zwangsjacke“ verbunden waren.
Und da war es wieder, das Lachen!
Diesmal kam es aus dem Wohnzimmer. Erstaunlicherweise wich die Furcht aus Christophs Gliedern, und wurde ersetzt durch Wut. Wut auf Gernot Dankner. Er griff sich eine Haarbürste und rannte aus dem Badezimmer ins Wohnzimmer.
Wie erwartet stand Gernot da, diesmal mitten auf dem Couchtisch!
Ohne zu zögern warf Christoph die Bürste, die allerdings geradewegs durch das grinsende Gernot-Ding hindurch flog. Sie krachte mit voller Wucht in die hässliche Glasmenagerie, die Christoph einst von seiner schielenden Großmutter geschenkt bekommen hatte. Diese schien förmlich in tausende kleine Splitter zu zerspringen.
„ICH KRIEGE DICH, DU VERDAMMTES ARSC HLOCH!“, schrie Christoph Gernot an.
All seine Furcht war nun in Wut umgeschlagen.
Unerwartetherweise antwortete Gernot sogar: „Des wollemer erschdemol sehe!“ Dann war er verschwunden. Und Sekunden später drang ein Lachen aus dem Schlafzimmer.
Ohne zu zögern schnappte sich Christoph einen Briefbeschwerer aus Granit und rannte ins Schlafzimmer. Dort stand Gernot vor dem Fenster.
Mit aller Kraft schleuderte Christoph den Briefbeschwerer nach ihm. Wie schon die Haarbürste ging auch dieses Wurfgeschoss durch Gernot hindurch. Er durchschlug ohne Mühe das Fenster, was mit einem lauten Klirren verbunden war, und landete dann auf der Frontscheibe eines Autos, das unten auf der Straße vor dem Haus geparkt war.
Doch dies nahm Christoph gar nicht war. Dieser suchte schon nach einem neuen Wurfobjekt. Auf seinem Nachttisch stand eine Schneekugel, der er ideale Wurfeigenschaften attestierte. Er drehte sich um, und Griff die Kugel, wobei er auch gleich noch gegen das Bett stieß, den Nachttisch umwarf und somit die Leselampe zerstörte.
Wieder war Gernot verschwunden!
„NEEEIN!!! DAS KANN NICHT SEIN!!!“
Christoph schrie, schlug um sich, und warf die Schneekugel aus Wut auf seinen Fernseher, dessen Monitor geräuschvoll zerbarst.
Um an ein neues Wurfgeschoss zu gelangen, nahm Christoph den Nachttisch und schlug ihn mehrmals auf den Boden, sodass er in seine Einzelteile zersplitterte. Dann nahm er ein abgebrochenes Tischbein und lauschte.
Da! Gernots Lachen drang aus dem Badezimmer, er war sich sicher.
So rannte er wieder an den Ort, wo er Gernot zum ersten Mal gesehen hatte. Tatsächlich! Gernot stand vor dem Spiegel. Christoph peilte seine Position an und schleuderte das Tischbein. Es flog – wie alle vorherigen Geschosse auch – durch seinen Widersacher hindurch und traf den Spiegel. Dieser explodierte regelrecht unter einem Höllenlärm und überströmte den gesamten Fußboden mit Glassplittern.
Jetzt war Gernot endgültig verschwunden, dessen war sich Christoph sicher. Ja, jetzt war er zufrieden. Er lächelte.
Dann wurde alles schwarz.
5
„Hallooooo!“, eine raue Stimme erweckte ihn. Christoph sah sich um, er lag auf dem Boden seiner Wohnung. Es sah aus, wie ein Schlachtfeld. Überall lagen zertrümmerte Einrichtungsgegenstände und Möbel
„Hallooohoooo!“, der Mann klang nun noch unfreundlicher. Es war sein Vermieter, Hermann Müller, ein älterer Herr mit dem man als Vermieter wunderbar auskam – solange alles nach seinen Vorstellungen lief.
Christoph versuchte verzweifelt klar zu denken. „Was...? Was ist geschehen?“. Das wusste es Christoph schon selbst. Er hatte mit Gegenständen auf einen angeblich anwesenden Gernot Dankner geworfen. Aber es hatte keinen Gernot Dankner gegeben. Ihm würde mit erstaunlicher Nüchternheit klar, dass er gestern Abend randaliert hatte, aus einer Wahnvorstellung heraus! Doch weiter konnte er nicht denken, denn Her Müller setze schon zur nächsten Brüllkaskade an.
„Mein lieber Freund“, Müller stand da, mit feuerrotem Kopf und einer Miene, aus welcher absolute Verachtung sprach, „es ist mir SCHEI SSEGAL, was Sie mir gleich erzählen werden. Dieser Affenzirkus bedeutet den sofortigen Rausschmiss. Ich weiß nicht, was Sie da gestern veranstaltet haben; ich will es gar nicht wissen! Sicher ist jedenfalls, dass man es im ganzen Haus hören konnte! Ihre Wohnung ist bis morgen Mittag 12:00 Uhr geräumt oder ich werde sie höchst persönlich räumen. Und zwar auf meine Weise!“ Die Worte hätten klarer nicht sein können.
So blieb Christoph keine Wahl und er packte seine Sachen.
Arbeitslos, verfolgt von einem Sportlehrer und vorerst ohne Obdach. Härter hätte es ihn nicht treffen können. „Wo verbringe ich die nächste Zeit?“ Es musste sich etwas bei Bekannten finden lassen, zumindest vorübergehend.
Einige Tage später. Ein ehemaliger Arbeitskollege und Freund, Ullrich Drämke, hatte ihm eine Mietswohnung unmittelbar überhab der Bleibe der Drämkes besorgt. 350€ im Monat würde es ihn kosten. Das konnte er, wo er doch kein Einkommen mehr hatte, gerade so von Erspartem finanzieren. Dafür musste er jedoch auf jegliche Annehmlichkeiten verzichten. Es handelte sich um eine Ein-Zimmer-Wohnung, Küche, Schlaf- und Wohnzimmer in einem. Bad war zwar, selbstverständlich separat, vorhanden, konnte allerdings kaum als solches bezeichnet werden. Warmwasser aus dem Boiler sorgte lediglich für eine 3-minütige Duschmöglichkeit, deren Temperatur allerdings oftmals unangekündigt zwischen Gefrier- und Siedepunkt schwankte. Größere Geschäfte sollten, laut Hausausordnung, möglichst nicht nach 22:00 Uhr erledigt werden, da man mit dem Geräusch der Spülung spielend jedes Winterschläfertier hätte wecken können. Auf eine Möblierung beinahe jeglicher Art musste mangels Platz auch verzichtet werden. Sofas, Schränke, Tische im Wert von mehreren 1000 Euro waren in den Kellern anderer Bekannter oder auf dem Sperrmüll untergebracht. Zwei Stühle, ein Tisch und ein Bett – das war ihm geblieben. Ein geerbtes Klavier, welches er eigentlich unter allen Umständen hatte behalten wollen, wurde von den Möbelpackern im Treppenhaus fallen gelassen und wurde so schwer beschädigt.
Aber immerhin, er hatte eine finanzierbare Wohnung und außerdem durch den Ortswechsel eine gewisse Distanz zu dem ganzen Geschehen gewonnen. Die Angst, immer wieder von Gernot Dankner verfolgt zu werden, schien ihm jetzt nicht mehr ganz so groß. Und einen Job würde er sicherlich auch wieder finden, schließlich wurden junge Leute immer gesucht.
So kam es, dass sich seine Stimmung langsam aufhellte. Zwei Tage vergingen, ohne dass er etwas Seltsames oder geschweige denn etwas Katastrophales wie die Verwüstung seiner Wohnung erlebte.
Er las regelmäßig die Zeitung, immer auf der Suche nach einer neuen Stelle. Und tatsächlich, er wurde fündig. Eine Matratzenmanufaktur ganz in der Nähe suchte einen Vertreter, der die weichen Bettauflagen an Haustüren verkaufte. Da Christoph für die Tätigkeit als Vertreter ausgebildet war, ergriff er die Gelegenheit und rief bei dem Geschäft an.
Mangels weiterer Bewerber wurde er bei „Matratzen-Manufaktur Wohlknei“ angestellt.
Obwohl ihm der Vertreterberuf eigentlich widerstrebte, so schien es ihm doch eine solide Lösung. Er dachte bei sich, dass er froh sein konnte, überhaupt einen Job zu haben in diesen schweren Zeiten. Und so konnte er, nach einigen „Lehrstunden zur gewissenhaften Vertreterarbeit“, der Aufgabe nachgehen. Einen Dienstwagen hatte er auch wieder bekommen, einen VW Kleinbus, in welchem Platz für viele Matratzen war. Gottfroh war Christoph auch darüber, dass weder Adresse, noch Telefonnummer, noch Name der Firma auf dem Gefährt vermerkt waren. Wie peinlich war es ihm früher gewesen permanent Werbung für eine Staubsaugerfirma, die durch ihre Großzahl an Vertretern und ihre teilweise recht unkonventionellen Vertriebswege nicht den besten Ruf hatte, zu fahren. Ein eigenes Auto konnte und wollte er sich damals nicht leisten und nun war es aufgrund der hervorragenden Umstände gar nicht nötig.
Ein Schauder lief über seinen Rücken. War das nicht alles komisch? Wieso beschäftigte er sich in den letzten Tagen soviel mit Gernot Dankner? Wieso hatte er seine Stimme gehört, als er der alten Hausfrau den Staubsauger vorführte?
Und wieso hatte er diese schrecklichen Träume, die alle von Gernot handelten?
Er bekam wieder Angst; ähnlich wie nach dem Aufwachen aus dem Traum.
Ihn beschlich das Gefühl, dass die ganze Welt nur eine Fassade sei, eine surrealistische Verzerrung hinter deren dünnen Wänden und Kulissen Gernots Fratze lauerte.
Er spürte, dass…
„Moment, was war das??“ Ganz sicher, er hatte ein Geräusch im Badezimmer gehört! Es war ein leises Lachen; so leise, dass es genau an der Hörbarkeitsschwelle lag. Hatte er es wirklich vernommen.
Da!
Schon wieder!
Ein Lachen, aus dem Badezimmer seiner Wohnung.
Und zum zweiten Mal an diesem Morgen raste sein Herz; der Puls schien fast seine Adern zu sprengen. Er wollte endlich wissen, was hinter all dem steckte, und so machte er sich auf dem Weg. Erst zögerlich, dann immer zielstrebiger, schritt er in Richtung des Badezimmers. Eine plötzliche Welle der Übelkeit überkam ihn. Einen Moment lang schienen ihm die Farben so intensiv, dass sie in den Augen schmerzten, und der Widerhall seiner Schritte auf dem Holzfußboden zog sich bedenklich lange. Die Konturen verschwammen.
Er schwankte, und es waren nur noch wenige Schritte bis zum Badezimmer. Die Tür stand einen Spalt breit offen und es schien ihm, als dringe ein seltsames Leuchten aus dem Zimmer.
Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er öffnete die Tür und blickte sich hastig um.
Nichts.
Absolut nichts.
Das Badezimmer war leer, nur er alleine befand sich darin. Er schaute in den Spiegel und erschrak.
Erschrak so, dass ihm für einen kurzen Moment schwarz vor den Augen wurde. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus, den man selbst draußen auf der Straße hören konnte.
Hinter ihm, im Türrahmen, stand Gernot Dankner!
Er hatte ein fies grinsendes Gesicht, und aus seinem Mund lief ein dünnes Rinnsal aus Speichel. Die Haut an seinen Backen schien etwas eingefallen und rissig, als hätten schon viele Jahre in einem Sarg an ihr gezehrt.
Seine einzige Bekleidung war ein abgewetzter Trainingsanzug, und Christoph war sich sicher, dass es derselbe war, indem ihn Gernot vor Jahren im Fach Sport unterrichtet hatte.
Gernot lachte. Und wie er lachte! Es war nichts Menschliches mehr an ihm, mit jedem Schwall von Gelächter stellten sich mehr Haare in Christophs Nacken auf.
Dann dröhnte eine Stimme aus dem gewaltigen Torso, der dem Dankner-Ding gehörte.
„HASCH MICH MIT PFEILEN BEWORFEN??? DAS SEHEN MIR ABER GARNET GERN!!!!!!“
Christoph starrte mit grotesk geweiteten Augen auf Gernots Spiegelbild. Dann, er konnte nicht anders, drehte er sich um.
Nichts!
Der Türrahmen war leer, genauso wie vor knapp dreißig Sekunden, als Christoph hineingekommen war.
Christoph stieß ein klägliches Krächzen der Irritation aus, und rollte mit den Augen, was ein medizinisches Anzeichen des Wahnsinns war. Er hatte in diesem Moment eine Schwelle überschritten; und jenseits von ihr lagen die Dinge, mit denen unangenehme Worte wie „Irrenhaus“, „Psychiatrie“ und „Zwangsjacke“ verbunden waren.
Und da war es wieder, das Lachen!
Diesmal kam es aus dem Wohnzimmer. Erstaunlicherweise wich die Furcht aus Christophs Gliedern, und wurde ersetzt durch Wut. Wut auf Gernot Dankner. Er griff sich eine Haarbürste und rannte aus dem Badezimmer ins Wohnzimmer.
Wie erwartet stand Gernot da, diesmal mitten auf dem Couchtisch!
Ohne zu zögern warf Christoph die Bürste, die allerdings geradewegs durch das grinsende Gernot-Ding hindurch flog. Sie krachte mit voller Wucht in die hässliche Glasmenagerie, die Christoph einst von seiner schielenden Großmutter geschenkt bekommen hatte. Diese schien förmlich in tausende kleine Splitter zu zerspringen.
„ICH KRIEGE DICH, DU VERDAMMTES ARSC HLOCH!“, schrie Christoph Gernot an.
All seine Furcht war nun in Wut umgeschlagen.
Unerwartetherweise antwortete Gernot sogar: „Des wollemer erschdemol sehe!“ Dann war er verschwunden. Und Sekunden später drang ein Lachen aus dem Schlafzimmer.
Ohne zu zögern schnappte sich Christoph einen Briefbeschwerer aus Granit und rannte ins Schlafzimmer. Dort stand Gernot vor dem Fenster.
Mit aller Kraft schleuderte Christoph den Briefbeschwerer nach ihm. Wie schon die Haarbürste ging auch dieses Wurfgeschoss durch Gernot hindurch. Er durchschlug ohne Mühe das Fenster, was mit einem lauten Klirren verbunden war, und landete dann auf der Frontscheibe eines Autos, das unten auf der Straße vor dem Haus geparkt war.
Doch dies nahm Christoph gar nicht war. Dieser suchte schon nach einem neuen Wurfobjekt. Auf seinem Nachttisch stand eine Schneekugel, der er ideale Wurfeigenschaften attestierte. Er drehte sich um, und Griff die Kugel, wobei er auch gleich noch gegen das Bett stieß, den Nachttisch umwarf und somit die Leselampe zerstörte.
Wieder war Gernot verschwunden!
„NEEEIN!!! DAS KANN NICHT SEIN!!!“
Christoph schrie, schlug um sich, und warf die Schneekugel aus Wut auf seinen Fernseher, dessen Monitor geräuschvoll zerbarst.
Um an ein neues Wurfgeschoss zu gelangen, nahm Christoph den Nachttisch und schlug ihn mehrmals auf den Boden, sodass er in seine Einzelteile zersplitterte. Dann nahm er ein abgebrochenes Tischbein und lauschte.
Da! Gernots Lachen drang aus dem Badezimmer, er war sich sicher.
So rannte er wieder an den Ort, wo er Gernot zum ersten Mal gesehen hatte. Tatsächlich! Gernot stand vor dem Spiegel. Christoph peilte seine Position an und schleuderte das Tischbein. Es flog – wie alle vorherigen Geschosse auch – durch seinen Widersacher hindurch und traf den Spiegel. Dieser explodierte regelrecht unter einem Höllenlärm und überströmte den gesamten Fußboden mit Glassplittern.
Jetzt war Gernot endgültig verschwunden, dessen war sich Christoph sicher. Ja, jetzt war er zufrieden. Er lächelte.
Dann wurde alles schwarz.
5
„Hallooooo!“, eine raue Stimme erweckte ihn. Christoph sah sich um, er lag auf dem Boden seiner Wohnung. Es sah aus, wie ein Schlachtfeld. Überall lagen zertrümmerte Einrichtungsgegenstände und Möbel
„Hallooohoooo!“, der Mann klang nun noch unfreundlicher. Es war sein Vermieter, Hermann Müller, ein älterer Herr mit dem man als Vermieter wunderbar auskam – solange alles nach seinen Vorstellungen lief.
Christoph versuchte verzweifelt klar zu denken. „Was...? Was ist geschehen?“. Das wusste es Christoph schon selbst. Er hatte mit Gegenständen auf einen angeblich anwesenden Gernot Dankner geworfen. Aber es hatte keinen Gernot Dankner gegeben. Ihm würde mit erstaunlicher Nüchternheit klar, dass er gestern Abend randaliert hatte, aus einer Wahnvorstellung heraus! Doch weiter konnte er nicht denken, denn Her Müller setze schon zur nächsten Brüllkaskade an.
„Mein lieber Freund“, Müller stand da, mit feuerrotem Kopf und einer Miene, aus welcher absolute Verachtung sprach, „es ist mir SCHEI SSEGAL, was Sie mir gleich erzählen werden. Dieser Affenzirkus bedeutet den sofortigen Rausschmiss. Ich weiß nicht, was Sie da gestern veranstaltet haben; ich will es gar nicht wissen! Sicher ist jedenfalls, dass man es im ganzen Haus hören konnte! Ihre Wohnung ist bis morgen Mittag 12:00 Uhr geräumt oder ich werde sie höchst persönlich räumen. Und zwar auf meine Weise!“ Die Worte hätten klarer nicht sein können.
So blieb Christoph keine Wahl und er packte seine Sachen.
Arbeitslos, verfolgt von einem Sportlehrer und vorerst ohne Obdach. Härter hätte es ihn nicht treffen können. „Wo verbringe ich die nächste Zeit?“ Es musste sich etwas bei Bekannten finden lassen, zumindest vorübergehend.
Einige Tage später. Ein ehemaliger Arbeitskollege und Freund, Ullrich Drämke, hatte ihm eine Mietswohnung unmittelbar überhab der Bleibe der Drämkes besorgt. 350€ im Monat würde es ihn kosten. Das konnte er, wo er doch kein Einkommen mehr hatte, gerade so von Erspartem finanzieren. Dafür musste er jedoch auf jegliche Annehmlichkeiten verzichten. Es handelte sich um eine Ein-Zimmer-Wohnung, Küche, Schlaf- und Wohnzimmer in einem. Bad war zwar, selbstverständlich separat, vorhanden, konnte allerdings kaum als solches bezeichnet werden. Warmwasser aus dem Boiler sorgte lediglich für eine 3-minütige Duschmöglichkeit, deren Temperatur allerdings oftmals unangekündigt zwischen Gefrier- und Siedepunkt schwankte. Größere Geschäfte sollten, laut Hausausordnung, möglichst nicht nach 22:00 Uhr erledigt werden, da man mit dem Geräusch der Spülung spielend jedes Winterschläfertier hätte wecken können. Auf eine Möblierung beinahe jeglicher Art musste mangels Platz auch verzichtet werden. Sofas, Schränke, Tische im Wert von mehreren 1000 Euro waren in den Kellern anderer Bekannter oder auf dem Sperrmüll untergebracht. Zwei Stühle, ein Tisch und ein Bett – das war ihm geblieben. Ein geerbtes Klavier, welches er eigentlich unter allen Umständen hatte behalten wollen, wurde von den Möbelpackern im Treppenhaus fallen gelassen und wurde so schwer beschädigt.
Aber immerhin, er hatte eine finanzierbare Wohnung und außerdem durch den Ortswechsel eine gewisse Distanz zu dem ganzen Geschehen gewonnen. Die Angst, immer wieder von Gernot Dankner verfolgt zu werden, schien ihm jetzt nicht mehr ganz so groß. Und einen Job würde er sicherlich auch wieder finden, schließlich wurden junge Leute immer gesucht.
So kam es, dass sich seine Stimmung langsam aufhellte. Zwei Tage vergingen, ohne dass er etwas Seltsames oder geschweige denn etwas Katastrophales wie die Verwüstung seiner Wohnung erlebte.
Er las regelmäßig die Zeitung, immer auf der Suche nach einer neuen Stelle. Und tatsächlich, er wurde fündig. Eine Matratzenmanufaktur ganz in der Nähe suchte einen Vertreter, der die weichen Bettauflagen an Haustüren verkaufte. Da Christoph für die Tätigkeit als Vertreter ausgebildet war, ergriff er die Gelegenheit und rief bei dem Geschäft an.
Mangels weiterer Bewerber wurde er bei „Matratzen-Manufaktur Wohlknei“ angestellt.
Obwohl ihm der Vertreterberuf eigentlich widerstrebte, so schien es ihm doch eine solide Lösung. Er dachte bei sich, dass er froh sein konnte, überhaupt einen Job zu haben in diesen schweren Zeiten. Und so konnte er, nach einigen „Lehrstunden zur gewissenhaften Vertreterarbeit“, der Aufgabe nachgehen. Einen Dienstwagen hatte er auch wieder bekommen, einen VW Kleinbus, in welchem Platz für viele Matratzen war. Gottfroh war Christoph auch darüber, dass weder Adresse, noch Telefonnummer, noch Name der Firma auf dem Gefährt vermerkt waren. Wie peinlich war es ihm früher gewesen permanent Werbung für eine Staubsaugerfirma, die durch ihre Großzahl an Vertretern und ihre teilweise recht unkonventionellen Vertriebswege nicht den besten Ruf hatte, zu fahren. Ein eigenes Auto konnte und wollte er sich damals nicht leisten und nun war es aufgrund der hervorragenden Umstände gar nicht nötig.
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